Männlichkeit sei bislang in der politischen Bildung kaum thematisiert worden. Ein Grund hierfür könne die Verengung auf Frauen- themen sein. Geschlechterthemen werden weitgehend als Frauenthemen ver- standen. Demnach hätten Frauen die Ziele der Emanzipation bereits erreicht. Das Männlichkeitsbild bliebe also auf traditionelle Sichtweisen sitzen, womit sich Männlichkeit in einer Krise sieht. Es käme durch diese verengte Perspektive zu einer Nichtkennzeichnung des Geschlechts und so zu Missverständnissen (aktueller) gesellschaftlicher Zustände. Die Situation der Männlichkeit wird nicht klar. Irritationen kommen zu Stande, womit sich Jungen in der Schule auseinander setzen müssen, was sie jedoch nicht tun. Beachtlich ist, dass sich Jungen aus bestimmten Gründen kaum mit Geschlechterthemen befassen. Sie sehen Geschlechterthemen als irrelevant – es sei für sie nichts „männliches“. Sie wissen also gar nicht, was es mit ihrem Geschlecht auf sich hat. Demnach gäbe es männliche Vorbehalte gegen eine Thematisierung der Geschlechterverhältnisse, welche in dieser Arbeit erläutert werden und durch die Rekonstruktion eines Sinnbildes des männlichen Lehrers entkräftigt werden können.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Männlichkeit: ein gesellschaftliches Konstrukt!?
2.1 Geschlecht als gesellschaftliche Produktion
2.2 Männlichkeit als Selbstverständlichkeit!?
2.3 Männlichkeit in der Krise!?
2.4 Männlichkeit: Von der Selbstverständlichkeit zur Vielfalt mit Differenz!?
2.5 Formen von Männlichkeit(en)
2.5.1 Hegemoniale Männlichkeit
2.5.2 Untergeordnete Männlichkeit: Ein hierarchisches Verhältnis
2.5.3 Komplizenhafte Männlichkeit: Eine Zwischensparte in der Hierarchie
2.5.4 Marginalisierte Männlichkeit: Am Rande der Gesellschaft
2.6 Der Wandel der Geschlechterrollen: Auswirkungen auf das bestehende System!?
3. Gender: Verhandlungsprozesse in der Schule
3.1 Gender-Mainstreaming: Top-Down- und Bottom-Up-Prinzip
3.2 Gendersensible Organisationsgestaltung in der Schule
3.3 Gendersensibler Umgang mit Lerninhalten
3.4 Gendersensibler Sprachgebrauch
3.5 Erwartungshaltungen in der Schule
3.6 Kommunikations- und Interaktionsgeschehen in der Schule
3.7 Funktionen bzw. Rahmenbedingungen von Schule und die Aufgabe der politischen Bildung
3.8 Die allgemeine Funktion und Rolle von LehrernInnen
4. Die Rolle des männlichen Lehrers
4.1 Der männliche Lehrer als „moderner“ Mann
4.2 Aushandlungsprozesse von Interesse und Thema im Unterricht
4.3 Geschlechtsspezifisches Interesse männlicher Schüler
4.4 Angebot einer Lösung: Schülerorientierter Unterricht
4.5 Genderperspektive im Lehrplan am Beispiel der Unterrichtseinheit Medienerziehung - Freizeitplanung und -gestaltung
4.5.1 Gewaltdarstellung in den Medien
4.5.2 Ein medienpädagogischer Unterricht ohne Genderperspektive
4.5.3 Anregungen für einen Unterricht „Gewalt und Medien“ mit Genderperspektive
4.6 Aus- und Fortbildung der Lehrkraft
4.7 Pädagogisches Handeln für die Herstellung einer positiven Beziehung zum Interaktionspartner „männlicher Schüler“
5. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Männlichkeit sei bislang in der politischen Bildung kaum thematisiert worden (Meuser 2000, S. 101). Ein Grund hierfür könne die Verengung auf Frauen- themen sein. Geschlechterthemen werden weitgehend als Frauenthemen ver- standen (Prochnau 2010, S. 74). Demnach hätten Frauen die Ziele der Emanzi- pation bereits erreicht. Das Männlichkeitsbild bliebe also auf traditionelle Sichtweisen sitzen, womit sich Männlichkeit in einer Krise sieht. Es käme durch diese verengte Perspektive zu einer Nichtkennzeichnung des Geschlechts (ebd. 2010, S. 74) und so zu Missverständnissen (aktueller) gesellschaftlicher Zustände. Die Situation der Männlichkeit wird nicht klar. Irritationen kommen zu Stande, womit sich Jungen in der Schule auseinander setzen müssen, was sie jedoch nicht tun. Beachtlich ist, dass sich Jungen aus bestimmten Gründen kaum mit Geschlechterthemen befassen. Sie sehen Geschlechterthemen als irrelevant - es sei für sie nichts „männliches“. Sie wissen also gar nicht, was es mit ihrem Geschlecht auf sich hat. Demnach gäbe es männliche Vorbehalte gegen eine Thematisierung der Geschlechterverhältnisse (vgl. Meuser 2000, S. 102 ff.).
