In der vorliegenden Arbeit befasse ich mich zunächst mit der Stellung körperbehinderter Menschen in der Vergangenheit. Dabei geht es mir um die Menschen, welche bereits mit einer Körperschädigung geboren wurden. Im Laufe von Kriegen und infolge schwerer Krankheiten, wie zum Beispiel Lepra, erlitten viele Menschen Verletzungen oder wiesen Symptome auf, in deren Konsequenz ein oder mehrere Körperglied(er) amputiert werden mussten. Da mir der Zusammenhang zwischen einem körperbehinderten Neugeborenen in früheren Zeiten und einem noch ungeborenen Kind in heutigen Zeiten (im Zuge der Diskussion über die PND=Pränataldiagnostik und PID=Präimplantationsdiagnostik) für die Gestaltung einer möglichen Zukunft für körperbehinderte Kinder jedoch sehr wichtig erscheint, möchte ich in meiner Ausarbeitung auf das Einbeziehen von Kriegsinvaliden oder Unfallopfern verzichten.
Inhaltsverzeichnis
- In der vorliegenden Arbeit befasse ich mich zunächst mit der Stellung körperbehinderter Menschen in der Vergangenheit.
- Charles Darwin, ein britischer Naturforscher, schrieb 1871 in seinem Werk „Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche ZuchtauswahlU:
- Im Laufe der Geschichte hat es schon immer Menschen mit körperlichen Schädigungen und Missbildungen gegeben.
- Das Idealbild der Griechen und Römer von Schönheit, Sittlichkeit und knerliche Tüchtigkeit wurde zum „begründeten/gerechtfertigten" Todesurteil vieler körperbehinderter Menschen in der Antike.
- Auch im alten Rom gab es ein Gesetz, dass die Tötung verkrüppelter Kinder gestattete.
- Im Mittelalter gewann in Europa der christliche Glaube immer mehr an Bedeutung.
- Bereits 62 Jahre zuvor, im Jahr 1478, wurde in Nümberg eine „Bettelordnung" verabschiedet, welche körpergeschädigten Menschen zum Beispiel das Betteln vor Kirchen untersagte.
- Im 17. Jahrhundert „wurde die pädagogisch bahnbrechende Idee formuliert, dass alle Kinder, auch die behinderten, erziehungs- und bildungsberechtigt und sind."
- Vorausgegangen war die Zeit der Renaissance, des Humanismus und der Aufklärung, welche das mittelalterliche Menschenbild positiv veränderten.
- Zunächst fühlten sich vorrangig Orthopäden und nicht Pädagogen für körperbehinderte Menschen zuständig.
- All diese Fortschritte der Hilfe und Unterstützung für körperbehinderte Menschen wurden zu Zeiten des Nationalsozialismus in Deutschland größtenteils wieder zurückgeworfen.
- Auch wenn das grausame Töten von behinderten Menschen nach Kriegsende beendet wurde, so hatten es Farnilien mit überlebenden körperbehinderten Angehörigen auch nach dieser Zeit nicht leicht.
- „Im Dezember 1947 wurde die Aufteilung der einzelnen Sonderschularten (im Rahmen des „Gesetzes der Demokratisierung der deutschen Schule") konkretisiert", wobei die „körperlich Gebrechlichen (Krüppel)" eine eigene Einheit darstellten.
- Obwohl staatliche/kirchliche/private Einrichtungen for Körperbehinderte (teils wieder) aufgebaut und gepflegt wurden, und sich die Körperbehindertenpädagogik immer weiter entwickelte, war die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Körperbehinderten nach wie vor gespalten.
- An diesem Punkt möchte ich den geschichtlichen Rückblick über die Vergangenheit körperbehinderter Menschen beenden.
- Zusammengefasst muss man feststellen, dass Körperbehinderten in jeder Epoche der Geschichte mit Angst, Misstrauen und Antipathie entgegengetreten wurde.
- Ist unsere heutige Gesellschaft wirklich imstande, Körperbehinderten frei von Vorurteilen und Wertungen zu begegnen, sie als gleichwertige Menschen anzusehen und ihnen ein Leben in der Mitte unsere Gesellschaft, sowohl jetzt als auch in Zukunft, zu ermöglichen?
