1. EINLEITUNG
1.1 Hinführung zum Thema
Deutsche und Deutschstämmige waren im Russischen Reich bereits seit dem Mittelalter anzutreffen. Sie kamen als Handelsleute der Hanse, im 16. Jahrhundert vermehrt als Handwerker, Bauleute und Architekten, Verwaltungsfachleute und zunehmend auch als Soldaten und Offiziere. Die meisten von ihnen blieben für immer und brachten ihre religiösen Vorstellungen mit. Mit dem Regierungsantritt von Katharina der Großen im 18. Jahrhundert begann die systematische Ansiedlung der Deutschen im Russischen Reich: Dem Einladungsmanifest von 1762 bzw. 1763 folgten rund 40 000 Deutsche. Die Siedler brachten ihre westliche Religion und Kultur mit, die sie in ihren abgeschlossenen Siedlungsgebieten über Jahrhunderte bewahren konnten. Mit der kommunistischen Oktoberrevolution 1917, dem Bürgerkrieg, dem Stalinistischen Terror und den darauffolgenden Deportationen der Deutschen in die unwirtlichen Gebiete Sibiriens und Mittelasiens begann für die Deutschen in der UdSSR das Schicksal der Verfolgung, der Verhaftung und der Unterdrückung. Das religiöse Leben der Deutschstämmigen in der atheistischen Sowjetunion schien offiziell für immer erloschen zu sein. Im Verborgenen jedoch ging das religiöse Leben der Deutschen weiter: Man traf sich zum Beten in Häusern, Betschwestern und Betbrüder übernahmen die Funktionen der Geistlichen, immer unter der Gefahr entdeckt und verurteilt zu werden. Mit der Entspannung der Ost-West-Politik in der Nachkriegszeit bekam auch das kirchliche und religiöse Leben der Deutschen einen neuen Anschub. Die neuentstandenen Kirchen der Deutschen konnten jedoch nicht mehr zu den Wurzeln zurückkehren und definierten sich neu. Im Zuge des Massenexodus in den 90ern verloren sie aber viele Mitglieder, die nun ihrerseits in den Gemeinden Deutschlands ihre Heimat finden.
Rund zwei Millionen Russlanddeutsche gehören seit den späten 80ern zum Gesellschaftsbild Deutschlands. Jedoch wissen die wenigsten Hiesigen über die Kultur und Geschichte der Deutschstämmigen aus Russland. Einen kleinen Beitrag dazu soll die vorliegende Arbeit leisten. Die nachfolgenden Seiten geben einen Überblick über die Siedlungsgeschichte und das kirchliche und religiöse Leben der Russlanddeutschen in ihren Herkunftsgebieten sowie in der Bundesrepublik Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- Hinführung zum Thema
- Aufbau und Zielsetzung der einzelnen Kapitel
- Forschungsstand
- Forschungen zu der Geschichte der Russlanddeutschen
- Forschungen zu religiösen Aspekten
- ZUM BEGRIFF „RUSSLANDDEUTSCHE❝
- ÜBERBLICK ÜBER DIE GESCHICHTE DER RUSSLANDDEUTSCHEN
- Die Anfänge der deutschen Einwanderung im 16. Jahrhundert
- Systematische Ansiedlung von Deutschen in Russland unter Katharina II.
- Die weitere Entwicklung im 19. Jahrhundert
- Der Abbau der Privilegien der Russlanddeutschen unter Alexander II. und Nikolaus II.