Es eröffnet sich demzufolge die Schwierigkeit einer Thematisierung von Männlichkeit und den Geschlechterverhältnissen in der politischen Bil- dung. Die Fragen stellen sich, wie Männlichkeit zu verstehen und wie sie in der gesellschaftlichen Analyse zu berücksichtigen ist. Kann man Männlichkeit nur anhand typischer Merkmale kennzeichnen oder bedarf es an weiteren Kriteri- en? Durch die vermeintlichen gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse, mitun- ter sind die Veränderungen im „weiblichen Lebenszusammenhang“ gemeint, kommt es zu einer Umstrukturierung der Geschlechterrollen und vor allem des Männlichkeitsbildes, wodurch es zunehmend erschwert wird Geschlecht, be- sonders in seiner gesellschaftlichen Rolle, zu definieren. In erster Linie er- scheint es also notwendig, das Geschlechterverhältnis enger zu fassen, um Männlichkeit als Teil des gesellschaftlichen Systems zu verstehen.
In dieser Arbeit geht es darum, wie Männlichkeit in der politischen Bildung zu thematisieren ist. Es sollen keine Möglichkeiten dargestellt werden, um den Jungen und Männern eine geschlechtliche Identifikation über die Ablöse tradi- tioneller Sichtweisen zu erleichtern, sondern wie sich Möglichkeiten für jeden einzelnen eröffnen können, ein modernes und zeitorientiertes Blickfeld gesell- schaftlicher Prozesse einzunehmen. Speziell wird dabei der Focus auf den poli- tischen Unterricht und die Rolle des männlichen Lehrers als modernes Sinnbild der Männlichkeit gelegt. Es wird hinterfragt, wie politischer Unterricht den Jungen die Fähigkeit geben kann, ihr eigenes Geschlecht zu reflektieren und sich Gedanken über tatsächlich stattfindende gesellschaftliche Prozesse zu ma- chen, die auf eine soziale Ungleichheit verweisen (vgl. Meuser 2000, S. 102). Geschlecht sei dabei ein zentraler Aspekt, worin Gründe für soziale Ungleich- heiten befestigt sind (vgl. Meuser 2006, S.110). So kann die Position des eige- nen Geschlechts im komplexen gesellschaftlichen System erfasst werden.
Politischer Unterricht solle die grundlegenden Ziele verfolgen, ein Inte- resse an Politik zu wecken und SchülerInnen dazu zu befähigen, sich selbstän- dig eine Meinung über das politische Geschehen zu bilden und sich mit den demokratischen Werten zu identifizieren. Dies sei die Grundlage für ein ge- meinschaftliches Zusammenleben. Ein politisches Bewusstsein könne sich demnach nur durch das Erkennen eigener Interessen und durch das Erfahren der gesellschaftlichen Konflikte und Herrschaftsverhältnisse bilden (vgl. Gagel 2000, S. 27). Die Ziele werden in dieser Arbeit auf die Genderperspektive be- zogen. Daher stellt sich u.a. hier die Frage wie die Genderthematik im Lehr- plan aufgeführt wird und wie man als männlicher Lehrer langfristig in den Themen des Lehrplans eine Genderperspektive einnehmen und einbringen kann? Wie kann der männliche Lehrer hierbei als Identifikationsfigur fungie- ren? Wie muss er als Träger einer (männlichen) Identität seinen Unterricht ge- stalten, um Jungen zu motivieren, sich mit ihrem Geschlecht auseinander zu setzen?
In Kapitel 2 dieser Arbeit werden zunächst die theoretischen Grundla- gen von Männlichkeit diskutiert. Hier soll klar werden, dass Männlichkeit ein gesellschaftlich produziertes Konstrukt darstellt, das nicht starr zu charakteri- sieren ist, sondern in einer Vielfalt existieren kann und veränderbar ist. Dabei werden der Wandel der Geschlechterrollen und dessen Auswirkungen auf das bestehende gesellschaftliche System berücksichtigt. Es soll deutlich gemacht werden, dass sich Jungen mit den neuen Lebensumständen im Geschlechterverhältnis konfrontiert fühlen. Wodurch entstehen die geschlechtlichen Irritationen im Entwicklungsprozess bei Jungen?
Im Kapitel 3 geht es um die Verhandlungsprozesse in der Schule, die auf die Genderproblematik zu bezogen werden. Hier soll festgehalten werden, wie die Politik ihre Gleichstellungsstrategie Gender-Mainstreaming umsetzt und wie sich in diesem Zusammenhang die Strategie auf die schulische Ebene auswirkt. Es stellt sich hier die Frage, auf welchen Ebenen die verschiedenen Konzepte des Gender-Mainstreamings Anwendung finden. Ferner wird in die- sem Kapitel auch der Ist-Zustand schulischer Interaktions- und Kommunikati- onsprozesse dargestellt. Außerdem wird diesbezüglich hinterfragt, wie sich die gesellschaftlichen Funktionen und Rahmenbedingungen von Schule auf die Aufgaben der Lehrkraft im Allgemeinen auswirken. Darauf aufbauend wird die allgemeine Funktion und Rolle von LehrernInnen aufgeführt, die aufgrund der Funktionen und Rahmenbedingungen von Schule entsteht.
