Die vorliegende Bachelorthesis befasst sich mit Alternate Reality Games (ARGs). Diese Thesis ist dabei eine Fortführung und Ergänzung der Thesis von Moriz Büchner, die aus dem Sommersemester 2008 stammt und dasselbe Themengebiet behandelt. Da sich in den letzten drei Jahren sehr viel im Bereich internetbasierter Kommunikationskanäle verändert hat, sind diese im Kontext von ARGs der erste Betrachtungsgegenstand. Es folgt eine ausführliche Dokumentation und Analyse des deutschen ARGs Unberührbar, das Anfang des Jahres 2011 stattfand. Daran schließt sich eine Erweiterung der Konzeptionsempfehlungen an, die Büchner im letzten Teil seiner Thesis macht. Dieser Leitfaden soll als Stütze für die Entwicklung und Durchführung des ARGs The Digital Natives dienen, dessen Konzeption im letzten Kapitel behandelt wird.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
1 Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Aufbau
1.3 Kurzeinführung und Definition von ARGs
2 Internetbasierte Kommunikationskanäle in ARGs
2.1 Kommunikationskanäle in ARGs
2.1.1 Internetbasierte Kommunikationskanäle
2.1.2 Nicht internetbasierte Kommunikationskanäle
2.1.3 Gemeinsamkeiten und Unterschiede
2.2 Die Fallbeispiele Facebook und Twitter
2.2.1 Beispiele für die Nutzung von Facebook und Twitter
2.2.2 Vor und Nachteile der Nutzung von Facebook und Twitter
2.3 Ausblick in die Zukunft
3 Spielanalyse des ARGs Unberührbar
3.1 Marketingsicht und Fakten zum ARG
3.1.1 Fakten zum ARG
3.2 Inhalt und Ablauf des ARGs
3.2.1 Erster Akt – Rabbit Holes und Exposition
3.2.2 Zweiter Akt – Hauptteil
3.2.3 Dritter Akt – die Baskenland-Expedition
3.2.4 Narrativer Navigations- und Interaktionsplan
3.3 Analyse einzelner Elemente des ARGs
3.3.1 Aufbau des ARGs
3.3.2 Kommunikationsplattformen
3.3.3 Live-Events
4 Konzeption von ARGs
4.1 Spielertypen
4.2 Narration und Handlungsgerüst
4.2.1 Flexibilität der Handlung und Einflussmöglichkeiten der Spieler
4.2.2 Verbindungen zur echten Welt
4.2.3 Charaktere und Profilbilder
4.2.4 Finale mit einem Knall
4.3 Codes, Puzzles und Rätsel
4.3.1 Unterscheidung und Eigenschaften von Codes, Puzzles und Rätseln
4.3.2 Sinnhaftigkeit und Ästhetik
4.3.3 Aufgaben von Rätseln in ARGs
4.4 Fiktionalitätssignale und Startstrategien
4.4.1 Fiktionalitätssignale
4.4.2 Rabbit Holes
4.5 Dokumentation des ARGs
4.5.1 Spielergenerierte Dokumentation
4.5.2 Von Puppetmastern generierte Dokumentation
4.5.3 Zusammenwirken beider Dokumentationsarten
5 Das ARG The Digital Natives
5.1 Eine Marketingmaßnahme für die Fakultät Digitale Medien
5.1.1 Vergleichbare Projekte
5.1.2 Gründe für erfolgreiches Gelingen
5.1.3 Zielgruppen
5.1.4 Spielzeitraum
5.2 Log Line der Spielidee
5.2.1 Ausgangssituation
5.2.2 Hauptkonflikt, Ziel und Ende
5.3 Konfliktgruppen und Charaktere
5.3.1 Die Gruppe „The Digital Natives“
5.3.2 Der Hacker Kevin Nickmit alias Condor
5.3.3 Namensgebung
5.3.4 Projekt SWAN
5.4 Grundgerüst der Rätsel im ARG
5.4.1 Rätsel von Kevin Nickmit und der Digital Natives
5.4.2 Rätsel des Projektes SWAN
5.5 Rabbit Holes
5.5.1 Testweise Durchführung
5.5.2 Gewonnene Erfahrungen
5.5.3 Durchführung im Zuge des ARGs
5.6 Kommunikationsmedien
5.6.1 Internetbasierte Medien
5.6.2 Offline-Events
5.7 Die Storyline des ARGs
5.7.1 Vorgeschichte
5.7.2 Der erste Akt
5.7.3 Der zweite Akt
5.7.4 Finales Live-Event
5.8 Narrativer Navigationsplan
5.9 Bedeutung des Spiels und versteckte Wertevermittlung
Fazit und letzte Empfehlungen
Glossar
Quellenverzeichnis
Abstract
Die vorliegende Bachelorthesis befasst sich mit Alternate Reality Games (ARGs). Diese Thesis ist dabei eine Fortführung und Ergänzung der Thesis von Moriz Büchner, die aus dem Sommersemester 2008 stammt und dasselbe Themengebiet behandelt. Da sich in den letzten drei Jahren sehr viel im Bereich internetbasierter Kommunikationskanäle verändert hat, sind diese im Kontext von ARGs der erste Betrachtungsgegenstand. Es folgt eine ausführliche Dokumentation und Analyse des deutschen ARGs Unberührbar, das Anfang dieses Jahres stattfand. Daran schließt sich eine Erweiterung der Konzeptionsempfehlungen an, die Büchner im letzten Teil seiner Thesis macht. Dieser Leitfaden soll als Stütze für die Entwicklung und Durchführung des ARGs The Digital Natives dienen, dessen Konzeption im letzten Kapitel behandelt wird.
