Die Insolvenz der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers und der daraus resultierende Wertverfall der „Lehman-Zertifikate“ löste eine Welle der Kritik aus. Die Kritik richtete sich dabei nicht nur gegen den betreffenden Emittenten Lehman Brothers, sondern gegen die ganze Branche und ihre Produkte. Dies traf die Zertifikatebranche hart und setzte dem anhaltenden Boom der vergangenen Jahre vorläufig ein Ende. Zertifikate wurden, seitens der Medien, als Sinnbild der „undurchschaubaren“ und „von Gier ge-triebenen“ Bankenwelt propagiert. Es wurde in Talkshows darüber diskutiert und über zahlreiche Schicksale berichtet. Artikel wurden mit Titeln wie: „Gier-Banker haben uns abgezockt!“ , „Das versteht doch kein Mensch“ oder „Miese Renditen von schlechten Schuldnern“ , veröffentlicht. Das Thema war en Vogue. Dies zeigte Wirkung und so reduzierte sich das Volumen des Zertifikatemarktes, binnen eines Quartals (4. Quartal 2008), um 29,8 Mrd. EUR (Vgl. S. 30). Vor allem Privatkunden wurden durch die mediale Kritik in Bezug auf Zertifikate sensibilisiert und viele üben sich immer noch in Zurück-haltung. Aus diesem Grund wurde es zum Ziel dieser Arbeit gesetzt, die Hemmnisse der Privatkunden gegenüber Zertifikaten aufzudecken und auf Grundlage dessen, Handlungsempfehlungen abzuleiten. Es soll vor allem auch geklärt werden, ob die Hemmnisse begründet sind oder ob diese durch die mediale Kritik beeinflusst wurden. Dabei liegt der Fokus der Unter-suchungen auf den Produkten im Privatkundenbereich. Sollten im Zuge der Arbeit Schwächen seitens der Zertifikate aufgedeckt werden, so besteht dringend Handlungsbedarf seitens der Banken, da es sich vor allem im Privatkundensegment um ein wichtiges Geschäftsfeld handelt. Zudem könnten, durch gezielte Bekämpfung der Schwächen, Hemmnisse abgebaut und somit positive Signale an die Anleger gesendet werden. Frei nach dem Motto: „lessons learned“ und folglich würde die Zertifikatebranche gestärkt aus der Krise hervorgehen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Definition Zertifikate
2.2 Gängige Grundbausteine für Zertifikate
2.2.1 Übersicht Grundbausteine
2.2.2 Anleihen
2.2.2.1 Grundlagen zu Anleihen
2.2.2.2 Sensitivitätsfaktoren von Anleihen
2.2.3 Plain-Vanilla Optionen
2.2.3.1 Grundlagen zu Plain-Vanilla Optionen
2.2.3.2 Sensitivitätsfaktoren von Optionen
2.2.3.2.1 Innerer Wert
2.2.3.2.2 Zeitwert
2.2.4 Exotische Optionen
2.3 Grundlagen zu Produktgattungen der Zertifikate
2.3.1 Produktspektrum
2.3.2 Garantiezertifikate
2.3.3 Bonuszertifikate
2.3.4 Expresszertifikate
3. Auswirkungen der Finanzkrise auf den Zertifikatemarkt
3.1 Historische Entwicklung der Zertifikate
3.2 Auswirkungen der Finanzkrise
4. Empirische Studie
4.1 Aufbau der Befragung
4.2 Auswertung der Befragungsergebnisse
5. Untersuchung der Anlagehemmnisse
5.1 Bonität der Emittenten
5.2 Komplexität der Produkte
5.3 Intransparenz von Zertifikaten
5.4 Sensitivitätsfaktoren von Zertifikaten
5.4.1 Problemstellung und Herangehensweise
5.4.2 Sensitivitätsanalyse Bonuszertifikat
5.5 Fehlendes Wissen
6. Fazit
Quellenverzeichnis
Bücher
Publikationen
Studien
Internet
Zeitungsartikel
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Formel-Standardabweichung
Abbildung 2: Marktanteile der Gattungen (31.12.2007)
Abbildung 3: Konstruktion Garantiezertifikate
Abbildung 4: Gewinn- und Verlustprofil Bonuszertifikate
Abbildung 5: Gewinn- und Verlustprofil Expresszertifikat
Abbildung 6: Entwicklung des Zertifikatevolumens seit 2007
Abbildung 7: Fragebogen der empirische Studie- Frage 1
Abbildung 8: Fragebogen der empirische Studie- Frage 2
Abbildung 9: Fragebogen der empirische Studie- Frage 3
Abbildung 10: Fragebogen der empirische Studie- Frage 4
Abbildung 11: Fragebogen der empirische Studie- Frage 5
Abbildung 12: Fragebogen der empirische Studie- Frage 6
Abbildung 13: Verteilung der Altersgruppen
Abbildung 14: Verteilung der Berufsgruppen
Abbildung 15: Faktoren der Geldanlage
Abbildung 16: Verteilung der Anlagepräferenzen
Abbildung 17: Anlagehemmnisse gegenüber Zertifikaten
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Preisstellung von Optionen
Tabelle 2: Preisbildende Faktoren einer Option
Tabelle 3: Marktanteil Top 5
Tabelle 4: Ratingergebnisse Top 5
Tabelle 5: CDS-Werte der Top 5 Emittenten
Tabelle 6: Eckdaten der DZ BANK Anleihe- DZ776T
Tabelle 7: CDS-Werte und Risikoaufschläge der Top 5 Emittenten
Tabelle 8: Ausgangs- und Testwerte für Ceteris-Paribus-Analyse
Tabelle 9: Beispielprodukt zur „Ceteris-Paribus-Analyse“
Tabelle 10: Ergebnisse der „Ceteris-Paribus-Analyse“
Tabelle 11: Testwerte bei Verringerung der Restlaufzeit
Tabelle 12: Ergebnisse der „Ceteris-Paribus-Analyse“- Barrierebruch
Tabelle 13: Testwerte zur Dividendenerwartung
1. Einleitung
Die Insolvenz der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers und der daraus resultierende Wertverfall der „Lehman-Zertifikate“ löste eine Welle der Kritik aus. Die Kritik richtete sich dabei nicht nur gegen den betreffenden Emittenten Lehman Brothers, sondern gegen die ganze Branche und ihre Produkte. Dies traf die Zertifikatebranche hart und setzte dem anhaltenden Boom der vergangenen Jahre vorläufig ein Ende. Zertifikate wurden, seitens der Medien, als Sinnbild der „undurchschaubaren“ und „von Gier ge-triebenen“ Bankenwelt propagiert. Es wurde in Talkshows darüber diskutiert und über zahlreiche Schicksale berichtet. Artikel wurden mit Titeln wie: „Gier-Banker haben uns abgezockt!“[1], „Das versteht doch kein Mensch“[2] oder „Miese Renditen von schlechten Schuldnern“[3], veröffentlicht. Das Thema war en Vogue. Dies zeigte Wirkung und so reduzierte sich das Volumen des Zertifikatemarktes, binnen eines Quartals (4. Quartal 2008), um 29,8 Mrd. EUR (Vgl. S. 30). Vor allem Privatkunden wurden durch die mediale Kritik in Bezug auf Zertifikate sensibilisiert und viele üben sich immer noch in Zurück-haltung.[4] Aus diesem Grund wurde es zum Ziel dieser Arbeit gesetzt, die Hemmnisse der Privatkunden gegenüber Zertifikaten aufzudecken und auf Grundlage dessen, Handlungsempfehlungen abzuleiten. Es soll vor allem auch geklärt werden, ob die Hemmnisse begründet sind oder ob diese durch die mediale Kritik beeinflusst wurden. Dabei liegt der Fokus der Unter-suchungen auf den Produkten im Privatkundenbereich. Sollten im Zuge der Arbeit Schwächen seitens der Zertifikate aufgedeckt werden, so besteht dringend Handlungsbedarf seitens der Banken, da es sich vor allem im Privatkundensegment um ein wichtiges Geschäftsfeld handelt.[5] Zudem könnten, durch gezielte Bekämpfung der Schwächen, Hemmnisse abgebaut und somit positive Signale an die Anleger gesendet werden. Frei nach dem Motto: „lessons learned“ und folglich würde die Zertifikatebranche gestärkt aus der Krise hervorgehen.
