Die „Wunderbare[n] Reisen zu Wasser und Lande, Feldzüge und lustige Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen“ von Gottfried August Bürger sind uns wohl allen noch aus der Kinderzeit bekannt. Selbst über 200 Jahre nach Erscheinen des Buches, verliert der Lügenbaron nicht an Faszination. Mehr als 1.000 Ausgaben in über 30 Sprachen kennzeichnen den globalen Erfolg. Die Ursachen für diesen sind im literarischen Diskurs umstritten. Diese Arbeit soll sich nun damit beschäftigen, ob Bürgers berühmtestes Werk mehr als nur ein Kindermärchen ist. Sie stellt sich der zentralen Frage: „Stecken hinter den Lügen von Münchhausen tiefere Wahrheiten?“
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Eine zweite Reise nach dem Monde
2.1 Das Verhältnis von Emotion und Intellekt
3. Fazit
4. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die „Wunderbare[n] Reisen zu Wasser und Lande, Feldzüge und lustige Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen“ von Gottfried August Bürger[1] sind uns wohl allen noch aus der Kinderzeit bekannt. Selbst über 200 Jahre nach Erscheinen des Buches, verliert der Lügenbaron nicht an Faszination. Mehr als 1.000 Ausgaben in über 30 Sprachen kennzeichnen den globalen Erfolg.[2] Die Ursachen für diesen sind im literarischen Diskurs umstritten.
So meint zum Beispiel Bernhard Wiebel in „Münchhausens Kugelritt ins 20. Jahrhundert – ein Aufklärungsflug“, dass es ein Fehler sei die Münchhausen Begeisterung auf die Lüge allein abzutun, denn es sei viel wichtiger was hinter der Lüge steckt.[3]
Um dies zu verdeutlichen verwendet er die wohl bekannteste Episode der Münchhausen Erzählungen ‚den Kugelritt‘ und interpretiert sie. Anders als der Volksmund sieht Wiebel nicht den Wunsch des Menschen, Fliegen zu können, als Ursache für die Popularität dieser Episode, sondern die „Hinter der Folie der Lügen liegen[den] überraschende[n] philosophischen[n] Implikationen“[4]. So behauptet er, Bürger spiele mit dem Ritt auf der Kanonenkugel auf das Bewusstsein der Sterblichkeit und dem daraus resultierenden Wunsch der Menschen die Zeit anhalten zu können, an.[5] Mit dieser Aussage widerspricht er Max Lüthi der im Nachwort zu Bürgers Buch behauptet, dass der Kugelritt wenig Anlass zum Philosophieren ließe.[6]
Aus Wiebels Sicht werden die Geschichten Münchhausens zu Unrecht als Kinderbuch verkannt. Dadurch, dass Bürger seinen Vorsatz der Volkstümlichkeit auch in Sprache seiner Dichtung umsetzt, erkennt Wiebel den Grund dafür, dass das Buch in seinem inhaltlichen Reservoir enorm geschmälert wird.[7]
Diese Arbeit soll sich nun damit beschäftigen, ob Bürgers berühmtestes Werk mehr als nur ein Kindermärchen ist. Sie stellt sich der zentralen Frage: „Stecken hinter den Lügen von Münchhausen tiefere Wahrheiten?“
Um diese Frage beatworten zu können, muss eine weitere Episode als die Wiebels, analysiert, historisch beurteilt und interpretiert werden.
Die zweite Reise zum Mond bietet sich dabei besonders an, weil sie zum einen genügend Material zur Analyse bietet und zum anderen, sind keine populären Interpretationen bekannt, so dass ein vorurteilsfreies Arbeiten ermöglicht ist.
Die These, die sich aus Wiebels Behauptungen schließen lässt, lautet: „Hinter den unglaublichen Lügenmärchen steckt eine verborgene Kritik an den menschlichen Unfähigkeiten.“ Genau dieser gilt es im Folgenden auf den Grund zu gehen.
Aufgrund von mangelnden Kapazitäten können Fragestellung wie diese These lediglich anhand einer Episode (zweite Mondreise) diskutiert werden.
2. Eine zweite Reise nach dem Monde
Das zehnte Seeabenteuer handelt davon, wie Münchhausen samt einem Schiff, durch einen Orkan auf den Mond befördert wird. Dort begegnet er den unterschiedlichsten Gestalten, die er seinem Publikum ausführlich beschreibt. Auch den König des Mondes, der einen Krieg gegen die Sonne führt, trifft der Baron.
Seine Schilderungen über das Reich des Mondes sind außergewöhnlich und so fantasievoll, dass sie uns bereits beim ersten Lesen in ihren Bann ziehen. So berichtet Münchhausen „Alles wächst auf Bäumen […] Will man nun den Samen dieser Nüsse lebendig haben, so wirft man sie in einen großen Kessel kochenden Wassers, und in wenigen Stunden öffnen sich die Schalen, und das Geschöpf springt heraus.“[8], oder „Der Bauch tut den Leuten im Monde ganz die Dienste, die uns ein Ranzen tut; […] Ihre Augen können sie nach Gefallen herausnehmen und einsetzen, […]“[9].
Die von Fantasie strotzenden Erzählungen können nur aus der Feder eines Märchenerzählers stammen, mag man zunächst zu vernehmen. Bei genauerem Hinsehen allerdings, erkennt man die „philosophischen Implikationen“ von denen Wiebel schon beim Kugelritt spricht. Bürgers Fantasieauswüchse sind hierbei als Anspielungen auf das ungenügende Zusammenwirken von emotionalen und kognitiven Fähigkeiten des Menschen zu verstehen. Ein Problem welches noch heute, vielleicht mehr den je aktuell ist. Mit Hilfe der satirischen Charakteristiken der Mondbewohner kritisiert er die Schwäche der Menschen. Im nächsten Kapitel werden die sprachliche und historische Analyse diesen Zusammenhang verdeutlichen.
[...]
[1] 1788
[2] Vgl. Wiebel, Bernhard: Münchhausen-Raspe-Bürger: ein phantastisches Triumvirat. Einblick in die Münchhausen-Szene und die Münchhausen-Forschung mit einem besonderen Blick auf R.E. Raspe. In: Münchhausen– Vom Jägerlatein zum Weltbestseller. Hg. v. Münchhausen-Museum Bodenwerder. Göttingen 1998 (Arkana Verlag), S.14.
[3] Vgl. Wiebel, Bernhard: Münchhausens Kugelritt ins 20. Jahrhundert. Ein Aufklärungsflug. In: G. A. Bürger und J. W. L. Gleim. Hg. v. Hans-Joachim Kertscher. Tübingen 1996 (Hallesche Beiträge zur europäischen Aufklärung, Bd. 3), S. 160.
[4] Wiebel, Münchhausens Kugelritt ins 20. Jahrhundert, S.160.
[5] Ebd.
[6] Ebd.
[7] Ebd.
[8] Bürger, Gottfried August: Wunderbare Reisen zu Wasser und Lande, Feldzüge und lustige Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen. Stuttgart 2000. S. 96.
[9] Ebd., S.98.
- Arbeit zitieren
- Elena Lehmann (Autor:in), 2010, Ihren Kopf haben sie unter dem rechten Arm, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/195352
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