Ein Nationalstaat ist ein Staat mit einer staatstragenden Nation (Volk, Ethnie), der die wesentlichen Teile dieses staatstragenden und meist auch namengebenden Volkes in sich vereint. Idealtypisch hat ein Nationalstaat alle Angehörigen dieses Volkes und auch nur Angehörige dieses Volkes als BürgerInnen. Unter dem methodologischen Nationalismus ist die Beschränkung der Forschung auf den Rahmen des Nationalstaats zu verstehen. Der Begriff ‚methodologischer Nationalismus’ geht aus der Theorie des Nationalismus von Anthony Smith hervor und verweist auf die analytische Hypothese, dass die nationale Gemeinschaft und der Territorialstaat vollständig von einander abhängig sind. Dem methodologischen Nationalismus zufolge sind die wesentlichen methodologischen Kategorien, die für die Analyse der Gesellschaft essentiell sind, nunmehr durch die Kategorien, Konzepte und Hypothesen determiniert, die im sozialen Verständnis des Nationalstaats enthalten sind. Burgess geht davon aus, dass der Nationalstaat somit nicht nur eine politische Form, sondern auch Epistemologie ist. Im normativen Umfeld begründet und legitimiert der Anspruch auf staatliche Kontrolle und Macht die Bildung und Erhaltung der Kategorie Gesellschaft. Die Kräfte, die zur Begünstigung einer Vorstellung von Gesellschaft benötigt werden, stellt der Staat bereit. Laut Beck dirigiert und legitimiert der Staat die fundamentalen Rechte, Bildungssysteme, Sozialprogramme, Parteipolitik, die offizielle Sprache, Literatur, Polizei, etc. Der methodologische Nationalismus impliziert eine Vielzahl von ontologischen Behauptungen, d.h. Annahmen darüber, welche spezifische Existenzform die Gesellschaft hat sowie über ihre Notwendigkeit und Zufälligkeit. Schließlich, so Beck, wird die nationalstaatliche Gesellschaft durch eine Architektur des Denkens, Handelns und Lebens organisiert. Der durch Beck geprägte Begriff ‚methodologischer Kosmopolitismus’ soll eine Möglichkeit darstellen, die Grenzen des methodologischen Nationalismus zu überwinden.
Essay
Welche Wechselwirkungen und Abhängigkeiten bestehen zwischen methodologischem Nationalismus und Nationalstaat?
Ein Nationalstaat ist ein Staat mit einer staatstragenden Nation (Volk, Ethnie), der die wesentlichen Teile dieses staatstragenden und meist auch namengebenden Volkes in sich vereint. Idealtypisch hat ein NationalstaatalleAngehörigen dieses Volkes und auchnur Angehörige dieses Volkes als BürgerInnen. Unter dem methodologischen Nationalismus ist die Beschränkung der Forschung auf den Rahmen des Nationalstaats zu verstehen. Der Begriff ‚methodologischer Nationalismus’ geht aus der Theorie des Nationalismus von Anthony Smith hervor und verweist auf die analytische Hypothese, dass die nationale Gemeinschaft und der Territorialstaat vollständig von einander abhängig sind. Dem methodologischen Nationalismus zufolge sind die wesentlichen methodologischen Kategorien, die für die Analyse der Gesellschaft essentiell sind, nunmehr durch die Kategorien, Konzepte und Hypothesen determiniert, die im sozialen Verständnis des Nationalstaats enthalten sind. Burgess geht davon aus, dass der Nationalstaat somit nicht nur eine politische Form, sondern auch Epistemologie ist. Im normativen Umfeld begründet und legitimiert der Anspruch auf staatliche Kontrolle und Macht die Bildung und Erhaltung der Kategorie Gesellschaft. Die Kräfte, die zur Begünstigung einer Vorstellung von Gesellschaft benötigt werden, stellt der Staat bereit. Laut Beck dirigiert und legitimiert der Staat die fundamentalen Rechte, Bildungssysteme, Sozialprogramme, Parteipolitik, die offizielle Sprache, Literatur, Polizei, etc. Der methodologische