Kapitel 4 stellt den Kern dieser Arbeit dar. Hier wird die Rolle des männlichen Lehrers diskutiert. Es soll klar werden, welche besondere Schwie- rigkeit der männliche Lehrer als Träger einer männlichen Identität in seiner Rolle und Aufgabe als Lehrkraft hat. Unter welchen allgemeinen Umständen hat die Lehrkraft den Auftrag einen politischen Unterricht zu entwerfen und durchzuführen? Welchen didaktischen Hintergrund hat der Unterricht im All- gemeinen? Welche Aushandlungsprozesse und deren Spannungen liegen dem politischen Unterricht zu Grunde? Um zu hinterfragen, inwieweit LehrerInnen auf die Interessen der SchülerInnen eingehen können, wird der schülerorien- tierte Unterricht als Angebot einer Lösung für die Spannungen im Aushand- lungsprozess von Interesse und Thema dargestellt. Es wird nicht nur nach der Chance eines interessengeleiteten politischen Unterrichts, sondern auch nach der Chance eines gendersensiblen politischen Unterrichts gesucht, der allen SchülernInnen gleichermaßen zugänglich ist. Es wird außerdem klargestellt, inwiefern der interessengeleitete Unterricht mit dem gendersensiblen Unter- richt in Zusammenhang stehen kann. Dabei wird wieder auf die Rolle des männlichen Lehrers eingegangen. Was muss der Lehrer Wissen, um einen gen- dersensiblen politischen Unterricht zu gestalten? Demnach soll auch auf die Aus- und Fortbildung des Lehrberufes eingegangen werden. Es gilt folglich sich mit der Annahme zu befassen, dass der Lehrer als Experte der Geschlechterthematik seine eigene Identität reflexiv handhaben muss, um einen gendersensiblen politischen Unterricht zu ermöglichen.
Zusammenfassend wird im Fazit ein Überblick über die Arbeit dargestellt. Dadurch wird der Zusammenhang der einzelnen Kapitel verdeutlicht. Die Ergebnisse der einzelnen Kapitel werden hier in einem Gesamtergebnis zusammengetragen. Weiterhin wird ein Ausblick für die Anwendung der Genderperspektive hinterfragt.
2. Männlichkeit: Ein gesellschaftliches Konstrukt!?
Männlichkeit ist in der Forschung generell ein kaum erkundetes Thema. Woran das liegt wird außen vor gelassen. Denn in erster Linie soll es darum gehen was Männlichkeit bedeutet und wie sie im Geschlechterverhältnis einzubeziehen ist. In klassischen soziologischen Forschungen sei Männlichkeit als etwas „Normales“ zu verstehen. Hier fehle es an expliziteren Erläuterungen. Die Frau sei im Gegenzug etwas „Abweichendes“ - der Mann in der Gesellschaft als das herrschende Geschlecht, die Frau die Unterdrückte. Männlichkeit scheint hier also als etwas Selbstverständliches und Machtvolles zu gelten. Weiterhin las- sen sich Beschreibungen finden, die den „Mann“ als etwas „Nicht-Weibliches“ oder „Nicht-Homosexuelles“ artikulieren (vgl. Baur/ Luedtke 2008, S. 7 f.). Eine Abgrenzung von all dem, was nicht weiblich ist konnotiert sich demnach mit Männlichkeit und lässt ein selbstverständliches Männlichkeitsbild zu. Wie sich Männlichkeit im gesellschaftlichen Zusammenhang - bedingt durch sozi- okulturellen Zuständen und Entwicklungen - bildet, verhält und charakterisie- ren lässt, kann über solche destruktiven Sichtweisen noch bei Weitem nicht gesagt werden. Es ist also nicht möglich das Verständnis über Männlichkeit auszuweiten. Ebenso liefern biologische Argumentationen allein keine eindeu- tigen Aussagen, die das geschlechtliche bzw. männliche Verhalten in der Ge- sellschaft deutlich beschreiben können.
In allen sozialwissenschaftlichen Theorien sei man sich einig gewor- den, dass äußere soziale Einflüsse das biologische Geschlecht prägen (vgl. ebd. 2008, S. 9). Die Geschlechterrollen werden demnach im Sozialisationsprozess in einer Wechselwirkung von Mensch und Umwelt angeeignet. Ein soziales Geschlecht „Gender“ bilde sich heraus - es stehe mit dem biologischen Ge- schlecht „Sex“ im Zusammenhang (vgl. Wallner 2004, www.claudia- wallner.de/pdf/gd/theorien_der_geschlechterverhaeltnisse.pdf ).
2.1 Geschlecht als gesellschaftliche Produktion
Die Gesellschaft schreibt Menschen bestimmte Normen zu und orientiert sich an Idealen. Sie ordnet die Menschen in erster Linie in „Mann/Junge“ oder Frau/Mädchen ein. Dieses Phänomen beginne bereits mit der Geburt durch „Sex-Zuweisungen“ anhand der Genitalien. Aus dieser „Sex-Kategorie“ ent- stehe durch weitere Zuweisungsstrategien - u.a. über Kleidung (sogenannte „Gender-Marker“), was besonders durch Farben geprägt wird - ein „Gender- Status“. Jungen bekommen z.B. eine blaue Hose, Mädchen einen roten Rock. Schon anhand dieser Beobachtungen, lässt sich erkennen, dass das Geschlecht gesellschaftlich produziert wird. Es beruht nicht auf einen natürlichen Kern. Geschlecht wird also gesellschaftlich konstruiert (vgl. Lorber 2003, S. 56 f.). Dabei gehe man schließlich von nur genau zwei Geschlechtern aus - von einer Dichotomie. Mann und Frau seien grundsätzlich verschieden - sie seien Ge- gensatzpaare. Mann oder Frau definiere sich über die Abgrenzung vom jewei- ligen anderen Geschlecht (vgl. Budde 2003a, S. 13).
