Das deutsche Gesundheitssystem übt eine prägende Funktion auf den Staat aus, indem die Lebenschancen der gesamten Bevölkerung von ihm beeinflusst werden und deren Gesundheit unter anderem auch von den Gegebenheiten des Gesundheitswesens mitbestimmt wird. 85,3% der Gesamtbevölkerung und damit 70,4 Millionen Menschen waren 2005 Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), über die damit der größte Teil der Vorgänge im Gesundheitswesen abgewickelt wird.
Eine zentrale Position im Gesundheitswesen nehmen neben den Krankenhäusern die in dieser Untersuchung im Fokus stehenden ambulant arbeitenden Vertragsärzte ein. Sie sind nach wie vor der Dreh- und Angelpunkt für die ambulante medizinische Versorgung der Versicherten. Die Veränderungen durch die Gesundheitsreformen 2003-2007 könnten, z.B. durch eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, die Frühverrentung zahlreicher Ärzte ohne Praxisnachfolger zur Folge haben, durch eine massenhafte Schließung von Arztpraxen könnte sich im schlimmsten Fall der Weg vom Patienten zum nächsten Arzt drastisch verlängern.
Datenerhebung
Die Befragung wurde am 05.06.2009 mit der Deutschen Post an 3000 repräsentativ ausgewählte Ärzte in Rheinland-Pfalz und Hessen versandt. Der Rücklauf der Fragebögen begann am 09.06.09 und endete am 11.07.09 mit 3000 versendeten Fragebögen und einer Rücklaufanzahl von 898 verwertbaren Fragebögen. Die Rücklaufquote beträgt gerundet 29,9%.
Ergebnisse
In den nächsten fünf Jahren werden in Rheinland-Pfalz und Hessen voraussichtlich
rund 20% der Arztpraxen schließen, 6,3% bereits innerhalb der nächsten zwei Jahre.
Von den schließenden Praxen haben nur rund 10% einen Praxisnachfolger. Dabei
sind Einzelpraxen deutlich stärker betroffen als Gemeinschaftspraxen. Während 26%
der Einzelpraxen innerhalb der nächsten fünf Jahre schließen werden, sind davon
nur 12% der Gemeinschaftspraxen betroffen.
Die rege Beteiligung der Ärzte über das zuvor vermutete Maß hinaus lässt einen Rückschluss auf die Aktualität der Thematik zu, welche die Gemüter der Ärzte offensichtlich bewegt. Für Verbände stellt sich die Frage, ob die bisherige Position überdacht werden muss und auf Veränderungen in einer bestimmten Richtung gedrängt werden sollte. Die politischen Entscheidungsträger müssen sich fragen, ob die eintretenden Veränderungen den durch die initiierten Reformen intendierten Verbesserungen entsprechen oder ob hier weitere Steuerungsmaßnahmen notwendig werden.
Inhalt
1 Einleitung
2 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
3 Disziplinen und Reformprozess im Überblick
4 Akteure der GKV
4.1 Krankenkassen
4.1.1 Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK)
4.2 Vertragsärzte und ihre Organisation
4.2.1 Kassenärztliche Vereinigungen
4.2.2 Fortbildungspflicht
4.2.3 4.2.3 Qualitätsmanagement (QM)
4.3 4.3 Vertragsärztliche Versorgung
4.4 Neue Beschäftigungsmöglichkeiten für Vertragsärzte (VÄG)
4.5 Ambulante Versorgung durch Krankenhäuser
5 Finanzierung der GKV
5.1 Bisherige Finanzierung der GKV
5.2 Gesundheitsfonds
5.3 Honorarsystem der GKV
5.4 Honorarreform
5.4.1 Einzelverträge
6 Problemzusammenfassung
6.1 Fragestellungen
7 Operationalisierung
7.1 Hypothesenbildung
7.2 Definition der Begriffe
7.3 Fragebogenkonstruktion
7.3.1 Erhebungsmethode und Stichprobe
8 Datenerhebung
8.1 Probleme und Fehler im Fragebogen
9 Datenauswertung
9.1 Datenbereinigung
9.1.1 Recodierung und Variablentransformation
9.2 Fallgewichtung
9.3 Analysestichprobe
9.4 Wirtschaftliche Situation
9.5 Praxisschließungen
9.6 Alternative Tätigkeiten
9.7 Hauptgründe für Schließungen und berufliche Veränderungen ..
9.8 Empfundene Belastung
9.9 Kassenärztliche Vereinigungen
9.10 Veränderungen durch das VÄG
9.11 Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung
9.12 Allgemeine Fragen
10 Hypothesenprüfung
11 Diskussion
12 Anhang
12.1 Anhang 1: Auszug aus dem EBM 2009
12.2 Anhang 2: Personalisiertes Anschreiben zum Fragebogen...
12.3 Anhang 3: Fragebogen
13 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Der Stellenwert des deutschen Gesundheitswesens für die Stabilität der Bundesrepublik ist heute kaum noch zu unterschätzen. Dabei übt das Gesundheitswesen oder auch Gesundheitssystem eine prägende Funktion auf den Staat aus, indem die Lebenschancen der gesamten Bevölkerung von ihm beeinflusst werden und deren Gesundheit unter anderem auch von den Gegebenheiten des Gesundheitswesens mitbestimmt wird. 85,3% der Gesamtbevölkerung und damit 70,4 Millionen Menschen waren 2005 Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), über die damit der größte Teil der Vorgänge im Gesundheitswesen abgewickelt werden. Gleichzeitig waren 10% der Bevölkerung Mitglied der Privaten Krankenversicherung, der übrige Teil der Bevölkerung war anderweitig abgesichert (Bundeswehrsoldaten, Strafvollzug, Sozialhilfeempfänger usw.) oder ohne Versicherungsschutz (Oberender/Hebborn/Zerth 2006, S.43f.). Damit ist die GKV der zentrale Bestandteil des Gesundheitswesens und verantwortlich für die medizinische Versorgung von 85% der Menschen in Deutschland.
Über den medizinischen, gesundheitlichen und damit lebensverlängernden Stellenwert des Gesundheitswesens hinaus ist es auch als Arbeitsbereich ein wichtiger Sektor in der Bundesrepublik Deutschland. Insgesamt waren im Dezember 2005 etwa 4,3 Millionen Beschäftigte im Gesundheitswesen tätig (StBa 2007) und damit jeder neunte Beschäftigte in ganz Deutschland. Zwischen 2004 und 2005 ist die Zahl der Beschäftigten damit um 0,6% gestiegen, während die Beschäftigung in der Gesamtwirtschaft nahezu stagnierte. Zahlreiche Arbeitsplätze aus Unternehmen, die nicht unmittelbarer Teil des Gesundheitswesens sind, sondern diesem nur zuarbeiten, sind hier noch nicht berücksichtigt.
Die Gesamtausgaben für Gesundheit in Deutschland beliefen sich im Jahr 2007 auf rund 253 Mrd. € und entsprachen demnach 10,4% des Bruttoinlandsprodukts (StBa 2007 und 2008, eigene Berechnungen). Die GKV trug davon 145 Mrd. € oder 57,5% der Gesundheitsausgaben, dies entspricht 6% des BIP.