In folgender Ausarbeitung werden zunächst im Gliederungspunkt zwei die theoretischen Grundlagen zum Verständnis von Zertifikaten gelegt. Dabei liegt der Fokus vor allem auf der Erläuterung der Grundbausteine und ihren Sensitivitäten, da diese Kenntnisse fundamental zum Verständnis beitragen und daher besonders wichtig sind. Des Weiteren werden ausgewählte Gattungen vorgestellt, die als Grundlage für die folgenden Untersuchungen dienen. Im Gliederungspunkt drei werden die Auswirkungen der Finanzkrise auf den Zertifikatemarkt aufgezeigt. Dabei wird zunächst ein historischer Rückblick gewährt, der Verlauf der Finanzkrise kurz dargestellt und danach die Auswirkungen auf den Zertifikatemarkt erläutert. Im Gliederungspunkt vier wird der Aufbau, sowie die Ergebnisse einer eigens zu diesem Thema durchgeführten empirische Studie präsentiert. Diese Studie ist ein zentraler Bestandteil der Arbeit und bildet die Grundlage für nachfolgende Untersuchungen. Besonders wichtig ist dabei die Feststellung der Anlage-hemmnisse, seitens der Privatkunden, gegenüber Zertifikaten. In Gliederungs-punkt fünf werden die häufigsten Anlagehemmnisse untersucht. Mit Hilfe der Untersuchung soll festgestellt werden, ob das entsprechende Hemmnis gerechtfertig ist oder nicht und im Zuge dessen sollen Handlungs-empfehlungen geliefert werden. Die Ausarbeitung schließt mit einem Fazit im Kapitel sechs. Hierbei wird die Ausgangsfrage, ob es Handlungsbedarf am Zertifikatemarkt gibt, auf Grundlage der Ergebnisse, abschließend erörtert.
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Definition Zertifikate
Bei Anlagezertifikaten handelt es sich um öffentlich ausgegebene Anlage-instrumente, die verschiedene Anlagearten miteinander kombinieren. Auf-grund der Kombination, auch Strukturierung genannt, erhält jedes Produkt sein individuelles Risikoprofil.[6]
Rein rechtlich betrachtet handelt es sich bei Zertifikaten im Grunde um Inhaberschuldverschreibungen des jeweiligen Emittenten.[7] Allerdings haben Zertifikate nur wenig mit klassischen Inhaberschuldverschreibungen gemein-sam. So hängt beispielsweise die Höhe der Rückzahlung und / oder die eventuelle Verzinsung nicht nur von der Bonität des Emittenten ab, wie es für eine Inhaberschuldverschreibung üblich wäre, sondern vielmehr von der Wertentwicklung eines anderen Anlageproduktes, auch Basiswert oder Underlying genannt. Dies können unter anderem Aktien, Indizes, Rohstoffe, Devisen und Terminkurse sein.[8] Da das Spektrum an Anlagezertifikaten enorm ist, beschränkt sich die Ausarbeitung auf Aktienzertifikate, also Strukturen, die eine Aktie, mehrere Aktien oder einen Aktienindex als Underlying zu Grunde liegen haben. Aufgrund ihrer Beschaffenheit werden Zertifikate auch als strukturierte Produkte bezeichnet, sie werden aus „vorhandenen Bausteinen“ zusammengesetzt.[9] Dabei entsteht ein völlig neues Produkt, mit einem individuellen Chance-/Risikoprofil. Aus diesem Grund ist es möglich, eine attraktive Zusatzrendite zu generieren. Allerdings sollten dabei immer die Gegebenheiten des „Magischen Dreiecks“ im Hinterkopf behalten werden. Dies veranschaulicht das Verhältnis zwischen Rendite, Sicherheit und Liquidität. So wird beispielsweise eine höhere Rendite mit einer Erhöhung des Risikos oder einer Verminderung der Liquidität erkauft. Da in den Strukturen verschiedenste Anlageprodukte miteinander kombiniert werden, wirken sich auch die unterschiedlichen Einflussfaktoren der Komponenten auf den Kurs des Zertifikates aus. Dies kann zu überraschenden Ereignissen im Kursverhalten eines Zertifikats, während der Laufzeit, führen. Wer sich also mit der Thematik auseinandersetzen möchte, sollte sich zunächst einmal mit den Grundbausteinen beschäftigen. Nur auf diese Weise wird es möglich, die Sensitivitäten der Strukturen nachzuvollziehen und damit auch den Kursverlauf während der Laufzeit besser einschätzen zu können. In Bezug zur folgenden Ausarbeitung ist zu beachten, dass der Fokus der Arbeit auf Anlagezertifikaten liegt. Produkte die vorzugsweise von professionellen Marktakteuren gehandelt werden, so genannte Tradingzertifikate, werden dementsprechend außen vor gelassen.
2.2 Gängige Grundbausteine für Zertifikate
2.2.1 Übersicht Grundbausteine
Die Zusammensetzung von Anlagezertifikaten ähnelt einem Baukasten,-system. Dabei gibt es verschiedenste Grundbausteine, die sich in jeglicher Form miteinander kombinieren lassen.
