Vielen mag im Zusammenhang mit dem verstärkt medialen Aufkommen des Begriffs „Heuschrecken“ im Jahr 2005 immer noch eine negative Assoziation mit dem Begriff Private Equity (PE) entstehen. Zu Unrecht, denn PE-Gesellschaften bilden ein wichtiges gesamtwirtschaftliches Bindeglied zwischen Kapitalbedarf und –angebot. Hier spielt Venture Capital (Risikokapital) in Form von Anschubs- und Wachstumsfinanzierungen für junge Unternehmen, die meist sehr risikobehaftet sind, eine wichtige Rolle. Besonders die jungen Unternehmen der Internetwirtschaft, auch als New Economy bezeichnet, haben in den letzten Jahren einen immer höheren Stellenwert in der Gesamtwirtschaft erlangt und zählen mittlerweile zu starken Wachstums- und Innovationstreibern. Nicht zuletzt aus diesem Grund ließen sich in der Vergangenheit immer wieder „spektakuläre“ millionenschwere Investitionen in Internetunternehmen beobachten, die auch teilweise in der breiten Öffentlichkeit für Aufmerksamkeit sorgten.
In Vorbereitung dieser Venture Capital Investitionen werden verschiedene Bewertungsinstrumente angewandt, um einen möglichst genauen und repräsentativen Unternehmenswert für Investor und Anteilseigner zu ermitteln. Die Market Due Diligence ist eines der Instrumente, die bei der Bewertung und der Chancen-Risiken-Einschätzung von Unternehmen eingesetzt werden. Sie dient der Bewertung des Unternehmens aus der Sicht des Marktes. Dazu zählen insbesondere die strategische Ausrichtung am Markt, die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells, die Wettbewerber, externe Chancen und Risiken sowie interne Stärken und Schwächen des Unternehmens.
Aufgrund ökonomischer Besonderheiten extrem junger und internetbasierter Unternehmen erfordert eine Venture Capital Investition in diese Unternehmen eine besondere Prüfung der Chancen und Risiken, sowohl für das Unternehmen als auch für den Investor.
Denn im Gegensatz zu etablierten Unternehmen spielen die zum Investitionszeitpunkt gegenwärtigen Finanzströme in den jungen, oftmals erst einige Monate bestehenden Unternehmen, eine eher untergeordnete Rolle bei der Unternehmensbewertung. Entscheidungsrelevant sind hier vor allem die Chance auf einen potenziellen schnellen Markterfolg und ein schnelles Wachstum.
Ziel dieser Arbeit soll es daher sein zu überprüfen, ob und inwiefern die ökonomischen Besonderheiten von jungen internetbasierten Unternehmen im Rahmen einer Market Due Diligence berücksichtigt werden und in die Unternehmensbewertung einfließen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problembeschreibung und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Hypothese
1.3 Vorgehensweise
2 Grundlagen
2.1 Grundlagen Private Equity und Venture Capital Investments
2.1.1 Definition Venture Capital
2.1.2 Motive und Ziele von Unternehmensgründern
2.1.2.1 Begriffsbestimmung und Definition von Startups
2.1.2.2 Startup-Phasen
2.1.2.3 Finanzierung von Startups
2.1.3 Motive und Ziele von Venture Capital Investoren
2.1.4 Investment-Prozess von Venture Capital
2.2 Grundlagen Unternehmensbewertung
2.2.1 Definition
2.2.2 Anlässe und Funktionen
2.2.3 Bewertungsverfahren im Überblick - Ein Blick in die Praxis
2.3 Grundlagen der Due Diligence
2.3.1 Die Rolle der Due Diligence
2.3.2 Begriffsbestimmung
2.3.3 Arten und Anlässe einer Due Diligence
2.3.4 Formen der Due Diligence
3 Vertiefung: Die Market Due Diligence
3.1 Begriffsbestimmung und Abgrenzung
3.2 Stellung und Ziele der MDD im Gesamtkontext einer Due Diligence
3.3 Analysegebiete
3.3.1 Verständnis des Geschäftsmodells
3.3.2 Externe Analyse
3.3.2.1 Markt- und Kundenstruktur
3.3.2.2 Informations- und Datenquellen für die Analyse
3.3.2.3 Ableitung des Marktpotenzials - Der Blick in die Zukunft
3.3.3 Interne Analyse
3.3.3.1 Marktorientierung der Strategie
3.3.3.2 Marktorientierung der Unternehmenssysteme
3.3.3.3 Marktorientierung der Marketinginstrumente
3.3.4 Zusammenfassung und Plausibilitätsprüfung der Businessplanung
4 Unternehmensbewertung bei Internetunternehmen
4.1 Arten von Internetunternehmen und -geschäftsmodellen
4.2 Ökonomische Besonderheiten von Internetunternehmen
4.3 Identifikation und Bewertung von Werttreibern bei Internetunternehmen
4.4 Ergebnis der theoretischen Arbeit: Veränderte Anforderungen an die MDD
5 Praxisvergleich
5.1 Ziele der Befragung
5.2 Vorgehensweise und Durchführung
5.3 Hypothesen
5.4 Ergebnisse
5.4.1 Überprüfung der Hypothesen
5.4.2 Anregungen durch Interviews
6 Schlussbetrachtung
6.1 Zusammenfassende Bemerkung
6.2 Ausblick
Anhang
Literatur- und Quellenverzeichnis.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1-1: Vorgehensweise
Abbildung 2-1: Lebenszyklus von Unternehmen
Abbildung 2-2: Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen
Abbildung 2-3: Venture Capital Prozess
Abbildung 2-4: Systematisierung der Bewertungsverfahren
Abbildung 2-5: Verbreitungsgrade der Teilreviews
Abbildung 2-6: DD im Gesamtkontext von Investitionsentscheidungen
Abbildung 3-1: Marktbasierter Top-Line-Business-Case zur Planungsvalidierung
Abbildung 3-2: Systematisierung der Strategiearten
Abbildung 4-1: Orientierung der Analysepunkte an Unternehmensphasen