Hinweis: In den letzten Jahren hat sich die Nutzung von ARGs weit über den Einsatz als Marketinginstrument hinaus entwickelt. So finden sie verstärkt in anderen Gebieten wie zum Beispiel als alternative Lehrmethoden ihren Einsatz. In dieser Arbeit wird auf diese Entwicklungen, nicht weiter eingegangen, da dies den Umfang dieser Arbeit übersteigen würde.
1 Einleitung
1.1 Motivation
Mit Alternate Reality Games bin ich zum ersten Mal im Sommersemester 2008 anlässlich der Thesispräsentation von Moritz Büchner in Kontakt gekommen. Ich fand die Thematik schon damals sehr spannend, verlor jedoch das Thema wieder aus den Augen. Im Wintersemester 2010, als ich intensiv nach einer spannenden Thematik suchte, kam mir diese Idee wieder in den Sinn. Nach einigen Überlegungen, wie ich an die Thesis von Moritz Büchner anknüpfen könnte und einem Gespräch mit Prof. Aichele, dem Erstbetreuer von Moritz Büchner, hatte ich mich auf dieses Thema festgelegt.
Jetzt, nachdem ich mich intensiv mit ARGs auseinandergesetzt habe, bin ich der Überzeugung, dass Studenten der Studiengänge der Fakultät Digitale Medien in der breit gefächerten Ausbildung vieles von dem lernen, welches beim Erstellen von Alternate Reality Games gebraucht wird. Dies sind Fähigkeiten und Kenntnisse in Bereichen wie etwa Kommunikationstheorie, Marketing, Storyboard- und Drehbucherstellung, Filmerstellung, Webprogrammierung und Webdesign.
Mich motiviert also nicht nur die Begeisterung für das Thema selbst, sondern auch die Hoffnung, dass ich andere Studenten für diese Thematik begeistern kann.
1.2 Aufbau
Diese Thesis baut zu Teilen auf der Thesis von Moriz Büchner „Alternate Reality Gaming – Analyse und Erarbeitung konzeptioneller Grundlagen“ auf und vertieft oder erweitert sie in einigen Themenschwerpunkten. Es ist somit empfehlenswert, seine Thesis vorher gelesen zu haben oder ein Grundwissen über ARGs mitzubringen.
Diese Thesis gliedert sich in vier Teile. Im ersten gehe ich auf die in ARGs verwendeten Kommunikationskanäle ein. Dazu gehören unter anderem eine Aufzählung und Abgrenzung von in ARGs verwendeten, aber nicht internetbasierten Kommunikationskanälen. Die Analyse der Nutzung von internetbasierten Kommunikationskanälen stelle ich anschließend am Beispiel von Twitter und Facebook dar. Zum Abschluss des ersten Teils werde ich versuchen, einen kleinen Ausblick in die Zukunft der internetbasierten Kommunikationskanäle in ARGs zu geben.
Einführend in die Konzeption, analysiere ich im zweiten und dritten Teil das ARG Unberührbar eingehend. Aufbauend auf das Gelernte aus dieser Analyse sowie mithilfe der Empfehlungen aus Büchners Thesis und weiteren Recherchen, werden Themenpunkte, die für Konzeption von ARGs von großer Bedeutung sind, genannt und erläutert.
Im letzten Teil folgt dann das Konzept des ARGs The Digital Natives, welches als Marketingmaßnahme für die Fakultät Digitale Medien geplant ist und im Rahmen des einjährigen Projektstudiums von Studenten der Fakultät Digitale Medien, realisiert werden soll.
1.3 Kurzeinführung und Definition von ARGs
Büchner definierte ARGs in seiner Thesis wie folgt:
„Alternate Reality Games sind eine interaktive Erzählform, deren ausdrückliches Ziel es ist, die Grenze zwischen Realität und Fiktion zu verwischen und so beim Publikum das Gefühl von Immersion zu erzeugen. Um dies zu erreichen, erzählen sie ihre Handlung sowohl über eine Vielzahl von Medienkanälen fragmentiert als auch über Interaktion im Alltag. Im Verlauf eines ARGs arbeiten die Teilnehmer zusammen und nehmen selbst eine handelnde Rolle ein. Sie treten hierbei aktiv mit den fiktiven Inhalten der Geschichte in Kontakt, indem sie Rätsel lösen, Hinweise sammeln und mit Charakteren interagieren.“[1]
Des Weiteren schreibt er in seiner Einführung, dass sich ARGs von konventionellen Spielen stark unterscheiden und dem Genre der „Pervasive Games“ zuzuordnen sind.
Ich stimme mit der Einführung in ARGs und seinen weiteren Erläuterungen überein, da diese auch weiterhin Gültigkeit besitzen und die grundlegenden Prinzipien, auf denen ARGs beruhen, sich nicht geändert haben. Die einzigen gravierenden Veränderungen in den letzen drei Jahren im Bereich der ARGs sind die neu hinzugekommenen Kommunikationsmittel wie Soziale Netzwerke und die zunehmende Verbreitung von Smartphones, die viele neue Arten der mobilen Kommunikation ermöglichen.
Hinweis: Wie schon in der Thesis von Moritz Bücher werden alle Titel von ARGs in dieser Arbeit zur besseren Erkennung kursiv geschrieben.
2 Internetbasierte Kommunikationskanäle in ARGs
2.1 Kommunikationskanäle in ARGs
2.1.1 Internetbasierte Kommunikationskanäle
Das Genre ARGs konnte nur durch die zunehmende Nutzung des Internets von Privatpersonen entstehen. Das Internet bot zum ersten Mal in der Geschichte eine kostengünstige entfernungsunabhängige Massenkommunikation mit einem fast Echtzeit-Rückkanal. Es stellte das erste Medium dar, in dem sich Massenkommunikation und persönliche Kommunikation vereint wurden. So war es damals die Kombination von statischen Webseiten, Foren, Blogs, E-Mails und Internet Relay Chats, in denen der Großteil der Kommunikation und Interaktion mit dem Spiel aber auch von den Spielern untereinander stattfand. Die Abgrenzung von den nicht internetbasierten Kommunikationskanälen gestaltete sich zu dieser Zeit ziemlich leicht, denn jegliche internetbasierte Kommunikation wurde über Computer abgewickelt.