Demnach definiere sich Männlichkeit auch erst über die Abgrenzung von allem Weiblichen. Da sich Geschlecht als soziale Konstruktion nicht auf einen ursprünglichen und natürlichen Kern zusammenfassen lässt, könne sich auch Männlichkeit nicht auf einen einzigen starren Charaktertypus zurückfüh- ren lassen (vgl. Budde 2003b, S. 70). Männlichkeit könne auch nicht ohne das relationale Beziehungsgefüge zur Weiblichkeit erfasst werden, vor allem nicht ohne das Verhältnis unter Männern zu beachten (vgl. Budde/ Faulstich- Wieland 2005, S. 37 f.). Gender sei aus dem sozialen Leben heraus entstanden und entstehe immer wieder neu (vgl. Lorber 2003, S. 55). Ein Antrieb durch soziales Handeln also, das die Ordnung dieses gemeinschaftlichen Lebens kon- struiert, indem es nicht nur Verhältnisse zwischen Frauen und Männern gibt, sondern auch unter Frauen bzw. unter Männern selbst.
Dass Geschlechterverhältnisse im gesellschaftlichen Leben allgegen- wertig sind, erscheine den meisten Menschen als unvorstellbar. Demnach be- finden sich zwar Menschen interaktional in einem geschlechtlichen Bezie- hungsmuster, können sich dieses aber nicht vor Augen führen, woraus womög- lich auch Irritationen, Konflikte und Diskriminierungen gegenüber Frauen und Männern entstehen. Die Menschen merken also nicht, dass sie sich selbst stän-dig in einer Dimension bewegen, in der Gender sozial konstruiert wird. Sie merken nicht, wie sie selbst diese dynamische gesellschaftliche Dimension vorantreiben und verändern. Jeder Mensch „mache Gender“, ohne sich darüber Gedanken zu machen (vgl. ebd. 2003, S. 55). Die Schwierigkeit zu erkennen wie Gender konstruiert wird sei darauf zurückzuführen, dass sich die Menschen ihre Natur auf einer selbstverständlichen Art und Weise biologisch und hormonell bedingt erklären (vgl. ebd. 2003, S.62).
2.2 Männlichkeit als Selbstverständlichkeit!?
Frage man Männer, was es für sie bedeute ein Mann zu sein, käme Empörung auf. Es sei eine „saudumme Frage“. Man(n) sehe sich als „Mensch“ bzw. setze sich mit „Mensch“ gleich. Männlichkeit bestehe nur in Abgrenzung zum Weib- lichen. Alles Weibliche schließe sich dadurch in der Betrachtung des Männli- chen aus, denn demnach wäre alles was weiblich ist nicht männlich. Alles was mit Geschlecht konnotiert wird sei dadurch nicht mit Männlichkeit in Verbin- dung zu setzen (vgl. Meuser 2000, S. 103). Dabei gäbe es gegensätzliche ge- schlechterspezifische Zuschreibungen, die u.a. durch Begriffe wie „Härte“ oder „Rationalität“ als männliche und wie „Weichheit“ oder „Emotionalität“ als weibliche Merkmale verbalisiert werden (vgl. Budde 2003, S. 5).
Eine Selbstverständlichkeit macht sich erkennbar, was es für Männer bedeute ein Mann zu sein. Während es immer noch der Fall sei, dass u.a. Tech- nik und Wissenschaft in der Handlungsebene eine Männerdomäne zu sein scheint, mache die Frau der Männerwelt auf dem Arbeitsmarkt ansteigende Konkurrenz. Aber nicht nur in der Erwerbstätigkeit zeige sich eine zunehmen- de Beteiligung der Frauen, sondern u.a. auch im Sport, allerdings mit der Aus- prägung einer Teilung zwischen Männer- und Frauensport. Der Männersport verlange höhere Leistungsfähigkeit ab, als es in Disziplinen des Frauensports der Fall sei (vgl. Baur / Luedtke 2008, S. 13 f.). Die Tatsache bliebe dadurch bestehen, dass sich Männlichkeit von Weiblichkeit abzugrenzen vermag. Männlichkeit sei dabei durch die Frauenbewegung und der Transformation der Arbeit in einen Legitimationsdruck geraten (vgl. Budde 2003, S. 7). Erkennbar macht sich hier zwar eine weiterbestehende Selbstverständlichkeit vom Mann dasein, jedoch unter dem Vorwand, dass sich Männlichkeit in einer Krise sieht bzw. in einen immer stärker werdenden Legitimationsdruck gerät. Das Selbst- verständlichkeitsbild des Mannes und seine Machtstellung in der Gesellschaft lassen sich dadurch in Frage stellen. Connell behauptet, dass das Selbstver- ständnis der Geschlechterrollen sich ändere (vgl. 2000b, S. 132 f.). Das würde bedeuten, dass ein Veränderungsprozess stattfindet, der eine Bedrohung in den Augen der selbstverständlichen „Männerwelt“ darstellt (vgl. Budde 2003, S. 11). Männlichkeit darf demnach nicht als homogene Gruppe verstanden wer- den, die eine tradierte gesellschaftliche Männerrolle innehält, sondern als ein soziales Konstrukt, das vervielfältigbar und so auch veränderbar ist.