Die gängigen Grundbausteine sind:
- Anleihen
- Plain-Vanilla Optionen
- Exotische Optionen[10]
Die oben genannten Bausteine werden im Folgenden aufgeführt und erläutert. Auf diese Weise wird ein Einblick in die entsprechenden Produkte gewährt. Der Fokus liegt hier vor allem auf der Sensitivität der einzelnen Produkte, da Privatkunden diese oft gar nicht, bzw. nur vage, einschätzen können.
2.2.2 Anleihen
2.2.2.1 Grundlagen zu Anleihen
Ein zentraler Baustein für Zertifikate sind Anleihen. Anleihen, auch Bonds sowie Schuldverschreibungen oder Renten genannt, sind Wertpapiere die Fremdkapital und damit einen Kreditvertrag verbriefen.[11] Mit Hilfe von Anleihen wird es einem Schuldner möglich gemacht, seinen Kreditbedarf am Kapitalmarkt zu decken. Dies geht folgendermaßen vonstatten: Der Schuldner teilt die gesamte Kreditsumme, die er benötigt, in kleinere Teilbeträge auf und vermerkt dies jeweils auf speziellen Wertpapierurkunden. Auf jeder einzelnen Urkunde steht dann ein Betrag z.B. von 100 EUR. Dieser Teilbetrag wird als Nennwert oder Nominalbetrag bezeichnet. Zudem verpflichtet sich der Schuldner zur regelmäßigen Zinszahlung, sowie zur Rückzahlung des Nominalbetrages am Laufzeitende. Diese Urkunden können dann am Kapitalmarkt, beispielsweise über die Börsen, veräußert und gehandelt werden. Erwirbt nun ein Anleger eine Anleihe, so wird er zum Gläubiger und hat somit das Recht auf Rückzahlung des Nominalbetrages, auf die fest-gelegte Verzinsung, auch Kuponzahlung genannt, sowie auf eine vorrangige Rückzahlung gegenüber Aktionären im Insolvenzfall. Die meisten Anleihen sind Inhaberpapiere, d.h. dass der Inhaber der Anleihe zum Gläubiger wird, somit also der Verkauf problemlos und ohne Zustimmung des Schuldners vonstatten gehen kann.[12]
Das Produktspektrum an Anleihen ist enorm. Im Laufe der Jahre haben sich zahlreiche Variationen entwickelt und am Markt etabliert. Diese Variationen unterscheiden sich durch ihren Schuldner, z.B. Staaten und Unternehmen, sowie ihre Ausstattungsmerkmale. So variieren die Anleihen in ihrer Laufzeit, ihrer Währung, ihrer Verzinsung, ihrer Strukturierung, den Tilgungs-modalitäten und in der Übertragung der Rechte, bzw. bestimmter Zusatz-rechte. Zudem kann eine Negativklausel vorhanden sein. Die Vielzahl der Ausstattungsmerkmale lässt schon erkennen, dass eine detaillierte Klassifizierung der Produkte Bände füllen würde.
Aus diesem Grunde wird im Folgenden nur kurz auf drei wichtige Grund-formen eingegangen.[13]
- Festverzinsliche Anleihen
- Floating Rate Notes
- Zerobonds
Alle drei Anleiheformen divergieren in der Art der Kuponzahlung. So kann eine Anleihe entweder als Kupon- oder Null-Kupon-Anleihe begeben werden. Die festverzinsliche Anleihe, sowie die Floating Rate Note, kurz Floater, gehören zu den Kupon-Anleihen. Die Gemeinsamkeit besteht darin, dass der Schuldner bei diesen Produkten regelmäßig eine Kuponzahlung ausschüttet, allerdings unterscheiden die beiden Produkte sich in der Kupon Bestimmung. Während eine festverzinsliche Anleihe einen, im voraus festgelegten Kupon, regelmäßig über die gesamte Laufzeit ausschüttet, ist die Kuponzahlung bei einem Floater variabel, d.h. die Höhe der Kuponzahlung wird vor jedem Zahlungstermin in Abhängigkeit eines Referenzzinssatzes neu festgestellt.[14]
Dass nicht alle Anleihen eine zwischenzeitliche Zins- bzw. Kuponzahlung abwerfen müssen zeigen die Zerobonds. Diese funktionieren folgender-maßen: Der Emittent bestimmt zunächst einen Nennwert, beispielsweise von 100 EUR, danach setzt der Emittent einen Diskont, einen so genannten Kursabschlag fest und begibt die Papiere zum diskontierten Betrag, z.B. zu 80 EUR. Die Zinsen werden also nicht laufend bezahlt, sondern der Gläubiger erhält am Ende der Laufzeit den Nominalbetrag, darin enthalten ist der Emissionsbetrag, der Zins sowie der Zinseszins. Diese Anleiheform wird besonders häufig als Baustein in strukturierten Produkten verwendet.[15]
Im Hinblick auf die Beurteilung von Kursentwicklungen von Zertifikaten sind vor allem Kenntnisse über die Einflussfaktoren auf den Kurs einer Anleihe oder besser gesagt die Sensitivitätsfaktoren wichtig.
