„In einer Zeit, in der die bewohnbare Landmasse der Erde annähernd vollständig in staatliche Hoheitsräume aufgeteilt ist, können neue Staaten nur im Zuge von Veränderungen des bisherigen Staatengefüges entstehen.“ Das Staatengefüge kann sich durch verschiedene
Prozesse verändern. So etwa durch eine einvernehmliche Fusion zweier oder mehrerer Staaten zu einem Gesamtstaat (DDR 1989/90), durch Annexion eines Staates in einen bestehenden Staatenverband oder den Zerfall eines Staates in mehrere Staaten bei dem der Ausgangsstaat
vollständig verschwindet durch eine sogenannte Dismembration (Tschechoslowakei 1992). Der unter rechtlichen und politischen Gesichtspunkten problematischste Weg einer neuen Staatsgründung ist der, der Sezession. Donald L. Horowitz definiert Sezession: „ [as] an attempt by an ethnic group claiming a homeland to withdraw with its territory from the authority of a larger state of which it is part of. “ Sezessionskonflikte waren schon immer ein Teil der internationalen Konfliktlandschaft und lassen sich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen. „Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts galten Sezessionen als legitimer Weg zur Gründung neuer Staaten.“ Unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen (VN) begannen nach 1945 die Abspaltungsprozesse im Zuge der Dekolonialisierung, die die
Staatengemeinschaft innerhalb weniger Jahrzehnte rasant ansteigen ließ. Zählte die VN 1945 noch 51 Mitgliedstaaten, wuchs diese Zahl bis Ende 1969 auf 126 an und zwischen 1970 und 1990 kamen weitere 33 Staaten hinzu. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und Jugoslawiens zu Beginn der 1990er Jahre kam es zu einer erneuten Sezessionswelle und einer weiteren Vergrößerung der internationalen Staatengemeinschaft auf nunmehr 192 Staaten. Vor allem die Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht ebnete nicht nur vielen Kolonialvölkern, sondern auch den Nachfolgestaaten der Sowjetunion den Weg in die Unabhängigkeit.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Ringen um staatliche Kontinuität. Die baltischen Staaten zwischen Glasnost und Perestroika.
- Die politischen Beziehungen zwischen den baltischen Staaten und der Sowjetunion
- Von der Unabhängigkeit 1918 bis zur Annexion 1940.
- Die Annexion der baltischen Staaten und ihre Zwangseingliederung in die USSR.
- Eine Völkerrechtliche Bewertung der Geschehnisse von 1918 bis 1940.
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Problematik der Unabhängigkeit der baltischen Staaten im Jahr 1991 und untersucht, ob diese als Sezession oder als Wiederherstellung staatlicher Kontinuität betrachtet werden kann.
- Die Entstehung und Entwicklung der demokratischen Protestbewegungen in den baltischen Staaten ab den 1970er Jahren.
- Die Proklamationen zur Wiederherstellung der Unabhängigkeit im Jahr 1990 und die Bezüge auf historische Titel.
- Die politische und völkerrechtliche Bewertung der Unabhängigkeitserklärungen der baltischen Staaten im Kontext der Annexion durch die Sowjetunion im Jahr 1940.
- Die Anwendung des Selbstbestimmungsrechts und die Frage der Staatsangehörigkeit in den baltischen Staaten.
- Die Rolle der internationalen Staatengemeinschaft in der Anerkennung der baltischen Unabhängigkeit.
Zusammenfassung der Kapitel
- Das erste Kapitel behandelt die Entstehung der demokratischen Protestbewegungen in den baltischen Staaten und die Rolle des Molotow-Ribbentropp-Paktes. Es beschreibt auch die Proklamationen zur Wiederherstellung der Unabhängigkeit im Jahr 1990.
- Kapitel zwei beleuchtet die politische Geschichte der baltischen Staaten von 1918 bis 1940, einschließlich ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion und der anschließenden Annexion.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Sezession, staatliche Kontinuität, Selbstbestimmungsrecht, Völkerrecht, Annexion, historische Titel und die politische Geschichte der baltischen Staaten im 20. Jahrhundert.
- Quote paper
- B.A. Astrid Fechler (Author), 2011, Die Unabhängigkeit des Baltikums 1991 – staatliche Kontinuität oder Sezession?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192151