Aus geschlechterrollentheoretischen Sichtweisen gäbe es nur eine Form von Männlichkeit - die dominante. Eigenschaften, die nicht unter diese „eine“ Kategorie fallen, werden als extrem abweichend gesehen. Es gäbe nur eine Differenzierung zwischen Männern und Frauen. Homosexuelle Männer würden demnach von heterosexuellen Männern abgegrenzt werden. Durch diese ext- reme Abgrenzungspraktik sehe sich Männlichkeit in ihrem Wesen untermi- niert, also in einer Krise. Durch Wirtschaftskrisen, wie es z.B. in den USA zu Zeiten der „großen Depression“ der Fall war, käme es so nicht nur zu ökono- mischen Einbußen, sondern auch zum Verlust der traditionellen Funktion des Mannes, durch veränderte Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt. Die Aufgabe des traditionellen Ernährers der Familie stünde damit in Gefahr (vgl. Meuser 2006, S. 52).
2.3 Männlichkeit in der Krise!?
Die „selbstverständliche“ männliche Dominanz in der Gesellschaft müsste auch einen Ursprung haben. Beziehe man den Ursprung auf die Verteilung der Machtposition gesellschaftlicher Ordnung, fiele auf, dass die Gesellschaft auf eine Verteilung sozialer Aufgaben, wie z.B. die Arbeitsverrichtung, die Zutei- lung von seltenen Gütern bzw. Monopolgütern oder die (zugeschriebene) Ver- antwortlichkeit für Kinder und andere gesellschaftlich handlungseingeschränk- te Menschen, angewiesen sei. Die Verteilung der sozialen Aufgaben könne durch die Auswahl von Menschen über ihre Begabungen, Motivation und ihre erworbenen Kompetenzen geschehen. Die Individualität des Menschen wäre hierfür also die Richtlinie. Die andere Verteilungsmöglichkeit vollziehe sich über die Differenzierung von Geschlecht oder Rasse - einer Selektion über kategoriale Zuschreibungen (vgl. Lorber 2003, S. 57).
Geschlechterverhältnisse seien Strukturen, die mit der Zeit entstehen und sich verändern. In der Geschichtswissenschaft nehme man an, dass Trans- formationen der Geschlechterverhältnisse auf das soziale Geschlecht einwir- ken. Dies sei in den meisten Fällen durch Veränderungen der Klassenverhält- nisse oder technischen Weiterentwicklungen bedingt (vgl. Connell 2006, 102f.). Die Dominanz der Männlichkeit sei mit solchen Entwicklungen auf verschiedener Art und Weise konfrontiert. Deshalb entstehe auch ein erhöhter Legitimationsdruck für die Männerwelt. Budde geht davon aus, dass es da- durch weniger zu einer Krise käme, sondern vielmehr zu einer Umstrukturie- rung von Legitimationsvorgängen von Männlichkeit (vgl. Budde 2003, S. 9).
Evolutionstheoretisch gehe Durkheim von einer Dominanz des weibli- chen Menschen aus. Diese Annahme sei durch seine Untersuchungen über die Entwicklung des menschlichen Gehirnes gestützt. Mit zunehmender Zivilisati- on käme es zu einer Unterscheidung des Hirnvolumens und daher auch der Intelligenz von Frau und Mann. So sei die Arbeitsteilung zwischen den Ge- schlechtern erst im Zuge der Evolution des Menschen nach und nach entstan- den (vgl. Meuser 2006, S. 42 f.). Demnach kam es im Zuge der Evolution zu einer Emanzipation des Mannes. Der Gegenzug begann dann mit der Emanzi- pation der Frau - ein struktureller Veränderungsvorgang gesellschaftlicher Ordnung der Geschlechterrollen. Da also die Dominanz einer Gruppe an Be-
deutung und an Halt durch die Herausforderung einer anderen Gruppe verlieren kann, könne man von einer historisch beweglichen Relation dominanter Strukturen ausgehen (vgl. Connell 2006, S. 98).
2.4 Männlichkeit: Von der Selbstverständlichkeit zur Vielfalt mit Differenz!?
Meuser beschreibt, dass Männlichkeit weder etwas Uniformes noch etwas be- liebiges sei - dementsprechend auch nichts selbstverständliches (vgl. Meuser 2000, S. 105). Männlichkeit würde in Folge dessen auch nicht in nur einer Form auftreten. Diese Männlichkeiten müssten daher nicht nur unterschiedlich, sondern auch über bestimmte Gemeinsamkeiten auftreten. Männlichkeit, wie Connell es beschreibt, müsse man als Aspekt einer umfassenden Struktur be- trachten - als menschliche Subjekte mit individuellen Merkmalen. Aus dieser subjektiven Perspektive sei das Verhalten für die Ausprägung der Merkmale verantwortlich. Das Verhalten mache aus, welcher Typ von Mensch man sei (vgl. Connell 2006, S.87 f.). Männer sind folglich als Individuen zu sehen, die individuelle Interessen und Bedürfnisse haben und daher unterschiedliche Ver- haltensweisen aufweisen.
