Die Stadt als soziostrukturelles Gefüge im Mittelalter wurde bislang vor allem in den
neuen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland vernachlässigt. Erst in den letzten
Jahren begannen Historiker mit der Auswertung der sozialgeschichtlicher Massenquellen.
Diese Auswertung umfasst auf der einen Seite Quellen, auf deren Grundlage Sozialdatenbanken
erstellt werden können z.B. Steuerregister und Volkszählungen, und auf der
anderen Seite Quellen, die für die Zuordnung der Einzelhaushalte notwendig sind, d. h.
ohne die eine sozialtopographische Verwertung der o.g. Datenbanken nicht möglich wäre,
z.B. Grundregister, Grundstückskarten und Brandkataster. Hinsichtlich der Sozialstruktur
ist die Erwerbs- und Berufsstruktur, die demographische Struktur und die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit anhand des jährlichen Steueraufkommens von besonderem
Interesse.
Zu den Steuerregister gehören neben den Kontributionsregister die Schoßregister, die seit
dem Mittelalter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts geführt wurden. Im Gegensatz zu den
Schoßregistern, die nur eine pauschale Erwerbsteuer enthalten, sind die Kontributionsregister,
welche eine differenzierte Erwerbsteuer enthalten, aussagekräftiger. Da die Kontributionsregister
jedoch erst seit dem 16. Jahrhundert in Erscheinung traten, sind nur die
Schoßregister für das Mittelalter für den Historiker von enormer Bedeutung.
Aus diesem Grund umfasst das Thema dieser Hausarbeit die Schoßlisten-Quellen der
hansischen Spätzeit, um ihre ganze Bedeutung für den Historiker aufzeigen zu können.
Dabei stehen die Beschreibung und die Definition von Schoßlisten und Schoß im Mittelpunkt
der Arbeit. Des weiteren soll auf den Aufbau einer solchen Liste eingegangen werden,
wobei drei Schoßregisterbeispiele die unterschiedlichen Verfahrensweisen verdeutlichen
sollen. Ebenfalls soll auf die Art und Weise der Erhebung des Schoßes eingegangen
werden.
Dass der Schoß auch Ursache für politische Diskrepanzen sein kann, wird gegen Ende
der Arbeit Gegenstand sein. Auf die tatsächlichen Auswirkungen des politischen Ereignisses
kann aber nicht ausführlich eingegangen werden, da dies den Rahmen der Arbeit
sprengen würde.
In der Schlussbetrachtung soll noch einmal verdeutlicht werden, wie ausgewertete
Schoßregister Auskunft über die Vermögensverteilung im sozialen Gefüge der Stadt Reval
geben können. Hierbei wird es besonders um die Verteilung der Nationalitäten gehen.
[...]
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Hauptteil
1. Schoßlisten und Schoß – Ein Definitionsversuch
2. Die Entwicklung des Schoßes
3. Die Erhebung des Schoßes
4. Der Aufbau von Schoßlisten
5. Die erweiterte Bedeutung von Schoß
III. Schlussbetrachtung
IV. Quellen- und Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Die Stadt als soziostrukturelles Gefüge im Mittelalter wurde bislang vor allem in den neuen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland vernachlässigt. Erst in den letzten Jahren begannen Historiker mit der Auswertung der sozialgeschichtlicher Massenquellen. Diese Auswertung umfasst auf der einen Seite Quellen, auf deren Grundlage Sozialdatenbanken erstellt werden können z.B. Steuerregister und Volkszählungen, und auf der anderen Seite Quellen, die für die Zuordnung der Einzelhaushalte notwendig sind, d. h. ohne die eine sozialtopographische Verwertung der o.g. Datenbanken nicht möglich wäre, z.B. Grundregister, Grundstückskarten und Brandkataster. Hinsichtlich der Sozialstruktur ist die Erwerbs- und Berufsstruktur, die demographische Struktur und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anhand des jährlichen Steueraufkommens von besonderem Interesse.
Zu den Steuerregister gehören neben den Kontributionsregister die Schoßregister, die seit dem Mittelalter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts geführt wurden. Im Gegensatz zu den Schoßregistern, die nur eine pauschale Erwerbsteuer enthalten, sind die Kontributionsregister, welche eine differenzierte Erwerbsteuer enthalten, aussagekräftiger. Da die Kontributionsregister jedoch erst seit dem 16. Jahrhundert in Erscheinung traten, sind nur die Schoßregister für das Mittelalter für den Historiker von enormer Bedeutung.
Aus diesem Grund umfasst das Thema dieser Hausarbeit die Schoßlisten-Quellen der hansischen Spätzeit, um ihre ganze Bedeutung für den Historiker aufzeigen zu können. Dabei stehen die Beschreibung und die Definition von Schoßlisten und Schoß im Mittelpunkt der Arbeit. Des weiteren soll auf den Aufbau einer solchen Liste eingegangen werden, wobei drei Schoßregisterbeispiele die unterschiedlichen Verfahrensweisen verdeutlichen sollen. Ebenfalls soll auf die Art und Weise der Erhebung des Schoßes eingegangen werden.