- Das Revolutionsjahr 1917 und die weitere Entwicklung unter sowjetischer Führung
- Die Russlanddeutschen unter der Herrschaft Stalins
- Die Deutschen in der Sowjetunion zur Zeit des Zweiten Weltkriegs
- Nach dem Kriege: Die mühsamen Schritte zu einer begrenzten Rehabilitierung der Russlanddeutschen
- Die Deutschen in Russland nach der Auflösung der UdSSR und die weitere Entwicklung bis heute
- Die Rückwanderung der Russlanddeutschen in die BRD
- DAS KIRCHLICHE UND RELIGIÖSE LEBEN DER DEUTSCHEN IN RUSSLAND
- Evangelisch-lutherische Russlanddeutsche
- Die Anfänge
- Von der Ansiedlung unter Katharina II. bis zu Oktoberrevolution
- Die Lutheraner in der Sowjetzeit
- Wiedergründung der Evagelischen-Lutherischen Kirche
- Römisch-katholische Russlanddeutsche
- Die Anfänge
- Die katholische Kirche in der Sowjetzeit
- Folgen der Perestroika
- Russlanddeutsche Mennoniten
- Die Anfänge
- Spaltung in „Kirchenmennoniten“ und „Mennoniten-Brüder-Gemeinden“
- Die Gemeinden in der Sowjetperiode und die Zeit danach
- Baptisten
- Die Anfänge und die weitere Entwicklung der Gemeinden
- Die Baptisten in der Sowjetzeit und die Zeit danach
- Die Herrnhuter Brüdergemeine
- Erste Schritte der Ansiedlung (1735-1762)
- Ansiedlung in Sarepta (1765-1892)
- EXKURS: RUSSLANDDEUTSCHE IN DEN GEMEINDEN DER EVANGELISCHEN KIRCHE IN DEUTSCHLAND
- Statistische Angaben über die Konfessionsverteilung
- Religiosität der Russlanddeutschen
- Binnenintegration in den Kirchen
- Aussiedlerseelsorge der EKD
- Aufgaben und Arbeitsansätze der Aussiedlerarbeit
- Publikationen und Projekte der Evangelischen Aussiedlerseelsorge
- Aussiedlerarbeit in der Evangelischen Kirche von Westfalen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit dem kirchlichen und religiösen Leben der Russlanddeutschen von ihrer Ansiedlung unter Iwan IV. bis zur Rückwanderung nach Deutschland in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ziel ist es, einen umfassenden Überblick über die Entwicklung des religiösen Lebens dieser Gruppe zu geben und dabei die Herausforderungen und Veränderungen im Kontext ihrer historischen Entwicklung zu beleuchten.
- Die Geschichte der Ansiedlung und Integration der Russlanddeutschen in Russland
- Die Auswirkungen der sowjetischen Politik auf das religiöse Leben der Russlanddeutschen
- Die verschiedenen Konfessionen der Russlanddeutschen und ihre Entwicklung
- Die Integration der Russlanddeutschen in die Kirchen in Deutschland
- Die Herausforderungen der Aussiedlerseelsorge für Russlanddeutsche
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Russlanddeutschen ein und beleuchtet die Geschichte ihrer Ansiedlung in Russland. Sie beschreibt den Fokus und die Zielsetzung der Arbeit sowie den Forschungsstand zum Thema. Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Begriff „Russlanddeutsche“ und erläutert die verschiedenen Bezeichnungen und Definitionen. Kapitel 3 bietet einen umfassenden Überblick über die Geschichte der Russlanddeutschen, von ihren Anfängen im 16. Jahrhundert bis zur Rückwanderung nach Deutschland. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung des religiösen Lebens in den verschiedenen historischen Epochen. Kapitel 4 analysiert das kirchliche und religiöse Leben der verschiedenen Konfessionen der Russlanddeutschen, wie z.B. der evangelisch-lutherischen, der römisch-katholischen, der Mennoniten, der Baptisten und der Herrnhuter Brüdergemeine. Es geht dabei um die Anfänge der Konfessionen, ihre Entwicklung in der Sowjetzeit und die Situation nach dem Zerfall der UdSSR. Kapitel 5 widmet sich dem Exkurs der Russlanddeutschen in den Gemeinden der Evangelischen Kirche in Deutschland. Es betrachtet die statistische Verteilung der Russlanddeutschen unter den verschiedenen Konfessionen, die Religionsausübung der Russlanddeutschen und ihre Integration in den Kirchen. Zudem beleuchtet das Kapitel die Aussiedlerseelsorge der EKD, ihre Aufgaben und Arbeitsansätze sowie Publikationen und Projekte.
Schlüsselwörter
Russlanddeutsche, Geschichte, Religion, Kirche, Konfession, Ansiedlung, Sowjetzeit, Rückwanderung, Integration, Aussiedlerseelsorge, Evangelische Kirche, Katholische Kirche, Mennoniten, Baptisten, Herrnhuter Brüdergemeine,
- Citar trabajo
- Alina Heberlein (Autor), 2012, Das kirchliche und religiöse Leben der Russlanddeutschen seit ihrer Ansiedlung unter Iwan IV. bis zur Rückwanderung nach Deutschland in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193663