Um diese Behauptung nahezulegen, geht Connell in erster Linie von einer gesellschaftlichen Dominanz des Mannes über die Frau aus, welche als weiterbestehend und allgemeingültig zu verstehen sei (vgl. ebd. 2006, S. 94). Dabei spiele der männliche Habitus - die Verhaltensweisen der Männer - eine wesentliche Rolle (vgl. Meuser 2000, S. 105 f.). Männliche Verhaltensmuster seien das Resultat eines gesellschaftlichen Formungsprozesses und deshalb auch veränderbar (vgl. Döge 2000, S. 113). Baur und Luedtke verweisen hin- sichtlich dessen u.a. auf historisch kulturell bedingte, relative Zustände von Männlichkeitsvorstellungen. Das Denken über die Selbstverständlichkeit von Männlichkeit wird daher zurückgewiesen (vgl. Baur/ Luedtke 2008, S.10 f.).
2.5 Formen von Männlichkeit(en)
Die Grundannahme der transsexuellen Soziologin Raewyn Connell besagt, dass Männlichkeit ein soziales Konstrukt sei, wodurch die Möglichkeit für und durch jeden Einzelnen bestehe soziale Systeme prinzipiell zu verändern (vgl. Jantz 2003, S. 170). Ihre Theorie beruht auf der Annahme, dass es verschiede- ne Typen von Männlichkeiten gibt, welche sie als Konstrukte begreift. Diese Konstrukte seien kulturell und geschichtlich begründet und folglich auch ver- änderbar (vgl. Connell 2000a, S. 21 f.). Die bis heute vorherrschende männli- che Dominanz könnte man deshalb auch als historisch relativ bzw. veränderbar betrachten (vgl. ebd. 2000a, S.23). King erkennt ebenso historisch bedingte Veränderungen in der männlichen Adoleszenz. Die Veränderungen seien eben- so kulturell bedingt, es käme folglich zu einer unterschlichen gesellschaftlichen Streuung (vgl. King 2000, S.96). Man könne davon ausgehen, dass es in den heutigen multikulturell geprägten Gesellschaften vielseitige Definitionen von Männlichkeiten bzw. Konstruktionen von Männlichkeiten gibt, wobei die eth- nische Zugehörigkeit eine zentrale Rolle habe. Dennoch darf man nicht außer Acht lassen, dass innerhalb ethnischer Gruppen ebenfalls verschiedene Männ- lichkeiten nebeneinander bestehen können, da u.a. Schichtzugehörigkeit, fami- liäres oder berufliches Umfeld Auswirkungen auf individuelle und geschlechts- spezifische Entwicklungen haben können. Nach Connell gibt es folglich eine Vielfalt an Männlichkeiten, die sowohl historisch nacheinander als auch sozio- kulturell nebeneinander bestehen kann (vgl. Connell 2000a, S. 21 ff.).
2.5.1 Hegemoniale Männlichkeit
In Anlehnung an Gramscis Analyse der Klassenbeziehungen, sei das Konzept der hegemonialen Männlichkeit (selbstverständliche Männlichkeit) als eine Konfiguration sozialen Lebens zu verstehen, wodurch sich die Dominanz der Männlichkeit in der Gesellschaft legitimiere. Allerdings entstehe Hegemonie nur durch die Entsprechung von kulturellen Idealen und institutioneller Macht. Hegemoniale Männlichkeit lässt sich dadurch institutionell absichern und re- präsentieren (vgl. Connell 2006, S.98). Institutionen wie der Staat, die Schule oder die Arbeitsdimension seien Bereiche, in denen soziales Geschlecht wahr- genommen werden kann. Institutionen seien geschlechtlich strukturiert, wobei der Staat als eine männliche Institution fungiere (vgl. ebd. 2006, S. 93). Hege- monie repräsentiert sich demnach über die Institutionalisierung von Männlich- keit. Diese institutionelle Stütze biete die Möglichkeit männliche Hegemonie auch in Zeiten des Wandels der Geschlechterrollen aufrecht zu erhalten (vgl. Meuser 2001, S. 20). In diesem Zusammenhang sei aber noch bei Weitem nicht gesagt, dass alle Männer, die das Prinzip der hegemonialen Männlichkeit nach- gehen, auch mächtig sind (vgl. Connell 2006, S.98). Für Connell ist es deshalb wichtig sich die Beziehungsstruktur unter Männern anzuschauen. In Anleh- nung an das Prinzip der hegemonialen Männlichkeit sei es dadurch möglich Arten von Männlichkeiten zu erkennen, deren Position im Geschlechterver- hältnis immer in Frage zu stellen ist (vgl. ebd. 2006, S. 97). Hegemoniale Männlichkeit diene als ein Orientierungsmuster gesellschaftlichen Handelns (vgl. Meuser 2000, S. 107). „Typische“ bzw. „männliche“ Eigenschaften wie z.B. Mut oder Härte könnten so nicht mehr auf jede Situation im gesellschaftli- chen Leben, welches sich einer ständigen Entwicklung unterzieht, übertragen werden. Deshalb ist auch die Machtposition der Männer in Frage zu stellen.