Abbildung 5-1: Bewertung unternehmensinterner Wertindikatoren und Erfolgsfaktoren
Abbildung 5-2: Bewertung externer Wertindikatoren und Erfolgsfaktoren
Abbildung 5-3: Beurteilung und Priorisierung von Managementkompetenzen bei Startups
Tabellenverzeichnis
Tabelle 2-1: Mögliche Gründungsformen
Tabelle 2-2: Anlässe zur Unternehmensbewertung…
Tabelle 4-1: Stilisierte Unterschiede zwischen „alter“ und „neuer“ Ökonomie 43
1 Einleitung
1.1 Problembeschreibung und Zielsetzung der Arbeit
Vielen mag im Zusammenhang mit dem verstärkt medialen Aufkommen des Begriffs „Heuschrecken“ im Jahr 2005 immer noch eine negative Assoziation mit Private Equity Gesellschaften entstehen1. Zu Unrecht, denn Private Equity Gesellschaften bilden ein wichtiges gesamtwirtschaftliches Bindeglied zwischen Kapitalbedarf und -angebot. Hier spielt vor allem Venture Capital (Risikokapital) in Form von Anschubs- und Wachstumsfinanzierungen für junge Unternehmen, die meist sehr risikobehaftet sind, eine wichtige Rolle. Besonders die jungen Unternehmen der Internetwirtschaft, auch als New Economy bezeichnet, haben in den letzten Jahren einen immer höheren Stellenwert in der Gesamtwirt- schaft erlangt und zählen mittlerweile zu den stärksten Wachstumstreibern der westlichen Volkswirt- schaften. Nicht zuletzt aus diesem Grund ließen sich in der Vergangenheit immer wieder „spektakulä- re“ millionenschwere Investitionen in Internetunternehmen beobachten, die in der breiten Öffentlich- keit für Aufmerksamkeit sorgten. Aktuell sorgt der geplante Börsengang des sozialen Netzwerks Facebook für Aufsehen, der einer der größten Börsengänge der Geschichte zu werden scheint. Am 01. Februar 2012, legte das Unternehmen den Börsenantrag bei der US-amerikanischen Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) vor. Dem Dokument ist zu entnehmen, dass die Anteile an dem Unternehmen zu 28 % in den Händen von Gründer Mark Zuckerberg liegen und ca. 67 % dem Management und knapp 5 % einer kleinen Gruppe institutioneller Investoren gehören2. Allerdings konnte das Unternehmen erst durch das Beteiligungskapital dieser kleinen Investorengruppe überhaupt so groß und erfolgreich3 werden.
In Vorbereitung solcher Venture Capital Unternehmensbeteiligungen (bzw. Venture Capital Investments) werden verschiedene Bewertungsmodelle und -instrumente angewandt, um einen möglichst genauen und repräsentativen Unternehmenswert für Käufer (Investor) und Verkäufer (Anteilseigner) zu ermitteln. Die Market Due Diligence ist eines der Instrumente, die bei der Bewertung und der Chancen-Risiken-Einschätzung von Unternehmen eingesetzt werden. Sie dient der Bewertung des Unternehmens aus der Sicht des Marktes. Dazu zählen insbesondere die strategische Ausrichtung am Markt, die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells, die Wettbewerber, externe Chancen und Risiken sowie interne Stärken und Schwächen des Unternehmens.
Aufgrund ökonomischer Besonderheiten extrem junger und internetbasierter Unternehmen erfordert eine Venture Capital Investition in diese Unternehmen eine besondere Prüfung der Chancen und Risi- ken, sowohl für das Unternehmen als auch für den Investor. Denn im Gegensatz zu etablierten Unter- nehmen spielen die zum Investitionszeitpunkt gegenwärtigen Finanzströme in den jungen, oftmals erst einige Monate bestehenden Unternehmen eine eher untergeordnete Rolle bei der Unternehmensbewertung. Entscheidungsrelevant ist hier vor allem die Chance auf einen potenziellen schnellen Markterfolg und ein schnelles Wachstum des Unternehmens. Diese Wachstums- und Markterfolgskriterien werden durch die Market Due Diligence geprüft und bewertet.
Ziel dieser Arbeit soll es daher sein zu überprüfen, ob und inwiefern die ökonomischen Besonderheiten von jungen internetbasierten Unternehmen im Rahmen einer Market Due Diligence berücksichtigt werden und in die Unternehmensbewertung einfließen.
1.2 Hypothese
Dieökonomischen Besonderheiten von Internetunternehmen flie ß en im Rahmen von Venture Capital Investments bislang nur unzureichend in die Market Due Diligence als Bestandteil der Unternehmens- bewertung ein.
1.3 Vorgehensweise
Um die Hypothese zu überprüfen, soll zuerst eine theoretische Herleitung der Besonderheiten der Market Due Diligence im Rahmen von Venture Capital Investments bei Internetunternehmen erfolgen, die auf Literatur- und Recherchearbeit basiert. Dabei soll zunächst ein Überblick über Venture Capital Investments, Unternehmensbewertung und Due Diligence allgemein gegeben werden. Im Anschluss daran wird die Sonderform Market Due Diligence zentraler Bestandteil der Arbeit sein. Dabei soll detailliert auf die allgemeine Methodik der Market Due Diligence eingegangen werden. Im Anschluss werden die ökonomischen Besonderheiten bei Internetunternehmen und deren Einfluss auf die Bewer- tung Gegenstand sein. Dem schließt sich die Verknüpfung der Besonderheiten von jungen Internetun- ternehmen mit der Market Due Diligence an, sodass die oben genannte theoretische Herleitung von Besonderheiten der Market Due Diligence bei Venture Capital Investments bei Internetunternehmen erfolgen kann.