2.2.2.2 Sensitivitätsfaktoren von Anleihen
Im Normalfall wird eine Anleihe am Ende der Laufzeit zum Nennwert zurückgezahlt, allerdings kann es während der Laufzeit zu erheblichen Kursveränderungen kommen. Diese Veränderungen werden im Grunde durch zwei Faktoren beeinflusst:
- das Bonitätsrisiko
- das Zinsänderungsrisiko
Beginnen wir zunächst mit dem Bonitätsrisiko. Das Bonitätsrisiko, auch Ausfallrisiko genannt, spiegelt das Risiko wieder, dass der Schuldner seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann und die Zahlungen dann zum Teil oder komplett ausfallen. Die Ausfallrisiken hängen weitestgehend vom Emittenten ab und sind daher nur zu einem kleinen Teil von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abhängig. Aus diesem Grund ist es ent-scheidend, sich eingehend mit dem Emittenten einer Anleihe auseinander-zusetzen. Da nun nicht jeder über die Zeit und das Know How verfügt, um die Kreditwürdigkeit, auch Bonität genannt, eines jeden Emittenten genauestens zu beurteilen, übernehmen professionelle Firmen diesen Part. Diese Firmen, die als Ratingagenturen bezeichnet werden, haben sich auf die Bewertung von Anleihen, bzw. ihrer Emittenten spezialisiert. Die größten Ratingagenturen sind Standard & Poor’s (S & P) und Moody’s Investors Service (kurz: Moody’s). Sie analysieren die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, vor allem aber die Situation des jeweiligen Emittenten. Nach eingehender Prüfung wird ein so genanntes Rating veröffentlicht. Dies gleicht einer Schulnote und zeigt die Bonität des Schuldners an. So kann dann mit Hilfe der „Note“ in der Skala abgeleitet werden, wie es um die Bonität des Emittenten bestellt ist.[16] Die Skala geht dabei von AAA (S&P) bzw. Aaa (Moody’s) bis D.[17] Dabei werden, im Hinblick auf Anleihen und andere Anlageprodukte, zwei verschiedene Kategorien unterschieden:
- Investment Grade
- Speculative Grade
Zum Investment Grade gehören Anlagen mit Investmentqualität, diese haben ein Rating von AAA/Aaa bis BBB/Baa (S&P/Moodys). Das Bonitätsrisiko wird folglich als eher gering eingeschätzt. Beim Speculative Grade sieht dies schon etwas anders aus. Wie bereits durch den Namen ausgedrückt, wird bei Anlagen und Emittenten, mit „Speculative Grade“, eine hohe Gefährdung der Tilgung und der Rückzahlung gesehen. Der Speculative Grade beinhaltet Ratings zwischen BB+/Ba1 und D/C (S&P/Moodys).[18] Die genauere Bedeutung der Ratingsymbole, sowie die Ratings der Emittenten, sind jeweils auf der Homepage der Agenturen veröffentlicht:
- S&P à „www.standardandpoors.com“
- Moody’s à „www.moodys.com“
Mit Hilfe des Ratings ist es deutlich einfacher geworden die Rückzahlungs-wahrscheinlichkeit einer Anleihe einzuschätzen. Begibt nun ein Emittent eine Anleihe, so fließt das Bonitätsrisiko ebenfalls in die Bestimmung des Kupons und die weiteren Ausgestaltungsmerkmale mit ein. Das Bonitätsrisiko wird also durch zusätzliche Rendite oder eine Verringerung der Kapitalbindungs-dauer abgegolten, vgl. magisches Dreieck. Nun besteht aber folgendes Problem: die Bonität eines Unternehmens ist keine feste Größe, denn die Entwicklung eines Unternehmens ist dynamisch und somit kann sich die Bonität verbessern, aber auch verschlechtern. Eine Änderung führt folglich zu einer Erhöhung oder Verringerung des Auszahlungsrisikos. Das Risiko der Anleihe passt demnach nicht mehr zu den ursprünglichen Ausgestaltungs-merkmalen und führt somit zu einem Ungleichgewicht. Das Gleichgewicht wird dann automatisch über den Kurs der Anleihe wiederhergestellt, d.h. während der Laufzeit kann es zu Kurssteigerungen (Bonitätsverbesserung) oder zu einem Kursverfall (Bonitätsverschlechterung) kommen.[19]
Des Weiteren hängt der Wert einer Anleihe, während der Laufzeit, vom Marktzins ab. Diese Abhängigkeit wird mit dem Zinsrisiko ausgedrückt. Dies setzt sich wiederum aus zwei Faktoren zusammen:
- Reinvestitionsrisiko
- Kursrisiko
Das Reinvestitionsrisiko, auch Wiederanlagerisiko genannt, berücksichtigt folgendes: Ein Anleger der in eine Anleihe investiert, möchte im Normalfall sein Geld für einen festen Zeitraum anlegen, bis er nach Ablauf des Zeitraumes sein Kapital benötigt. Die Kupons der Anleihe werden daher meist auch nur am Ende der Laufzeit benötigt und so müssen sie wieder angelegt werden. Dies ist allerdings nicht ohne Risiko, denn die Wiederanlage wird beim derzeit gültigen Zins getätigt. So kann dieser höher, aber auch niedriger sein. Bei einem steigenden Zins verringert sich das Wiederanlagerisiko und bei einem fallenden Zins erhöht es sich. Bei Zerobonds entfällt dieses Risiko gänzlich, da keine Kupons während der Laufzeit ausgezahlt werden.[20]
Das Kursrisiko hängt ebenfalls vom Marktzins ab und wirkt sich während der Laufzeit auf den Anleihenkurs aus. Steigt dieser an, so können neu emittierte Anleihen mit gleichem Bonitätsrisiko und gleicher Restlaufzeit, aufgrund des gestiegenen Marktzinsniveaus, eine höhere Nominalverzinsung aufweisen. Somit hätten neu emittierte Anleihen ein besseres Rendite-Risiko-Verhältnis. Dieses Ungleichgewicht wird allerdings, wie bei Bonitätsveränderungen, über den Kurs der Anleihe wieder zum Ausgleich gebracht. Steigt also der Marktzins an, so verliert der Kurs an Wert und zwar genau so viel, dass beide Anleihen ungefähr die gleiche Rendite liefern, vorausgesetzt alle anderen Parameter, wie Bonität, Laufzeit etc., sind gleich. Ein sinkender Marktzins führt zu einer Steigerung des Anleihenkurses, da die Anleihe eine bessere Nominalverzinsung aufweist. Das Reinvestitionsrisiko und das Kursrisiko verhalten sich demnach genau gegensätzlich. Allerdings hat das Kursrisiko einen stärkeren Einfluss. Wie stark sich Kursrisiken auf Anleihen auswirken, hängt zum einen von der Art der Anleihe ab und zum anderen von der Restlaufzeit. So reagieren vor allem Zerobonds, sowie Anleihen mit einer langen Restlaufzeit, am stärksten auf Marktzinsveränderungen, Floater oder Anleihen mit kurzer Restlaufzeit hingegen kaum.[21]
Um das Zinsrisiko einer Anleihe besser einschätzen zu können, also wie sensitiv sie auf Änderungen des Marktzinses reagiert, kann die Modified Duration zu Rate gezogen werden. Diese gibt an, um wie viel Prozent sich der Kurs einer Anleihe ändert, wenn sich der Marktzins um einen Prozentpunkt verändert.[22] Diese Kennzahl wird von Börseninformationsdiensten, für nahezu jede Anleihe, zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise kann sich ein Anleger recht schnell ein Bild über das Zinsrisiko einer Anleihe machen. Profis können sich diese Kennzahl auch in wenigen Schritten selbst ausrechnen, jedoch wird an dieser Stelle auf eine genauere Deklaration verzichtet, da sich diese Arbeit auf Retailkunden bezieht.[23]
Sowohl das Bonitätsrisiko, als auch das Zinsrisiko zeigen, dass es auch für Privatanleger durchaus möglich ist, sich ein aussagekräftiges Bild von einer Anleihe zu machen. Dazu müssen die nötigen Kennzahlen nicht selbst berechnet werden, für Privatkunden genügt die Kenntnis über deren Bedeutung.
