Ziel dieser Arbeit ist es, die in dem Buch "Apokalyptiker und Integrierte" von Umberto Eco
vorgeschlagenen Vorgehensweisen für einen sinnvollen wissenschaftlichen Umgang mit den
Produkten der Massenkultur herauszuarbeiten, um dann an einem Beispiel zu untersuchen, in
wie weit Eco selbst diese bei seinen Untersuchungen von Massenprodukten beherzigt und
angewendet hat. Zu diesem Zweck habe ich die Kapitel der "Einleitung"1, "Massenkultur und
'Kulturniveaus'"2 und "Die Struktur des schlechten Geschmacks"3, die sich mit dem Thema
Kultur und Massenkultur im allgemeinen beschäftigen, unter dem Gesichtspunkt untersucht,
welche theoretischen Anforderungen an den angemessenen Umgang mit (Massen-) Kulturprodukten
jeglicher Art gestellt werden. Danach habe ich das Kapitel "Lektüre von Steve Canyon"
4 bearbeitet und herauszufinden versucht, wie Eco bei der Analyse eines Werkes aus
dem Bereich der Unterhaltung vorgeht. Ich habe mich dabei an die Strukturierung des Kapitels
gehalten um die Argumentationsstruktur in ihrer chronologischen Reihenfolge nachvollziehen
zu können.
1Umberto Eco, Apokalyptiker und Integrierte, S. 15 - 35. Von nun an: AI
2 AI, S. 37 - 58
3 AI, S. 59 - 115
4 AI, S. 117 - 159
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung
I. Theoretische Forderungen
Grundvoraussetzungen für den Umgang mit Gütern der Massenkultur
Leitfaden zur Untersuchung von Produkten der Massenkultur
II. Lektüre von Steve Canyon
Analyse der Botschaft
Die Sprache des Comic
Abgeleitete Fragen
Hume und der Inder: Einleitung in die empirische Forschung
Die Aufgabe der Kritik und der Geschichtsschreibung
III. Schlussbemerkung
IV. Literaturnachweis
Vorbemerkung
Ziel dieser Arbeit ist es, die in dem Buch "Apokalyptiker und Integrierte" von Umberto Eco vorgeschlagenen Vorgehensweisen für einen sinnvollen wissenschaftlichen Umgang mit den Produkten der Massenkultur herauszuarbeiten, um dann an einem Beispiel zu untersuchen, in wie weit Eco selbst diese bei seinen Untersuchungen von Massenprodukten beherzigt und angewendet hat. Zu diesem Zweck habe ich die Kapitel der "Einleitung"[1], "Massenkultur und 'Kulturniveaus'"[2] und "Die Struktur des schlechten Geschmacks"[3], die sich mit dem Thema Kultur und Massenkultur im allgemeinen beschäftigen, unter dem Gesichtspunkt untersucht, welche theoretischen Anforderungen an den angemessenen Umgang mit (Massen-) Kulturprodukten jeglicher Art gestellt werden. Danach habe ich das Kapitel "Lektüre von Steve Canyon"[4] bearbeitet und herauszufinden versucht, wie Eco bei der Analyse eines Werkes aus dem Bereich der Unterhaltung vorgeht. Ich habe mich dabei an die Strukturierung des Kapitels gehalten um die Argumentationsstruktur in ihrer chronologischen Reihenfolge nachvollziehen zu können.
I. Theoretische Forderungen
Im Gegensatz zu den meisten Theoretikern und Philosophen, die sich gleichzeitig mit ihm mit dem Thema „Massenkultur“ beschäftigt haben, vertritt Eco in den in dem Buch „Apokalyptiker und Integrierte“ gesammelten Texten, die bereits in den 60er Jahren des 20sten Jahrhunderts entstanden, keine durchweg ablehnende oder abwertende Haltung gegenüber den in der und durch die Massenkultur hervorgebrachten Produkte. Für den angemessenen Umgang mit diesen Produkten schlägt er einige Vorgehensweisen vor, die ich im Folgenden darstellen möchte.
Grundvoraussetzungen für den Umgang mit Gütern der Massenkultur.
Bevor die eigentliche Analyse des einzelnen Werkes der Massen- und Konsumkultur beginnen kann, müssen 3 Voraussetzungen erfüllt sein.
Zu allererst muss die Bereitschaft dazu vorhanden sein, sich kritisch (und nicht polemisch) im Sinne einer wissenschaftlichen Untersuchung mit den betreffenden Objekten auseinanderzusetzen. Diese Aufforderung gilt insbesondere den "Apokalyptikern" des Titels. Die konservativen Kulturphilosophen und -kritiker haben es lange Zeit nicht für notwendig erachtet, sich mit den Strukturen und Inhalten sowie den Formen des Ge- und Verbrauchs der Massenprodukte ernsthaft wissenschaftlich zu beschäftigen[5].