Durch das Prinzip der hegemonialen Männlichkeit, werden die beste- henden Machtverhältnisse unter Männern ausdifferenziert, indem zunächst - wie Connell es beschreibt - zwischen hegemonialen, untergeordneten und komplizenhaften Männlichkeiten unterschieden wird. Daneben können gleich- zeitig auch andere Formen von Männlichkeiten entstehen, wie z.B. die margi- nalisierte Männlichkeit (vgl. Connell 2006, S.97 ff.). Durch die Ausdifferenzie- rung männlicher Machtverhältnisse gelingt es Connell einen Blick innerhalb bislang als homogen verstandener Gruppen zu öffnen. Das Denken über mani festierte gesellschaftliche Zuweisungen der Geschlechterrollen, wodurch es nicht möglich sei Macht- und Ungleichheitsverhältnisse zu analysieren und einen Wandel der Geschlechterverhältnisse zu erkennen, wird so zurückgewie- sen (vgl. Meuser 2006, S. 62). Hegemoniale Männlichkeit sei das dominante „Ideal“ des Männlichkeitsbildes, welches fortlaufend bestehe, jedoch ins Schwanken geraten sei. Es gäbe nicht nur Rangordnungen zwischen Frauen und Männern, sondern auch unter Männern. Sie grenzen sich nicht nur von der Frau durch bestimmte Normen ab. Vielmehr heben sie sich von allem ab, was für sie als weiblich gilt - so auch unter Männergruppen (vgl. Baur/Luedtke 2008, S.10). Das Handeln „idealer“ Männlichkeit, richte sich danach anderen überlegen zu sein. Hegemoniale Männlichkeit konstruiere und stabilisiere sich in diesem Sinne durch die Abgrenzung von allem was dem „Ideal“ nicht ent- spricht (vgl. Jantz 2003, S. 170).
2.5.2 Untergeordnete Männlichkeit: Ein hierarchisches Verhältnis
Hegemonie beziehe sich auf die gesellschaftliche und kulturelle Dominanz insgesamt. Innerhalb dieser umfassenden Struktur gäbe es in den Geschlechter- beziehungen eine bestimmte Hierarchie unter Frauen und Männern sowie unter Gruppen von Männern selbst (vgl. Connell 2006, S. 99). Demnach sind Män- ner, die den Männlichkeitsidealen nicht entsprechen bzw. nicht entsprechen können, in erster Linie keine „idealen“ Männer und werden dadurch den „idea- len“ Männern untergeordnet. Als wichtigste hierarchische Struktur nennt Con- nell die Dominanz heterosexueller Männer und die Unterordnung homosexuel- ler Männlichkeiten. Heterosexuelle Männer seien in der heutigen Gesellschaft den Homosexuellen, die sich in der Geschlechterordnung an letzter Stelle be- finden, übergeordnet. Das Schwulsein sei mit Weiblichkeit gleichgesetzt. Demnach sind Schwule als „Nicht-Männlich“ zu sehen, woraus Diskriminie- rungen entstehen. Durch bestimmte Verhaltensweisen also - solche die nicht den Idealen hegemonialer Männlichkeit entsprechen - können untergeordnete Kategorien entstehen. Beschimpfungen, wie z.B. Feigling, Schlappschwanz oder Memme, eröffne sich die Möglichkeit kategoriale Unterordnungen von Männlichkeiten zu schaffen (vgl. ebd. 2006, S. 99 f.).
Die untergeordneten Männlichkeiten bilden demnach den Kontrahenten zur hegemonialen Männlichkeit. Durch die Unterordnung legimitiert sich das dominierende Männlichkeitsbild. Hegemoniale Männlichkeit basiere auf das Prinzip der Unterordnung und Abwertung (vgl. Grote/ Jantz 2003, S.22).
2.5.3 Komplizenhafte Männlichkeit: Eine Zwischensparte in der Hierarchie
Connell ist der Meinung, dass an dem Prinzip der hegemonialen Männlichkeit nur wenige Männer teilhaben bzw. teilhaben können. Die vollständige Umset- zung der Normen und Prinzipien hegemonialer Männlichkeit sei nur in einem kleinen Spektrum existent. Es gäbe mehrheitlich solche Männlichkeiten, die den Normen der hegemonialen Männlichkeiten nur teilweise entsprechen, sich diese aber als Orientierung zu ihrem Gunsten machen: Komplizenhafte Männ- lichkeiten. Dadurch nehmen sie an der „patriarchalen Dividende“ teil, die aus dem Vorteil der Machtstellung von Männern entstehe (vgl. Connell 2006, S. 100f.).
Komplizenhafte Männer stimmen demnach den Prinzipien zu, denen sie auch entsprechen möchten und profitieren gleichzeitig in der einfachsten Form davon. Diese „pragmatischen“ Männer profitieren beispielsweise davon, dass ihre Frauen ebenfalls wie sie selbst zur Haushaltskasse beitragen. Zulehner beschreibt solche Männlichkeiten als „Rosinenmänner“ (vgl. Zulehner 2004). So müssen nicht nur sie arbeiten gehen und können mehr Zeit mit ihren Kin- dern verbringen. Außerdem steige die Anzahl an Männer, die sich eine fami- lienbedingte berufliche Auszeit nehmen - zumindest für eine bestimmte Zeit. Für solche Männer gäbe es sogar Elterngeld, welches sie für die Erziehung der Kinder in Anspruch nehmen können. Die steigende Anzahl an „neuen Vätern“ sei ein Beleg dafür, dass sich traditionelle Werteeinstellungen und Sichtweisen zunehmend abbauen. Damit sei auch zu belegen, dass sich die Verteilung der Geschlechterrollen verändere. Die Repräsentation des Ehemannes als Ernährers werde also brüchig und verliere daher an Bedeutung (vgl. Kassner 2008, S.141f.).