Diese Zahlen unterstreichen den derzeitigen Stellenwert des Gesundheitswesens im politischen und wirtschaftlichen System der Bundesrepublik Deutschland (BRD). Die demografische Entwicklung der deutschen Bevölkerung und die damit einhergehende, zu erwartende Morbiditätsstruktur der Krankenversicherten lassen nicht darauf schließen, dass sich diese Stellung des Gesundheitswesens in Zukunft verringern könnte, sondern im Gegenteil noch an Zentralität gewinnen dürfte. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes wird sich der Anteil der über 65jährigen von 15,9% im Jahr 1999 auf bis zu 30,2% im Jahr 2050 erhöhen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass über 65 Jahre alte Menschen 2003 im Durchschnitt mehr als dreimal so oft krank waren, wie die Gruppe der 15 bis 45jährigen (Rosenbrock/Gerlinger 2006, S.41).
Weiterhin ist unklar, ob die für das Gesundheitswesen überdurchschnittlich kostenintensive Gruppe der chronisch Kranken mit steigender Lebenserwartung ebenfalls größer wird oder ob die Phase der durch Multimorbidität und chronische Erkrankungen geprägten Lebensjahre mit steigender Lebenserwartung ebenfalls verschoben wird. Die durch Gesundheitsreformen herbeigeführten Eingriffe in das System der GKV haben nach den oben ausgeführten Gegebenheiten Auswirkungen auf den überwiegenden Teil der Bevölkerung bezüglich ihrer medizinischen Versorgung, sowie einen nicht unerheblichen Teil der deutschen Beschäftigten. Weiterhin werden durch Veränderungen des Systems auch enorme Geldbeträge umgelenkt, was wiederum Auswirkungen auf zahlreiche Bereiche innerhalb und außerhalb des Gesundheitswesens hat. Zahlreiche Unternehmen, die für das Gesundheitswesen tätig sind, sind wirtschaftlich von den Reformprozessen direkt oder indirekt abhängig.
Eine zentrale Position im Gesundheitswesen nehmen neben den Krankenhäusern die in dieser Untersuchung im Fokus stehenden ambulant arbeitenden Vertragsärzte1ein. Sie sind nach wie vor der Dreh- und Angelpunkt für die ambulante medizinische Versorgung der Versicherten. Die Vertragsärzte sind der Gesetzgebung und den politischen Reformen in ihrer beruflichen Tätigkeit vollständig ausgeliefert und darin eng beschränkt.
Für Arztpraxen wurden im Jahr 2007 38,4 Milliarden € aufgewendet (StBa 2007). Dabei sind die Verschreibungen, auf welche die niedergelassenen Ärzte Einfluss nehmen, nicht einbezogen.
Aufgrund der vorangegangenen Überlegungen muss es für politische Entscheidungsträger, Unternehmen und Institutionen des Gesundheitswesens von zentraler Bedeutung sein die Gesundheitsreformen akribisch zu beobachten und zu evaluieren. Für zahlreiche Unternehmen dieses Bereiches dürfte es überlebenswichtig sein, die durch Gesundheitsreformen herbeigeführten Veränderungen frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren.
Auch die Vertragsärzte müssen die Veränderungen genau im Auge behalten, da sie verpflichtet sind verschiedenste Aufgaben und Neuerungen umgehend umzusetzen. Diese Neuerungen können Be- und Entlastungen in ihrer täglichen Arbeit bedeuten und im Vorfeld ist nicht immer genau vorhersagbar welche der beiden Ausprägungen die Neuerungen annehmen werden. Durch die Gesundheitsreformen der Jahre 2004 - 2007 wurden zahlreiche Bereiche der vertragsärztlichen Versorgung Änderungen unterworfen, deren genauen Folgen erst langsam sichtbar werden. Die zukünftigen Strukturen der ambulanten ärztlichen Versorgung durch die Vertragsärzte könnten sich dadurch verändern. Solche Veränderungen könnten, z. B. durch eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, die Frühverrentung zahlreicher Ärzte ohne Praxisnachfolger, möglicherweise aber auch durch Verbesserungen der Bedingungen, eine Tätigkeit aller Ärzte bis zum 67. Lebensjahr nach sich ziehen. Veränderungen im Verhalten der Ärzte durch Reformen können starke Unterschiede in den Versorgungsstrukturen zur Folge haben, durch eine massenhafte Schließung von Arztpraxen könnte sich im schlimmsten Fall der Weg vom Patienten zum nächsten Arzt drastisch verlängern, was vor allem ältere Patienten vor Herausforderungen stellen würde.
Um die Veränderungen der Versorgung durch niedergelassene Vertragsärzte aufgrund von politischen Reformen des Gesundheitssystems soll es in den folgenden Teilen dieser Forschungsarbeit gehen. Die Untersuchung konzentriert sich dabei auf Vertragsärzte in Hessen und Rheinland-Pfalz. Dazu werden im nachfolgenden Kapitel die zugrunde liegende Problemstellung und die Zielsetzung der Arbeit erläutert. Im dritten Kapitel sollen dem Leser ein Überblick über Forschungsstand und zugrunde liegende Literatur gegeben, sowie der Reformprozess von 2004 - 2007 nahegebracht werden. In Kapitel vier werden die wichtigsten Akteure der GKV genannt und deren Aufgaben erläutert, bevor in Kapitel fünf die Finanzierung der GKV ausführlich beschrieben wird. Dabei werden die betreffenden Reformmaßnahmen zu jedem Bereich umgehend dargestellt und erläutert. In Kapitel sechs erfolgen eine Problemzusammenfassung und die daraus resultierenden Fragestellungen für die folgende empirische Untersuchung. In den Kapiteln sieben und acht werden die Operationalisierung und die Fragebogenkonstruktion beschrieben. In Kapitel neun wird der Prozess der Datenerhebung erläutert, bevor in Kapitel zehn die ausführliche Datenauswertung stattfindet. Die Hypothesenprüfung wird in Kapitel elf durchgeführt und die Diskussion zusammen mit einem Ausblick in Kapitel zwölf formuliert. Einige Materialien, sowie der vollständige Fragebogen sind im Anhang in Kapitel 13 zu finden. In Kapitel 14 kann die verwendete Literatur eingesehen werden.
2 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Die Funktion, welche das Gesundheitssystem zu erfüllen hat, lässt sich in drei Ebenen unterteilen. Auf der gesellschaftlichen Ebene hat jeder Bürger, unabhängig von Einkommen und sozialem Status, Anspruch auf die notwendige Gesundheitsversorgung (Nohlen 2001, S.165). Auf der medizinischen Ebene hat der Bürger Anspruch auf die bestmögliche Qualität der Gesundheitsversorgung und auf ökonomischer Ebene muss das Gesundheitssystem eine kostengünstige Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen und damit eine effiziente Versorgung sicherstellen. Aus diesen Aufgaben entsteht ein Spannungsfeld, welches sich zentral durch das gesamte Gesundheitssystem zieht.