Basierend auf dieser theoretischen Herleitung wird ein Gesprächsleitfaden erarbeitet, auf dessen Basis eine Befragung von Praktikern und Experten der Fachgebiete Market Due Diligence, Internetunternehmen und Startups erfolgt. Ziel der Befragung ist es, Einschätzungen und Ansichten zur Market Due Diligence bei jungen Internetunternehmen aus der Praxis einzuholen. Im Fazit werden die Ergebnisse zusammengefasst und ein Ausblick für weitere Forschungsfragen gegeben.
Konkret lassen sich der Aufbau und die Vorgehensweise gemäß des wissenschaftlichen Kreislaufes bzw. Prozesses damit wie folgt zusammenfassen und skizzieren:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1-1: Vorgehensweise
2 Grundlagen
2.1 Grundlagen Private Equity und Venture Capital Investments
Nach Breuer4 versteht man unter Private Equity Geschäften alle Geschäfte im Zusammenhang mit Beteiligungstiteln in Form von Eigenkapital-Anteilen nicht-börsennotierter Unternehmen. Dabei dienen sie zum einen etablierten Unternehmen zur Wachstums- und Krisenfinanzierung. Zum anderen zielen sie auf die Gründungs- oder Anschubfinanzierung für junge, innovative Unternehmen mit so genanntem Wagnis- oder Risikokapital (Venture Capital) ab. Damit stellt diese Form der Finanzierung, insbesondere im Hinblick auf die Medienökonomie, einen wichtigen Wachstumstreiber der deutschen Wirtschaft und vor allem der New Economy5 dar.
Im folgenden Kapitel soll ein für die vorliegende Arbeit relevanter Überblick zu den Grundlagen von Investitionsstrategien, insbesondere den Venture Capital Investitionen, gegeben werden. Durch das Verständnis des folgenden Kapitels soll die Problematik verdeutlicht werden, dass junge Unternehmen durch eine erhöhte Risikobelastung erhebliche Schwierigkeiten haben, ihre anfängliche Wachstumsphase durch Fremdkapital (z.B. Kredite von Banken) zu finanzieren und daher auf alternative Finanzierungsformen angewiesen sind. Schwerpunktmäßig soll es jedoch darum gehen, die Interessen und Motive von Venture Capital Investoren vorzustellen, um ein grundlegendes Verständnis des Venture Capital Marktes, insbesondere der Anbieterseite (Kapitalgeber, Investor), zu schaffen. Zudem soll ein Überblick über den klassischen Venture Capital Prozess gegeben werden.
2.1.1 Definition Venture Capital
Unter Venture Capital (Risikokapital bzw. Wagniskapital) versteht man zeitlich begrenztes, au ß er börsliches Beteiligungskapital (Private Equity), das in Form von vollhaftendem Eigenkapital zur Be teiligung von einem oder mehreren Investoren an als besonders risikobehafteten Unternehmen in der Fr ü hphase der Unternehmensentwicklung f ü hrt. 6
2.1.2 Motive und Ziele von Unternehmensgr ü ndern
2.1.2.1 Begriffsbestimmung und Definition von Startups
In der Literatur existiert eine Vielzahl an Begrifflichkeiten für junge Unternehmen und Unterneh- mensgründungen in unterschiedlichen Phasen. Neben Begriffen wie „technologieorientierte Unter- nehmensgründungen“, „junge Technologieunternehmen“, „High-Tech-Gründungen“, „Small Offi- ces/Home Offices“7 wird vor allem der Begriff Start-up-Unternehmen, kurz „Startup“, verwendet. Was alle Begriffe miteinander vereint, ist die hohe Technologie- und Innovationsorientierung. Häufig
ist auch von rein internetbasierten Geschäftsmodellen und dem Online-Handel die Rede. Zur genauen Abgrenzung des Begriffs „Startup“ ist es notwendig, mögliche Gründungsformen zu betrachten, um im Anschluss die für die vorliegende Arbeit relevanten Formen in die Definition einfließen zu lassen. Um potentielle Optionen für Gründungsformen zu strukturieren, lässt sich auf die Systematik von Szyperski/Nathusius8 zurückgreifen. „Danach lassen sich selbstständige von unselbstständigen und originäre von derivativen Gründungen unterscheiden.“9
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2-1: Mögliche Gründungsformen
Die Form von Gründungen, die für Venture Capital Investitionen vor allem interessant ist, ist die Form der „originären-selbstständigen Neugründung“. Bei dieser Form der Unternehmensgründung handelt es sich aufgrund der frühen Entwicklungsphase der Unternehmen um kleine Unternehmen 10. Aus den bereits existierenden Begriffsbestimmungen der o.g. verschiedenen Gründungsformen, wird für die vorliegende Arbeit folgende Definition für Startups vorgenommen:
Startups sind Unternehmen, die sich in der originär-selbstständigen Neugr ü ndungsphase, d.h. am Beginn ihrer Unternehmensentwicklung, befinden. Zur Verwirklichung ihrer Geschäftsidee werden sie i.d.R. mit einem geringen Startkapital gegr ü ndet. Deshalb sind sie oft fr ü h auf die Au ß enfinanzierung zur Erweiterung und den Ausbau ihrer Geschäftsidee angewiesen.