Auch heute ist das Internet immer noch zentraler Dreh- und Angelpunkt von ARGs. Jedoch ist die Anzahl der Kommunikationskanäle im Internet lange nicht mehr so überschaubar wie zu Beginn dieses Jahrtausends. Mit der zunehmenden Verbreitung des Internets unter der Weltbevölkerung, immer größeren Bandbreiten und vor allem immer weiteren Innovationen steigt die Divergenz der unterschiedlichen Kommunikationskanäle, die das Internet derzeit bietet. So ist heute nicht nur ein PC internetfähig, sondern auch ein Mobiltelefon oder ein Fernseher, und jedes dieser Geräte hat seine eigenen Applikationen, mit denen man über das Internet kommunizieren kann. Mit dem zunehmenden technologischen Fortschritt gibt es aber auch eine Konvergenz der Kommunikationsgeräte. So ist ein Smartphone heutzutage nicht nur Telefon, sondern auch Kamera, Navigationsgerät und Zugang zum Internet.[2]
Diese Entwicklungen erschweren die klare Trennung zwischen internetbasierten und nicht internetbasierten Kommunikationskanälen. So kann an dieser Stelle auch keine zufriedenstellende und allgemeingültige Definition für internetbasierte Kommunikationskanäle in ARGs aus den einzelnen Begriffsdefinitionen Internet, Kommunikationskanal und Alternate Reality Game abgeleitet werden. Es wurde ein anderer Weg gewählt. Der Ablauf von zehn aktuelleren deutschen und englischen ARGs[3] wurden über ihre Dokumentation im Internet nachverfolgt. Ziel dieser Analyse war es, eine Liste von internetbasierten Kommunikationskanälen, die in diesen ARGs verwendet wurden, zu erstellen. In einem weiteren Schritt wurde dann versucht, diese sinnvoll zu gruppieren.
- Soziale Netzwerke (Facebook-Profile / -Seiten / -Spiele, LinkedIn, Xing, Myspace)
- Blogging und Micro-Blogging (Twitter, unterschiedlichste Blogging-Plattformen)
- Audio, Video und Live-Streaming Plattformen (YouTube, Vimeo, Ustream, Qik)
- Synchrone Kommunikation (Skype, Chatbots, Internet Relay Chat)
- Cloud-Dienste (Google docs[4], Dropbox, Mindmeister – Online Mind Mapping4.
- Webauftritte in jeglicher Form (Firmen-Webseiten, Homepages, Bewegungen und Initiativen, viele weitere)
- Sonstiges: (Foren, Email, Wikis, Suchmaschinen, Flash Spiele)
Bei dieser Aufzählung fällt auf, dass, abgesehen von dem Internettelefoniedienst Skype, der auch nur in einem ARG auftauchte, alle anderen über einen Webbrowser genutzt werden können. Diese Zusammenstellung ist für die Hunderte von ARGs, die über das Internet schon gespielt wurden statistisch nicht repräsentativ. Das Ergebnis ist jedoch eindeutig genug, um im Rahmen dieser Bachelorthesis zu sagen, dass es sich bei internetbasierten Kommunikationskanälen in ARGs fast ausschließlich um Webbrowser-orientierte Kommunikationsservices und Kommunikationsplattformen handelt.
2.1.2 Nicht internetbasierte Kommunikationskanäle
Bei der Analyse der zehn ARGs wurde auch eine Liste von nicht internetbasierten Kommunikationskanälen erstellt und in Untergruppen eingeteilt. Diese Liste soll zusätzlich zu der eben aufgestellten Generalisierung der internetbasierten Kommunikationskanäle als Definitionshilfe dienen.
- Massenmedien (TV Film, Radio, Zeitungsartikel)
- Übergabe von Gegenständen ohne direkten Kontakt (Postpakete, Postkarten, Ablegen von Gegenständen an der Haustüre von Spielern, Schnitzeljagd / Schatzsuche / Geocaching, Durchsuchen von präparierten Räumen oder Gebäuden, nicht bestellte Pizza und Blumenlieferung mit verstecktem USB[5], CD als versteckte Beigabe in der Einkaufstasche beim Buchkauf5)
- Reine Informationsweitergabe ohne direkten Kontakt mit Spielcharakteren (SMS, Anrufbeantworter, Projektionen auf Gebäude, Kinovorstellung für geladene Gäste mit versteckten Informationen unter dem Sitz, Plakate, Aufkleber, QR-Codes)
- Direkter Kontakt mit Spielcharakteren (Dokumentenübergabe, Geldübergabe, Buchlesung eines imaginären Buches, Firmenpräsentationen einer Ingame-Firma, gespieltes Pokerturnier mit Polizeirazzia, Beschatten und Verfolgen von Charakteren, Interviews, ein Spion des Feindes unter den Spielern, mündlicher Austausch von Informationen, weitere Treffen aus unterschiedlichsten Gründen)
- Sonstige (Liveverhör mit Fragen der Zuschauer, Besuch eines original nachgebauten Filmsets)