Dass der Schoß auch Ursache für politische Diskrepanzen sein kann, wird gegen Ende der Arbeit Gegenstand sein. Auf die tatsächlichen Auswirkungen des politischen Ereignisses kann aber nicht ausführlich eingegangen werden, da dies den Rahmen der Arbeit sprengen würde.
In der Schlussbetrachtung soll noch einmal verdeutlicht werden, wie ausgewertete Schoßregister Auskunft über die Vermögensverteilung im sozialen Gefüge der Stadt Reval geben können. Hierbei wird es besonders um die Verteilung der Nationalitäten gehen. Als Fazit vorweggenommen kann man sagen, dass der hansische Kaufmann selbst dort das Sagen hatte, wo er, was die Zahlen betrifft, in der Minderheit war.
Für die Forschung der Stadtgeschichte spielen Schoßlisten eine wichtige Rolle. Die meisten der bekannten Register sind handschriftlich überliefert und nicht ediert. Ungedruckte Schoßlisten besonderer Aussagekraft sind in Stralsund, Rostock, Göttingen und Köln zu finden, um nur einige davon zu nennen. Editierte Schoßlisten sind die Goslarer Schoßlisten von 1457[1] und 1501[2], ebenso die Hildesheimer Stadtrechnungen.[3] Des weiteren sind Dortmunder[4] und Revaler Schoßlisten[5] ediert worden. Es fällt auf, dass die meisten Editionen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammen. Anhand der überlieferten Schoßregistern ist es anzunehmen, dass die älteste Edition von R. Doebner im Jahr 1893 herausgegeben wurde; hierbei handelt es sich um die Hildesheimischen Stadtrechnungen.
II. Hauptteil
1. Schoßlisten und Schoß – Ein Definitionsversuch
Schoßlisten sind ihrer Bedeutung nach besondere Steuerlisten. Unter Steuerlisten versteht man Verzeichnisse, die Listen von Namen enthalten. Die Träger dieser Namen gehörten zu den Steuerpflichtigen der Stadt. Des weiteren verzeichnen die Listen die schuldigen Abgaben.[6]
Anhand der Analysen können verschiedene Arten von Steuerlisten unterschieden werden. So gibt es z.B. seit dem 14. Jahrhundert die sogenannten landesherrlichen Steuerlisten. Die Reichssteuerlisten[7] und Bedeverzeichnisse[8] sollen an dieser Stelle nur erwähnt werden.
Schoßlisten werden den städtischen Quellen zugeordnet; sie gehören zu den Akten. Man findet Schoßlisten in den meisten Städten seit etwa Mitte des 15. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit sind häufig nur einzelne Regesten und nur selten ganze Serien von Listen überliefert; wobei unter ganze Serien an dieser Stelle fortlaufende Schoßlisten verstanden werden.
Schoßlisten werden vom Historiker als eine der wichtigsten Quellen zur Bevölkerungs- und Sozialgeschichte angesehen.[9] Sie gelten als sehr ergiebig, wenn man sie mittels der zur Verfügung stehenden Quellen derselben Stadt aus demselben Zeitraum „zum Sprechen“ bringt.[10] Wichtig werden Schoßlisten in der historischen Demographie. Erst seitdem die Stadt neben diesen Listen auch die Geburts-, Heirats- und Sterberegister kennt, kann sich der Historiker eine Vorstellung über die Bevölkerungszahlen einer mittelalterlichen Stadt machen. Ebenso notwendig sind die Neubürgerlisten in diesem Zusammenhang.
Aber die Frage, was einen Schoß bezeichnet, ist durch diese Ausführungen noch nicht beantwortet worden. Schoß bzw. Schoße sind mittelalterliche Begriffe für Sondersteuern, die zunächst nur für bestimmte Kriegszüge erhoben wurden. Sie konnten, wie auch die Bede, leicht zur Dauersteuer werden. Im Laufe des Mittelalters, Ende 14. Jahrhunderts/ Anfang 15. Jahrhundert bezeichnete der Schoß eine direkte städtische Steuer, welche jeder Bürger, mit Ausnahme der Ratsangestellten und einiger Geistlicher zu zahlen hatte.
Schoßregister sind Steuerbücher, die etwa dieselben Angaben wie das Landbuch enthalten.
