Grundlage für diesen Text ist die These, dass der moderne
Individualisierungsprozess eine Vielzahl von Stressoren für die jugendliche
Subjektentwicklung mit sich bringt und im Zuge dessen die Hemmschwelle des
Konsums und Missbrauchs von bewusstseinsverändernden Substanzen sinkt.
Ausgehend von dieser These soll im folgenden Text neben den objektiven
Auswirkungen des Individualisierungsprozesses auf die Lebensphase Jugend
auch die Entwicklung der jugendlichen Selbstwahrnehmung und der
individuelle Umgang mit den möglichen psychosozialen Belastungen
beleuchtet werden. Dabei soll besonders der Aspekt der nach innen gerichteten
Stressverarbeitung in Form des Konsums und Missbrauchs von Medikamenten
und legaler wie auch illegaler Drogen vertieft werden.
2.1 Individualisierung als zentrales Merkmal der Modernisierung
Das Konzept der Modernisierung beschreibt die soziale Realität und analysiert
zudem gesamtgesellschaftliche Veränderungen. Da sich die Gesellschaft stetig
verändert, ist der Prozess der Modernisierung als offen zu bezeichnen, er kann
nicht rückgängig gemacht werden und ist niemals an einem Ende angelangt.
Modernisierung macht sich neben anderen Faktoren durch die „Herausbildung
einer zentralisierten Staatsgewalt“, durch „Kapitalkonzentrationen“, „einem
immer feinkörnigerem Geflecht von Arbeitsteilungen und Marktbeziehungen“,
„Mobilität“ und „Massenkonsum“ kenntlich.1 Nach van der Loo und van der
Reiygen sind es insbesondere zwei Dimensionen, die den Prozess der
Modernisierung beschreiben: die Dimension der „Differenzierung“ und die
Dimension der „Individualisierung“.2 Innerhalb der Differenzierungs-
Dimension, wird die Gesellschaft in voneinander unabhängige,
funktionsspezifische Teilsysteme gegliedert und aus traditionellen Strukturen
herausgelöst. Man bezeichnet das als Folge der strukturellen Differenzierung
entstehende Phänomen als „Individualisierung“.
1 Vgl. Beck, Ulrich (1986): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne,
Frankfurt a. M., S. 206.
2 Vgl. Kötters, Catrin (2000): Wege aus der Kindheit in die Jugendphase, Biographische
Schritte der Verselbstständigung im Ost-West-Vergleich, Opladen, S. 25.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Jugend im Zeitalter der Individualisierung
2.1 Individualisierung als zentrales Merkmal der Modernisierung
2.2 Die dreifache Individualisierung
2.2.1 Strukturwandel der Kindheits- und Jugendphase
2.2.2 Verlängerung von Jugend durch ‚Verschulung’
2.2.3 Vervielfältigung des Übergangs in das Erwachsenenalter
2.2.4 Verunsicherung von Jugend durch Arbeitsmarktrisiken
2.3. Entwicklung der jugendlichen Selbstwahrnehmung
2.4 Selbstwahrnehmung als individualisiertes Individuum
3 Psychosoziale Belastungen und jugendlicheSubjektentwicklung
3.1 Zur Entstehung von Stress in der Jugendphase
3.2 Nach innen gerichtete Stressverarbeitung
3.2.1 Arzneimittelmissbrauch
3.2.2 Tabak und Drogenmissbrauch
3.2.3 Illegale Drogen
4 Resümee
5 Bibliographie
1 Einleitung
Grundlage für diesen Text ist die These, dass der moderne Individualisierungsprozess eine Vielzahl von Stressoren für die jugendliche Subjektentwicklung mit sich bringt und im Zuge dessen die Hemmschwelle des Konsums und Missbrauchs von bewusstseinsverändernden Substanzen sinkt. Ausgehend von dieser These soll im folgenden Text neben den objektiven Auswirkungen des Individualisierungsprozesses auf die Lebensphase Jugend auch die Entwicklung der jugendlichen Selbstwahrnehmung und der individuelle Umgang mit den möglichen psychosozialen Belastungen beleuchtet werden. Dabei soll besonders der Aspekt der nach innen gerichteten Stressverarbeitung in Form des Konsums und Missbrauchs von Medikamenten und legaler wie auch illegaler Drogen vertieft werden.