Es speist sich vor allem aus dem Antagonismus einer ausreichenden medizinischen Versorgung und ihrer Erbringung zu wirtschaftlichen Bedingungen. Die organisatorische Grundlage zur Regelung der Vorgänge im Gesundheitswesen bildet die GKV. Die rechtliche Grundlage bildet das Sozialgesetzbuch V (SGB V) und die darauf aufbauenden Gesetze und Verträge (vgl. Andersen/Woyke 2003, 223ff.). Hier wird geregelt, wer welche Leistungen in welcher Höhe finanziert und wer welche Leistungen in welcher Höhe in Anspruch nehmen kann. Diese gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen bilden auch den Rahmen für die Tätigkeit der Vertragsärzte. Darin wird geregelt, wie sie ihre Leistungen zu erbringen haben, wie die Vergütungen dafür verhandelt werden und welche Verwaltungstätigkeiten von ihnen erfüllt werden müssen. Durch die Gesundheitsreformen 2004 - 2007 wurden viele Veränderung im dem Bereich, welcher die Vertragsärzte betrifft, vorgenommen (siehe Kap. 4 - 6), die für die Ärzte einen erheblichen Mehraufwand bedeuten könnten und damit eine Gehaltsreduktion pro Arbeitsstunde nach sich ziehen könnten. Als Beispiel sei hier die reichlich diskutierte Praxisgebühr genannt. Mit ihrer Einführung und dem Einzug der Gebühr von den Versicherten durch die Vertragsärzte wurden für diese die Anschaffung einer Bargeldkasse und die Buchführung über den Einzug notwendig. Dies ist ein Beispiel für Veränderungen, die für die Ärzte keinen Profit, sondern ausschließlich Mehraufwand bringen. Häufungen derartiger Neuerungen könnten womöglich dazu führen, dass approbierte Ärzte von einer Niederlassung abgeschreckt werden und sich lieber in einem Krankenhaus anstellen lassen. Möglicherweise könnten diese Veränderungen auch dazu führen, dass Ärzte ihre Praxen schließen, um einer alternativen Tätigkeit, wie einer Anstellung oder einer niedergelassenen ärztlichen Tätigkeit im Ausland nachzugehen. Derartige Praxisschließungen könnten eine regionale Unterversorgung durch Vertragsärzte und damit inakzeptabel weite Wege vom Patienten zum Arzt zur Folge haben. Auch andere Bereiche können auf diese Entwicklung Einfluss haben, wie z. B. die Honorarsituation der Vertragsärzte. Ziel dieser Arbeit ist es, für den Untersuchungsbereich vorherzusagen wie hoch der Anteil der in Zukunft schließenden Praxen sein wird und in welchem Zeitraum dieser Prozess vonstattengehen wird. Darüber hinaus soll erörtert werden, aus welchen Beweggründen die Praxen geschlossen werden und was für die Ärzte die stärksten Belastungen in ihrem Berufsleben darstellt. Zentral sind dabei die Untersuchung von Zusammenhängen zwischen der Urbanität2 und Praxisschließungen, sowie die Differenzierung nach verschiedenen Arztgruppen und den beiden untersuchten Bundesländern. Nicht zuletzt soll auch untersucht werden, ob ein Zusammenhang zwischen anstehenden Praxisschließungen und den durchgeführten Gesundheitsreformen besteht.
Um diese Daten gewinnen zu können ist eine quantitative Befragung einer zufällig ausgewählten Stichprobe der Ärzteschaft mittels eines standardisierten, schriftlichen Fragebogens notwendig. Andernfalls könnten keine verlässlichen Daten von den Vertragsärzten in RLP und HE gewonnen werden, die Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit zulassen.
3 Disziplinen und Reformprozess im Überblick
In Bezug auf das Gesundheitssystem befasst sich die Politikwissenschaft in erster Linie mit dem Zusammenwirken von Staat und Interessenverbänden im Gesundheitswesen, weniger mit Inhalten und gesundheitlichen Auswirkungen der gesundheitspolitischen Entscheidungen (Rosenbrock/Gerlinger 2006, S.11f.). Außerdem befassen sich die Wirtschaftswissenschaften (siehe hierzu Orlowski/Wasem 2004 und 2007) und die Rechtswissenschaften (siehe hierzu Dierks/Hildebrandt 2008) mit den Gesundheitsreformen und deren wirtschaftlichen und juristischen Folgen. Daneben hat sich die Disziplin der Gesundheitswissenschaften/Public health als wissenschaftliche Disziplin etabliert, die medizinische, wirtschaftswissenschaftliche und sozialwissenschaftliche Erkenntnisse verbindet (siehe hierzu Kolip 2002). Diese Disziplinen befassen sich mit den Gesundheitsreformen, die seit 1988 alle ein bis vier Jahre beschlossen werden. Dabei war bereits seit 1977 mit dem Krankenversicherungskostendämpfungsgesetz die Kostendämpfung zentraler Bestandteil der Reformpolitik. Ab diesem Zeitpunkt waren die Partner der GKV zur Beitragssatzstabilität verpflichtet. Seit 1992 wurde das Gesundheitswesen permanent reformiert, neben der Kostendämpfungspolitik wurden jedoch auch andere Reformziele verfolgt. So war die Einführung der Pflegeversicherung 1995 durch die Bedürfnisse einer alternden Gesellschaft motiviert, denen man gerecht werden musste. Weiterhin war eine Steigerung des Krankenkassenwettbewerbs Ziel von Reformmaßnahmen, so z. B. mit der freien Kassenwahl durch die GKV- Versicherten durch das Gesundheitsstrukturgesetz 1993 (Busse/Riesberg 2005, S.226). Durch das Gesundheitsstrukturgesetz und die sogenannte „dritte Stufe“ der Gesundheitsreform 1997/98 wurden auch erhöhte Zuzahlungen für Arzneimittel und rehabilitative Maßnahmen beschlossen. Ab der Gesundheitsreform 2000 wurden dann u.a. Verbesserungsanreize für die Zusammenarbeit zwischen Hausärzten, niedergelassenen Fachärzten und Krankenhäusern geschaffen und Budgets zur Kostenreduzierung eingeführt. Diese Maßnahmen sind nur eine kleine
Auswahl der Reformmaßnahmen der letzten 20 Jahre, in deren Mittelpunkt Kostendämpfung, Leistungsreduzierung und Zuzahlungserhöhungen standen. Dabei blieb die grundsätzliche Struktur des Gesundheitssystems unangetastet (ebd.). Einen ausführlichen Überblick über die Reformmaßnahmen geben Busse/Riesberg 2005 und Rosenbrock/Gerlinger 2006, sowie für die neuesten Reformen Orlowski/Wasem 2004 und 2007. Einen umfassenden Einblick in die Strukturen der Akteure in der GKV gibt Simon 2008.
Die drei Gesetze, die den hier betrachteten Gesundheitsreformen zugrunde liegen, sind das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) von 2004, das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄG) von 2007 und das GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG), ebenfalls von 2007. Das GMG wurde durch die Rot-Grüne Koalition unter Gerhard Schröder ausgehandelt und mit einem Eckpunktepapier 2003 beschlossen. Ziel des GMG war der Beschluss von Maßnahmen zur finanziellen Stabilisierung der GKV, sowie der strukturellen Entwicklung in der GKV, die zu einer Beseitigung von Qualitäts- und Versorgungsproblemen führen sollten. Am 26.09.2003 passierte das GMG den Bundestag und am 17.10.2003 den Bundesrat.
Es trat in wesentlichen Teilen am 01.01.2004 in Kraft (Orlowski/Wasem 2004, S.2). Das VÄG wurde durch die Große Koalition unter Bundeskanzlerin Angela Merkel beschlossen, um regionale und arztgruppenspezifische Probleme durch die Flexibilisierung der Vorgaben für die vertragsärztliche Tätigkeit zu lösen. Das Gesetz wurde am 22.12.2006 ausgefertigt und trat zum 01.01.2007 in Kraft.
Das GKV-WSG wurde am 02.02.2007 vom Deutschen Bundestag und am 16.02.2007 vom Bundesrat verabschiedet. Am 01.04.2007 traten große Teile in Kraft, weitere Teile jedoch erst am 01.01.2009 oder werden am 01.01.2011 in Kraft treten. Erklärtes Ziel dieses Gesetzes ist der dauerhafte Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens durch stabile Finanzstrukturen. Die Gründe für die chronische Unterfinanzierung des Systems wurden in diesem Zusammenhang weniger bei zu hohen Ausgaben, als vielmehr bei schwächelnden Einnahmen durch die demografische Entwicklung gesehen (Orlowski/Wasem 2007, S.1ff.).
