Die sogenannten Imaginary Debates sind Diskussion über repräsentatives und propositionales1 Denken, über wissenschaftliche Methoden um subjektive Vorgänge in Thesen und Modelle zu fassen.
Kosslyn und Shepard, John Anderson, Johnson-Laird, Pylyshyn und Shebar nahmen sich dieser Frage gedanklich, Benjamin Libet biologisch an. An ihren Beiträgen wird diese Diskussion verfolgt und im Schluss einige Ergebnisse zusammengefasst und weitere Fragen gestellt.
Inhalt:
Einleitung
Behaviorismus
Kosslyns Modell der „bildhaften Vorstellung“
Pylyshyns Modell der „funktionalen Architektur“
Sprachphilosophische Kritik
Fazit
Literatur
Einleitung
In dieser Hausarbeit soll der Beginn des wissenschaftlichen Umgangs mit 'bildhaftem Denken' vorgestellt werden, die sogenannten 'imaginary dabates'. Als erstes möchte ich das Interesse an der Debatte und die Fragen, die dazu geführt haben, vorstellen. Denn „es ist einfach zu verstehen, warum wir über die Fähigkeit verfügen, auf die Dinge um uns zu reagieren - wie sonst sollten wir überleben? - welchem Zweck aber dienen Erfahrungen, die ganz und gar persönlich sind? Dient dieser Prozess der Anpassung oder kann er schädlich sein? Warum träumt man? Kann man sich einfach alles vorstellen, und falls nicht, wo sind die Grenzen? Geschieht das Vorstellen genau wie das normale Wahrnehmen, werden dabei also Wahrnehmungsstrukturen nur durch einen inneren statt einen äußeren Reiz aktiviert - oder geschieht es durch andere geistige Prozesse? Wieweit kann man seine Vorstellungsbilder steuern - und ist es möglich, die Vorstellungsbilder anderer zu beeinflussen?“1
Aus diesen Fragen entstand eine Diskussion über das menschliche Denken, über repräsentatives und propositionales2 Denken, über wissenschaftliche Methoden um subjektive Vorgänge in Thesen und Modelle zu fassen. Die philosophischen Fragen nach Phantasie, Wahnsinn, Freiheit, gut oder schlecht stehen dabei weniger im Vordergrund als die der grundsätzlichen Struktur und Möglichkeiten im menschlichen Denken. Kosslyn und Shepard, John Anderson, Johnson-Laird, Pylyshyn und Shebar nahmen sich dieser Frage gedanklich, Benjamin Libet biologisch an, und an ihren Beiträgen soll diese Diskussion verfolgt werden und im Schluss dieser Hausarbeit einige ‚Ergebnisse’ zusammengefasst und weitere Fragen gestellt werden.
Um die Diskussion verfolgen zu können, muss man ihren Ausgangspunkt kennen:
Behaviorismus
Vor der Debatte über `Vorstellungsbilder´ (wobei schon der Begriff umstritten ist, da es sich um etwas undefiniertes handelt) wurden Organismen vor allem behavioristisch gesehen. Mangels Zugang, Greifbarkeit und Messbarkeit sowie wegen der Unterschiedlichkeit von Erlebnissen anderer wurden diese von außen betrachtet. Es wurde sozialpsychologisch vom Verhalten eines Lebewesens dessen seelische Merkmale zu erfassen versucht. Behaviorismus ist heute keineswegs völlig überholt, viele empirische und ergebnisorientierte Wissenschaften bilden ihre Fragestellungen nach dem gleichen Muster. Denken findet aber nun mal innerhalb der einzelnen Köpfen statt und von außen bzw. anderen kann nur Kommunikation wahrgenommen, gemessen oder aufgezeichnet werden. Um an das Denken heranzukommen muss daher wohl das Subjektive verwendet werden. Die Würzburger Schule3 begann mit experimenteller Introspektion, dem nach innen gewandten Betrachten. Ihre Ergebnisse konnten naturgemäß nur subjektiv sein und sie waren so verschieden wie unzuverlässig. Das einzige, worüber man damals schon einig war, war, dass der Mensch Informationen und Erfahrungen besitzt und damit logische oder sonstwie geartete Prozesse im Hirn durchführt. Denken wurde allgemein mit dem Ansatz von Informationslisten oder Netzwerken propositionaler Informationen erklärt. Subjektiv kann allerdings jeder ein Vorstellungsvermögen bestätigen, selbst Descartes bezweifelte das nicht.
Zu Beginn der Siebziger kamen mit den Begriffen des bildhaften Vorstellens von Paivio (1971) und vor allem mit den Experimenten von Shepard und Metzler über mentale Rotationen allerdings greifbarere Ergebnisse in die wissenschaftliche Diskussion, so dass die Vorstellung, das Hirn durchlaufe eine geordnete Folge von Prozessen, ähnlich denen beim Wahrnehmen, sinnvoller wurde. Diese Annahme griff Kosslyn auf, führte weitere Versuche durch und entwickelte das Modell einer neuen Repräsentationsebene, d.h. einer Ebene, auf der die Dinge wiedergegeben werden, möglicherweise auch in anderer Form.