2.1.3 Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Was die Anzahl und die Dauer der Interaktionen in den Spielen angeht, liegen internetbasierte Kommunikationskanäle wie erwartet vorne. Diese Tatsache wurde auch schon am Anfang erwähnt und ist vor allem auf die niedrigeren Kosten und den meist geringeren Produktionsaufwand zurückzuführen. Des Weiteren wird in der Regel auch ein größeres Publikum über die internetbasierten erreicht.[6] Der Grund , warum trotzdem in allen heutigen ARGs nicht internetbasierte Kommunikationskanäle wie Live-Events, eingesetzt werden, liegt darin, dass diese ein sehr intensives Erlebnis unter den Spielern erzeugen.[7] Diese einmaligen Erfahrungen sind es auch, die über Erlebnisberichte auf Blogs und in Mundpropaganda weiter verbreitet werden. Es sind ebenso diejenigen, die den Spielern nach dem ARG am besten in Erinnerung bleiben.[8] Mit der noch relativ neuen technischen Möglichkeit des Live-Streamings über Smartphones ist es jetzt sogar möglich, solche Events live im Internet zu übertragen und so ein Stück dieser Faszination an alle anderen Spieler weiterzugeben.[9]
In beiden Kategorien lassen sich theoretisch alle nur denkbaren Kommunikationsmöglichkeiten für die Kommunikation und Interaktion mit den Spielern nutzen. Jedoch werden im Allgemeinen fast immer nur solche Kommunikationskanäle eingesetzt, die dem Großteil des Zielpublikums bereits bekannt sind. Dies ist ersichtlich, denn wenn die Spieler einen Kommunikationskanal nicht nutzen, können sie auch keine Informationen darüber empfangen. Zwar können ARGs neue Kommunikationskanäle und gemeinsame Codes einführen, welche für die aktiven und engagierten Spieler auch eine attraktive Beschäftigung sein kann. Allerdings stellt so ein Vorgehen für viele Zuschauer und Gelegenheitsspieler eine große Barriere dar, die diese dann sehr oft aus Bequemlichkeit oder anderen Gründen nicht überwinden. Die Verwendung unbekannter Kommunikationskanäle sollte somit nur optional sein und bei der Weitergabe von wichtigen Geschichtselementen parallel zu den allgemein bekannten Kanälen laufen. Des Weiteren ist es wichtig, dass der Hauptkommunikationskanal in einem ARG keine Zugangsbeschränkungen hat, wie in Abschnitt 2.2.1 am Beispiel America 2049 klar wird.
2.2 Die Fallbeispiele Facebook und Twitter
Mit dem Aufkommen von Social Media und sozialen Netzwerken in den letzten Jahren und den damit verbundenen immer höheren Nutzerzahlen sind Plattformen wie Facebook und Twitter unter vielen Internetnutzern zur Normalität geworden. So betätigen sich auch ARGs dieser Kommunikationskanäle. Zum Beispiel haben Charaktere oder imaginäre Firmen in den ARGs fast schon standardmäßig ein oder mehrere Profile bei solchen Services. Darüber hinaus nutzen auch „Out of the Game“[10] -Medien wie der deutsche ARG-Reporter-Blog Facebook und Twitter, um ein größeres Publikum zu erreichen. Als weiteres gutes Beispiel für den Einsatz als Out of the Game-Medium sollte man noch die Facebook-Seite „facebook.com/alternaterealitygames“ nennen. Diese wird als eigenständiger Kommunikationskanal von der deutschen, auf virales Marketing spezialisierten Agentur „vm-people“ genutzt, um über ihre Spiele zu informieren. Die folgenden Beschreibungen von vier unterschiedlichen ARGs und deren Nutzung von Facebook und Twitter sollen eben diese Einsatzmöglichkeiten in ARGs demonstrieren. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wird ganz allgemein auf die Vor- und Nachteile von Facebook und Twitter in ARGs eingegangen.
2.2.1 Beispiele für die Nutzung von Facebook und Twitter
2.2.1.1 Wer rettet Dina Foxx?
Wer rettet Dina Foxx? war ein ARG, welches mit einem 50-minütigen Film im ZDF begann. Es war das bisher größte ARG im deutschsprachigen Raum und das erste deutsche, dass in Verbindung mit dem Fernsehen stand.[11] Zwar gab es davor schon „Alpha 0.7“ vom SWR, allerdings war dies nur eine transmediale Erzählung über TV, Radio und Internet und ohne interaktive Elemente. In Wer rettet Dina Foxx? hatten viele der Charaktere vollständige Profile auf Facebook, Xing oder LinkedIn. Ergänzend gab es noch den Twitter-Account zum Blog auf freidaten.org, über den man sich ohne großen Aufwand über die aktuellen Ereignisse im ARG informieren konnte. Eine sehr innovative Idee war ein Twitter-Account[12], welcher einen Live-Ausschnitt aus der Logdatei eines Netzwerkes zu Datenmanipulation und Überwachung zeigte, das gerade Dina Foxx überwachte. Durch den Live-Zugriff auf die Logdatei, in der Dinas GPS-Position und im Verlauf auch ein Live-Überwachungsvideo von ihr auftauchten, konnte sie noch rechtzeitig vor Eintreffen der Polizei von den Spielern gewarnt werden.
2.2.1.2 Villain Training
Villain Training war ein Non-Profit-ARG des unabhängigen Entwicklers Dominic de Haas, in dem man einem Superschurken helfen konnte. Aufgrund eines fehlenden Budgets[13] setzte setzte das Spiel unter anderem auf die kostenfreien Services von Facebook und Twitter. So wurde zum Beispiel der Twitter-Account des mysteriösen Hauptcharakters „Thanatos' Sin“ als einfaches Rabbit Hole[14] verwendet, indem anderen Twitter Nutzern, die sich offensichtlich für ARGs interessierten, eine Folgeanfragen gestellt wurde.