- Unter dem Begriff PND versteht man Untersuchungen des Kindes im Mutterleib, die während der Schwangerschaft mithilfe von verschiedenen Techniken angewendet werden können.
- Als PID bezeichnet man Untersuchungen der Embryozellen, welche noch vor dem Einsetzen der künstlich befruchteten Eizelle in die Gebärmutter, angewendet werden.
- Die Möglichkeiten der PID und die der PND sind Meilensteine in der Medizingeschichte.
- Jedoch stellen nicht nur die Frage nach ihrer Anwendung, sondem auch die Ergebnisse dieser Untersuchungen viele Motter vor schwierige Entscheidungen.
- Diese Selektionen der heranwachsenden Zellen und des im Mutterleib heranwachsenden Kindes stehen in den letzten Jahren immer wieder in der Kritik.
- Auch wenn in der aktuellen Debatte über die PID vorrangig von Erbkrankheiten die Rede ist, wäre es naiv Körperbehinderte aus dieser Diskussion auszuschließen.
- Wer wird in Zukunft für körperbehinderte Kinder zuständig sein? Sind es Heilpädagogen, welche sich in der Geschichte schon immer für den behinderten Menschen, seine Rechte und seine Bildung verantwortlich gefühlt und stark gemacht haben, Oder sind es Chirurgen und Orthopäden, welche durch medizinische und technische Möglichkeiten die Abweichungen der Natur an die gefühlte Normalität anpassen, bzw. korrigieren können?
- Auch wenn man davon ausgehen könnte, dass durch die Anwendung der PID und PND „Behinderung" vermieden und somit der Begriff der Behinderung verworfen werden würde, wäre es ebenso möglich, dass die unterschiedliche Akzeptanz der Anwendung dieser Maßnahmen in der Bevölkerung dazu führt, dass der Begriff der Behinderung sich eher noch um eine weitere Klassifizierung, nämlich die des „Menschen mit Korrektur", erweitert.
- Menschen, deren Eltern sich vor ihrer Geburt bewusst gegen Maßnahmen der PID und PND entschieden haben, oder bei denen diese Maßnahmen fehlschlugen und die daraufhin mit einer Behinderung geboren werden, müssen davon ausgehen, dass ihre Existenz in Zukunft eher geduldet als gestattet wird.
- Vermutlich wird es einigen Menschen mit Körperbehinderung zukünftig möglich sein sich einer chirurgisch-orthopädischen Korrektur zu unterziehen, durch welche eine Anpassung an die „Normalität" erreicht werden soll.
- Allgemein muss man davon ausgehen, dass die Integration von behinderten Menschen für die Gesellschaft als keine selbstverständliche Aufgabe mehr wahrgenommen wird, sondern nur noch als ein lästiges und vermeidbares Übel, welches zudem mit vielen Ängsten behaftet sein kann.
- Es gibt bislang keine klare Definition der Begriffe „lebenswert" oder „lebensunwert" und es wird sie (hoffentlich) auch in Zukunft nicht geben.
- Ich habe im ersten Teil des Essays versucht, den langen und schwierigen Weg der gesellschaftlichen Entwicklung in Bezug auf körperbehinderte Menschen darzustellen.
- Muss das erlangte Lebens- und Bildungsrecht behinderter Kinder nun erneut in Frage gestellt werden?
- Auch bleibt die Frage Offen, welchen Stellenwert aufgebaute Hilfesysteme für körperbehinderte Menschen in einer „Körperbehindertenfreien Welt" noch hätten.
- Fakt ist, dass Körperbehinderte noch immer ausgegrenzt werden.
- Die Auseinandersetzung mit der Thematik stellt für viele Menschen eine starke „emotionale Belastung durch die eigene Furcht und Angst vor etwas Fremden, das bedrohlich erscheint" dar.
- Sollte nicht jeder Mensch in einer Welt leben dürfen, in der (auch schwer-)kranke Menschen geheilt statt ausgerottet werden und niemand aufgrund einer Abweichung von der Norm aus dem sozialen Leben ausgeschlossen werden darf?
- Das Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten, individuellen Ressourcen aber auch Schwächen hat unser Leben schon immer tveichert und uns Zu dem gemacht, was wir heute sind.