2.1.2.2 Startup-Phasen
Neben dem vor allem im strategischen Marketing und Management oft angewandten Modell des Produktlebenszyklus existiert ein analoges Modell für Unternehmen. Dieses Unternehmenszyklusmodell (siehe Abbildung 2-1) unterteilt den Reifegrad der Unternehmen, genau wie beim Produktlebenszyklus, in verschiedene Phasen, beginnend mit der Konzeptphase.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2-1: Lebenszyklus von Unternehmen11,12
2.1.2.3 Finanzierung von Startups
Unternehmen müssen ihr Wachstum und ihre Fähigkeit zur Betriebstätigkeit finanzieren. Dafür stehen ihnen verschiedene Finanzierungsoptionen zur Verfügung (siehe Abb. 2-2). Bei etablierten Unternehmen erfolgt dies klassischerweise durch die Selbstfinanzierung (aus Gewinnen), die Beteiligungsfinanzierung und durch die Aufnahme von Fremdkapital in Form von Krediten. Daneben existiert eine Vielzahl weiterer Finanzierungsformen, die sich nach der Rechtsstellung in zwei Arten unterscheiden lassen: Eigen- und Fremdfinanzierung.
Während haftendes Eigenkapital (sog. Haftungskapital) in Form von Selbstfinanzierung aus Gewin- nen, Abschreibungen (Kapitalfreisetzung bzw. Vermögensumschichtung) und Beteiligungsfinanzie- rung generiert wird, handelt es sich bei Fremdkapital (FK) entweder um eine Finanzierung aus Rück- stellungen oder um eine Kreditfinanzierung (Bankendarlehen, Lieferantenkredit usw.). Wesentlicher Unterschied der beiden Finanzierungsformen sind die Haftung, zeitliche Befristung und Verzinsung. Während Eigenkapital (EK) gegenüber Dritten haftet und dem Unternehmen zeitlich unbegrenzt zur Verfügung steht, haftet FK hingegen nicht, steht dem Unternehmen zeitlich nur begrenzt zur Verfü- gung und muss dabei in festgelegten Zeiträumen verzinst zurückgezahlt werden.13
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2-2: Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen
Bei Unternehmensneugründungen, insbesondere bei Startups, entfallen die Optionen der Fremdkapital- und Innenfinanzierung fast immer, da:
aufgrund der frühen Entwicklungsstufe der neu gegründeten Unternehmen keine Rückstellun- gen zur Finanzierung gebildet oder Gewinne erwirtschaftet werden konnten, Kreditaufnahmemöglichkeiten für Existenzgründer durch deren persönliche Kreditwürdigkeit und eine allgemein konservative Risikoeinstellung der Banken14 sehr begrenzt sind, i.d.R. keine Kreditsicherungsmöglichkeiten in Form von Anlagevermögen oder Immobilien vorhanden sind, Fremdfinanzierung durch Kapitalfreisetzung für Unternehmensneugründungen in der Seed- und Early-Stage-Phase aufgrund der nicht existierenden Abschreibungsgegenwerte ebenfalls entfällt.
Somit verbleibt oft als einzige Finanzierungsmöglichkeit die Eigenkapitalfinanzierung15. Dabei stehen den Gründern der Startups im Wesentlichen die Optionen Gesellschaftereinlagen, eigene Ersparnisse, öffentliche Existenzgründerhilfen oder Beteiligungskapital in Form von Venture Capital zur Verfü- gung. Weil die Optionen abseits der Venture Capital Finanzierung oft nicht die zur erfolgreichen Ent- wicklungsfinanzierung notwendige Kapitalhöhe erreichen, ist Venture Capital ein attraktives Finanzie- rungsinstrument für Gründer, zumal dabei neben Kapital auch betriebswirtschaftliches Know-how zur Verfügung gestellt wird. Dies dient dazu, um den i.d.R. unerfahrenen Existenzgründern beim Aufbau und der Planung der Unternehmung zu helfen, bzw. um die Beteiligung erfolgreich zu gestalten. Der Investor - die Venture Capital Gesellschaft - kann hier aktiv in Managementprozesse einsehen, dabei dem oft jungen Managementteam beratend zur Seite stehen und ggf. eingreifen. Hinzu kommt, dass insbesondere branchenspezifische VC-Gesellschaften i.d.R. oft sehr gut vernetzt sind und durch den Aufbau von Geschäftsbeziehungen die Unternehmensentwicklung sehr effektiv unterstützen und voran treiben können.
Aufgrund der für alle Beteiligten sehr vorteilhaften (win-win) Situation dient Venture Capital heutzutage den meisten Unternehmensneugründungen als Finanzierungsinstrument, vor allem während der Early Stage. Auch in der Expansion Stage werden regelmäßig Venture Capital Investitionen getätigt, im Verhältnis zur Early Stage jedoch in einem deutlich geringeren Volumen.
2.1.3 Motive und Ziele von Venture Capital Investoren
Bei Venture Capital Gesellschaften handelt es sich um Unternehmen, die Wagnis- bzw. Risikokapital investieren, welches Jungunternehmen oder Unternehmen in einer Wachstumsphase langfristig16 und ohne Stellung von Sicherheiten seitens des Gründers, zur Verfügung gestellt wird. Das Ziel der VCGesellschaften liegt dabei in der Unternehmenswertsteigerung und dem anschließenden Verkauf der im Wert gestiegenen Anteile der Jungunternehmen. Neben verschiedenen institutionellen Anlegern in Form von Private Equity und Venture Capital Gesellschaften existieren auch Anleger in Form von privaten Personen, die als Business Angel bezeichnet werden. Für Venture Capital Gesellschaften sind Minderheitsbeteiligungen in Höhe von ca. 20 bis 35 %17 üblich.
Grundsätzlich werden 3 Arten von Investitionen unterschieden: Sachinvestition (Grundstücke, Maschinen) Finanzinvestition (Wertpapiere, Beteiligungen) und immaterielle Investition (Patente, Konzessionen). Bei institutionellen und persönlichen Investoren (VC-Gesellschaften bzw. Business Angels) handelt es sich um Finanzinvestoren, deren Absicht auf Geldrückflüssen liegt, die die Auszahlungen für die Investition übersteigen18. „Dabei richtet sich der vom Käufer bewilligte Kaufpreis nicht nach dem Substanzwert19, sondern nach den Ertragsaussichten des Unternehmens, die man unter dem Begriff „Zukunftserfolgswert“ zusammenfasst.“20 An diesem Punkt wird bereits die Notwendigkeit von Wertermittlungen von Unternehmen deutlich. Ein Überblick über Möglichkeiten der Unternehmensbewertung wird im Kapitel 2.2 dieser Arbeit gegeben.