2.2.1.3 The Black Helix
Dieses ARG war das erste große mit Ortsbezug in Nordirland. Es fand im Februar und März 2011 statt. Im Verlauf des Spiels bekamen die Spieler für das Lösen von einfachen Aufgaben Abzeichen. Diese Erfolge konnte man zusätzlich auf Facebook und Twitter veröffentlichen und so anderen Freunden und Bekanten zeigen. Eines der Abzeichen erwarb man über ein kleines Flash-Spiel, das auch ohne Facebook-Account auf der Facebook-Seite von „Zero Tollerance“ gespielt werden konnte.[15] Des Weiteren gab es die Facebook-Seite und den Twitter-Account zu TheBlackHelix.com. Diese Webseiten informierten, ähnlich wie der Blog auf freidaten.org, die Spieler über aktuelle Ereignisse im ARG.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2-1 Abzeichen aus The Black Helix und Möglichkeiten, diese auf Facebook und Twitter zu veröffentlichen
2.2.1.4 America 2049
ist ein ARG zur Aufklärung von Bürgerrechten in den USA. Das groß angelegte Spiel wurde von einigen bekannten Schauspielern sowie von den amerikanischen Medien stark unterstützt.[16] Das ARG ist eines der wenigen Spiele, die so angelegt worden sind, dass es jederzeit von einer Gruppe von Spielern gestartet werden kann. Das Kernelement des ARGs ist ein Facebook-Spiel und genau dieser Aspekt war es, der von vielen auch sehr aktiven ARG-Spielern nach seiner Bekanntmachung im März 2011 kritisiert wurde. Das Spiel wurde im Unfiction-Forum, der weltgrößten Spielergemeinschaft für ARGs, nie zu Ende gespielt und hat bei Weitem nicht das Publikum erreicht, welches es hätte erreichen können. Die zugehörige Facebook-Seite besitzt 865 Likes[17] und von offizieller Seite aus spricht man von 15.000 erreichten Personen.[18] Die genannten Hauptkritikpunkte waren, dass das ARG auf einer Plattform stattfindet, die wegen ihrer Datenschutzbestimmungen schon oft von Bürgerrechtlern kritisiert worden ist. Darüber hinaus muss man auf Facebook angemeldet sein und, wie es bei Facebook-Spielen üblich ist, Teile seiner persönlichen Daten dem Spielbetreiber preisgeben, um das Spiel starten zu können. Somit war für die Teilnahme am ARG das Anmelden und Weitergeben von persönlichen Informationen auf Facebook verpflichtend. Dass damit die vielen Millionen Facebook-Spieler bei anderen Spielen kein Problem haben, liegt wahrscheinlich zum einen daran, dass diese direkt auf Facebook mit den Spielen konfrontiert werden und somit die Barriere des Anmeldens nicht existiert, zum anderen aber auch an der Thematik und der Komplexität des Spiels. Verschlimmernd kommt hinzu, dass es auch keine Möglichkeit gibt, das Spiel nur als Zuschauer zu beobachten. Dass dies ein fundamentales Problem darstellt, wird in Abschnitt 4.1 verständlich, in dem auf die Rolle der Zuschauer in ARGs genauer eingegangen wird.
2.2.2 Vor und Nachteile der Nutzung von Facebook und Twitter
Für ARG-Entwickler bringen Facebook und Twitter als Vertreter der Gruppe der Social Media-Kommunikationskanäle viele Vorteile. So können die Internetprofile der imaginären Charaktere relativ schnell angelegt werden und es bedarf keiner besonderen Kenntnisse auf den Gebieten der Webprogrammierung und Webgestaltung. Diese Profile wirken auch sehr authentisch und können nur aus ihrem Kontext heraus entlarvt werden. Selbst bei einer Homepage mit falschem oder fehlendem Impressum ist der echte Besitzer fast immer über eine WhoIs-Anfrage[19] zu identifizieren. Diese Möglichkeit gibt es bei Facebook- oder Twitter-Accounts nicht, und so passen sie sich perfekt in die TINAG-Philosophie[20] [21] ein. Weiterhin bieten diese Angebote eine hohe Ausfallsicherheit und eine Erreichbarkeit lange über das ARG hinaus, ohne zusätzliche Kosten zu verursachen. Ein gutes Beispiel dafür, dass Ausfallsicherheit und Erreichbarkeit durchaus ein Problem sein können, zeigt das ARG Wer rettet Dina Foxx?. Obwohl der Startschuss und der Ansturm auf die zentrale Webseite freidaten.org nach Mitternacht nach dem einleitenden Film im ZDF stattfand, hatte die Webseite aufgrund des Ansturms sehr lange Ladezeiten. Darüber hinaus sind keine der „In Game“-Seiten des Spiels mehr erreichbar und das, obwohl gerade einmal drei Monate seit dem Ende des ARGs vergangen sind. Die Profile und Seiten auf Facebook und Twitter, die im ARG genutzt wurden, sind im Vergleich dazu, immer noch verfügbar. Einen weiteren Mehrwert bietet das Einbinden von Facebook und Twitter in die eigenen Seiten, wie es zum Beispiel bei The Black Helix gemacht wurde. Für solch eine Einbindung werden zwar einige Programmierkenntnisse benötigt, sie ermöglicht aber bei richtigem Einsatz eine virale Verbreitung des ARGs und einfache Interaktionsmöglichkeiten für Gelegenheitsspieler.
