Walter Benjamins Beschäftigung mit der allegorischen Kunst lässt sich in zwei Phasen einteilen: die erste bildet die im "Ursprung des deutschen Trauerspiels" enthaltene Darstellung des Barockstils, die zweite, spätere Phase stellen die fragmentarischen Überlegungen zur Allegorie Baudelaires aus dem Umfeld des Passagenwerkes dar. Es ist zunächst nicht ohne weiteres möglich, von einem Benjaminschen Allegorie-Begriff zu sprechen, der beiden Arbeiten zugrundeliegt. Die Frage: "Was ist eine Allegorie?" problematisiert Benjamin nicht unabhängig vom geschichtlichen Kontext der barocken respektive modernen Ausprägung der Allegorie. Das aber beschreibt gerade seine Intention; denn Benjamin zielt nicht darauf ab, eine Definition von dem zu gewinnen, was Allegorie schlechthin ist, sondern ihre barocke wie ihre moderne Ausprägung bei Charles Baudelaire geschichtsphilosophisch zu erklären. Eine Notiz aus den Baudelaire-Studien markiert die Fragestellung deutlich: "Wie ist es möglich, daß eine zumindest dem Schein nach so <unzeitgemäße> Verhaltungsweise wie die des Allegorikers im poetischen Werk des Jahrhunderts einen allerersten Platz hat?" (CB 173, Z <28>). Benjamins Interesse besteht also darin zu ergründen, weshalb die Kunstwerke innerhalb einer spezifischen geschichtlichen Situation eine bestimmte Ausdrucksform annehmen, beziehungsweise warum eine Ausdrucksform in verschiedenen geschichtlichen Momenten als künstlerisch adäquate wiederkehren kann.
Eine strikte Trennung zwischen früher und später Phase der Allegorie-Betrachtung täuscht jedoch über die Verbindung beider Projekte hinweg, denn das Barockbuch lässt sich in manchen Teilen als eine Schrift über die moderne Kunst lesen, während Benjamin in den Vorarbeiten zu der nie ausgeführten Darstellung der Allegorie
Baudelaires Analogien zwischen der barocken und modernen Kunst herstellt. So ist einerseits - mit Blick auf das Barock - anzunehmen, dass die vorbürgerliche Kunst noch nicht jenes Bewusstsein für die Konstruiertheit der bedeutenden Welt erlangt hatte, das Benjamin ihr zuzuschreiben scheint. Die produktionsästhetische Betrachtung der Allegorie liefert geradezu die Basis für eine Analyse der die moderne Kunst prägenden Techniken, worauf auch die Äußerung Benjamins hindeuten mag, dass die "Allegorie (...) die Armatur der Moderne" (CB 177, Z <32a>) sei. Andererseits stellt Benjamins geschichtsphilosophische Methode...
Inhalt
A. Der Allegorie-Begriff Walter Benjamins
Anmerkungen zum Verhaltnis von barocker und moderner Kunst
1. Einleitung Seite
2. Benjamins Barockrezeption: „Ursprung des deutschen Trauer-
spiels" Seite
2.1. Symbol versus Allegorie Seite
2.2. Metaphysische Bilder der Sinnleere Seite
2.2.1. Die entwertete Welt Seite
2.2.2. Erlosungshoffnung in der Sorge Seite
3. Benjamins Baudelaire-Studien: Analogien zwischen barocker und moderner Kunst Seite
3.1. Die Ware als Gegenstand der Allegorie Seite
3.2. Dialektische Traumbilder Seite
4. Conclusio Seite
B. Allegorie und Trauerspiel bei Walter Benjamin
Ein Referat Seite
C. Verwandtschaft von Literatur und Philosophie?
Ein Aufsatz zu Walter Benjamins "Wahlverwandtschaften"-Essay Seite
Verwendete Literatur Seite
- Arbeit zitieren
- Magister Artium Michael Birkner (Autor:in), 1995, Walter Benjamins Allegorie-Begriff und die Verwandtschaft zwischen Kunst und Philosophie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/194685
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