Kosslyns Modell der „bildhaften Vorstellung“
Kosslyn und Shepard begannen mit psychologischen Studien, in denen Probanden unterscheiden sollten, ob geometrische Figuren, die ihnen aus verschiedenen Winkeln gezeigt wurden, nur gedreht oder ganz verschieden seien. Es stellte sich heraus, dass die benötigte Zeit linear mit dem Winkel, um den gedreht wurde, stieg. Ebenso hing die Zeit, die Probanden beim geistigen Überfliegen einer Landkarte brauchten, linear mit der imaginierten Entfernung zusammen.
Kosslyn schloss aus diesem Zusammenhang, dass in der benötigten Zeit bestimmte Prozesse im Kopf abliefen. Für ihn lag nahe, „dass Menschen mentale Bilder dieser Formen produzieren und sie dann in einem bislang undefinierten mentalen Raum rotieren“4 können. Kosslyn entwickelte ein computergestütztes Modell, das zwei Datenstrukturen postuliert:
1. Eine Oberflächenmatrix, die das Bild repräsentiert (mit Hilfe von Kathodenstrahlröhren simuliert)
2. Ein Langzeitspeicher, in dem die Informationen repräsentiert sind, die zum Erzeugen von Vorstellungen benutzt werden.
Diese Langzeitrepräsentation unterscheidet sich weiter in
1. Speicher von visuellen Informationen des realen Gegenstandes aus unterschiedlichen Betrachtungsweisen.
2. Speicher von diskursiv repräsentierten Attributen und Fakten über die imaginierten Gegenstände.
Kosslyn benutzt sie für drei Imaginationsprozesse: Bei Routinen zum Erzeugen von Oberflächenbildern, zur Klassifikation und zur Transformation von Bildern oder Bildteilen. Er unterstellt also erstens, dass der Mensch routinemäßig Oberflächenbilder benutzt, wenn er an etwas denkt oder sich vorstellen will und zweitens, dass im gleichen Denkprozess die vorgestellten Dinge Begriffen zugeordnet werden, also Erinnerungen verglichen, und drittens, dass sie transformiert werden können, was heißt Erinnerungen können vermischt und neu gestaltet werden.
Ein Beispiel: Beim Gedanken ans Wohnzimmer streift man darin z.B. den Tisch und dabei verwendet man zur dessen Vorstellung die im Langzeitspeicher abgelegten visuellen Informationen zum erstellen der Oberflächenmatrix des Tisches, den man dann gedanklich `sieht´. Zudem erinnert man vielleicht noch einige Attribute und Fakten, wie z.B. dass an diesem Tisch mal ein Fest gefeiert wurde oder dass eine Delle entstand, weil er vom betrunkenen Opa einmal umgeworfen wurde. Grundaussage: Beim Denken repräsentiert der Mensch ständig die Daten und Informationen, die er über sein Thema/Objekt im Gedächtnis hat, sowohl in einer bildhaften wie auch diskursiven Vorstellung. Wo und womit diese Repräsentationen dann wiederum wahrgenommen werden, kann Kosslyn noch nicht vermuten. Dem Auge, also wiederum von aussen betrachtet, macht er es mit seinen Kathodenstrahlröhren bildlich. Doch daraus darf man natürlich nicht schließen, der Mensch besitze ein Auge im Kopf, das dort auf einen Monitor blickt. Kosslyn versucht lediglich, die empirisch gesammelten Daten seiner Versuchspersonen zu visualisieren.
Das untersuchte Phänomen selbst wurde in den folgenden Kritiken auf die Thesen, die Kosslyn und Shepard gemeinsam formulierten, anhand der umfangreichen Studien kaum angegriffen, die Kritik richtet sich gegen die Behauptung, es existiere eine separate Repräsentationsebene namens „bildhafte Vorstellung“. Denn wichtiger als die Frage, ob bildhafte Vorstellung aus propositionalen oder symbolischen Repräsentationen ableitbar sind, ist ob quasi-bildhafte Vorstellung klar erkennbare Eigenschaften hat um als eigene Repräsentationsebene zu gelten.
[...]
1 Gardener 1989, S. 340
2 Propositionen: Feststellungen, Wissen in Sätzen/Aussagen als Informationseinheit
3 Die eigene Erfahrung wird in der Lehre der Würzburger Schule als Grundquelle psychologischer Erkenntnisse angesehen, die systematische experimentelle Selbstbeobachtung ist Grundmethode. Wesentliches Mittel dieser Schule war die Beobachtung von kognitiven Prozessen anhand der Introspektion, es wurden unter anderem Assoziationen und Gedankenprozesse untersucht, die Versuchspersonen auf bestimmte Reizwörter äußerten. Die Würzburger fanden heraus, dass das Denken durch unbewusste Prozesse gelenkt wird, und deterministischen Regeln folgt. Das methodische Vorgehen wurde von Wilhelm Wundt als unwissenschaftlich kritisiert. Trotzdem hat die Würzburger Schule und die Denkpsychologie wichtige Grundlagen für die spätere Kognitive Wende geschaffen. Ihre Methoden wurden in der Attributionsforschung wiederentdeckt. Von „http://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%BCrzburger_Schule“ am 7.7.2006
4 Gardener 1989, S. 341
- Citar trabajo
- Wanja von der Felsen (Autor), 2006, Imaginary Debates von u.a. Shepard, Kosslyn, Pylyshyn & Shebar, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193136
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