Der Essay, welcher im Kontext des Seminars „Anfänge des Zionismus“ steht, soll der Frage
nachgehen, ob die Aufklärung auch einen Gewinn an Freiheit und Selbstbestimmung für die
jüdische Frau brachte. Bei dieser Untersuchung liegt das Hauptaugenmerk auf jüdischen
Frauen in Berlin, da dort die jüdische Aufklärung ihre Wurzeln hat. Eine Untersuchung der
ländlichen Begebenheiten würde den Umfang dieser Arbeit sprengen. Ferner wird in dieser
Arbeit der Salon als ein wichtiger Ort für die jüdische Emanzipation untersucht und, welche
Rolle dabei die Salonièren spielten. Hierzu werden Auszüge aus Rahel Varnhagens Briefe zur
Hilfe genommen, um anhand dieser die Situation einer aufgeklärten Jüdin darzustellen. Um
die Sonderstellung der Jüdinnen herauszuarbeiten, wird vereinzelt auch die Situation der
nichtjüdischen Frauen angeführt. Um eine Entwicklung aufzeigen zu können, muss zuvor ein
kurzer Abriss über die Situation vor der jüdischen Aufklärung gegeben werden. Im Anschluss
daran findet eine nähere Betrachtung der Erziehung und Bildung jüdischer Frauen statt, da
diese zwei Punkte einen zentrale Bedeutung für den Prozess der Aufklärung hatten bzw.
haben.
Inhalt
Einleitung
Frauen im ausgehenden Mittelalter und in der Frühen Neuzeit
Erziehung und Bildung
Der Salon, ein emanzipierter Raum?
Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
Der Essay, welcher im Kontext des Seminars „Anfänge des Zionismus“ steht, soll der Frage nachgehen, ob die Aufklärung auch einen Gewinn an Freiheit und Selbstbestimmung für die jüdische Frau brachte. Bei dieser Untersuchung liegt das Hauptaugenmerk auf jüdischen Frauen in Berlin, da dort die jüdische Aufklärung ihre Wurzeln hat. Eine Untersuchung der ländlichen Begebenheiten würde den Umfang dieser Arbeit sprengen. Ferner wird in dieser Arbeit der Salon als ein wichtiger Ort für die jüdische Emanzipation untersucht und, welche Rolle dabei die Salonièren spielten. Hierzu werden Auszüge aus Rahel Varnhagens Briefe zur Hilfe genommen, um anhand dieser die Situation einer aufgeklärten Jüdin darzustellen. Um die Sonderstellung der Jüdinnen herauszuarbeiten, wird vereinzelt auch die Situation der nichtjüdischen Frauen angeführt. Um eine Entwicklung aufzeigen zu können, muss zuvor ein kurzer Abriss über die Situation vor der jüdischen Aufklärung gegeben werden. Im Anschluss daran findet eine nähere Betrachtung der Erziehung und Bildung jüdischer Frauen statt, da diese zwei Punkte einen zentrale Bedeutung für den Prozess der Aufklärung hatten bzw. haben.
Frauen im ausgehenden Mittelalter und in der frühen Neuzeit
Die Stellung der Frau im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit ist lange nicht so offensichtlich, wie es oft dargestellt wird. Besonders das Stereotyp der unterdrückten Frau ist ein Mythos. Frauen waren zwar nicht rechtlich oder sozial den Männern gleichgestellt, aber es gab genug Frauen, die lenkend in die Geschichte eingegriffen haben wie Blanche von Kastilien, Isabeau von Bayern oder Elisabeth und Katharina von Russland in der frühen Neuzeit.[1] Zudem gab es auch schon im Mittelalter Diskussionen, die die Chancengleichheit von Mann und Frau thematisierten.[2] Jedoch findet die erste und folgenreiche Auseinandersetzung mit der „Querelle de femmes“ statt, die sich vom 15. bis zum 18. Jahrhundert erstreckte.[3] Hierbei trafen zwei gegenläufige Argumentationen aufeinander, zum einen die antike Vorstellung der Unterordnung der Frau, zum anderen die Entschärfung des Eva-Bildes.[4] Die ersten Vordenker bzw. in diesem Fall vielmehr die ersten Vordenkerinnen findet man in Frankreich im 17. Jahrhundert, wo erstmals der Begriff der Gleichheit (égalité) durch die Philosophin Marie le Jar de Goumay Einzug erhält.[5] In Deutschland hingegen findet man nur wenige, daher bediente man sich des französischen Vorbilds.[6] In Deutschland ist es dann Immanuel Kant, der sich erstmals mit der Frage der Polarität bei Mann und Frau beschäftigt hat. Hierbei kommt er zu dem Ergebnis, dass die Frau für das Schöne steht und der Mann für das Tugendhafte, wobei er dies positiv meinte.
