Die Mythen um das Motorradfahren sind legendär. Zahlreiche Geschichten, Meinungen und Vorurteile rangen sich um das Motorrad und die Menschen, die diese bewegen. Bereits 1985 trug Gerd Würzberg in seinem Werk „Rocker, Hexen, Kamikazes“ die zahlreichen Geschichten aus dem „Motorrad-Alltag“ zusammen. Er berichtete von harten Jungs in Lederkluft, den jungen Heizern und mutigen Frauen auf Motorrädern. Einige Variablen bleiben dabei immer gleich, die Menschen, ihre Maschinen und die Straßen die sie befahren und leider auch die immer wiederkehrenden Berichte über Unfälle und Stürze. Geht es um tragische Unfälle so rücken schnell die „Jagdflieger“ in den Mittelpunkt, hiermit werden die Fahrer von Sportmotorrädern bezeichnet (vgl. Würzberg 1985, S. 91). Diese Fahrer entscheiden sich ganz bewusst für extrem hoch motorisierte Motorräder, die praktisch baugleich aus dem Rennsport übernommen wurden. Werden nun diese oftmals bis zu 300 km/h schnellen Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr bewegt, so lassen sich im Querschnitt deutlich erhöhte Unfall- und Sturzstatistiken auf Landstraßen feststellen (Rüter de Escobar 2009). Auch sind bestimmte Straßen besonders unfallträchtig, sodass an diesen Straßen Schutzmaßnahmen getroffen werden können (z.B. Notrufsäulen, Leitplankenunterfahrschutz, Haltebuchten etc.). An zahlreichen Straßen wurden bereits solche Maßnahmen getätigt, so setzt sich die gemeinnützige Björn Steiger Stiftung MEHRSI für die Erhöhung der Sicherheit auf Straßen für Biker ein (vgl. Schwill 2010). Beispielsweise wurden unter der Schirmherrschaft von u. A. Bundesminister Dr. Peter Struck bereits rund 500 Kurven mit Unterfahrschutz ausgestattet (vgl. MEHRSI e.V. 2009). Doch damit solche Maßnahmen auch tatsächlich an sinnvollen Orten stattfinden, gilt es die Straßen und Regionen zu ermitteln, zu denen sich Straßensport-Motorradfahrer besonders hingezogen fühlen.
Neben der Relevanz der Thematik aus sicherheitstechnischer Sicht eröffnet sich natürlich auch ein wirtschaftliches Interesse an Motorradfahrern. Denn die wirtschaftliche Bedeutung liegt bei kostenintensiven Sportarten, wie dem Motorradfahren, geradezu auf der Hand. Neben den Ausgaben für Anschaffung und Unterhalt für Motorrad und Zubehör, fallen gastronomische und servicetechnische Bedürfnisse an. Und auch Anwohner und staatliche Stellen haben Interesse an den „Sportorten“ von Straßenmotorradfahrern. ...
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Motorradfahrer und ihre Regionen
2.1 Motorradfahren im öffentlichen Straßenverkehr als Sport
2.2 Motorradsport und seine regionalen Gesichtspunkte
2.3 Die Region und das regionale Verständnis
2.3.1 Die Korrelation von Motorradfahren und Regionen
2.3.2 Identifikation und Image von Regionen bei Ninja-Fahrern
3 Empirische Untersuchung des regionalen Verhaltens von Superbike-Fahrern
3.1 Forschungsdesign dieser Ausarbeitung
3.1.1 Das Erkenntnisinteresse und die Forschungsfrage
3.1.2 Qualitative methodologische Positionierung
3.1.3 Erhebungsverfahren
3.2 Die Durchführung und Ziele des Interviews
3.2.1 Auswahl der Interviewbedingungen
3.2.2 Auswahl der Interviewpartner und Zugang zum Feld
3.3 Begründung des Fragebogens
3.4 Ergebnisdarstellung
4 Schlussfolgerungen/Ergebnisse
4.1 Motivation zum Motorradfahren und der Wahl bestimmter Strecken/Regionen
4.2 Das regionale Verhalten der Motorradfahrer
4.3 Wahrnehmung von Regionen und Regionsbewusstsein
4.4 Mögliche Einflussnahme auf das regionalbedingte Verhalten von Ninja-Fahrern
5 Methoden-Diskussion
6 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Regionale Identität, Image und Identifikation bei (Sport-)Motorradfahrern
Sport und regionale Identität - Warum fahren scheinbar alle Motorradfahrer in den Harz?