4 Akteure der GKV
Zum Verständnis der Problematiken des Gesundheitswesens, welche die Gesundheitsreformen motiviert haben ist es unabdingbar die Akteure der GKV und ihre Organisationsstrukturen zu kennen. Im Folgenden sollen die wichtigsten Akteure der gesetzlichen Krankenversicherung und ihre Strukturen grundlegend vorgestellt werden. Als wichtigste Akteure können in der GKV die Krankenkassen als Träger der Finanzierung und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) als Verbände der Vertragsärzte und Organisation zur Honorarverteilung angesehen werden.
Es wird in erster Linie die Situation vor den Reformen 2004 und 2007 dargestellt, am Ende jedes Abschnittes werden die Veränderungen durch die Reformen ausführlich erläutert.
4.1 Krankenkassen
Die Krankenkassen nehmen neben den KV die zentrale Position im Gesundheitswesen ein. Mit 58% (145 Mrd. €) der gesamten Gesundheitsausgaben des Jahres 2007 (StBa 2007) entfällt auf die gesetzlichen Krankenkassen der größte Teil der Finanzierung des Gesundheitswesens. Betrachtet man die Zahl der Versicherten in gesetzlichen Krankenkassen wird deutlich, dass der überwiegende Teil der Bundesbürger in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert ist. Mit 72,1 Mio. Personen sind 87,7% (siehe Tabelle 1) der Bevölkerung Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse. Die Strukturen der gesetzlichen Krankenkassen beeinflussen damit die medizinische Versorgung des überwiegenden Teils der Bevölkerung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Anzahl der Personen nach Versicherungsform 2007
Quelle: Statistisches Bundesamt 2009
Die Krankenkassen sind3 nach § 4 SGB V konzipiert als rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts und damit Instrument des Sozialstaates, um dessen Fürsorgepflicht für seine Bürger nachzukommen (Simon 2008, S. 123ff.). Insgesamt gibt es in der Bundesrepublik Deutschland derzeit 187 gesetzliche Krankenkassen (www.gkv- spitzenverband.de), wobei sich ihre Anzahl seit Beginn der gesetzlichen Krankenversicherung im 19. Jahrhundert stark reduziert hat. Gab es zur Zeit der ersten Statistiken 1911 ca. 2000 gesetzliche Krankenkassen und 1991 noch 1209 (Simon 2008, S. 103), reduzierte sich die Anzahl bis 2009 drastisch auf 187 (Spitzenverband-GKV 2009).
Die verschiedenen Bezeichnungen, Primär- und Ersatzkassen, sind
historisch begründet und heute kaum noch relevant, werden jedoch in den Namen der Krankenkassen noch verwendet. Nach der Sozialgesetzgebung durch Bismarck wurden sogenannte Primärkassen gegründet, welche die Krankenversicherung der Arbeiter übernahmen. Hierzu gehören Orts-, Innungs- und Betriebskrankenkassen, die knappschaftliche Krankenversicherung und die Seekrankenkasse.
Betriebskrankenkassen bestanden zum Teil bereits vor den Sozialgesetzen (Simon 2007, S. 19 ff.). Dies gilt auch für die Innungskrankenkassen, deren Vorläufer in den Zünften und Gesellenbruderschaften zu finden sind. Neben Primärkassen kam es zur Bildung von Hilfskassen, in der sich diejenigen freiwillig versichern konnten, deren Einkommen zu niedrig waren, um einer der Primärkassen beizutreten. Diese freiwilligen Hilfskassen waren die Vorläufer der heutigen Ersatzkassen (Simon 2007, S. 27). Ab dem 1.1.1996 war die Trennung nach den Kassentypen praktisch obsolet, da die Kassen die Möglichkeit erhielten sich durch Satzungsänderung für alle versicherungspflichtigen Bürger zu öffnen, was diese auch weitestgehend taten. Heute sind die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) mit einem Anteil von 38,5% der Versicherten der GKV, im Vergleich der verschiedenen Kassenarten, nach wie vor die wichtigste Kassenart. Die Ersatzkassen folgen mit 30,4% vor den Betriebskrankenkassen mit 19,3% der Versicherten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Anzahl der Versicherten in Tausend, nach Krankenkassen 2007
Quelle: Statistisches Bundesamt 2009
Aufgabe der Krankenkassen ist es, als Solidargemeinschaft die „Gesundheit der Mitglieder zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern“(§ 1 SGB V).
Dazu haben die Kassen den Mitgliedern eine den gesetzlichen Normen entsprechende Krankenversicherung zu bieten, dabei „sparsam und wirtschaftlich zu verfahren und Ihre Ausgaben so auszurichten, dass Beitragssatzerhöhungen ausgeschlossen werden“
(§ 4 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Im Gegenzug sind sie dazu verpflichtet, von ihren Mitgliedern Beiträge zu erheben, die prozentual vom Lohn des Versicherten und dem Arbeitgeber zu gleichen Teilen bezahlt werden, um die medizinische Versorgung zu finanzieren. Über die Beitragshöhe konnten die Krankenkassen bis 2009 selbst entscheiden, wobei ihnen vom Gesetzgeber durch den Grundsatz der Beitragssatzstabilität nach §71 SGB V enge Grenzen gesetzt waren. Dabei arbeiten die Kassen nicht gewinnorientiert, sind nach dem Prinzip der Selbstverwaltung organisiert und durch eine eigene Satzung reglementiert.
Geleitet werden die Kassen durch einen Vorstand, der die Unternehmensentscheidungen trifft und einen Verwaltungsrat, der die Satzung der Kasse verabschiedet, über die Höhe des Beitragssatzes entscheidet und den Vorstand wählt (Busse/Riesberg 2005, S. 42).
Die Krankenkassen sind unterschiedlich organisiert. Es gibt bundesweit zugängliche Krankenkassen ebenso wie solche, die nur in einer bestimmten Region für die Versicherungspflichtigen zugänglich sind. Bis zur Gesundheitsreform 2007 waren die Krankenkassen in eigenen Spitzenverbänden organisiert. Dies hat sich durch die Reform geändert, wie im Folgenden noch gezeigt wird. Die meisten Leistungen, welche die Versicherten der GKV auf Kosten der Krankenkassen in Anspruch nehmen können, sind gesetzlich vorgeschrieben. Es besteht für die Kassen nur Spielraum für über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende Mehrleistungen. Damit die ärztliche Versorgung ihrer Versicherten sichergestellt ist, sind die Krankenkassen verpflichtet Verträge mit Ärzten abzuschließen. Jedoch werden diese Verträge nicht mit den einzelnen Ärzten selbst, sondern mit ihren Zusammenschlüssen, den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), geschlossen.
Wie bereits erwähnt, kam es in den vergangenen Jahren verstärkt zu Fusionen der gesetzlichen Krankenkassen und einer damit zusammenhängenden, starken Reduzierung der Anzahl der gesetzlichen Krankenversicherungsunternehmen. Diese Entwicklung ist in erster Linie auf politischen Druck auf die Krankenkassen zurückzuführen. Durch das GKV-WSG wurden viele der derzeit vonstattengehenden Fusionen erst möglich, da es erstmals erlaubt, dass sich auch Kassen verschiedener Arten zusammenschließen. Das bedeutet, dass z. B. eine Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) auch mit einer Betriebskrankenkasse (BKK) fusionieren kann, während sich zuvor nur artgleiche Kassen zusammenschließen konnten (Orlowski/Wasem 2007, S. 159).