Der Begriff Schoß an sich lässt sich auf das germanische Wort „sceutan“ zurückführen, was soviel wie „Schießen“ heißt. Weitere Formen sind im Mittelhochdeutsche als „schoz“, im Mitteldeutschen oder Mittelniederdeutschen als „schot“ und im Angelsächsischen als „scot“ belegt. Schoß wird als ein Betrag definiert, den der einzelne zur Bestreitung gemeinsamer Ausgaben beisteuert.[11] Mit dieser Definition lässt sich auch das oberdeutsche synonym – gebrauchte Wort „gewerf“ erklären. Im Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm findet sich neben der Bedeutung des Schoßes als `Zuschuss des Einzelnen zur Befreiung gemeinsamer Ausgaben´ der Zusatz, dass sich Schoß als Begriff vor allem in den Hansestädten lange hielt.[12]
2. Die Entwicklung des Schoßes
Die Stadt war in das Steuersystem des Reiches integriert. Sie trat „als Gesamtschuldnerin der königlichen Steuerforderung“ auf.[13] Damit die Stadt ihre Steuerschuld begleichen konnte, legte sie die Königssteuer auf ihre Einwohner und Bürger um. So wurde die königliche Steuerforderung zu einer städtischen Steuerforderung. Im hohen Mittelalter handelte es sich allerdings noch nicht um eine ständige Steuer; sie wurde bei Bedarf erhoben.[14]
Zu den Steuerpflichtigen gehörten keineswegs alle Einwohner der Stadt; so waren Frauen und Kinder davon ausgenommen. Steuerpflichtig waren alle Stadtbewohner, die das Bürgerrecht innehatten oder es erwerben wollten. Das Bürgerrecht beinhaltete demzufolge neben den Privilegien und der Aufstiegschance in den Stadtrat die Steuerpflicht. Herren, die von außerhalb der Stadt kamen und sich in der Stadt niederließen, zahlten oft mehrere Jahre den Schoß, um sich so das Bürgerrecht zu ersitzen. Andererseits konnte ein Bürger sein Bürgerrecht auch verlieren, wenn er seinen Schoß nicht entrichtete.
Vom Schoß und anderen städtischen Steuern befreit, war der geistliche Grundbesitz. Dies beruhte auf dem „privilegium immunitatis“.[15] Erst im 15. Jahrhundert versuchten die Städte, dieses Privileg einzuschränken.
Neben dem Schoß gab es in der Stadt auch noch andere Steuern: die Akzise, das Wachgeld, das Marktgeld, das Salzgeld und das Stapelgeld. Außerdem wurden eine Reihe von Gebühren für diverse Verwaltungstätigkeiten erhoben, so musste der Bürger z.B. für den Eintrag ins Bürgerbuch oder für die Ausstellung von Urkunden zahlen. Die Summe all dieser Einnahmen machte das Einkommen einer Stadt aus.[16]
Die Steuerpflicht war in den Stadtrechten als Grundsatz verankert und durch innerstädtische Rechtsordnungen geregelt.[17] Einige Städte kannten neben dem Schoß noch den sogenannten „Vorschoß“, eine Abgabe, die im Voraus von allen Bürgern in der gleichen Höhe zu entrichten war, so auch die Bürger der Stadt Quedlinburg, wie Funde von mittelalterlichen Schoßlisten aus dem Jahr 1988 belegen.[18]
[...]
[1] Bonhoff, F.: Goslarer Schoßregister von 1457. ZndSächsFamilienG 7. 1925. S.145-158.
[2] Ders.: Goslarer Schoßregister von 1501. ZndSächsFamilienG 10. 1928. S.137-151.
[3] Doebner, R. (Hrsg.): Hildesheimische Stadtrechnungen. Bd. 2. Hildeheim 1893 u. 1896.
[4] Johansen, P.: Fragment einer ältesten Einwohnerliste Revals. BeitrrKde Estland. Bd. 13. H. 1/2 . 1927.
S.51-53. (Schoßliste von 1310 für St. Olai-Pfarre)
[5] Meininghaus, A.: Der Dortmunder Königsschoß. Ein Beitrag zur Sozialgeschichte der Dortmunder Bür-
gerschaft im 15. Jahrhundert. BeitrrG Dortmund 38. 1930. S.79-158.
[6] Die Definition beruht aus den Untersuchungen von Götz, Isenmann und Sprandel.
[7] Als Beispiel wäre die Reichssteuerliste von 1241 anzugeben.
[8] „Bede“ bezeichnet eine vom Herrn eingeforderte Steuer. Der Begriff kann auch synonym für „Schoß“
verwendet werden.
[9] Sprandel 1982. S. 68.
[10] Goetz 1993. S. 19.
[11] Isenmann 1995. S. 1542.
[12] Grimm 1984. S. 32f.
[13] Schuler 1997. S. 144.
[14] Vgl. Sprandel 1982. S.68.
[15] Der Dienst der Kleriker galt als öffentliche Dienstleistung, daher wurden sie von öffentlichen Abgaben
befreit „privilegium immunitatis“.
[16] Schuler 1997. S.145.
[17] Ebd. 144.
[18] www.altstadtwinkel.de/funde.htm
- Citation du texte
- Katrin Möller (Auteur), 2001, Schoßlisten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19616
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.