2.2.3 Plain-Vanilla Optionen
2.2.3.1 Grundlagen zu Plain-Vanilla Optionen
Ein besonders wichtiger Baustein für Zertifikate sind die Plain-Vanilla Optionen. Daher ist ein tieferer Einstieg in die Thematik sehr wichtig. Optionen gehören zur Familie der Terminkontrakte.[24] Das Wort Option lässt sich vom lateinischen „optio“ ableiten, dass als „das Recht zu wünschen“ oder mit „freier Wille“ übersetzt werden kann. Der Investor hat demzufolge ein Wahlrecht, genauer genommen handelt es sich dabei um ein zeitlich begrenztes Recht, ein vom Vertragspartner festgesetztes Kauf- oder Verkaufsangebot wahrzunehmen oder abzulehnen.[25]
Bei Plain-Vanilla Optionen handelt es sich um klassische Optionen in Form eins Calls oder Puts, die keine zusätzlichen Eigenschaften aufweisen. So verbrieft eine Call-Option (Put-Option) das Recht, eine bestimmte Bezugs-menge des Underlying zu einem im Voraus festgesetzten Basiskurs zu kaufen (verkaufen). Je nach Ausgestaltung, ist es ebenfalls möglich, die Auszahlung der positiven Differenz zwischen dem gegenwärtigen Kurs des Basiswertes und dem Basiskurs am Ausübungstag zu verlangen.[26]
Da beide Optionsarten sowohl gekauft (Long-Position) als auch verkauft (Short-Position) werden können, sind vier Positionen möglich:
- Long Call à Kauf einer Kaufoption
- Short Call à Verkauf einer Kaufoption
- Long Put à Kauf einer Verkaufsoption
- Short Put à Verkauf einer Verkaufsoption
Die Käufer von Optionen erwerben die Rechte und haben theoretisch unbegrenzte Gewinnmöglichkeiten, während sich ihr Risiko auf die gezahlte Optionsprämie beschränkt. Den Counterpart bilden die Verkäufer der Rechte, auch Stillhalter genannt. So ist der Verkäufer einer Call-Option Stillhalter des Underlyings, da er auf Verlangen des Käufers den Basiswert zum vereinbarten Preis liefern muss. Der Verkäufer einer Put-Option ist Stillhalter des Geldes und muss den Basiswert erwerben, wenn dies der Käufer möchte. Um diese Stillhalterposition zu honorieren, wird eine Optionsprämie (Optionspreis) gezahlt. Das Risiko der Short-Position ist theoretisch unbegrenzt, während der Ertrag sich auf die Prämie beschränkt.[27]
Weiter kann in der Art der Ausübung unterschieden werden. Es gibt Optionen amerikanischen Typs und Optionen europäischen Typs. Eine amerikanische Option kann während der gesamten Laufzeit ausgeübt werden, während europäische Optionen nur am Verfallsdatum selbst ausgeübt werden dürfen.[28]
Die Optionsrechte werden entweder als eigenständiges Wertpapier an der Börse oder außerbörslich gehandelt. Der Preis einer Option wird maßgeblich durch die Kursentwicklung des Basiswertes beeinflusst, allerdings ist dies nicht der einzige Einflussfaktor. Daher ist eine genauere Betrachtung der der Sensitivität eines Optionspreises wichtig.[29] Daraus lassen sich wertvolle Informationen entnehmen und anhand dieser kann entschieden werden, wann es z.B. lohnenswert wird ein Zertifikat mit einer implementierten Plain-Vanilla Option zu kaufen oder wie sich ein Zertifikatskurs bei bestimmten Marktparametern entwickelt.
2.2.3.2 Sensitivitätsfaktoren von Optionen
2.2.3.2.1 Innerer Wert
Im Grunde besteht der Optionspreis, auch Optionsprämie genannt, aus zwei Komponenten, zum einen aus dem Inneren Wert und zum anderen aus dem Zeitwert.
Der innere Wert ist die positive Differenz zwischen dem Basispreis, auch Bezugspreis genannt, und dem aktuellen Kurs des Underlying. Vereinfacht gesagt, wird untersucht welchen Wert die Option hätte, wenn sie in diesem Moment ausgeübt werden würde.[30]
Hierbei gibt es Unterschiede zwischen einer Call-Option (Kaufoption) und einer Put-Option (Verkaufsoption). Der innere Wert einer Call-Option wird errechnet, indem der aktuelle Börsenkurs des Underlying um den Ausübungs-kurs subtrahiert wird. Ist der Wert nicht positiv, so ist der Wert Null. Der innere Wert einer Put-Option errechnet sich durch die Subtraktion des Ausübungs-kurses mit dem Börsenkurs des Underlyings. Ist der Wert nicht positiv, so ist der Wert ebenfalls Null.
Zusammengefasst bedeutet dies für den Inneren Wert:
- Call-Option: Max [0, Börsenkurs - Ausübungskurs]
- Put-Option: Max [0, Ausübungskurs - Börsenkurs][31]
Dies lässt sich an einem Beispiel verdeutlichen. Folgende Werte werden angenommen:
- Börsenkurs des Underlying: 20,00 EUR
- Basispreis der Option: 18,00 EUR
Handelt es sich nun um einen Call, so wäre der innere Wert 2,00 EUR, würde es sich im selbigen Fall um einen Put handeln, so wäre der errechnete Wert –2,00 EUR, da der Innere Wert aber nicht negativ werden kann, wäre er in diesem Fall 0,00 EUR.
Bedingt durch die Thematik des Inneren Wertes, kann es drei Möglichkeiten der Preisstellung geben: eine Option kann entweder „am Geld“, „im Geld“ oder „aus dem Geld“ notieren. Die damit verbundenen Prämissen können aus Tabelle 1 entnommen werden.[32]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Preisstellung von Optionen
Quelle: eigene Darstellung
2.2.3.2.2 Zeitwert
Da der Wert einer Option nicht ausschließlich über den Inneren Wert bestimmt wird, haben selbst Optionen, die während der Laufzeit „am Geld“, bzw. „aus dem Geld“ notieren, einen Wert, obwohl der innere Wert dieser Optionen gleich Null ist. Dies liegt am Zeitwert. Der Zeitwert könnte umgangssprachlich auch als „Kursphantasie“ bezeichnet werden, d.h. selbst wenn die Option weit aus dem Geld notiert, besteht immer noch eine theoretische Chance, dass die Option zum Ende der Restlaufzeit einen Inneren Wert aufweist. Je länger die Restlaufzeit, desto höher ist auch der Zeitwert, da die Wahrscheinlichkeit, dass die Option am letzten Handelstag einen Realwert (Inneren Wert), bzw. einen höheren Realwert aufweist, noch deutlich höher ist, als einen Tag vor dem Laufzeitende. Das heißt, dass der Zeitwert abnimmt. Diese Abnahme ist allerdings nicht linear sondern exponentiell.[33]
Im Bezug auf den Zeitwert muss allerdings noch beachtet werden, dass Optionen die tief „im Geld“ notieren, kaum einen Zeitwertaufschlag haben. Bei ihnen ist die Erwartung, dass die Option „im Geld“ endet, nahezu erfüllt. Der Zeitwert wird durch folgende Formel berechnet:
Zeitwert = Optionspreis – Innerer Wert
Während der Innere Wert einer Option im Grunde vom Kurs des Underlying bestimmt wird, wirken im Zeitwert mehrere Faktoren auf den Optionspreis ein. Dies sind folgende:
- Volatilität
- Marktzins
- Dividende
- Restlaufzeit[34]
Die Volatilität ist ein statistisches Maß für die Schwankungsintensität eines Underlying innerhalb eines speziellen Zeitraums. Dabei zeigt die Volatilität nicht die Richtung, sondern lediglich das Ausmaß der Schwankung an.