Zuvor hatte das GMG bereits in die Finanzierung der Krankenkassen eingegriffen und eine Zuzahlung zur vertragsärztlichen Vergütung, in Form einer Praxisgebühr eingeführt. Diese wird quartalsweise beim ersten Arztbesuch fällig und kommt dem Etat der Krankenkassen zugute. Aus der Ärzteschaft hagelte es Proteste, da die Praxisgebühr durch die Ärzte einzuziehen ist, was für diese mit Verwaltungsaufwand verbunden ist, der nicht vergütet wird.
4.1.1 Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK)
Bei all ihren Aktivitäten unterliegen die Krankenkassen einem im Sozialgesetzbuch festgehaltenen Wirtschaftlichkeitsgrundsatz. Um diesen erfüllen zu können ist es notwendig die erbrachten Leistungen der Ärzte zu überprüfen.
In starkem Maße ist die Kontrollfunktion an die KV delegiert, jedoch sind die Krankenkassen verpflichtet, verschiedenste Sachverhalte und Verordnungen selbst zu überprüfen (§ 275 SGB V).
Zu diesem Zweck haben die Kassen den medizinischen Dienst der Krankenversicherung als Arbeitsgemeinschaft gegründet, die von allen Krankenkassen getragen wird.
Dabei entstanden 15 MDK4 auf Landesebene, und der medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) (seit 2008 medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen) auf Bundesebene (MDK 2009). Aufgabe der MDK bzw. des MDS5ist die fachliche Beratung der Gesetzlichen Krankenversicherung mithilfe von medizinisch geschultem Fachkräften, die gutachterliche Stellungnahmen zu den begutachteten Fällen abgeben, auf deren Grundlage die Krankenkassen entscheiden können. Darüber hinaus ist der MDS auch für die koordinierte und zielgerichtete Zusammenarbeit der MDK untereinander zuständig (Gerst 1999, A 2426).
Weiterhin beraten sie die Krankenkassen in medizinischen Versorgungsfragen und sind für die Begutachtungen in der Pflegeversicherung zuständig (MDK 2009). Um diesen Aufgaben sinnvoll nachkommen zu können, beschäftigen die MDK rund 6800 Mitarbeiter aus verschiedenen medizinischen Berufen, darunter etwa 2600 Assistenten im medizinisch pflegerischen Bereich, sowie 2050 Ärzte und 1350 Pflegefachkräfte (Simon 2008, S. 129 ff.).
Diese prüfen u.a. die Arbeitsfähigkeit, die Notwendigkeit medizinischer Leistungen, Anträge auf häusliche Krankenpflege, die Angemessenheit
der Abrechnungen, Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung und die Pflegebedürftigkeit von Patienten. Dabei entscheiden die Mitarbeiter der MDK anhand von Aktenlagen oder durch persönliche Begutachtung.
Daneben können die MDK Anfragen an die Ärzte versenden, worauf diese eine Stellungnahme zu verfassen haben.
Die Kosten für diese Dienste lagen 2007 laut MDS bei insgesamt rund 550 Mio. €. Die Kosten für die Dienste werden jeweils zur Hälfte von der Kranken- und der Pflegeversicherung bezahlt (Gerst 1999, A 2426). Mit dem GKV-WSG hat der Gesetzgeber die Gründung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen beschlossen, der die Nachfolge der bis dahin bestehenden acht Spitzenverbände der Krankenkassen und mit dem 01.07.2008 deren Aufgaben übernommen.
4.2 Vertragsärzte und ihre Organisation
Die zweite große Säule der ambulanten ärztlichen Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung sind die Vertragsärzte. Als Vertragsärzte werden diejenigen Ärzte bezeichnet, die einer freiberuflichen Tätigkeit nachgehen und zur Versorgung der gesetzlich krankenversicherten Bürger zugelassen sind (Simon 2008, S. 192). Um die Vertragsverhandlungen in der GKV zu vereinfachen, sind die Vertragsärzte in den Kassenärztlichen Vereinigungen zusammengeschlossen. Dies verhindert, dass jeder Vertragsarzt persönlich über sein Honorar verhandeln muss, bzw. mit jedem Vertragsarzt einzeln über dessen Vergütung Verträge geschlossen werden müssen.
4.2.1 Kassenärztliche Vereinigungen
1931 wurden die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) zur Honorarverteilung und Interessenvertretung der Vertragsärzte als Körperschaften des öffentlichen Rechts konstituiert, um die ärztliche Versorgung von einem Einzelvertragssystem6auf ein Kollektivvertragssystem umzustellen (Quasdorf 2007 S. 11 f.).
Ärzte, die an der Behandlung von GKV-Versicherten teilnehmen wollen, müssen Mitglied einer KV sein. In jedem Bundesland besteht eine KV, in Nordrhein-Westfalen bestehen, historisch gewachsen zwei KV, die KV- Nordrhein und die KV-Westfalen-Lippe. Sie werden seit 2005 von Hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern geleitet und von den Mitgliedern selbst verwaltet.
Zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sind für Ärzte zwei Voraussetzungen zu erfüllen: Sie müssen eine Approbation erworben haben, d.h. eine staatliche Zulassung zur Ausübung des ärztlichen Berufes besitzen (Simon 2008, S. 192). Nach einer erfolgreichen 5jährigen allgemeinmedizinischen oder fachärztlichen Weiterbildung können Ärzte die Eintragung ins Arztregister beantragen, womit sie außerordentliches Mitglied der KV werden. Nach der Eintragung in das Arztregister entscheidet der Zulassungsausschuss über den Antrag auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Wenn ein Bedarf in der Region und Arztgruppe, für die sich der Arzt bewirbt, festgestellt wurde, kann dem Antragssteller ein Vertragsarztsitz7 zugeordnet werden, wodurch er ordentliches Mitglied der KV wird (Quasdorf 2007, S. 11 ff.).
Die Verwaltung des Arztregisters und die damit verbundene Zulassung von Vertragsärzten gehören, neben der Honorarverteilung, zu den zentralen Aufgaben der KV. Damit nimmt sie den sogenannten Sicherstellungsauftrag wahr, d.h. dass die KV die ausreichende und zweckmäßige Versorgung der Versicherten in ihrem Arbeitsbereich garantieren muss (§ 75 Abs.1 SGB V). Zu diesem Zweck erstellt die Kassenärztliche Vereinigung einen Bedarfsplan, durch den festgehalten wird, wie viele Ärzte einer bestimmten Arztgruppe in einem bestimmten Gebiet benötigt werden bzw. in Zukunft zugelassen werden müssen, um die Versorgung aufrecht zu erhalten. Dabei sind sowohl Überversorgung, als auch Unterversorgung zu vermeiden. Als überversorgt gilt ein Gebiet in dem 10% mehr Ärzte einer Arztgruppe praktizieren, als tatsächlich notwendig (Simon 2008, S. 185).