Finanzinvestoren wie VC-Gesellschaften streben eine deutliche Steigerung des Unternehmenswertes innerhalb eines überschaubaren Zeitraums an. Die meisten Venture Capital Gesellschaften verfolgen eine kurz- bis mittelfristige Investitionsstrategie, wobei sie die Anteile an den jungen Unternehmen i.d.R. zwischen 4 und 7 Jahren halten und dabei laut empirischer Studien eine Rendite von 15 bis 35 % erzielen.21 Das Kapital und Know-how der Investoren geht demnach Hand in Hand mit einer Steigerung des Unternehmenswertes, was im Falle von Startups auch das unmittelbare Ziel der Gründer und bisherigen Eigentümer ist. Dies umfasst vor allem Wachstum, Innovation und Stärkung der Marktund Wettbewerbssituation.
Die Investition in ein junges Unternehmen mit meist unerfahrenem Management stellt für Investoren einerseits ein besonders hohes Risiko dar, verspricht andererseits aber eine überdurchschnittlich schnelle und hohe Rendite durch die Unternehmenswertsteigerung bei einem Erfolg des Unterneh- mens. Um das Risiko möglichst gut beurteilen zu können, ist vor der Investition eine umfangreiche Analyse hinsichtlich der Chancen und Risiken des Startups vorzunehmen (Due Diligence).
Bei Startups sind mehrere Finanzierungsrunden üblich. Sehr risikofreudige Anleger investieren bereits in der Seed-Phase22 des Startups, in der bislang nur ein Produktkonzept existiert. Investoren, die eine weniger risikobehaftete Investitionsstrategie verfolgen, beteiligen sich in einer späteren Unterneh- mensphase, in der der Markterfolg des Unternehmens und des Geschäftsmodells, bspw. in Form von Umsätzen, Gewinnen und Margen, bereits deutlich bzw. antizipierbar ist. Aufgrund der dann aber deutlich gewordenen Erfolgsaussichten des Geschäftsmodells und/oder der Unternehmung, steigt der Wert des Unternehmens. Infolgedessen ist eine (wesentlich) höhere Investition für denselben Beteili- gungsanteil im Vergleich zur Seed-Phase erforderlich, wo der Erfolg nur erahnt bzw. schlecht validiert und quantifiziert werden kann. Am Ende der Beteiligung, werden die Anteile der VC-Gesellschaft veräußert (Desinvestition, auch „Exit“).
VC-Gesellschaften haben i.d.R. bestimmte Branchenspezialisierungen und Investmentkriterien defi- niert, anhand derer sie Investitionsentscheidungen treffen. Dazu zählen bspw. die Phase, in der sich das untersuchte Unternehmen befindet (Seed, Startup, First Stage, Second Stage), geografische Reichweite, Umfang der Investition und die Branche des Unternehmens. Erst wenn die vorher defi- nierten Investitionskriterien mit der Investmentstrategie übereinstimmen, kommt es zum nächsten Schritt: der ersten Untersuchung und Analyse des Startups in Form einer Due Diligence (siehe hierzu Kapitel 2.3 dieser Arbeit).
2.1.4 Investment-Prozess von Venture Capital
Venture Capital Gesellschaften erhalten und prüfen pro Jahr oft tausende Businesspläne23. Daher ist ein fest definierter Prozess zur Erreichung einer hohen Effizienz und Effektivität im Unternehmen notwendig. Der Investment-Prozess hängt vom Kontext, Marktumfeld des Zielunternehmens und dem Eintrittszeitpunkt des Investors ab.
Ein grundsätzlicher Prozess lässt sich anhand der Abbildung 2-3 formulieren. Hier wird vom Autor zwar von einer Wertschöpfungskette gesprochen, da jedoch nicht in jedem skizzierten Schritt ein Wert geschaffen wird (also eine „Wertschöpfung“ stattfindet), ist diese Darstellung eher zur Beschreibung des Venture Capital Prozesses aus Sicht der Investoren geeignet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2-3: Venture Capital Prozess24
Am Beginn dieser Prozesskette steht der stetige Fluss von neuen Businessplänen und potentiellen In- vestmentoptionen (Deal Flow). Für die 10 bis 15 %25 der Startups, die nach einer ersten groben Unter- suchung heraus (in der Praxis meist als Screening bezeichnet) den Investitionskriterien der Venture Capital Gesellschaft entsprechen, folgt eine Due Diligence, bei der das Unternehmen in Bezug auf seine finanzielle (Financial Due Diligence), rechtliche (Legal Due Diligence) und steuerliche (Tax Due Diligence) Situation sowie auf das Geschäftsmodell und die Marktstrategie (Market Due Diligen- ce) genauestens untersucht wird. Beurteilt die VC-Gesellschaft das Unternehmen nach dieser umfang- reichen Analyse immer noch als ein attraktives Investitionsobjekt mit hohem Erfolgspotenzial, folgt die Unternehmensbewertung (Valuation).