Es gibt zwei Arten von Volatilität. So wird zwischen der historischen und der implizierten Volatilität unterschieden. Die historische Volatilität bezieht sich auf die vergangene Schwankungsbreite und die implizierte Volatilität gibt die zukünftige, bzw. die erwartete Volatilität wieder. Exakt berechnen lässt sich nur die historische Volatilität. Dabei wird zunächst ein Betrachtungszeitraum gewählt, so zum Beispiel 30 oder 256 Handelstage. Aus den zu Grunde liegenden Handelstagen wird die Verteilung der täglichen Kursschwankung bestimmt. Danach folgt die Berechnung des Mittelwertes (μ) und die Standardabweichung (σ) vom Mittelwert.[35]
Die Berechnung der Standard-abweichung, kann auch in folgender Formel ausgedrückt werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Formel-Standardabweichung
Quelle: Bloss, Michael/ Ernst, Prof. Dr. Dr. Dietmar: Derivate- Handbuch für Finanzintermediäre und Investoren, München, 2008, S. 41
Auf Basis der berechneten Schwankungsintensität (σ) ist es nun einfacher das damit verbundene Risiko besser einzuschätzen. Allerdings kann die historische Volatilität nur als Anhaltspunkt dienen, denn sie trifft lediglich eine Aussage über die Schwankung des Underlying in der Vergangenheit. Entscheidend für den Optionspreis ist allerdings die Erwartung an die zukünftige Volatilität. Dabei handelt es sich um die so genannte implizierte Volatilität. Sie spiegelt die Volatilitätserwartungen der Marktteilnehmer in Bezug auf die zukünftige Schwankungsbreite des Underlying wieder und kann mit Hilfe der Black-Scholes-Formel, aus gehandelten Marktpreisen der Option, berechnet werden.
Doch wie wirkt sich die Volatilität nun auf den Kurs einer Option aus? Dies ist im Grunde ganz einfach. Je höher die Volatilität, desto höher ist auch der Zeitwert und damit der Preis einer Option. Dies resultiert aus der höheren Wahrscheinlichkeit, dass die Option bis zum Ende der Laufzeit im Geld notiert. Denn wird z.B. eine hohe Schwankung des Kurses erwartet, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Option, die gegenwärtig „aus dem Geld“ notiert, wieder „im Geld“ notieren wird. Bei einem Underlying mit niedriger Volatilität wird sich hingegen der Kurs kaum bewegen. Dies gilt gleichermaßen für eine Call-Option, wie auch für eine Put-Option. Somit gilt, dass eine sinkende Volatilität zu einem niedrigeren Zeitwert führt.[36]
Ein weiterer Einflussfaktor auf den Zeitwert ist der Marktzins. Steigt der Marktzins an, so steigt auch der Preis einer Call-Option an bzw. die Put-Option sinkt und somit verändert sich der Zeitwert. Dies resultiert aus folgendem Hintergrund: Wenn ein Marktteilnehmer z.B. eine Call-Option kauft, so hat er den Vorteil, dass er bis zum Ausführungstag über sein Kapital frei verfügen kann, dementsprechend kann er sein Kapital zum Beispiel ver-zinslich anlegen. Der Verkäufer der Call-Option hingegen, hat sein Kapital im Underlying gebunden und bekommt diesen Nachteil über den Optionspreis vergütet. Im Falle einer Put-Option ist dies genau umgekehrt.
Ein ähnlicher Gedanke, wie mit dem Marktzins, fließt auch bei der Berücksichtigung der Dividende mit ein. Denn der Marktteilnehmer, der zum Beispiel einen Long-Put eingeht, hat gegenüber dem Marktteilnehmer mit der entsprechenden Short-Position einen Vorteil. Es wird nämlich davon ausge-gangen, dass der Marktteilnehmer der Long-Position das Underlying im Bestand hat, er dem entsprechend sein Underlying zum festgesetzten Kurs am Laufzeitende verkaufen kann, aber trotzdem weiterhin die Cashflows einverleibt. Im Falle einer Aktie wäre dies die Dividende. Der Kontrahent, der die Short-Position hält, bekommt folglich keine Cashflows. Dieser Nachteil wird entsprechend über die Optionsprämie abgegolten. Somit gilt: steigende Dividende führen zu einem steigenden Kurs der Option.[37]
Wie bereits schon erwähnt, ist die Restlaufzeit ein großer Einflussfaktor. Je kürzer die zu verbleibende Restlaufzeit, umso größer ist die Abnahme des Zeitwertes, bis die Option am Laufzeitende nur noch aus dem Inneren Wert besteht. In der nachfolgenden Tabelle sind noch einmal die preisbildenden Faktoren, sowie ihr Einfluss auf eine Call-Option bzw. eine Put-Option über-sichtlich zusammengefasst. Allgemein werden diese auch als die Sensitiväts-faktoren der Option bezeichnet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Preisbildende Faktoren einer Option
Quelle: eigene Darstellung
2.2.4 Exotische Optionen
Neben Plain-Vanilla Optionen existieren eine Vielzahl weiterer Optionen, die unter dem Oberbegriff, exotische Optionen, zusammengefasst werden. Allgemein definiert handelt es sich um Optionen, die in mindestens einem Punkt von den Eigenschaften einer Plain-Vanilla Option abweichen. Dies ist aber auch die einzige Eigenschaft, in der sich die verschiedenen exotischen Optionen gleichen. Es handelt sich dabei um eine sehr heterogene Gruppe von Finanzverträgen und somit ist eine genauere Definition oder gar die Nennung von Eigenschaften der Gattung eigentlich nicht möglich.[38]
Exotische Optionen bieten weitere Möglichkeiten in ihrer Ausgestaltung gegenüber Plain-Vanilla Optionen. Dabei sind den Produktentwicklern nur wenige Grenzen gesetzt und es kann nahezu jede Idee umgesetzt werden. Genau aus diesem Grund, kommen sehr häufig exotische Optionen in den Strukturen zum Einsatz.[39] Aufgrund der Vielfalt an exotischen Optionen und ihrer Heterogenität wird an dieser Stelle auf eine Beschreibung einzelner Produkte verzichtet. Die in dieser Arbeit enthaltenen exotischen Optionen werden an gegebener Stelle erläutert.