Es ist jedoch anzumerken, dass Facebook und Twitter nicht nur Vorteile haben und uneingeschränkt einsetzbar sind. So könnten die Profile der Spieler, wenn diese aus dem Kontext des Spiels gerissen werden, zu Verwirrung unter Unbeteiligten führen. Daneben werden durch das einfache und schnelle Zusammenstellen der Seiten die Gestaltungsfreiheiten und Funktionalitäten stark eingeschränkt. Will man bei Facebook mehr als nur die Grundfunktionalitäten nutzen und eigene Unterseiten oder sogar ein Spiel auf der eigenen Facebook-Seite einbauen, so muss man allerdings Programmierkenntnisse und einen Webserver besitzen. Zugleich unterstehen Facebook und Twitter ebenso Zugangsbeschränkungen. So lassen sich zwar bei Twitter alle Nachrichten und bei Facebook je nachdem, ob es sich um eine Facebook-Seite oder ein privates Profil handelt, mehr oder weniger Informationen auch ohne Account einsehen, das Kommentieren und Agieren ist jedoch angemeldeten Nutzern vorbehalten. Eine noch höhere Barriere existiert, wie bei America 2049 gesehen, bei Facebook-Spielen, bei denen ein Teil der auf Facebook gespeicherten Daten dem Spielbetreiber offengelegt werden muss. Als weiteren Punkt erlaubt Facebook nur echten Personen, ein privates Profil zu besitzen, und auch keine gewerbliche Nutzung von privaten Profilen. Facebook behält es sich vor, Profile, die gegen ihre Richtlinien verstoßen, zu löschen.[22] Diese Angaben hören sich zwar sehr bedenklich an, jedoch ist im Laufe der Recherchen dieser Thesis kein einziger Fall gefunden worden, in dem das private Profil eines ARG-Charakters aus diesen Gründen gelöscht worden wäre.
2.3 Ausblick in die Zukunft
Google+ ist nach eigenen Angaben immer noch in der Testphase. Die Plattform hat zum jetzigen Zeitpunkt 25 Millionen User, was im Vergleich zu Twitter mit 200 Millionen und Facebook mit 750 Millionen noch relativ wenig ist. Es ist allerdings zu erwarten, dass Google+ bald aufholt und in kommenden ARGs auch eingebunden wird. In welchem Maße eine Einbindung möglich wird, ist aber noch unsicher, da Funktionen wie Firmenprofile von Google+ noch in der Entwicklung sind. Eine interessante Möglichkeit gibt es bereits jetzt, so erlaubt Google+ zum Beispiel Videokonferenzen mit bis zu zehn Personen gleichzeitig. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass es keine großen Überraschungen gibt und Google+ auch nur ein weiterer Kommunikationskanal in ARGs wird. So ist das Kommentieren von Beiträgen auch hier nur möglich, wenn man ein eigenes Konto besitzt.
Mit der Zunahme von Smartphones und der Allgegenwärtigkeit des Internets ist zu erwarten, dass die Schnittstelle zwischen Internet und „Offline-Welt“ immer fließender wird. Alle Live-Events werden standardmäßig live ins Internet übertragen, wahrscheinlich sogar von unterschiedlichen Personen gleichzeitig. So könnte es passieren, dass man ein vollständigeres Bild vom Geschehen am PC bekommt als Spieler, die direkt dabei sind, so wie es bereits bei live Sportübertragungen der Fall ist.
Augmented Reality wird sicher auch ein weiterer großer Faktor in der Zukunft von ARGs sein. So können Spieler heute schon mit virtuellen Gegenständen interagieren, die in Wirklichkeit nicht existieren, aber über die Displays ihrer Smartphones sichtbar werden.[23] Weiterhin ist vorstellbar, dass die Spieler über das Display ihres Smartphones dieselbe Umgebung sehen, jedoch, wie diese in der Vergangenheit aussah oder in der Zukunft aussehen könnte. Es ist denkbar, dass die Spieler so zum Beispiel in der Lage sein könnten, einen Mord aufzuklären oder ihn zu vereiteln. Dass so etwas schon jetzt technisch möglich ist, zeigt Microsofts Präsentation ihres augmented reality Projektes.[24]
Mit Google+, Live-Streaming über Smartphones und Augmented Reality sind hier nur drei Themenbereiche genannt, die schon bald eine breitere Öffentlichkeit erreichen und sehr wahrscheinlich in ARGs Einzug halten werden. So wird in diesem recht jungen Genre noch viel Neues hinzukommen und auch ein größeres Publikum davon Kenntnis nehmen. Es ist jedoch auch ganz klar zu sehen, dass ARGs für viele Interessengruppen, zum Beispiel für ältere Personen oder solche, für die Spiele kein attraktiver Zeitvertreib sind und es wohl auch nie sein werden. Gleichwohl ist zu erwarten, dass mit den multimedial aufwachsenden Generationen, für die Computerspiele und Internet selbstverständlich sind, ein neues großes Publikum heranwächst.
3 Spielanalyse des ARGs Unberührbar
Im Laufe der Recherchen dieser Thesis wurde das ARG Unberührbar, dass im Februar und März dieses Jahres stattfand, genauestens verfolgt und ich habe auch aktiv am Spielgeschehen mitgewirkt. Ziel war es, ein besseres Verständnis für dieses Genre zu bekommen und dies in Form dieser Spielanalyse in die Thesis einzubringen.