Eng mit diesem Punkt ist die Ablehnung der sogenannten "Begriffsfetische" verbunden. Die strikte Weigerung der Wissenschaft, sich näher mit den Konsumerzeugnissen zu befassen, führte in diesem Punkt zur Einführung und Anwendung bestimmter Schlagworte, die den jeweiligen Sachverhalt auf eine einzige Vokabel reduzieren, wie "Massenkultur", "Kulturindustrie", "Massenmensch" oder "Masse". Eco schließt den Gebrauch solcher Fetische im sinnvollen Diskurs für beide Seiten vehement aus. Die Anwendung von Fetischen evoziert emotionale Reaktionen und blockiert damit die Diskussion[6]. Außerdem werden diese Vereinfachungen den zum Teil sehr komplexen und differenzierten Begebenheiten nicht gerecht. Die sogenannte "Masse" setzt sich beispielsweise bei genauerer Betrachtung aus verschiedenen untereinander höchst verschiedenen und selbst innerhalb weit differenzierten Gruppen von Personen zusammen. Die Zusammenfassung unter dem Begriff der "Masse" ermöglicht es, mit einem einzigen Begriff die Gesamtheit der möglichen Adressaten zu erfassen, lässt jedoch jede Form von Unterscheidung der einzelnen Individuen völlig außer acht.
Als zweites darf ein Diskurs über die heutige Medien- und Massenkultur nicht losgelöst von ihrer historischen Entwicklung und ohne Einbeziehung der möglichen lokalen und temporalen Unterschiede geführt werden. Für Eco liegt die Keimzelle einer Kultur für die Massen bereits in der Erfindung des Druckes mit beweglichen Lettern, wenn nicht noch früher[7]. Massenkultur und Avantgardekultur sind nicht als zwei voneinander unabhängige Phänomene zu begreifen, sondern als zwei Ausformungen einer einzigen Entwicklung, die sich in ihrem Entstehen gegenseitig beeinflusst haben[8]. Erst mit der fortschreitenden Produktion von leicht und schnell herzustellenden Massenwaren, welche die Bedürfnisse der Menschen decken (Beispiel Photographie), wird die Kunst frei, so etwas wie eine Avantgarde zu entwickeln. Damit verliert diese den Status als "aristokratischer Vorläufer", der unbeeinflusst bleibt von den Entwicklungen der Massenkultur und ihr vorausgeht.
Dieser Erkenntnis folgt die Forderung nach einer Bewertung der Massenmedien nach historisch und anthropologisch angemessenen Gesichtspunkten. Die Kriterien, die zumeist bei der Beurteilung von Massenprodukten angewendet werden, entsprechen nicht dem kulturellen Verständigungsmuster der modernen Massenkultur, sondern den Wertvorstellungen eines intellektuellen Renaissancemenschen[9]. Diese sind jedoch absolut unzureichend, um die Entwicklungen und Phänomene der modernen Kommunikationsformen hinreichend zu beschreiben. Aufgabe der Kulturkritik sowie der Geschichtsschreibung wäre es nun, das Wertesystem der modernen Kulturformen zu bestimmen und die Erzeugnisse aus diesen Kulturen dann in ihrem jeweils angemessenen Kontext zu behandeln.
Dieser Punkt ist für Eco von besonderer Wichtigkeit. Er verweist in mehreren Kapiteln hierauf und widmet ihm im späteren Verlauf des Textes ein eigenes Kapitel[10], auf das ich noch zu sprechen komme.
Außerdem ist zu beachten, dass der Begriff der "Kultur" nicht eindeutig ist. Er differiert in seiner Bedeutung je nach historischem Hintergrund, vor dem der Begriff verwendet wird. So kommt es, dass ein Merkmal eines Werkes in einer Kultur als unverfänglich, in einer anderen hingegen bereits als "Kulturverfall" angesehen werden kann (vgl. "Effekterzeugung")[11].
Dies alles führt zu der Einsicht, dass der Begriff der "Kultur" einer Reformation bedarf und dass jede mögliche Definition als eine vorläufige angesehen und kontinuierlich überdacht und abgeändert werden muss[12].