In diesem Fall wird dieses Gebiet für neue Niederlassungen durch Vertragsärzte gesperrt. Als unterversorgt gilt ein Gebiet sobald der Anteil der Hausärzte unter 75% und der Fachärzte unter 50% des Bedarfsplans fällt. Neben der Bedarfsplanung gehört die Gewährleistungspflicht gegenüber den Krankenkassen zu den Aufgaben der KV. Die KV muss den Krankenkassen gegenüber die Gewähr für die ordnungsgemäße Erbringung der vertragsärztlichen Leistungen übernehmen. Im Zuge dessen müssen die KV die Vertragsärzte dahin gehend überwachen, dass diese ihren Pflichten ordnungsgemäß nachkommen. Die Pflichten des Vertragsarztes sind die Beratung der Patienten, Präsenzpflicht (Sprechstunde), Behandlungspflicht gegenüber jedem Versicherten, Wirtschaftlichkeitspflicht bei der Verordnung von Leistungen, Berichtspflicht und ordnungsgemäße Rechnungslegung (Quasdorf 2007, S. 25). Mithilfe von Prüfverfahren, wie der Wirtschaftlichkeitsprüfung oder der Abrechnungsprüfung kommt die KV ihrer Gewährleistungspflicht nach. Im Falle von Fehlverhalten der Ärzte sind die KV verpflichtet/ermächtigt Sanktionen zu verhängen, die bis zum Ausschluss aus der KV führen können. Als drittes Aufgabenfeld der KV ist die Mitarbeit in der gemeinsamen Selbstverwaltung mit den Krankenkassen zu nennen. Einige Gremien, wie der Zulassungsausschuss, Schiedsämter oder der Landesausschuss für Ärzte und Krankenkassen sind mit Vertretern von Krankenkassen und KV (Ärzten) und teilweise auch Patientenvertretern besetzt. Die KV sind zur Mitarbeit in diesen Gremien verpflichtet (Simon 2008, S. 188). Als viertes und ursprünglichstes Aufgabenfeld kann die Interessenvertretung der Ärzte gegenüber den Krankenkassen gesehen werden. Insbesondere die Verhandlungen über die Höhe der Vergütung, die für die gesamte vertragsärztliche Versorgung bereitgestellt wird, sind von den KV im Interesse der Ärzte durchzuführen, damit die vertragsärztlichen Leistungen angemessen honoriert werden können (Quasdorf 2007, S. 23). Daneben sind die KV auch für Beratungen der Ärzte in zahlreichen Bereichen zuständig, darunter Niederlassungsberatung oder Beratungen über wirtschaftlichere Verordnungsweisen.
Aufgrund der beidseitig ausgerichteten Pflichten der KV, auf der einen Seite gegenüber den Kassen die Gewährleistungspflicht und der Sicherstellungsauftrag, auf der anderen die Interessenvertretung für die Ärzte ergibt sich eine janusköpfige Stellung der KV im Gesundheitswesen. Hier haben die KV gewerkschaftliche Aufgaben für die Ärzte wahrzunehmen, dort haben Sie die Ärzte zu kontrollieren und Sanktionen zu verhängen (Simon 2008, S. 190). Diese bipolare Beschaffenheit der KV kann insbesondere von den Ärzten als kritisch angesehen werden. Alle 17 KV sind in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zusammengeschlossen, die ebenfalls zum Abschluss von Verträgen berechtigt ist, die für alle KV gelten. Die KBV ist genauso strukturiert, wie die Landes-KV und hat folgende Aufgaben (Quasdorf 2007, S. 36ff.):
- Interessenvertretung der Vertragsärzte gegenüber der Bundesregierung und auf Bundesebene allgemein
- Abschluss des Bundesmantelvertrages8 zwischen der KBV einerseits und den verschiedenen Krankenkassen andererseits
- Mitwirkung in der gemeinsamen Selbstverwaltung
Im Zuge der beiden Gesundheitsreformen hat sich in Bezug auf die Organisationsstruktur der KV keine gravierende Veränderung ergeben, jedoch wurde z. B. die Möglichkeit einer Zusammenlegung mehrerer KV geregelt, sollte eine KV weniger als 10 000 Mitglieder haben. Daneben wurde durch das GMG auch ein hauptamtlicher Vorstand für jede der 17 KV eingeführt (Quasdorf 2007, S. 15). Diese hauptamtlichen Vorstände beziehen Gehälter, von 130 000 € - 260 000 € (KBV 2009), was bei einzelnen KV-Mitgliedern auf Kritik stößt. Auch die zweischneidige Konstruktion der KV ist von KV-Mitgliedern, welche von den KV eine Interessenvertretung erwarten und diese zu finanzieren gezwungen sind, kritisiert worden.
4.2.2 Fortbildungspflicht
Im Eckpunktepapier zur Gesundheitsreform 2004 formulierte die Rot- Grüne Regierung im Einvernehmen mit der CDU/CSU die Probleme im Gesundheitswesen, die Qualitätsmängel hervorrufen können (Orlowski/Wasem 2003, S.70ff.). Dabei geht es vor allem um die Einschätzung, dass sich das medizinische Wissen innerhalb eines Jahrzehntes verdoppelt und gleichzeitig die Halbwertszeit des erworbenen Wissens sinkt. Einzige Voraussetzung für die Ausübung des ärztlichen Berufes ist jedoch die einmalige Zulassung, danach erfolgt keine weitere Überprüfung der ärztlichen Fachkompetenz. Aufgrund der Mängel im Fortbildungsangebot und einer mangelhaften Annahme vorhandener Angebote durch die Ärzteschaft sah sich die Bundesregierung gezwungen mit dem GMG einen Fortbildungszwang einzuführen, der auch mit Sanktionen bei Nichtbeachtung durchgesetzt werden kann (siehe §95d SGB V). Die damit eingeführte Fortbildungspflicht gilt für alle Vertragsärzte und deren Erfüllung ist alle 5 Jahre bei der KV nachzuweisen. Der erste Nachweiszeitraum für die Fortbildungspflicht endete zum 30.06.2009. Die Ärzte müssen über die Teilnahme an anerkannten Fortbildungen eine bestimmte Punktezahl9nachweisen (z.Zt. min. 250) und dann bei der KV ein Fortbildungszertifikat beantragen (Orlowski/Wasem 2003, S.73).
Sollte dieses Zertifikat der KV nicht bis zum Stichtag vorliegen, kommt es für das erste Jahr nach dem Stichtag zu Honorarkürzungen in Höhe von 10%, im zweiten Jahr 25%. Sollte der Nachweis zur Fortbildung weiterhin nicht erbracht sein, so droht der Entzug der Zulassung.
Mit dem Nachweis der Fortbildungsteilnahme endet der Zulassungsentzug am Ende des Quartals, in dem der Nachweis erbracht wurde (§95d Abs.3 SGB V). Die fortbildungspflichtigen Inhalte werden von KBV/KZBV10in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer festgelegt.
4.2.3 Qualitätsmanagement (QM)
Neben der Fortbildungspflicht wurde mit dem GMG auch das Qualitätsmanagement in der Praxis eingeführt. Vor dem GMG waren ärztliche Praxen nur verpflichtet, an einrichtungsübergreifenden Maßnahmen zur Qualitätssicherung teilzunehmen, nach Inkrafttreten des GMG sind die Praxen darüber hinaus zu einem praxisinternen Qualitätsmanagement verpflichtet (Orlowski/Wasem 2003, S.75).
Zu diesem Zweck sind die KV verpflichtet, Maßnahmen zur Förderung des Qualitätsmanagements anzubieten und die Ziele und Ergebnisse zu veröffentlichen (§136 Abs.2 SGB V). Beschlüsse über Inhalte des QM fasst der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA), der auch in der Richtlinie zum einrichtungsinternen QM die Modalitäten der Evaluation des QM festhält.
Zur Durchführung der Maßnahmen beruft jede KV einen Qualitätssicherungsbeauftragten und lässt eine Qualitätssicherungskommission zusammentreten (KBV 2009 I).
Bisher sind noch keine Sanktionen für Praxen, die eine mangelnde QM- Umsetzung vorweisen, vorgesehen (GBA 2005). Bis Ende 2010 überprüfen die QM-Kommissionen die Umsetzung des QM flächendeckend.