Alle quantitativen und ARG-internen Daten stammen, wenn nicht anders angegeben, aus der E-Mail von Thomas Zorbach, dem Geschäftsführer der vm-people GmbH.[25] Bei der Rekonstruktion der Inhalte des ARGs wurden zusätzlich zu den eigenen Notizen, wenn nicht anders erwähnt, der News-Blog[26] des ARGs sowie die Berichte und Dokumentationen der Spieler[27] [28] [29] zu Hilfe genommen:
3.1 Marketingsicht und Fakten zum ARG
Ziel des ARGs war es, das Buch „Cagot“ des in Deutschland unbekannten Autors Tom Nox noch vor seinem Verkaufsstart bei Buch-Multiplikatoren bekannt zu machen. Damit sich Personen auch schon vor dem Verkaufsstart mit der Thematik des Buches auseinandersetzen und in dessen Bann gezogen werden konnten, erzählte das ARG die Vorgeschichte des Buches. Das ARG sollte so auch die Spieler dazu ermutigen, das Buch nach dem Spiel zu lesen und zu rezensieren. Besonders aktiven Spielern wurde nach Ende des ARGs ein kostenfreies Exemplar mit der Bitte um Rezension zugesandt. Das ARG wurde auch daraufhin konzipiert, das Buch später in einer mit Bonusinhalten angereicherten E-Book App zu verkaufen. So wurden ein 80-minütiger Zusammenschnitt des im ARG genutzten Filmmaterials und weitere für das ARG produzierte Inhalte in der App wiederverwendet.[30] Die Nachberichtserstattung spielte eine weitere große Rolle und reichte weit über die Dauer des ARGs hinaus. So erschien zum Beispiel noch am 24. Juli diesen Jahres ein Zeitungsartikel in der Süddeutschen Zeitung dazu.[31]
3.1.1 Fakten zum ARG
Konzeption und Durchführung:
- Durchführende Agentur: vm-people GmbH
- Auftraggeber: Hoffmann und Campe Verlag
- Budget: unter 100.000 €
- Entwicklungsdauer: 3 Monate in einem Team von 10 Personen
- Durchführendes Puppetmaster-Team: 3 Personen
- Spielzeitraum des ARGs: 23. Februar bis 26. März 2011
Angaben über Wirkung und Teilnehmerzahl:
- Teilnehmer an Live-Events: ca. 50
- Aktive Spieler: ca. 300
- Passive Spieler: ca. 1000
- Gesamtreichweite inklusive PR: weit über 1.000.000 Kontakte
- „Über einen Zeitraum von vier Wochen wurden durch das ARG rund 100 Blogbeiträge generiert.“[32]
3.2 Inhalt und Ablauf des ARGs
3.2.1 Erster Akt – Rabbit Holes und Exposition
Das ARG begann mit zwei unterschiedlichen offline Rabbit Holes, in denen ca. 84 unterschiedliche Personen der deutschen Buchblogger-Szene und einige zentrale Personen der deutschen ARG-Gemeinschaft kontaktiert wurden.[33]
3.2.1.1 Rabbit Hole Lederbeutel
Die ersten 20 – 24 Personen bekamen beginnend vom 23. Februar über den Zeitraum von einigen Tagen einen Lederbeutel vor die Tür gelegt. Darin befand sich, eingewickelt in ein Stück Zeitung, der Knochen eines linker oder rechter Schafsunterkiefers. Die Zeitungsausschnitte waren entweder von der baskischen Zeitung „Berria“ oder der spanischen „EL PAÍS“ und enthielten einen handgeschriebenen Code. Von jedem Code gab es jeweils zwei Exemplare, was sicherlich der Ausfallsicherheit diente. Insgesamt meldeten sich zwanzig Finder online. Jeder Code fing mit „1.M 4“ an, hatte dann eine laufende Zahl von 01 bis 12 und zum Schluss noch eine zweistellige Zahl. Die erste Theorie, dass es sich dabei um Geokoordinaten handelte, wobei das M für Meridian stehen sollte, verlor sich jedoch bald. Es verfestigte sich die Theorie, dass es sich um Bibelausschnitte handeln musste, wobei das M wahrscheinlich für Mose oder Makkabäer stand. Da den Spielern jedoch nicht klar war, um welche Bibelversion es sich handelte, wurde das Rätsel lange nicht gelöst.[34]
3.2.1.2 Rabbit Hole Postkarten
Ab dem 26. Februar meldeten sich Personen, die eine handgeschriebene Postkarte von einer Bea aus dem Baskenland mit dem Bild eines Dorfes namens Etxalar bekommen hatten. Über die Postkarten wurde viel im Forum diskutiert. So waren zum Beispiel die Briefmarken, der Poststempel und die teilweise schwer zu lesende Handschrift Gesprächsthemen. Als Haupthinweise stellten sich am Ende jedoch der Name „von Balthasar“ und die Information, dass dieser „Angulas“, ein spanisches Gericht aus Glasahlen, möge, heraus. Es wurde außerdem bemerkt, dass jede dritte Postkarte mit einem von drei unterschiedlichen Schreibfehlern versehen war. Der Text der Postkarten lautete wie folgt:
„Kaixo! Wunderschön hier, wirklich! Leider kaum Zeit, mir alles anzusehen. Die Exkur(s)ion hält mich in Atem. Aber irgendwann komme ich als T(o)uristin wieder. Beschlo(s)sene Sache. Bist Du dabei? Viele Grüße an von Balthasar. Habe ihm schon seine geliebten Angulas besorgt. Bis bald, Bea.“
Aus den Fehlern konnte SOS gebildet werden. Die Spieler folgerten, dass dies ein Hilferuf von Bea war und man einen gewissen von Balthasar deswegen kontaktieren sollte.[35]
3.2.1.3 Vorgeschichte auf antropologi.info
Am 26. Februar fand ein Spieler über die Google-Suche einige Forenbeiträge[36] auf „antropologi.info“. Die entschiedenen Suchbegriffe waren dabei „Bea“ und „Baskenland“. Der erste Eintrag war vom 04. Februar 2001, in dem eine Bea, eine Studentin der Kulturanthropologie, für ein „Interdisziplinäres Forschungsprojekt zur Baskischen Traumepidemie“ warb. Sie suchte für ihre Studienarbeit „Hexenwahn in Europa am Beispiel der baskischen Traumepidemie von 1609-1610“, für die sie recht kurzfristig eine Exkursion (Mitte Februar) ins Baskenland machen wollte, Mitstreiter aus anderen Fachbereichen. In den nächsten vier Tagen meldeten sich Paul Andermatt, ein Theologe mit dem Studienschwerpunkt Inquisition, und Bernhard, ein Psychologiestudent mit dem Hauptfach Sozialpsychologie, der sich viel mit Massenhysterien befasste. Nach einigen weiteren Nachrichten verabredeten sie sich auf ein gemeinsames Treffen, das dann am Samstag, dem 12. Februar, in Mannheim stattfand. Bevor die Konversation endete, da sie scheinbar am 17. Februar ihre Reise ins Baskenland angetreten hatten, erfuhr man jedoch noch von einem Text, den Bea ihren Mitstreitern geschickt hatte. In diesem Text ging es um eine Lucia, der Dorfbewohner vorwarfen, sie könnte Äpfel zum Verdorren bringen. Zwar konnte man dies zu dem damaligen Zeitpunkt im ARG noch nicht wissen, aber dieser Text, das Tagebuch von Lucia, sollte noch eine wichtige Rolle im ARG spielen.