Nachdem die Venture Capital Gesellschaft anhand verschiedener Bewertungsmethoden den Wert des Unternehmens für sich ermittelt hat, wird mit den Gründern und Eigentümern des Startups über den Preis der Beteiligung verhandelt (siehe hierzu Abschnitt 2.2.2). Nachdem sich im Falle einer positiven Verhandlung beide Parteien über den Preis einig geworden sind, wird die Investition getätigt (Add Value im Sinne von Kapitalzufuhr). Neben den finanziellen Mitteln steht der Investor den Gründern weiterhin mit seinem Wissen und Netzwerk als Berater zur Verfügung (Add Value im Sinne von Know-how) und beobachtet die Entwicklung des Unternehmens und die Entscheidungen des jungen Managementteams genau (Monitoring). Im Zweifelsfall kann er als Gesellschafter in Entscheidungs- prozesse eingreifen und ggf. die weitere Zufuhr finanzieller Mittel unterbinden. Hat sich das Startup nach den Vorstellungen des Investors entwickelt, findet die Desinvestition statt, indem die nun im Wert gestiegenen Anteile an dem Unternehmen verkauft werden (Exit Deal). Als Verkauf kommen dabei folgende Szenarien in Frage:
- Börsengang (Verkauf der Anteile in Form von Aktien nachdem das Unternehmen an der Börse notiert wurde)
- Management Buy-Out (MBO, Management übernimmt die Anteile)
- Company Buy-Back (Gründer übernimmt die Anteile des bzw. der VC-Gesellschaft(en))
- Trade Sale (Unternehmen wird von einem anderen Unternehmen, meist aus derselben Branche, übernommen)
- Secondary Sale (VC-Gesellschaft veräußert seine Anteile an einen Dritten) Liquidation
2.2 Grundlagen Unternehmensbewertung
Im folgenden Kapitel soll ein Überblick über Anlässe und Funktionen der Unternehmensbewertung gegeben werden. Wie im vorherigen Abschnitt schon beschrieben wurde, kommt es vor der Tätigung von Venture Capital Investitionen zur Prüfung der Unternehmen bzw. Investitionsobjekte, um einen Wert zu bestimmen. Diese Unternehmensbewertung ist einer der wichtigsten Bestandteile des Venture Capital Prozesses.
2.2.1 Definition
Unter dem Begriff Unternehmensbewertung versteht man Tätigkeiten der Informationsbeschaffung und -aufbereitung, um ein „ Unternehmen nach objektiven und subjektiven Kriterien [ … ] zu analysie ren und in Geldeinheiten zu bewerten. “ 26
2.2.2 Anlässe und Funktionen
Anlässe zur Unternehmensbewertung lassen sich nach dem Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. grundsätzlich in 3 Erforderniskategorien unterteilen27: freiwillig, vertraglich vereinbart und gesetzlich vorgeschrieben. Bei Venture Capital Investitionen erfolgt die Unternehmensbewertung durch den Investor vor der Investition i.d.R. freiwillig. Im Gegensatz dazu ist die Bewertung zum Exit meist vertraglich vereinbart.
Der häufigste Anlass für Unternehmensbewertungen sind Unternehmenstransaktionen, sog. Mergers & Acquisitions (M&A). Dies können beispielsweise der Kauf oder Verkauf eines Unternehmens bzw. der Erwerb von Unternehmensanteilen (Acquisitions) oder Unternehmenszusammenschlüsse bzw. Fusionen (Mergers) sein. Neben diesen Anlässen existiert eine Vielzahl weiterer Anlässe, die eine Unternehmensbewertung erforderlich machen. Nach Wöhe/Döring lassen sich diese Anlässe wie in Tabelle 2-2 veranschaulicht unterteilen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2-2: Anlässe zur Unternehmensbewertung28
Bezogen auf diese Zusammenstellung wird unter Berücksichtigung des Arbeitsthemas dieser Arbeit nachfolgend nur der Themenkomplex „Kauf/Verkauf von Unternehmensanteilen“ behandelt. Bei Venture Capital Investitionen findet also ein Gesellschafterwechsel statt.
Bei einem Wechsel bzw. einem Hinzukommen von Gesellschaftern geht es vor allem um die Frage, welchen Preis der zukünftige Gesellschafter oder Teilhaber (Käufer) zahlen bzw. der bisherige Eigen- tümer (Verkäufer) erhalten soll. Um diesen Preis ermitteln zu können, ist es notwendig den gegenwär- tigen Wert des Unternehmens möglichst genau zu bestimmen. „Da keine Marktpreise existieren, steht der Bewerter vor der Wahl, ob er versucht unter Verwendung von Marktdaten zu einer marktnahen, objektivierten Bewertung zu kommen, oder ob er einen Wert aus der subjektiven Sicht, z.B. eines be- stimmten Investors, ableitet.“29
Ein grundlegendes Problem besteht in der Informationsasymmetrie zwischen Käufer und Verkäufer, da i.d.R. nur die bereits in (Ziel-)Unternehmen angestellten Personen über interne Stärken und Schwä- chen sowie Chancen und Risiken informiert sind und diese näherungsweise beurteilen können. Für den potenziellen Käufer besteht also ein Informationsdefizit gegenüber dem Verkäufer. Es existieren aller- dings Optionen, die Informationsasymmetrie zwischen den beiden Parteien zu beheben. Je nach Situa- tion kann der Verkäufer dem Käufer bzw. dessen Bewerter Informationen über die geschäftliche Lage zukommen lassen oder die Weitergabe der Informationen verweigern, wodurch die Qualität der Ana- lyseergebnisse steigt bzw. sinkt. Könnte der Verkauf dem Verkäufer allerdings Schaden zufügen (z.B.im Wettbewerb), so kann dieser die Weitergabe von Informationen unterbinden, sodass der Käufer nur auf öffentlich publizierte, externe Daten zurückgreifen kann, was die Qualität der Bewertung erheblich mindert.
Nach Wöhe/Döring30 kann die Unternehmensbewertung nachfolgende Funktionen erfüllen:
- Beratungsfunktion
- Vermittlungsfunktion
- Argumentationsfunktion
- Steuerbemessungsfunktion.