- Ich möchte mit einer treffenden Aussage von Dietmar Mieth, Professor für theologische Ethik und Sozialethik, abschließen:
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay befasst sich mit der historischen Entwicklung des Umgangs mit körperbehinderten Menschen und untersucht, wie sich diese Entwicklung auf den Beruf der Heilpädagogik auswirken könnte. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, wie die modernen Möglichkeiten der Pränataldiagnostik (PND) und Präimplantationsdiagnostik (PID) die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber körperbehinderten Menschen beeinflussen könnten.
- Historische Diskriminierung und Ausgrenzung von körperbehinderten Menschen
- Entwicklung der Heilpädagogik im Kontext der gesellschaftlichen Veränderungen
- Ethische und gesellschaftliche Implikationen der PND und PID
- Potenzielle Auswirkungen der PND und PID auf die Zukunft körperbehinderter Menschen
- Die Rolle der Heilpädagogik in einer Gesellschaft, die Körperbehinderung vermeidet
Zusammenfassung der Kapitel
- Der Essay beginnt mit einer historischen Analyse der gesellschaftlichen Stellung körperbehinderter Menschen in der Vergangenheit. Es wird gezeigt, wie Körperbehinderte in verschiedenen Epochen, von der Antike bis zum Mittelalter, mit Angst, Misstrauen und Ablehnung konfrontiert waren. Die Tötung von Säuglingen mit körperlichen Schädigungen war in vielen Kulturen üblich, und auch im christlichen Glauben wurden Behinderte oft als vom Teufel persönlich untergeschobene Kinder angesehen.
- Im 17. Jahrhundert begann sich das Menschenbild zu verändern. Die Renaissance, der Humanismus und die Aufklärung führten zu einer positiven Entwicklung, die auch die Behandlung von Körperbehinderten beeinflusste. Der tschechische Pädagoge Jan Amos Komensky (Comenius) plädierte für die Bildung aller Kinder, unabhängig von ihrer körperlichen Verfassung.
- Trotz dieser Fortschritte blieben Körperbehinderte in der Gesellschaft oft ausgegrenzt. Rousseau und Kant verwehrten ihnen die volle Menschlichkeit und sahen sie als unvollkommene Wesen. Im 19. Jahrhundert entstanden zwar orthopädische Institute und Anstalten für Körperbehinderte, doch die medizinische Versorgung stand im Vordergrund, und die Pädagogik spielte eine untergeordnete Rolle.
- Die Zeit des Nationalsozialismus brachte eine erschreckende Rückentwicklung. Unter dem Deckmantel der „Rassenhygiene" wurden körperbehinderte Menschen systematisch verfolgt und ermordet. Das Buch „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens" von Karl Binding und Alfred Hoche lieferte die juristische und ärztliche Rechtfertigung für die Euthanasie.
- Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Einrichtungen für Körperbehinderte wieder aufgebaut, und die Körperbehindertenpädagogik entwickelte sich weiter. Doch die gesellschaftliche Akzeptanz blieb gespalten, wie sich besonders in den 1960er Jahren mit den Folgen des Medikaments Contergan zeigte.
- Der Essay beleuchtet die ethischen und gesellschaftlichen Implikationen der PND und PID. Es wird argumentiert, dass diese modernen Methoden zwar das Potenzial haben, schwere Erbkrankheiten zu vermeiden, aber gleichzeitig auch die Gefahr bergen, dass Körperbehinderte erneut als „lebensunwert" betrachtet und aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.
- Der Essay stellt die Frage, welche Rolle die Heilpädagogik in einer Gesellschaft spielen würde, die Körperbehinderung vermeidet. Die Entwicklung der PND und PID könnte dazu führen, dass die Heilpädagogik als Berufsgruppe an Bedeutung verliert, da sie in einer „Körperbehindertenfreien Welt" nicht mehr benötigt würde.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Geschichte körperbehinderter Menschen, die Heilpädagogik, die Pränataldiagnostik (PND), die Präimplantationsdiagnostik (PID), die gesellschaftliche Akzeptanz von Behinderung, die ethischen Implikationen der PND und PID, die Integration von Menschen mit Behinderung und die Zukunft der Heilpädagogik.
- Citar trabajo
- Miriam Lüddecke (Autor), 2012, Körperbehinderte in der Geschichte - In Zukunft Menschen mit "Korrektur"?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191698
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.