Der GBA entscheidet auf Grundlage dieser Evaluation über den Nutzen des QM und entwickelt das Konzept weiter. Darüber hinaus entscheidet er über die Notwendigkeit von Sanktionen gegenüber Praxen mit mangelhafter Umsetzung der QM-Richtlinie.
4.3 4.3 Vertragsärztliche Versorgung
„Die Vertragsärztliche Versorgung ist in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung unterteilt“ (§ 73 Abs. 1 S.1 SGB V). Nach diesem Paragrafen des Sozialgesetzbuches V bezeichnet die hausärztliche Versorgung die ärztliche Betreuung von Patienten bei Kenntnis des häuslichen und familiären Umfeldes und die Koordination und Dokumentation der ärztlichen Behandlung.
Der Hausarzt soll dem Versicherten gegenüber eine Lotsenfunktion übernehmen, d.h. er ist idealerweise die erste Anlaufstelle für die 21
Patienten im Falle von Krankheit und überweist sie zur weiteren fachärztlichen oder stationären Behandlung. Einleitung und Durchführung von präventiven und rehabilitativen Maßnahmen, sowie nichtärztlicher Behandlungsmaßnahmen, gehören zu den weiteren Aufgaben der Hausärzte. Um an der hausärztlichen Versorgung beteiligt zu werden muss der Arzt Allgemeinarzt, Kinderarzt oder Internist ohne Schwerpunktbezeichnung sein. Alle übrigen Ärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung Teil. Die vertragsärztliche Versorgung findet in verschiedenen Formen statt. Der größte Teil der Versorgung wird durch zugelassene Ärzte abgedeckt, hinzu kommen noch Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und ermächtigte Ärzte. Bei Medizinischen Versorgungszentren handelt es sich um eine neue Versorgungsart, bei der die Versorgung der Versicherten mit verschiedensten ärztlichen und nichtärztlichen medizinischen Leistungen unter ein und derselben Trägerschaft angestrebt wird (Orlowski/Wasem 2003). Weitere Einzelheiten zu MVZ werden im Abschnitt zu den verschiedenen Praxisformen erläutert. Durch ermächtigte Ärzte wird es z. B. Hochschulambulanzen oder Einrichtungen der Behindertenhilfe ermöglicht, an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen. Wenn der Antrag eines Arztes auf Ermächtigung bewilligt wird, erwirbt er automatisch die Mitgliedschaft in der zuständigen KV und wird ins Arztregister eingetragen (Diehl/Hartz 2007). Im Gegenzug wird ihm damit die Teilnahme an der Vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen seiner Ermächtigung gestattet. Grundsätzlich werden Ermächtigungen zeitlich begrenzt erteilt und umfassen nur bestimmte Leistungen, die vom Ermächtigten durchgeführt bzw. abgerechnet werden können. Über Beschränkung und Umfang der Ermächtigung entscheidet der Zulassungsausschuss (§§ 31 & 31a Ärzte - ZV).
Die vertragsärztliche Versorgung organisiert sich in verschiedenen Formen. Wie oben angeführt erbringen in geringem Anteil ermächtigte Ärzte in verschiedensten Anstellungen ärztliche Leistungen. Ebenso wurden die MVZ bereits erwähnt, diese machen jedoch ebenfalls nur einen niedrigen prozentualen Anteil der vertragsärztlichen Versorgung aus.
Die vorherrschende Organisationsform ist die Einzelpraxis, in der ein einzelner Arzt mit der Unterstützung von i.d.R. mehreren Arzthelferinnen die Patienten persönlich behandelt (Simon 2008, S. 177 ff.). Daneben bestehen Praxisgemeinschaften, bei denen mehrere Ärzte in gemeinsam genutzten Praxisräumlichkeiten und mit gemeinsam finanzierten medizinischen Geräten praktizieren, ohne ihre Eigenständigkeit vollständig aufzugeben. Insbesondere die Honorarabrechnung wird bei dieser Praxisform von jedem beteiligten Arzt eigenständig durchgeführt. Als letzte Praxisform können Ärzte sich in einer Gemeinschaftspraxis zusammenschließen. Hier geben alle beteiligten Ärzte ihre Eigenständigkeit auf und die Patienten werden in einer einzigen Patientenkartei geführt. Der größte Unterschied zu Praxisgemeinschaften ist jedoch die gemeinsame Abrechnung der in der Praxis erbrachten Leistungen mit der KV (Simon 2008, S. 177 f.). Die als besondere, „neue Versorgungsform“ bezeichneten MVZ sind seit 2004 erlaubte multidisziplinäre, ärztlich geleitete Versorgungszentren, deren Träger gewinnorientierte Unternehmen, Wohlfahrtsverbände und Freiberufler sein können (Busse/Riesberg 2005, S. 111 ff.). Die Bezeichnung als neue Versorgungsform ist jedoch umstritten, da die MVZ durchaus in der Tradition von Ambulatorien der Weimarer Zeit und den Polikliniken der DDR gesehen werden können (Simon 2008, S. 178).
Unter dem Dach eines MVZ können sich mehrere Ärzte verschiedener Fachrichtungen mit nichtärztlichen Leistungserbringern, d.h. Apotheken, Pflegediensten, Heil- und Hilfsmittelerbringern, Rehabilitationseinrichtungen u. a. zusammenschließen.
Jeder zugelassene Leistungserbringer könnte ein MVZ gründen.
So können z. B. auch Krankenhäuser MVZ gründen und unterhalten. Im 4.
Quartal 2008 bestanden 451 der insgesamt 1206 MVZ in Krankenhausträgerschaft. Die Unternehmensform ist dabei flexibel, so dass das MVZ z. B. als Personengesellschaft, Partnergesellschaft oder juristische Person des Privaten Rechts gegründet werden kann (Orlowski/Wasem 2004, S. 82 f.). Die meisten der MVZ sind als GmbH gegründet worden. Konkret wurden von 1206 MVZ im 4. Quartal 2008 604 als GmbH betrieben, 421 wurden wiederum als GbR betrieben.
Seit der Einführung der MVZ ist deren Anzahl stetig gestiegen, wie in
Abb. 2 zu sehen. Die Gründe dafür dürften die Vorteile sein, die sich aus dem GMG für die Gründung von MVZ ergeben haben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Entwicklung der Anzahl der MVZ bundesweit
Quelle: Eigenes Diagramm nach Daten der KBV
Diese Gründe liegen vor allem in den neu geschaffenen Anstellungsmöglichkeiten für Ärzte, jedoch auch in der Bevorteilung der MVZ gegenüber Vertragsarztpraxen in Bezug auf die Vergabe von Vertragsarztsitzen (Dierks/Hildebrandt 2008, S. 27).
Näheres dazu wird im folgenden Kapitel über die veränderten
Beschäftigungsmöglichkeiten für Vertragsärzte durch das
Vertragsarztrechtsänderungsgesetz erläutert.
4.4 Neue Beschäftigungsmöglichkeiten für Vertragsärzte (VÄG)
Neben dem viel beachteten GKV-WSG trat am 1. Januar 2007 das weitaus weniger beachtete Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄG) in Kraft. Dieses Wortungetüm bezeichnet im Wesentlichen ein Gesetz, das die Anstellungsmöglichkeiten für Vertragsärzte im Vergleich zur vorherigen Situation entscheidend erweitert (Dierks/Hildebrandt 2008, S.3ff.).