Die dritte Voraussetzung betrifft wieder die persönliche Einstellung des Lesers und Analytikers. Der wissenschaftliche Umgang mit dem Thema der Massenkommunikation und der Massenprodukte ist eine Forschungsaufgabe, der man "weder mit Stimmungen noch mit neurotischer Nachsicht beikommen kann"[13]. Ein Hauptanliegen des Forschers sollte es also sein, zuallererst seine eigenen Reaktionen zu bezweifeln und zu hinterfragen zu lernen und offen zu sein für neue Erfahrungen und Erkenntnisse, die möglicherweise seinem bisherigen Verstehenshorizont nicht entsprachen. Ebenso gilt es, bestehende Forschungsmeinungen in Frage zu stellen und nicht stillschweigend zu übernehmen
Leitfaden zur Untersuchung von Produkten der Massenkultur
Sind diese Voraussetzungen soweit erfüllt, ergibt sich in der Zusammenfassung und Erweiterung eine Abfolge von Schritten, die bei der Analyse zu befolgen sind.[14]
1. Die bekannten Begriffsfetische müssen durch neutrale Begriffe und Formulierungen ersetzt werden.
2. Die Produkte des Konsums müssen als "Botschaften" definiert und verstanden werden, deren Entschlüsselung die darauf folgende Analyse gilt. Die Wissenschaft muss von der Annahme Abstand nehmen, Massenprodukte seien minderwertigen oder gar keines Inhalts.
3. Diese Botschaften müssen einer eingehenden Untersuchung unterzogen werden. Zunächst wird eine genaue Strukturanalyse der Form durchgeführt. Dies allein ist jedoch noch unzureichend. Danach müssen die Faktoren bestimmt werden, welche die Form beispielsweise durch die objektiven Bedingungen der Art der Sendung beeinflussen und die somit die Informationskapazität und damit die Bedeutung der Botschaft bestimmen.
4. Ist dies ausreichend erforscht, sollte die Untersuchung den Bereich der Theorie verlassen und zu einer empirischen Untersuchung der verschiedenen Rezeptionsweisen der Botschaft übergehen. Es gilt herauszufinden, wie sich das Verständnis je nach historischen oder soziologischen Umständen und bei Differenzierung des Publikums verändert. Die Fragestellung sollte hierbei solche Kriterien wie Alter, Geschlecht, sozialer Status, Bildung und Nationalität berücksichtigen.
5. Wenn fest steht, inwiefern die Sättigung mit den verschiedenen Botschaften hilft, Massenverhalten durchzusetzen, sind für die Frage der Einflussnahme auf die Inhalte der Massenprodukte die Möglichkeiten und Grundbedingungen zu kultureller Intervention zu ermitteln.
Ist die Analyse soweit gelungen, bleibt noch zu bedenken, dass es sich hierbei um die Untersuchung nur eines einzigen Objektes gehandelt hat. Aus den Ergebnissen Schlüsse über andere Objekte zu ziehen oder sogar Regeln für den gesamten Bereich der Massenmedien zu abzuleiten, ist äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Das Feld der Massenkommunikation ist so groß und vielfältig und einem solchen permanenten Wandel unterzogen, dass es nicht möglich ist, eine "Theorie der Massenmedien" zu entwickeln. Dennoch sollte es verstärkt die Aufgabe der Forschung sein, die einzelnen Erscheinungen der Massenmedien zu untersuchen und sich dabei auch nicht scheuen, "edle Werkzeuge an verpönten Objekten"[15] zu gebrauchen, also nicht davor zurückschrecken, dass es sich um angeblich "minderwertige" Erzeugnisse handelt, sondern unvoreingenommen den Konsumprodukten dieselbe Sorgfalt entgegenbringen wie den anerkannten Kulturerzeugnissen.
[...]
[1] Umberto Eco, Apokalyptiker und Integrierte, S. 15 - 35. Von nun an: AI
[2] AI, S. 37 - 58
[3] AI, S. 59 - 115
[4] AI, S. 117 - 159
[5] Vgl. AI, S. 25 f.
[6] Vgl. AI, S. 19
[7] Vgl. AI, S. 19 - 22
[8] Vgl. AI, S. 65 f.
[9] Vgl. AI, S. 38
[10] Vgl. z.B. AI, S. 22 f., S.38 f. ; S.145 ff.: "Die Aufgabe der Kritik und der Geschichtsschreibung"
[11] Vgl. AI, S. 63
[12] Vgl. AI, S.22 f. und AI, S. 101
[13] AI, S. 32
[14] Vgl. AI, S. 33 - 35.
[15] AI, S. 34
- Arbeit zitieren
- Katrin Jansen (Autor:in), 2003, Umberto Eco, Apokalyptiker und Integrierte - Theoretische Überlegungen zum richtigen Umgang mit Produkten der Massenkultur und deren praktische Umsetzung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19239
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