Im Rahmen der Beratungsfunktion wird der „Bewerter“ für den Käufer oder Verkäufer tätig. Die zu beratende Partei soll erfahren, ob die geplante Transaktion vorteilhaft ist. Der potentielle Verkäufer V wird nur verkaufen, wenn der erzielbare Preis P über dem für ihn maßgeblichen Unternehmenswert UWV liegt. Entsprechend wird der potentielle Käufer K nur kaufen, wenn der für ihn maßgebliche Unternehmenswert UWK über dem zu zahlenden Preis P liegt. […] Eine Transaktion kommt nur zu- stande, wenn UWV < UWK. In diesem Fall spricht man von einem positiven Einigungsbereich. Damit kann
- UWV als Preisuntergrenze der Verkäufers
- UWK als Preisobergrenze des Käufers
interpretiert werden. Der letztendlich auszuzahlende Kaufpreis wird i.d.R. irgendwo zwischen diesen beiden Eckwerten liegen.
Bei der Vermittlungsfunktion ist ein Bewerter für beide Parteien zuständig. In diesem Falle ist es seine Aufgabe den iustum pretium, den „angemessenen Preis“, zu bestimmen. Hierbei wird der Bewerter zuerst versuchen den Einigungsbereich auszuloten, indem er UWV und UWK bestimmt und im Anschluss einen sog. Schiedswert oder Arbitriumwert als Einigungsbasis vorschlägt.
Im Rahmen der Argumentationsfunktion ist es die Aufgabe des Bewerters eine Partei bei den Preisverhandlungen argumentativ zu unterstützen. Hierbei wird er im Falle der Unterstützung des Verkäufers versuchen, durch eine parteiische, aber dennoch plausible Argumentation, den Kaufpreis hochzuheben. Ist er für den Käufer tätig, so wird er versuchen den Kaufpreis zu drücken.
Die Steuerbemessungsfunktion spielt für die vorliegende Arbeit keine Rolle.
2.2.3 Bewertungsverfahren im Überblick - Ein Blick in die Praxis
Aufgrund der Vielzahl an Bewertungszwecken existiert auch eine Vielzahl an zur Verfügung stehen- den Bewertungsverfahren. Die heute in der Praxis üblichen Bewertungsverfahren lassen sich in Ein- zelbewertungs- und Gesamtbewertungsverfahren unterteilen. Während die Einzelbewertung den Un- ternehmenswert aus der Summe der Werte der einzelnen Unternehmens- und Bilanzbestandteile (Vermögen und Schulden) ableitet, betrachtet die Gesamtbewertung das Unternehmen als Bewer- tungseinheit und verwendet die für die Eigentümer zu erwartenden Gesamterträge als Bewertungs- maßstab31. Als Einzelbewertungsverfahren ist das Substanzwertverfahren zu nennen, während bei den Gesamtbewertungsverfahren die Ertragswert-, die Discounted Cash-Flow (DCF) und die Multiplikatormethode zu nennen sind.
Weil Finanzinvestoren wie Private Equity bzw. Venture Capital Gesellschaften grundsätzlich die Vermehrung des eingesetzten Kapitals anstreben, sind für sie ausschließlich die Bewertungsmethoden relevant, die die zukünftigen Entwicklungen des eingesetzten Kapitals berücksichtigen. Damit kom- men hier die Gesamtbewertungsverfahren zum Einsatz. Während das Ertragswertverfahren und das DCF-Verfahren den Unternehmenswert grundsätzlich durch die Diskontierung zukünftig zu erwarten- der Erträge bzw. Cash-Flows berechnen, wird bei der Multiplikatormethode das zu bewertende Unter- nehmen mit Blick auf bestimmte geeignete Einzelunternehmen, den Markt oder andere spezifische Größen (Multiplikatoren) und deren Erfolgsplanung verglichen (Benchmarking). Alle dieser Metho- den orientieren sich also an zukünftigen Zuständen. Weil für die Berechnung zukünftiger Erfolgsgrö- ßen zahlreiche Parameter zu berücksichtigen sind, die von Unternehmen zu Unternehmen abweichen, liegt die Schwierigkeit der Bewertung in der Wahl der richtigen Methoden und Kriterien. Standardi- sierte Bewertungsmodelle, die universell anwendbar sind, kann es daher nicht geben.
In Abbildung 2-4 werden die unterschiedlichen Methoden und Verfahren zur Unternehmensbewertung, die sich an zukünftigen Zuständen in Form von Cash-Flows, Erträgen, Gewinnen u.a. orientieren, grob dargestellt und systematisiert32.
Da bei der Bewertung von Unternehmen auch die Risiken für Investoren bewertet werden, muss das vom zukünftigen EK-Geber getragene Risiko als grundlegendes Bewertungskriterium in die Bewer- tung einfließen. Um das übernommene Risiko adäquat abzubilden, muss die Bewertungsmethode da- her zur Transaktionsstruktur passen. Wird das EK eines Unternehmens erworben (Share Deal33 ), so kann eine Nettomethode verwendet werden. Zu den klassischen Nettomethoden gehören die Ertrags- wertmethode und die DCF-Flow to Equity Methode. Wird ein Gesamtvermögen eines Unternehmens erworben (Asset Deal34 ), so ist eine Bruttomethode sinnvoll. Zu den klassischen Bruttomethoden zählt die Discounted Cash-Flow-Entity Methode.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2-4: Systematisierung der Bewertungsverfahren35
Für die vorliegende Arbeit sind ausschließlich die ersten Schritte der genannten Bewertungsmethoden wichtig, in der zukünftige Erfolgsgrößen prognostiziert und berechnet werden. Anschließend werden in Abhängigkeit von der Bewertungsmethode verschiedene mathematische Modelle angewandt, um aus den Umsätzen Cash-Flows und Erträge zu berechnen, welche die Grundlage zur Bewertung der Unternehmen anhand von Kapitalwertmethoden bilden.