Nach dem VÄG wurden folgende Bereiche novelliert:
- Anstellungsmöglichkeiten für Ärzte
- gemeinsame Berufsausübung
- Zweigstellen
- Nebentätigkeiten
- Teilzulassung
- MVZ
Vor Inkrafttreten des VÄG gab es für Vertragsärzte nur ganz begrenzte Anstellungsmöglichkeiten. So kannte man angestellte Vertragsärzte nur als Ärzte im Praktischen Jahr oder Weiterbildungsassistenten. Daneben gab es nur noch die Anstellungsmöglichkeit als Jobsharing-Assistent, der in der Praxis tätig wurde, jedoch dasselbe Fachgebiet wie der Praxisbesitzer haben musste. Außerdem kam es durch die Anstellung eines Jobsharing-Assistenten nicht zu einer Budgetausweitung11 der Praxis, sondern die Leistungen wurden auf den Wert der vorangegangenen 4 Quartale gedeckelt (Dierks/Hildebrandt 2008, S. 3ff.). Damit war die Anstellung von Vertragsärzten in der Praxis nur dann sinnvoll, wenn der Inhaber die eigene Arbeitszeit reduzieren wollte oder nicht von der KV bezahlte Leistungen, wie z. B. die Behandlung von Privatpatienten, ausgeweitet werden sollten. In jedem Fall durfte der Arzt nur einen ganztags, oder zwei halbtags tätige Ärzte einstellen.
Nach dem VÄG dürfen Arztpraxen auch fachfremde Ärzte einstellen12und erhalten für diese ein zusätzliches Budget.
Insgesamt dürfen in einer Vertragsarztpraxis maximal drei vollzeitbeschäftigte Ärzte oder Teilzeitkräfte, die sich drei volle Stellen teilen angestellt werden. Dabei können sich wiederum höchstens vier Teilzeitkräfte eine volle Stelle teilen. Dies gilt jedoch nur, solange für den Bereich der Praxis keine Zulassungsbeschränkung gilt und der Zulassungsausschuss zustimmt (Orlowski/Halbe/Karch 2007, S.7).
Für jeden zusätzlich angestellten Arzt benötigt der Praxisbesitzer einen zusätzlichen Vertragsarztsitz und somit die Genehmigung durch den Zulassungsausschuss. Vorteilhaft wirkt sich auf diese Möglichkeit aus, dass nach neuem Recht mit jedem angestellten Arzt auch ein zusätzliches Budget auf die Praxis angewendet wird (Dierks/Hildebrandt 2008, S.5).
Für den angestellten Arzt bietet sich durch die Neuerungen die Möglichkeit, ohne eigenes finanzielles Risiko in einer vertragsärztlichen Praxis zu arbeiten und sich damit für eine mögliche Praxisübernahme, z.
B. wenn der Besitzer in den Ruhestand wechselt, zu positionieren. Damit dürfte dieses Modell insbesondere für Berufseinsteiger, die über wenig Kapital verfügen, interessant sein. Auf der Kehrseite bedeutet eine Anstellung in der niedergelassenen Versorgung auch eine Arbeit ohne unternehmerische Perspektive und mit eingeschränkter Selbstständigkeit. Der Begriff der gemeinsamen Berufsausübung umfasst im Falle der Ärzte sowohl die Berufsausübungsgemeinschaft (z. B. Gemeinschaftspraxis), als auch die Organisationsgemeinschaft (z. B. Praxisgemeinschaft).
Durch das VÄG werden die Möglichkeiten der gemeinsamen Berufsausübung ergänzt.
So können Ärzte auch überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft bilden, dies bedeutet, dass die Gemeinschaft nicht an einem Ort sein muss, sondern die ursprünglichen Vertragsarztsitze beibehalten werden können, solange die Versorgung an diesen ursprünglichen Sitzen nicht darunter leidet und die Ärzte am Vertragsarztsitz der jeweils anderen Mitglieder nur zeitliche begrenzt tätig werden (Orlowski/Halbe/Karch 2007, S. 30ff.).
Daneben können Ärzte auch Teilberufsausübungsgemeinschaften bilden, die nur auf bestimmte Behandlungsaufträge bezogen sind, so z. B. der Zusammenschluss eines Neurologen und eines Kinderarztes zu einer
Teilberufsausübungsgemeinschaft zur Behandlung von kinderneurologischen Erkrankungen. Solche gemeinsamen Berufsausübungen bedürfen immer der Genehmigung des Zulassungsausschusses, können jedoch auch KV-übergreifend begründet werden, was einer grundlegenden Neuerung entspricht.
Im Falle von Vertragsarztpraxen waren Zweigstellen bisher nur bei besonderem Sicherstellungsbedarf in der jeweiligen Region erlaubt und dieser musst durch den Zulassungsausschuss festgestellt werden (Dierks/Hildebrandt 2008, S.17).
Mit dem VÄG wird diese Regelung weitgehend aufgeweicht.
[...]
1Als Vertragsärzte werden diejenigen Ärzte bezeichnet, die einer freiberuflichen Tätigkeit nachgehen und zur Versorgung der gesetzlich krankenversicherten Bürger zugelassen sind (Simon 2008, S. 192).
2Urbanität bezeichnet in dieser Untersuchung die regionale Verortung der ärztlichen Praxis auf dem Land oder in der Stadt. Dabei sind städtische Praxen in diesem Zusammenhang als in Städten mit über 100 000 Einwohnern angesiedelt definiert.
3Ausschließlich sonstiger Anspruch auf Krankenversorgung kann z.B. durch die freie Heilfürsorge von Polizei, Bundeswehr und Zivildienst, sowie durch Strafvollzug oder Asylbewerber- und Bundesentschädigungsgesetz bestehen.
4Sowohl Berlin, Brandenburg, Schleswig-Holstein, als auch Hamburg haben keinen eigenständigen MDK, hier kontrollieren der MDK Berlin-Brandenburg und der MDK Nord im Auftrag der Krankenkassen die ärztlichen Leistungen. Jedoch finden sich in Nordrhein-Westfalen, wie auch bei den KV, zwei MDK, MDK Nordrhein und MDK Westfalen-Lippe. (MDK 2009)
5 Im Folgenden werden der MDS und die MDK unter dem Kürzel MDK zusammengefasst. 15
6Näheres zu Kollektiv- und Einzelvertragssystemen ist in Kapitel 5 zur Finanzierung der GKV.
7„Der Vertragsarztsitz befindet sich unter der postalischen Anschrift, unter der ein Arzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist.“ (KV-RLP 2009) Dabei kann nur dann ein Vertragsarztsitz zugeordnet werden, wenn auch ein Bedarf in der Facharztgruppe des Antragsstellers und der betroffenen Region festgestellt wurde.
8Im Bundesmantelvertrag werden die Inhalte der Gesamtverträge auf Landesebene geregelt. (Bundesmantelvertrag - Ärzte 2009)
9Mit jeder durchgeführten Fortbildung erhalten die Ärzte eine bestimmte Punktezahl. Um das Fortbildungszertifikat beantragen zu könne muss eine bestimmte Punktzahl erarbeitet werden.
10KZBV = Kassenzahnärztliche Vereinigung
11Die Arztpraxen waren sogenannten Honorarbudgets unterworfen, deren Überschreitung dazu führte, dass darüber hinaus erbrachte Leistungen nicht mehr bezahlt wurden. (Orlowski/Wasem 2007, S.52)
12In diesem Punkt herrscht derzeit noch eine gewisse Unklarheit, da z.Zt. die Anstellungsmöglichkeit von nur auf Überweisung tätigen Ärzten durch den Bundesmantelvertrag eingeschränkt wurde, um Gefälligkeitsüberweisungen gegen Honorar zu vermeiden. Dies ist jedoch umstritten und wird möglicherweise noch sozialgerichtlich geklärt.(siehe auch: Dierks/Hildebrandt 2008, S. 6)
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