2 Jugend im Zeitalter der Individualisierung
2.1 Individualisierung als zentrales Merkmal der Modernisierung
Das Konzept der Modernisierung beschreibt die soziale Realität und analysiert zudem gesamtgesellschaftliche Veränderungen. Da sich die Gesellschaft stetig verändert, ist der Prozess der Modernisierung als offen zu bezeichnen, er kann nicht rückgängig gemacht werden und ist niemals an einem Ende angelangt. Modernisierung macht sich neben anderen Faktoren durch die „Herausbildung einer zentralisierten Staatsgewalt“, durch „Kapitalkonzentrationen“, „einem immer feinkörnigerem Geflecht von Arbeitsteilungen und Marktbeziehungen“, „Mobilität“ und „Massenkonsum“ kenntlich.[1] Nach van der Loo und van der Reiygen sind es insbesondere zwei Dimensionen, die den Prozess der Modernisierung beschreiben: die Dimension der „Differenzierung“ und die Dimension der „Individualisierung“.[2] Innerhalb der Differenzierungs-Dimension, wird die Gesellschaft in voneinander unabhängige, funktionsspezifische Teilsysteme gegliedert und aus traditionellen Strukturen herausgelöst. Man bezeichnet das als Folge der strukturellen Differenzierung entstehende Phänomen als „Individualisierung“.
Während der 80er Jahre wurde durch den Soziologen Ulrich Beck eine Debatte ausgelöst, die seitdem aus der Soziologie und der Analyse vielfältiger Bereiche des Lebens nicht mehr weg zu denken ist. Die Rede ist von der sogenannten Individualisierungsdebatte. Im Allgemeinen ist unter dem Begriff Individualisierung die „fortschrittlichste Form markt-, rechts- und bildungsabhängiger Vergesellschaftung“[3] zu verstehen und dient der Erklärung von gesellschaftlichen Modernisierungsprozessen. Formen der Individualisierung sind bereits in der Renaissance, dem Mittelalter und der innerweltlichen Askese des Protestantismus zu finden und ist demnach kein neues Phänomen an sich.[4]
Ulrich Beck entwarf auf Grundlage der Kenntnisse über die Modernisierung ein Individualisierungskonzept, welches er in drei Dimensionen unterteilte. Die drei Dimensionen der Individualisierung bezeichnete er wie folgt als Freisetzungsdimension, Entzauberungsdimension und Reintegrationsdimension. Des weiteren spricht Beck von einem „Individualisierungsschub“, der seit den 70er Jahren massive Veränderungen innerhalb der gesellschaftlichen Realität eingeleitet hat.
2.2 Die dreifache Individualisierung
Die sogenannte Freisetzungsdimension umfasst zunächst einmal die Veränderungen im Produktionsbereich, durch die Verbesserung des allgemeinen Bildungsniveaus und Einkommens, die für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gegenseitig zu Gute kommende rechtliche Absicherung (tarifliche Regelungen, Kündigungsschutz etc.), wie auch die Veränderungen in der Zusammensetzung der Gesellschaft. Die Veränderungen innerhalb der sozialen Zusammensetzung finden insbesondere in den familiären Strukturen und des Freizeitverhaltens statt. Aus diesen Veränderungen resultiert zum einen eine Vielzahl von Freiheiten, durch eine Vielfalt von Optionen bei der Gestaltung der eigenen Lebensbiographie. Diese neu gewonnenen Freiheiten gehen allerdings einher mit einem Mehr an Unsicherheiten. Diese Unsicherheiten machen sich vor allem darin bemerkbar, dass das Individuum nun aus dieser Vielzahl von Entscheidungsmöglichkeiten den Verlauf der eigenen Lebensplanung überwiegend selbst bestimmen muss. Der Lebenslauf wird zu einer Wahlbiografie, er verläuft nicht mehr traditionell geradlinig, sondern setzt sich aus diversen teilweise sehr unterschiedlichen Lebensentscheidungen zusammen.
Die Prinzipien einer kapitalistisch-marktwirtschaftlich geprägten Gesellschaft (wie die der BRD) verlangen dem Individuum ab, sich - ohne die traditionalen leitgebenden Handlungsmuster einer ständisch geprägten Gesellschaft - auf sein eigenes Schicksal zu konzentrieren, um nicht zuletzt auch durch das Erreichen von materiellem Wohlstand gesellschaftlich unabhängig zu werden. Im Zuge der Verbesserung des Bildungsstandards und der Erhöhung der Chancen auf einen höheren Bildungsabschluss, der prinzipiell jedem Bürger zugänglich geworden ist (Bildungsexpansion), tritt der sogenannte ‚Fahrstuhleffekt’ zutage, der sich in einer generell besseren Lebenssituation für alle Bürger bemerkbar macht. Trotz der Tatsache, dass es im allgemeinen zu mehr Wohlstand gekommen ist, bleiben aus einer Vielzahl von Gründen soziale Ungleichheiten bestehen. So steht zwar für jeden der (Aus-) Bildungssektor offen, da aber je nach Schicht- oder Milieuzugehörigkeit unterschiedliche Grundhaltungen zur Förderung von akademischer Bildung bestehen, fällt es Kindern niedrigerer Sozialmilieus nach wie vor schwerer einen höheren akademischen Bildungsgrad zu erlangen. Zugleich führt die Aufwertung des Bildungsniveaus zu einer Abwertung von mittleren und höheren Bildungsabschlüssen. „Wo früher niedrige Schulabschlüsse genügten, werden heute mittlere oder höhere gefordert. (...) besser Qualifizierte verdrängen schlechter Qualifizierte beim Wettbewerb um die Akademisierung von Leitpositionen (...)“.[5] Ergebnis dieser Entwicklung ist, dass höhere Bildungsabschlüsse zwar erlangt aber auch verlangt werden und somit ihren Garantiecharakter bezüglich einer höheren Berufslaufbahn und eines sozialen Aufstiegs verlieren. Dies kann wiederum Unsicherheiten im Lebensverlauf des Individuums erzeugen. Den Verlust traditioneller Normen und Werte, zu denen auch der Wert eines Bildungsabschlusses gehört, beschreibt Beck in der Entzauberungsdimension. Neben der Abwertung von Bildungsabschlüssen, gehört insbesondere auch, zum Teil wechselwirkend aufeinander bezogen, die „Differenzierung der Formen des privaten Zusammenlebens“. Kennzeichnend hierfür ist der „Monopolverlust der bürgerlichen Familie“.[6] Da unter der Anhebung des Bildungsniveaus auch Frauen profitieren, wird das Hauptaugenmerk vielfach auf eine erfolgreiche Etablierung innerhalb des Arbeitsmarktes gelegt, wodurch der „Wert“ der Familie ins Hintertreffen gerät. Folge sind ausbleibende oder späte Familiengründung, sinkende Geburtenzahlen und die sogenannte Pluralisierung von Lebensstilen (nicht-eheliches Zusammenleben, Single-Dasein).