Nationalismus impliziert eine Vielzahl von ontologischen Behauptungen, d.h. Annahmen darüber, welche spezifische Existenzform die Gesellschaft hat sowie über ihre Notwendigkeit und Zufälligkeit. Schließlich, so Beck, wird die nationalstaatliche Gesellschaft durch eine Architektur des Denkens, Handelns und Lebens organisiert. Der durch Beck geprägte Begriff ‚methodologischer Kosmopolitismus’ soll eine Möglichkeit darstellen, die Grenzen des methodologischen Nationalismus zu überwinden. Dabei versucht Beck das Konzept der Globalisierung neu zu interpretieren, indem er diese als Prozess beschreibt, in dessen Folge die Nationalstaaten und ihre Souveränität durch transnationale Akteure, ihre Machtchancen, Orientierung, Identitäten und Netzwerke unterlaufen und verbunden werden. Strittig ist allerdings, ob die Globalisierung den Nationalstaat vollkommen ablösen wird. Vielmehr scheint der Nationalstaat als Basis und Grundvoraussetzung für die Globalisierung zu dienen. Somit ist der Nationalstaat unvermeidlich in jeder postnationalen Konstellation vorhanden. Gleichzeitig lässt die Globalisierung ihn jedoch nicht unberührt und erschafft eher einen entscheidenden Wandel innerhalb des Nationalstaates. Viele Prozesse, wie geografische Expansionen, internationaler Handel, globale Vernetzung der Finanzmärkte, die wachsende Macht transnationaler Unternehmen, die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie, die universelle Forderung nach Menschenrechten usw. bestimmen diese Verwandlung. Parallel hierzu wächst die Anzahl und Macht transnationaler Akteure, interkulturelle Konflikte treten auf und die Fragen nach der weltweiten Armut und globalen Umweltzerstörung werden dringlicher. Diese Beobachtungen begrenzen sich auf die durch Beck bezeichnete „Containertheorie der Gesellschaft“, die davon ausgeht, dass der Territorialstaat und seine normativen, epistemologischen und ontologischen Begründungen auch die Grundlage der Gesellschaft sind. Der Territorialstaat beinhaltet die Gesellschaft, macht deren gegenständliche Basis aus und bestimmt gleichzeitig die zugehörigen Konturen und Grenzen. Die Containertheorie nach Beck basiert auf den Annahmen, dass die Souveränität des Nationalstaates im Verhältnis zu seiner Sicherheit steht, der Nationalstaat aus einer homogenen Kultur besteht und, dass der Staat Vorrang vor der Gesellschaft hat. Aus diesem Verständnis der Beziehung zwischen Staat und Gesellschaft ergibt sich wiederum die Konsequenz einer methodologischen Sichtweise. Aus der Perspektive des nationalstaatlichen Containermodells von Gesellschaft ergibt sich außerdem, dass das allgemeine, symbolische und gesetzliche Ordnungsraster von Migration (in der BRD) auch gegenwärtig noch, durch eine raumgebundene und -bindende Grundidee von Migration, dominiert. Dies bedeutet, dass Migration als Ortswechsel, der nur in eine Richtung verläuft und als Prozess der Aus- und Einwanderung, der räumlich sowie zeitlich begrenzt ist, angesehen wird. Dementsprechend stand lange Zeit die Untersuchung bestimmter Push- und Pull-Faktoren im Vordergrund: Faktoren, die die MigrantInnen veranlassen aus ihrem „Herkunftsland“ zu emigrieren („push“) und Faktoren, die die MigrantInnen veranlassen in ein bestimmtes „Ankunftsland“ zu immigrieren („pull“). Die mehrheitsgesellschaftliche Perspektive versucht sich in der Kontrolle von Migration, die diese in bestehendem Kontext gerne mit Naturmetaphern wie Flut und Ansturm umschreibt. Sie geht, wie bereits erläutert, von einer territorial begrenzten Gesellschaft aus, die die Integration auf diesem Hintergrund legitimiert. Sie setzt eine homogene Kultur mit gleichen