2.3 Grundlagen zu Produktgattungen der Zertifikate
2.3.1 Produktspektrum
Das Universum an Zertifikaten ist nahezu unbegrenzt, da sich die verschiedenen Bausteine, aus denen sich die Strukturen zusammensetzen, beliebig miteinander kombinieren lassen. Grundsätzlich haben sich aber bestimmte Grundstrukturen herauskristallisiert und werden von den großen Emittenten angeboten. Der Deutsche Derivate Verband ordnet die ver-schieden Produkte folgenden Grundstrukturen zu:
- Garantiezertifikate
- Bonus-/ Teilschutzzertifikate
- Expresszertifikate
- Discountzertifikate
- Indexzertifikate
- Hedge-Fonds-Zertifikate
- Basket-/ Themen-/ Strategie-Zertifikate
- Outperformence-/ Sprint-Zertifikate
- Aktienanleihen[40]
Der Deutsche Derivate Verband e.V., kurz DDV, ist die Branchenvertretung für die führenden Emittenten derivativer Produkte in Deutschland. Ihm gehören 17 Emittenten an, die etwa 90% des gesamten Marktes repräsentieren. Der DDV vertritt dabei die Interessen der Mitglieder nach außen und repräsentiert die Branchen in der Öffentlichkeit.[41]
Da die Beschreibung jeder einzelnen Struktur Bände füllen würde, wird im Folgenden nur auf drei ausgewählte Grundstrukturen näher eingegangen. Diese dienen im Verlauf der Arbeit auch als Grundlage für die Untersuchungen. Dabei wurde der Marktanteil als Auswahlkriterium gewählt. Dies hat den entscheidenden Vorteil, dass durch die Wahl der drei Gattungen mit den höchsten Marktanteilen, eine möglichst gute Abbildung des gesamt Marktes möglich wird. Als Datenbasis dient eine Statistik des DDV vom 31.12.2007. Das Jahr 2007 wurde bewusst gewählt, da der Markt zu dieser Zeit noch nicht durch die Finanzkrise beeinflusst wurde und somit eine normale Marktverteilung vorherrschte. Im Zuge der Finanzkrise haben sich die Marktanteile der Gattungen hingegen stark verschoben. Eine genaue Erläuterung der Gründe folgt in Kapitel 3.2 „Auswirkungen der Finanzkrise“.
Wie in Abbildung 2 zu entnehmen ist (siehe nächste Seite), wird folglich also auf Garantiezertifikate, Bonuszertifikate sowie Expresszertifikate näher eingegangen. Diese drei Strukturen deckten Ende 2007 etwa 70,3% des gesamten Zertifikatemarktes ab.[42] Zum Vergleich: Ende 2009 waren dies sogar 83,4%.[43] Somit ist eine möglichst repräsentative Abbildung des gesamten Marktes möglich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Marktanteile der Gattungen (31.12.2007)
Quelle: Derivate Forum: Der Deutsche Markt für Derivative Produkte- Monatsbericht Dezember 2007, S. 9
2.3.2 Garantiezertifikate
Wie bereits am Namen zu erkennen ist, bieten Garantiezertifikate eine Absicherung, dabei handelt es sich speziell um eine Kapitalgarantie. Der Emittent verpflichtet sich zur Rückzahlung eines Mindestbetrags. Die Garantie bezieht sich in der Regel auf den Nominalwert. Ebenfalls möglich ist ein Teilschutz, hierbei sind weniger als 100% des Nominalwertes als Rückzahlung garantiert. Zu beachten ist allerdings, dass die Garantie nur zum Ende der Laufzeit gewährleistet wird. Die Produkte sind demnach während der Laufzeit den üblichen Marktschwankungen ausgesetzt und sollten daher im Normalfall die ganze Laufzeit über gehalten werden.[44] Garantiezertifikate gibt es in den vielfältigsten Variationen. In der Ausarbeitung wird von einem klassischen Garantiezertifikat ausgegangen, d.h. ein Produkt mit einer Kapitalgarantie, das an Kursbewegungen eines Underlyings direkt partizipiert.
Aufgrund des deutlich niedrigeren Risikos, beispielsweise zu einem Direkt-investment, kann mit einem Garantieprodukt nur zu einer bestimmten Partizipationsrate von positiven Kursentwicklungen des Underlying profitiert werden. Die Partizipationsrate gibt dabei an, in welcher Höhe das Zertifikat an Kursbewegungen des Underlying partizipiert. Dabei gilt, umso niedriger das Risiko, desto niedriger auch die Partizipationsrate. So hat zum Beispiel ein Zertifikat mit hundertprozentiger Kapitalgarantie eine niedrigere Partizipations-rate, als ein Zertifikat mit einem Teilschutz von 70%. Ebenfalls möglich sind Garantieprodukte mit einer festverzinslichen Komponente oder einer Fest-auszahlung zum Laufzeitende. Allerdings wird dadurch auch die Partizi-pationsrate niedrig ausfallen. Als Underlying werden in der Regel Indizes, Aktien, Aktienkörbe, Währungen, Rohstoffe und Zinsentwicklungen an-geboten.[45]
Die Konstruktion eines Garantiezertifikats ist im Grunde recht einfach. Sie lässt sich durch die Kombination eines Zero-Bonds mit einer oder mehreren Optionen abbilden. Es wird ein Zero-Bond mit einem Nennwert in Höhe des garantierten Festbetrages gekauft z.B. 100 EUR. Da dieser, während der Laufzeit, unterhalb des Nennbetrages notiert z.B. 90 EUR, muss folglich nicht die ganze Summe aufgewendet werden. Es bleibt also ein Restbetrag übrig, in diesem Fall: 10 EUR. Dieser Betrag wird wiederum zur Renditeoptimierung verwendet und in Plain-Vanilla-Optionen oder Exotische Optionen auf das Underlying, bzw. mehrere Underlyings, angelegt. Diese Konstruktion ermöglicht demnach eine Auszahlung von 100 EUR am Laufzeitende, selbst wenn die Option wertlos verfällt. Die implementierte Option bietet darüber hinaus die Chance, eine entsprechende Rendite zu generieren. Handelt es sich um ein Garantiezertifikat mit einer Mindestverzinsung, so wird anstelle eines Zero-Bonds eine Niedrigzinsanleihe verwendet. Der beschriebene Sachverhalt, ist in Abbildung 3 noch einmal bildlich dargestellt.[46]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Konstruktion Garantiezertifikate
Quelle: Brechmann, Arnd/ Röder, Jürgen/ Schneider, Stefan/ Winkler, Dirk: Erfolgsweg Zertifikate- Strukturierte Produkte in der Beratungspraxis, Stuttgart, 2008, S. 187
Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass der Vorteil eines Garantiezertifikates besonders in der Kapitalgarantie, bzw. im Teilschutz liegt. So kann ein Anleger in spekulative Anlageklassen investieren und an ihnen partizipieren, ohne das volle Risiko dieser Anlageklassen tragen zu müssen. Hat beispielsweise ein Anleger eine positive Meinung zur Aktie der Deutschen Bank AG, ihm ist allerdings das Risiko eines möglichen Verlustes zu hoch, so kann dieser, durch den Erwerb eines entsprechenden Garantiezertifikates, seine Marktmeinung ohne die entsprechenden Risiken dennoch umsetzten. Das Risiko ist also gegenüber dem Direktinvestment begrenzt. Somit wird auch risikoaversen Anlegern der Aktienmarkt, Rohstoffmarkt etc. geöffnet.
