Mit diesen Worten beschreibt der evangelische Theologe und Kirchenhistoriker Bernd Moeller die anhaltende Bedeutung Martin Luthers im kollektiven Gedächtnis der Deutschen.
Konzentriert wird die Wichtigkeit des Reformators im „klassischen Mythos von [Luther als] der Reformation in Person“3, dessen Entstehung Moeller auf die Selbststilisierung und den „Massenerfolg“ Luthers bereits zu Lebzeiten zurückführt.4 In der Tat beginnt die Verehrung des Reformators schon im späten 16. Jahrhundert, als Luther, u.a. aus Gründen der Bewahrung seiner Lehre, nicht nur als „heilige und vorbildliche Mittler- und Trägergestalt der christlichen Botschaft, sondern […] auch als ihr autoritativer […] Lehrer und Interpret“5
erinnert wird: Eine Tendenz zur Mythisierung Luthers taucht zudem früh in der protestantischen Volksfrömmigkeit auf, die beginnt mit Luther assoziierte Gegenstände analog zur katholischen Heiligenverehrung zu Reliquien mit Wunderkräften zu stilisieren.6
Doch Höhepunkt des kollektiven Luthergedenkens ist ohne Frage das 19. Jahrhundert, das mit seinem „Personalisierungsprogramm“ eine auf Verinnerlichung des protestantischen Glaubens abzielende Form der Memoria zugunsten eines veritablen Personenkultes um den ‚nationalen Heros‘ Luther verdrängt:7 Nicht umsonst liegt der Fokus eines Großteils der geschichtswissenschaftlichen Forschung zur Lutherrezeption auf dieser Zeitspanne.
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3 Burkhardt, Johannes. Zitiert nach: Medick, Hans; Schmidt, Peer: Einleitung. Von der Lutherverehrung zur konfessionellen Lutherforschung und darüber hinaus. In: Medick, Hans; Schmidt, Peer (Hg.): Luther zwischen den Kulturen. Zeitgenossenschaft – Weltwirkung. Göttingen 2004, S.16.
4 Moeller: Luthers Erfolge, S.271.
5 Brockmann, Thomas: Vorbild, Lehrer und Prophet der letzten Zeit. Luthermemoria und Lutherrezeption 1546-1617. In: Historisches Jahrbuch (2009), S.63.
6 Vgl. Laube, Stefan: Der Kult um die Dinge an einem evangelischen Erinnerungsort. In: Laube, Stefan; Fix, Karl-Heinz (Hg.): Lutherinszenierung und Reformationserinnerung. (Schriften der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt. Band 2.) Leipzig 2002, S.14 f.
Gliederung
1. AKT: EINFÜHRUNG IN THEMENSTELLUNG, FORSCHUNGSSTAND UND VORGEHENSWEISE
2. AKT: GLAUBENSHELD, NATIONALHELD, BÜRGER: DER WANDEL DER LUTHERREZEPTION IM 19. JAHRHUNDERT
2.1 Neue Tendenzen in der Luthermemoria
2.2 Luther im Kaiserreich und das Jubiläumsjahr 1883
3 AKT: DIE LUTHERFESTSPIELE HERRIGS, DEVRIENTS UND TRÜMPELMANNS IM KONTEXT DER LUTHERREZEPTION DES SPÄTEN 19. JAHRHUNDERTS
3.1 Der 400. Geburtstag Luthers und die ,Entstehung' einer neuen Gattung
3.2 ,Volksbühnen', Familienväter und die ,soziale Frage': Die Lutherfestspiele als Repräsentationsmedien des (protestantischen) Bürgertums
3.3 Wormser Reichstag, deutsche Kaiser und deutsche Sagen - Luther als Nationalheld in den Lutherdramen Herrigs, Trümpelmanns und Devrients
3.4 Lüsterne Mönche und die Gefahren des Ultramontanismus: Antikatholizismus in den Lutherfestspielen
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- Carola Katharina Bauer (Author), 2011, “[E]in neues Reis [im] […] Stamm des Dramas”? , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193478
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