3.2.1.4 Hard-working-scientist.net zu früh entdeckt
Am 27. Februar entdecken Spieler mit Hilfe des Nicknamens von Bea (hardworkingscientist) auf „antropologi.info“ die Seite „hard-working-scientist.net“. Diese enthielt zum damaligen Zeitpunkt nur ein Bild für das Layout eines Blogs. Durch eine WhoIs-Anfrage, die als Seiteninhaber „vm-people“ angab, konnte jedoch zweifelsfrei festgestellt werden, dass es sich hier um eine noch nicht fertiggestellte Ingame-Seite des Spiels handelte. Die Spieler waren jedoch nicht böse, dass den Puppetmastern ein Fehler unterlaufen war, sondern stolz auf sich, dass sie eine Seite schon früher als gewollt gefunden hatten. Die Spieler verdrängten ihr Wissen über die Seite vorläufig wieder und konzentrierten sich auf andere Dinge.[37]
3.2.1.5 Termin für Buchlesung von Hermann von Balthasar
Ebenfalls am 27. Februar, während die Diskussion zu den Postkarten noch im vollen Gang war, fand ein Spieler einen Eintrag auf der Veranstaltungsseite „Prinz.de“.[38] Dieser Eintrag bewarb eine Lesung von einem Professor Hermann von Balthasar zum Thema „Hexen - Wahn und Wahrheit“ am Donnerstag, dem 10. März, um 20 Uhr im Museum für Völkerkunde in Hamburg.
Am 01. März tauchte dann die Homepage von Hermann von Balthasar[39] auf. Auf dieser Seite bewarb von Balthasar sein neues Buch „Hexen – Wahn und Wahrheit“. Dort konnte man sich auch für seine nächste Lesung am 10. März anmelden. Noch am selben Tag entwickelten zwei Spieler die Idee, sich bei der Buchlesung als Journalisten des "Anthropologischen Magazins Mitteldeutschland" auszugeben und bauten dafür im späteren Verlauf sogar eine kleine Webseite.[40]
[...]
[1] Büchner 2008, S. 6
[2] Dixon 2007
[3] America 2049 (2011) , Black Helix (2011), Odd Jobs (2011), Unberührbar (2011), Villain Training (2011), Wer ist der Regler? (2011), Wer rettet Dina Foxx? (2011), Lewis Hamilton’s Secret Life (2010), Flynn Lives (2009-2010), The Pirates Society (2008)
[4] Wurden nur von Spielern untereinander zur Kommunikation genutzt.
[5] Rabbit Hole aus dem ARG Push 11 (2007), das nicht zu den zehn nachverfolgten ARGs gehört.
[6] Als klare Ausnahme kann hier der TV Film zum ARG Wer rettet Dina Foxx?, vom ZDF, genannt gesehen werden.
[7] Büchner 2008, S. 42
[8] Hon 2001
[9] ToWoNo
[10] Außerhalb der Spielwelt. Bezieht sich auf alles, was in der Spielwelt keine inhaltliche Bedeutung hat.
[11] Müller 2011
[12] Wer rettet Dina Foxx? - ZDF 2011
[13] de Haas 2011
[14] Bezeichnet den Einstieg in ARGs.
[15] The Design Zoo 2011
[16] Breakthrough.tv 2011b
[17] Breakthrough.tv 2011a
[18] Johnson 2011
[19] Mit einer solchen Anfrage, die für jede Webseite möglich ist, können Informationen über die Internet-Domain und deren Eigentümer abgefragt werden.
[20] Geht auf den Satz „This is not a Game!“ aus dem ersten ARG – The Beast – zurück und bezeichnet die ARGs zugrunde liegende Ästhetik
[21] Büchner 2008, S. 91-91
[22] Facebook 2010
[23] Prosieben - Glaileo 2011
[24] Arcas 2010
[25] Zorbach 2011b
[26] vm-people GmbH 2011k
[27] Wiki zum ARG "Unberührbar" 2011
[28] Das ARG Unberührbar im ARG-Reporter-Forum 2011
[29] Möller 2011
[30] Zorbach 2011a
[31] Steinberger 2011
[32] Zorbach 2011a
[33] Diese Personen hatten sich zu einem früheren Zeitpunkt auf der Webseite folge-dem-kaninchen.de registriert. Auf dieser von der Agentur vm-people unterhaltenen Webseite ist es möglich, die eigenen Kontaktdaten zu hinterlassen, um in zukünftigen ARGs kontaktiert zu werden.
[34] "Merkwürdigen Lederbeutel erhalten" im ARG-Reporter-Forum 2011
[35] "Postkarte aus dem Baskenland" im ARG-Reporter-Forum 2011
[36] antropologi.info - Interdisziplinäres Forschungsprojekt zur Baskischen Traumepidemie 2011
[37] "Antropologi.info und weitere Hinweise" im ARG-Reporter-Forum 2011
[38] JAHRESZEITEN VERLAG GmbH 2011
[39] vm-people GmbH 2011a
[40] Anthropologisches Magazin Mitteldeutschland
- Arbeit zitieren
- Markus Wellmann (Autor:in), 2011, Alternate Reality Games, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192880
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