Erziehung und Bildung
Die Erziehung von orthodoxen Jüdinnen war in erster Linie religiöser Natur, da nicht nur die Gemeinde, sondern auch die Familie ein wichtiger Ort religiösen Handelns war.[7] Die Erziehung der orthodoxen jüdischen Frau zielte darauf ab, sie auf ihre Rolle als Mutter und Erzieherin vorzubereiten.[8] Dementgegen war es aber auch für jüdische Frauen wichtig, sich Wissen im Bereich des Handels bzw. Gelderwerbs anzueignen, da sie oft den Mann unterstützen mussten.[9] Ferner bestand aber ein Studienverbot, welches jedoch das religiöse Selbststudium und den Erwerb von Allgemeinbildung nicht einschloss.[10] Seit dem 17. Jahrhundert gab es dann die Tendenz wohlhabende jüdische Mädchen auch in weltlichem Wissen zu unterrichten.[11] Dies war wohl ein kleiner, aber wichtiger Schritt hin zur Verbesserung der sozialen Stellung und sicherlich ein wichtiger Faktor für die spätere Entwicklung der Salonkultur. In christlicher Erziehung hielt man hingegen an der „vernachlässigten Erziehung der Antike fest"}[12] Lediglich die klösterlichen Mädchenschulen boten ein höheres Bildungsangebot.[13]
Mit dem Einsetzen von aufklärerischen Gedanken setzt auch die Frage nach der Erziehung von Mädchen ein, sowohl auf jüdischer als auch auf christlicher Seite. Im Jahre 1698 wurde dann die erste Mädchenschule gegründet.[14] Durch die Französische Revolution wurden die Bestrebungen nach einer einheitlichen Erziehung für Jungen und Mädchen verstärkt.[15] Auf jüdischer Seite änderten sich die Erziehungsschwerpunkte, da nur noch wenige jüdische Frauen in Zeiten wirtschaftlichen Erfolgs ihre Männer im Geschäft unterstützten mussten. Folglich führte dies dazu, dass sich Frauen, neben weichenden familiären Pflichten, nun den gesellschaftlichen Aufgaben widmen konnten.[16] Michael Meyer fasst die Aufgaben der jüdischen Frau in vier Punkten zusammen: Erziehung, Kultivierung, Pflege der Geselligkeit und Wahrung jüdischer Traditionen.[17] Diese Aufgaben korrelieren insbesondere mit den angestrebten Inhalten für die aufklärerischen Mädchenschulen, die jedoch eher von Jüdinnen aus der Unterschicht besucht wurden, da jüdische Töchter aus gutem Hause weiterhin privat unterrichtet wurden.[18] Jedoch standen in jüdischen Schulen handwerkliche und religiöse Fähigkeiten weiterhin im Fokus.[19] Diese wurden nun um eine kulturelle Ebene ergänzt. Das Hauptziel der aufgeklärten Juden bestand folglich darin sich dem Bürgertum anzupassen.[20] Hierbei ist zu erwähnen, dass der Großteil der orthodoxen Juden den liberalen Bestrebungen kritisch bis ablehnend entgegenstand.[21] Die Aufklärung förderte die Bildung der Frauen, insbesondere die der jüdischen Frauen, und bedingte ein steigendes Interesse der Oberschicht an Kultur. Außerdem bekamen junge Frauen die Gelegenheit ihr erworbenes Wissen selbstständig und mit eigenen Vorstellungen weiterzugeben bzw. zu teilen. Die Berliner Salons boten diese Möglichkeit.[22]
Der Salon, ein emanzipierter Raum?
Petra Wilhelmy charakterisierte den literarischen Salon als „frei von Statuten, Satzungen und ideologischen Dogmen. “[23] Jedoch stellt sich dann die Frage, warum Rahel Varnhagen, eine der wichtigsten und erfolgreichsten Salonièren ihrer Zeit, stets unglücklich über ihre Rolle war.[24]
Diese Frage soll in diesem Abschnitt, nicht nur für Rahel Varnhagen, sondern auch exemplarisch für andere aufgeklärte Jüdinnen, thematisiert werden.
Im Rahmen der Aufklärung, der jüdischen wie der deutschen, kam es dazu, dass das Verlangen zum kulturellen Austausch stärker wurde. Die fortschreitende Bildung und Erziehung sowie der steigende wirtschaftliche Erfolg führt bei einem großen Teil der bessergestellten jüdischen Bevölkerung dazu, dass der Emanzipationsgedanke immer stärker
[...]
[1] Vgl. Salewski (2009). S. 52f.
[2] Vgl. Gerl (1991). S. 36.
[3] Vgl. Ebd. S. 36.
[4] Vgl. Ebd. S. 36f.
[5] Vgl. Ebd. S. 37.
[6] Vgl. Ebd.
[7] Vgl. Meyer (1997). S. 69.
[8] Vgl. Eliav (1993). S.97.
[9] Vgl. Meyer (1997). S. 71.
[10] Eliav (1993). S. 98.
[11] Ebd.
[12] Ebd.
[13] Ebd.
[14] Vgl. Eliav (1993). S. 99.
[15]
[16] Vgl. Meyer (1997). S. 72.
[17] Vgl. Ebd.
[18] Vgl. Eliav (1993). S. 100f.
[19] Vgl. Ebd. S. 102.
[20] Vgl. Ebd. S. 100.
[21] Vgl. Ebd. S. 106.
[22] Vgl. Krohn (1998). S. 15.
[23] Wilhelmy, Petra: Der Berliner Salon im 19. Jahrhundert (1780-1914). Berlin/New York 1989. Zitiert nach: Naarmann (2008). S. 91.
[24] Vgl. Krohn (1998). S. 13.
- Quote paper
- Sascha Faust (Author), 2012, Paria oder Parvenü? - Die soziale Stellung aufgeklärter Jüdinnen im Zeitalter der Haskala, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198078
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