Werten und Normen voraus, an die sich der/die MigrantIn innerhalb eines siebenstufigen Assimilierungskonzepts integrieren soll und dessen Ziel es ist, ein „Einverständnis mit den Werten und Normen der Aufnahmegesellschaft“ zu erreichen. Nach Pries geht diesem „Einverständnis“ kulturelles Lernen, eine Entwicklung einer positiven Einstellung zur Aufnahmegesellschaft, Entwicklung einer negativen Einstellung zur Herkunftsgesellschaft, wirtschaftliche Akkommodation und Identifikation mit der Aufnahmegesellschaft voraus. Nach Karakayali/Tsianos entnennt der methodologische Nationalismus die gewaltvollen Territorialisierungsprozesse, mit denen versucht wird, Raum, Gesellschaft und Kultur symbolisch und rechtlich zur Übereinstimmung zu bringen, und entsteht schließlich in einer Integrationsforderung an alle Migrierenden. Es sind die ökonomischen, politischen und sozialen Schließungen die konzipiert werden, um die Privilegien der sogenannten Mehrheitsgesellschaft im Rahmen ungleicher Machtverhältnisse zu verteidigen. Als Beispiel nennen Karakayali/Tsianos die sich überschneidenden Diskurse über migrantische „Ghettos“ und sogenannte „Parallelgesellschaften“, anhand dessen einerseits Fragen der sozialen Ungleichheit thematisiert und andererseits die Probleme gemeinsamer Werte und Normen diskutiert werden. Fakt ist, dass die räumliche Ausgrenzung oder gar Absonderung eines Personenkreises aufgrund seines sozialen Standes den Zusammenhalt in der Gesellschaft zerstört, was zur Folge hat, dass sowohl der Staat als auch die Gesellschaft ihre integrative Verantwortung nutzen sollten. Der Nationalstaat dient scheinbar, der Europäischen Union zum Trotz, nach wie vor als migrationspolitischer Akteur. Diskurse über die Einwanderung und Integration vollziehen sich weitgehend im nationalen Rahmen und knüpfen an nationale Traditionen, Ängste und Sendungsvorstellungen an.
Die kosmopolitische Perspektive stellt das grundlegende Prinzip der nationalen Perspektive infrage, indem davon ausgegangen wird, dass die moderne Gesellschaft und die moderne Politik nur nach der nationalstaatlichen Logik organisiert sind. Beck nennt dabei sechs Prinzipien und Irrtümer, die es zu überwinden gilt. Er geht davon aus, dass dabei die „Entweder-oder“-Logik zu einer Logik des „Sowohl-als-auch“ transformiert werden müsste ohne, dass dabei Konsequenzen entstehen. Die ausschließliche Logik des „Entweder-oder“ informiert und organisiert den methodologischen Nationalismus, während die Differenzierung des „Sowohl-als-auch“ die Struktur des methodologischen Kosmopolitismus organisiert. Durch globale Ereignisse kommt es zu einem gleichzeitigen Erfahrungsraum einer globalen Zivilisation. So sollte das Transnationale und Kosmopolitische als Anlass einer Neudefinition des Nationalen und Lokalen verstanden werden, in der der nationale Rahmen zwar nicht aufgehoben wird, aber kulturelle Bindungen, Loyalitäten und Identitäten nationale Grenzen und Kontrollen übergreifen. Es scheint jedoch so, dass weder die eine noch die andere Logik die dynamische Beziehung zwischen den verschiedenen Ebenen von Identität und Institutionalisierung angemessen beschreibt. Burgess stellt somit die These auf, dass der methodologische Kosmopolitismus ebenso einseitig, undynamisch und instabil wie der methodologische Nationalismus ist.
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- Arbeit zitieren
- Jenny Fischer (Autor:in), 2010, Welche Wechselwirkungen und Abhängigkeiten bestehen zwischen methodologischem Nationalismus und Nationalstaat?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/195782
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