Für die Unternehmensbewertung von Startups eignen sich die bei etablierten Unternehmen üblichen Standard-Bewertungsmethoden wie DCF und Ertragswert nicht, da sie zu statisch und wenig flexibel sind und von einem mehr oder weniger konstantem (niedrigen) Wachstum Ausgehen. Diese Methoden eignen sich eher zur Bewertung etablierter Unternehmen, die weniger risikobehaftet sind. Daher wer- den im Rahmen von Venture Capital Investments eher pauschale Bewertungsmethoden angewandt, die die Umsatz- und Ertragserwartungen auf Basis von Due Diligence Analysen berechnen und somit dem überproportionalen und schnellen Wachstum von Startups eher gerecht werden. Hierzu zählen vor allem Umsatz- und Gewinn-Multiples. Erst in späteren Unternehmensphasen, in denen bereits stabile Erträge und Cash-Flows erzielt werden, kommen analytischere Bewertungsmethoden zum Einsatz.
[...]
1 Während seiner Rede „Freiheit und Verantwortung“ in der Friedrich-Ebert-Stiftung verglich der ehemalige SPD- Vorsitzende Franz Müntefering das Verhalten „anonymer Investoren“ mit Heuschreckenplagen, was eine öffentliche Debatte auslöste.
2 Vgl. Form S-1 Registration Statement Facebook (2012), S. 127
3 Gewinn von 1 Milliarde US-$ bei einem Umsatz von 3,7 Milliarden US-$. Das entspricht einer weit überdurchschnittlich hohen Marge von 27%.
4 Vgl. Breuer (2005), S. 3
5 Unter dem Begriff New Economy fasst man den Wechsel von Warenproduktion und -wirtschaft hin zu einer webbasierten Dienstleistungswirtschaft zusammen. Auf den Begriff wird in Kapitel 4.2 dieser Arbeit näher eingegangen.
6 Eigene Formulierung in Anlehnung an Breuer
7 Vgl. Reichwald/Happel (2002), S. 307
8 Vgl. Szyperski/Nathusius (1977), S. 27
9 Vgl. Szyperski/Nathusius (1977), S. 9 ff.
10 Nach Definition der Europäischen Union sind kleine Unternehmen die Unternehmen, die weniger als 50 Mitarbeiter beschäftigen und entweder einen Umsatz p.a. von höchstens EUR 7 Mio. erwirtschaften oder eine Bilanzsumme p.a. von höchstens EUR 5 Mio. aufweisen. Zudem dürfen nicht mehr als 25% des Kapitals oder der Stimmrechte im Besitz eines oder mehrerer Unternehmen gemeinsam stehen, die nicht der Definition kleiner und mittlerer Unternehmen entsprechen.
11 Vgl. Siegert/Böhme/Pfingsten/Picot (1997), S. 37
12 Abkürzungen: MBO: Management Buy-Out; LBO: Leveraged Buy-Out, IPO: Initial Public Offering (Börsengang)
13 Vgl. Geigenberger (1999), S. 6 ff.; Engelmann et al. (2000), S. 17 ff.
14 Vgl. Nathusius (2001), S. 105
15 Der Vollständigkeit halber muss hier gesagt werden, dass eine weitere Finanzierungsmöglichkeit existiert: Das Mezzanine Kapital. Hierbei handelt es sich um eine Mischform aus EK und FK, die im Rahmen von Venture Capital aber eher unüblich ist und daher für diese Arbeit keine Rolle spielt.
16 Rechtlich gesehen steht das Kapital in Form von EK langfristig zur Verfügung. Die Investoren verfolgen aber i.d.R. eine mittelfristige Investitionsstrategie.
17 Vgl. Weitnauer (2001), S. 271
18 Vgl. Wöhe (2008), S. 518
19 Unter dem Begriff Substanzwert versteht man einen Unternehmenswert, der sich ausschließlich aus der Bilanz eines Unternehmens ergibt und demnach rein vergangenheitsorientiert ist.
20 Vgl. Wöhe (2008), S. 518
21 Vgl. Hack (2005), S. 254
22 Vgl. Abb. 2-3, S. 10 dieser Arbeit
23 Im Rahmen der Experteninterviews wurden Angaben von 800 bis 1500 und 2000 bis 3000 gemacht.
24 Vgl. Wainwright/Blaydon (2005), S. 2
25 Vgl. Wainwright/Blaydon (2005), S. 3
26 Vgl. R öö sli (2002), S. 238
27 Vgl. IDW (2008), S. 8 f.
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28 Vgl. Wöhe/Döring (2008), S. 566
29 Vgl. Klein/Jonas (2011), S. 157
30 Vgl. Wöhe/Döring (2008), S. 567 ff.
31 Vgl. Nölle (2009), S. 18
32 Es existiert ein Vielzahl weiterer Darstellungs- und Systematisierungsmöglichkeiten. Für eine tiefergehende Analyse und Systematisierung der Bewertungsverfahren siehe: „Corporate Finance“ (2008) von Prof. Dr. R. Volkart, S. 279 ff.
33 Unter dem Begriff Share Deal versteht man den Erwerb eines Unternehmens durch den Erwerb einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung am Rechtsträger des Unternehmens. Beim Share Deal bleiben die Wirtschaftsgüter der Gesellschaft zugeordnet - es werden lediglich die Anteile an der Gesellschaft übertragen.
34 Unter einem Asset Deal versteht man die Übernahme eines Unternehmens durch den Erwerb eines Teils oder der Gesamtheit der Wirtschaftsgüter (Maschinen, Verträge etc.) in einem Unternehmen. Beim Asset Deal werden Wirtschaftsgüter (Anlagen) gemäß den anwendbaren Regelungen übertragen. Rechte werden abgetreten und Sachen übereignet. Zur näheren Erläuterung von Share Deal und Asset Deal siehe: Berens/Mertes/Strauch (2011), S. 23 ff.
35 Vgl. Klein/Jonas (2011), S. 159
- Quote paper
- Felix Frauendorf (Author), 2012, Die Rolle der Market Due Diligence im Rahmen von Venture Capital Investments bei Internetunternehmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193276
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