Zudem bieten Garantiezertifikate oftmals eine Renditemöglichkeit, die über der üblichen Marktverzinsung, für festverzinsliche Schuldverschreibungen vergleichbarer Emittenten, liegt. Aus diesem Grund kann dies als Surrogat herangezogen werden.
[...]
[1] Vgl. Blöhte, H. (2008), http://www.bild.de/BILD/regional/bremen/aktuell/2009
[2] Vgl. Stiftung Warentest (01.03.2009), S. 30
[3] Vgl. Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (2009), S. 92
[4] Vgl. Nagi, H. G./ Osman, Y. (20.11.2009), S. 12
[5] Vgl. Bundesverband Deutscher Banken (2008), S. 8
[6] Vgl. Mohlzahn, S. (2008), S. 11 ff.
[7] Vgl. Beike, R. (1999), S. 95 f.
[8] Vgl. Brechmann, A./ Röder, J./ Winkler, D. (2008), S. 13
[9] Vgl. Beike, R./ Schültz, J. (2005), S. 435 ff. oder auch: Vgl. Mohlzahn, S. (2008), S. 14 f.
[10] Vgl. Brechmann, A./ Röder, J./ Schneider, S./ Winkler, D. (2008), S. 47 ff.
[11] Vgl. Gantenbein, P./ Spremann, K. (2007), S. 17
[12] Vgl. Beike, R./ Schlütz, J. (2005), S. 281 oder auch: Vgl. Beike, R. (1999), S. 13
[13] Vgl. Beike, R./ Schlütz, J. (2005), S. 283 f. oder auch: Vgl. Gantenbein, P./ Spremann, K. (2007), S. 18 f.
[14] Vgl. Siebers, Jutta M. D./ Siebers, B.J. (1991), S. 31 ff.
[15] Vgl. Prof. Dr. Becker, H. P./ Prof. Dr. Peppmeier, A. (2006), S. 252 ff. oder auch: Vgl. Beike, R. (1999), S. 17 f.
[16] Vgl. Beike, R./ Schlütz, J. (2005), S. 414 f.
[17] Vgl. Büschen, H. E./ Everling, O. (2007), S. 98
[18] Vgl. Büschen, H. E./ Everling, O. (2007), S. 173 oder auch: Vgl. Büschen, H. E./ Everling, O. (2007), S.150 f.
[19] Vgl. Dr. Götte, R. (2001), S. 38 ff.
[20] Vgl. Beike, R./ Schlütz, J. (2005), S. 406 f.
[21] Vgl. Siebers, Jutta M. D./ Siebers, B.J. (1991), S. 59
[22] Vgl. Hull, J. C./ Prof. Dr. Steiner, M./ Dr. Mader, W./ Wegner, M. (2006), S. 125 f.
[23] Vgl. Beike, R./ Schlütz, J. (2005), S. 413
[24] Vgl. Heusinger, W. H./ Klein, M./ Raum, W. (2000), S. 55
[25] Vgl. Weyand, H. (2007), S. 211 oder auch: Vgl. Bloss, M. / Prof. Dr. Dr. Ernst, D. (2008), S. 27 f.
[26] Vgl. Weyand, H. (2007), S.29 ff.
[27] Vgl. Brechmann, A./ Röder, J./ Schneider, S./ Winkler, D. (2008), S. 49 f.
[28] Vgl. Hull, J. C./ Prof. Dr. Steiner, M./ Dr. Mader, W./ Wegner, M. (2006), S. 29 f.
[29] Vgl. Heusinger, W. H./ Klein, M./ Raum, W. (2000), S. 55
[30] Vgl. Bloss, M. / Prof. Dr. Dr. Ernst, D. (2008), S. 37 f. oder auch Vgl. Heusinger, W. H./ Klein, M./ Raum, W. (2000), S. 65 f.
[31] Vgl. Frick, M. (2006), S. 10 ff.
[32] Vgl. Bloss, M. / Prof. Dr. Dr. Ernst, D. (2008), S. 37 f. oder auch Vgl. Heusinger, W. H./ Klein, M./ Raum, W. (2000), S. 65 f.
[33] Vgl. Bloss, M. / Prof. Dr. Dr. Ernst, D. (2008), S. 38 f.
[34] Vgl. Brechmann, A./ Röder, J./ Schneider, S./ Winkler, D. (2008), S. 55 ff.
[35] Vgl. Bloss, M. / Prof. Dr. Dr. Ernst, D. (2008), S. 41 f. oder auch: Vgl. Heusinger, W. H./ Klein, M./ Raum, W. (2000), S. 71 ff.
[36] Vgl. Bloss, M. / Prof. Dr. Dr. Ernst, D. (2008), S. 41 f. oder auch: Vgl. Pfadenhauer, R. (2007), S. 28
[37] Vgl. Brechmann, A./ Röder, J./ Winkler, D. (2008), S. 54 ff.
[38] Vgl. Prof. Dr. Sandmann (2001), S. 55
[39] Vgl. Dr. Diener/ Prof. Dr. Hausmann/ Dr. Käsler (2002), S. 302
[40] Vgl. Derivate Forum (2007), S. 9
[41] Vgl: Deutscher Derivate Verband (Hrsg.): 2009, http://www.deutscher-derivate-verband.de/DE/
[42] Vgl. Derivate Forum (2007), S. 9
[43] Vgl. Deutscher Derivate Verband e.V. (Marktvolumen…2009), S. 4
[44] Vgl. Pfadenhauer, R. (2007), S. 65 f.
[45] Vgl. Brechmann, A./ Röder, J./ Schneider, S./ Winkler, D. (2008), S. 184 ff.
[46] Vgl. Weyand, H. (2007), S. 151 f.
- Citation du texte
- Dietmar Pongratz (Auteur), 2010, Auswirkungen der Finanzkrise auf das Anlegerverhalten am Zertifikatemarkt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/194990
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