2.5.4 Marginalisierte Männlichkeit: Am Rande der Gesellschaft
Hegemoniale, komplizenhafte und untergeordnete Männlichkeiten, seien als Konstrukte zu sehen, die durch interne Wechselbeziehungen entstehen. Durch die Betrachtung von Interaktionen zwischen den Geschlechtern verschiedener Schicht und Herkunft bzw. Rasse eröffnen sich weitere Relationsmuster zwi- schen weiteren Männlichkeitsformen. Connell beschreibt in diesem Zusam- menhang die marginalisierte Männlichkeit. Beispielhaft nennt sie die schwarze Männlichkeit. In sportlichen oder kulturellen Bereichen könne diese Art von Männlichkeit bestimmten Prinzipien des Männlichkeitsideals entsprechen, in ihrer ethnischen Marginalisierung aber eigenständige Männlichkeiten konstru- ieren. Die Schichtzugehörigkeit oder Arbeitslosigkeit seien ebenfalls Faktoren, die verschiedene Männlichkeitsformen entstehen lassen können. So könnte ein arbeitsloser Mann in die Kategorie marginalisierte Männlichkeiten fallen, da er nicht das Prinzip des Ernährers erfüllt (Connell vgl. 2006, S.101 ff.).
Festzuhalten sei, dass die genannten Formen von Männlichkeiten keine starren Typbeschreibungen liefern, ebenso keinen dauerhaften Zustand ver- sprechen. Vielmehr unterliegen die verschiedenen Formen von Männlichkeiten einem Veränderungsprozess, wobei situationsbedingt die Handlung innerhalb veränderbarer Beziehungsmuster die entscheidende Rolle einnimmt (vgl. ebd. 2006, S. 102).
2.6 Der Wandel der Geschlechterrollen: Auswirkungen auf das bestehende System!?
Die Umstrukturierungen in den Geschlechterbeziehungen seien bisher im We- sentlichen auf Veränderungen im „weiblichen Lebenszusammenhang“ zurück- zuführen (vgl. Diezinger 2000, S. 77). Um die Veränderungen bzw. den Wan- del der Geschlechterrollen und den daraus entstandenen Auswirkungen auf die Lebensentwürfe von Männern zu verstehen, wird von den veränderten Lebens- entwürfen von Frauen ausgegangen. Dabei zeigen sich veränderte Bedingun- gen auch für Männer. Der Frau sei es gelungen sich von traditionellen Lebens- zusammenhängen zu lösen. Ihre beruflichen Orientierungen belegen dies, wo- bei der Beruf die Realisierung der Selbständigkeit und Unabhängigkeit stütze. Die Erwerbstätigkeit sei zu einem wichtigen Bestandteil weiblicher Lebens- entwürfe geworden. Familie schrumpfe dabei zu einer zeitlich begrenzten Pha- se im Leben. Es eröffne sich die Möglichkeit für neue Lebensformen bzw. neu- en privaten Geschlechterarrangements. Die Erwerbschancen der Frauen gegen- über den Männern seien jedoch eingeschränkt (vgl. ebd. 2000, S. 78 f.). Es scheint so, dass Männer immer noch über die gesellschaftliche Dominanz ver- fügen, welche der Allgemeingültigkeit entspreche (vgl. Connell 2006, S. 94). Im Erwerbsbereich sei es die gesellschaftliche Vormachtstellung des Mannes, woraus seine eingeschränkte Verfügbarkeit für die Familie resultiere und hin- genommen werden müsse. Frauen ist es demnach noch nicht möglich sich von der Verantwortung für andere vollkommen freizusetzen. Man könne also von Frauen nicht erwarten, dass sie sich der Versorgung anderer unterordnen, aber auch nicht, dass sie ihr Interesse für die Verantwortung anderer völlig abgeben.
Durch diese „doppelte Vergesellschaftung“ kommt es durch Lebensent- scheidungen bzw. individuellen Lebensplänen von Frauen zu Spannungen in den Geschlechterverhältnissen. Je mehr Frauen über eigene Entscheidungen eine individuelle Lebensplanung betreiben, desto mehr gäbe es auch auszuhan- deln. Die geschlechtliche Arbeitsteilung sei auf Seiten der Frauen einseitig aufgelöst. Durch den zunehmenden Einstieg von Frauen in den Erwerbsbe- reich, was u.a. auf die Individualisierung des Arbeitsmarktes zurückzuführen sei, käme es nicht nur zur erhöhten Unabhängigkeit, sondern auch zu größeren beruflichen Risiken. Deshalb seien viele Frauen auch nicht längerfristig exis-tentiell abgesichert und so unabhängig von Partner und Staat.
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- Citar trabajo
- Ioannis Sapounas (Autor), 2011, Gendersensibler politischer Unterricht , Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192238
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