Die genannten Aspekte spiegeln ein erhöhtes Maß an erforderter Flexibilität und Selbstreflexion beim Individuum wieder, das nicht selten auch zu einer erhöhten Gefahr der Überforderung führt. „Die Chancen der neuen Optionenvielfalt scheinen mit dem Risiko verbunden, sich im Entscheidungsdickicht hoffnungslos zu verrennen, die „falsche“ Entscheidung zu treffen oder aber – aus Angst vor der „falschen“ Entscheidung – die Entscheidung zu treffen, sich nicht zu entscheiden, was immer noch eine Entscheidung ist.“[7] Was dieses Zitat eindrucksvoll schildert, ist Ausdruck einer der wesentlichen Folgen der Individualisierung. Um die Ängste und Unsicherheiten bewältigen zu können, benötigt das Individuum Rückhalt, der in Form von institutioneller Hilfe in Anspruch genommen werden muss, was wiederum Abhängigkeiten erzeugt. „(Die entstehenden Individuallagen) haben das Doppelgesicht von institutionenabhängigen Individuallagen. (...) Die freigesetzten Individuen werden arbeitsmarktabhängig, konsumabhängig, abhängig von sozialrechtlichen Regelungen und Versorgungen, von Verkehrsplanungen, Konsumangeboten, Möglichkeiten und Moden in der medizinischen, psychologischen und pädagogischen Beratung und Betreuung“.[8] So findet mit der Freisetzung aus traditionalen Bindungen (wie der Kleinfamilie und dem sozialen Klassensystem) eine Kompensation durch „sekundäre Instanzen und Institutionen“[9] statt, die den individuellen Lebensverlauf grundlegend beeinflussen. Beck bezeichnet diesen Effekt als Kontroll- und Reintegrationsdimension und spricht in diesem Zusammenhang von „institutionellen Lebenslaufmustern“. Das freigesetzte Individuum re-integriert sich in neue Formen der Existenzführung, zum Beispiel des Beziehungslebens, und wird durch (staatliche) Institutionen und Regelungen kontrolliert.
[...]
[1] Vgl. Beck, Ulrich (1986): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt a. M., S. 206.
[2] Vgl. Kötters, Catrin (2000): Wege aus der Kindheit in die Jugendphase, Biographische Schritte der Verselbstständigung im Ost-West-Vergleich, Opladen, S. 25.
[3] Kötters, Catrin (2000): Wege aus der Kindheit in die Jugendphase, Biographische Schritte der Verselbstständigung im Ost-West-Vergleich, Opladen, zit. n.: Schröder (1995), S. 26.
[4] Vgl. Beck, Ulrich (1986): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt a. M., S. 206.
[5] Geissler, Rainer (1996): Die Sozialstruktur Deutschlands, Opladen, S. 258.
[6] Vgl.: Geissler, Rainer (1996): Die Sozialstruktur Deutschlands, Opladen, S. 257.
[7] Schroer, Markus (1997): Individualisierte Gesellschaft. In: Kneer, G. u.a. (Hrsg.): Soziologische Gesellschaftsbegriffe, München, S. 174.
[8] Beck, Ulrich: Risikogesellschaft, S. 210.
[9] Beck, Ulrich: Risikogesellschaft , S. 211.
- Citar trabajo
- Linda Mathews (Autor), 2003, Zusammenhänge zwischen jugendlicher Subjektwerdung und Konsum und Missbrauch von Rauschmitteln durch Jugendliche im Zeitalter der modernen Individualisierung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19466
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