1 Einleitung
Die Mythen um das Motorradfahren sind legendär. Zahlreiche Geschichten, Meinungen und Vorurteile rangen sich um das Motorrad und die Menschen, die diese bewegen. Bereits 1985 trug Gerd Würzberg in seinem Werk „Rocker, Hexen, Kamikazes“ die zahlreichen Geschichten aus dem „Motorrad-Alltag“ zusammen. Er berichtete von harten Jungs in Lederkluft, den jungen Heizern und mutigen Frauen auf Motorrädern. Einige Variablen bleiben dabei immer gleich, die Menschen, ihre Maschinen und die Straßen die sie befahren und leider auch die immer wiederkehrenden Berichte über Unfälle und Stürze. Geht es um tragische Unfälle so rücken schnell die „ Jagdflieger “ in den Mittelpunkt, hiermit werden die Fahrer von Sportmotorrädern bezeichnet (vgl. Würzberg 1985, S. 91). Diese Fahrer entscheiden sich ganz bewusst für extrem hoch motorisierte Motorräder, die praktisch baugleich aus dem Rennsport übernommen wurden. Werden nun diese oftmals bis zu 300 km/h schnellen Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr bewegt, so lassen sich im Querschnitt deutlich erhöhte Unfall- und Sturzstatistiken auf Landstraßen feststellen (Rüter de Escobar 2009). Auch sind bestimmte Straßen besonders unfallträchtig, sodass an diesen Straßen Schutzmaßnahmen getroffen werden können (z.B. Notrufsäulen, Leitplankenunterfahrschutz, Haltebuchten etc.). An zahlreichen Straßen wurden bereits solche Maßnahmen getätigt, so setzt sich die gemeinnützige Björn Steiger Stiftung MEHRSI für die Erhöhung der Sicherheit auf Straßen für Biker ein (Schwill 2010). Beispielsweise wurden unter der Schirmherrschaft von u. A. Bundesminister Dr. Peter Struck bereits rund 500 Kurven mit Unterfahrschutz ausgestattet (vgl. MEHRSI e.V. 2009). Doch damit solche Maßnahmen auch tatsächlich an sinnvollen Orten stattfinden, gilt es die Straßen und Regionen zu ermitteln, zu denen sich Straßensport-Motorradfahrer besonders hingezogen fühlen.
Neben der Relevanz der Thematik aus sicherheitstechnischer Sicht eröffnet sich natürlich auch ein wirtschaftliches Interesse an Motorradfahrern. Denn die wirtschaftliche Bedeutung liegt bei kostenintensiven Sportarten, wie dem Motorradfahren, geradezu auf der Hand. Neben den Ausgaben für Anschaffung und Unterhalt für Motorrad und Zubehör, fallen gastronomische und servicetechnische Bedürfnisse an. Und auch Anwohner und staatliche Stellen haben Interesse an den „Sportorten“ von Straßenmotorradfahrern. So fühlen viele Anwohner in bestimmten Gegenden sich durch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen gestört und staatliche Überwachungsinstanzen (z.B. Polizei und Gemeinden) registrieren vermehrte Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung in bestimmten Regionen. Als Reaktion kam es zu Sperrungen von Strecken (z.B. Bad Grund im Harz, Gießen, Fulda, Hesseneck, Feldberg im Taunus) für Motorradfahrer, um eine Senkung der Unfallzahlen und Anwohnerbelästigung zu erreichen (vgl. Herold 2010; Kippenberg 2010; Kübler 2010).
Das Interesse an dem regionalen Verhalten von Sportmotorradfahrern und ihren Motiven zur Auswahl bestimmter Strecken und Region ist also sehr vielfältig. Daher soll diese Ausarbeitung das regionale Bewusstsein und die Auswahlkriterien für und gegen bestimmte Regionen als „Sportstätten“ des Motorradfahrens untersuchen. Hierfür soll diese Ausarbeitung sich mit den Lenkern von Sportmotorrädern, den sog. Ninja-Fahrern1, befassen. Ziel soll die Ermittlung des Vorhandenseins eines regionalen Bewusstseins und dessen Bestandteile bei diesen Sportmotorrad-Fahrern sein. Hierfür soll zunächst geklärt werden, ob das Fahren auf Straßen im öffentlichen Verkehr überhaupt ein Sport ist und was sich hinter den Begriffen Region und regionale Identität verbirgt. Zudem soll verdeutlicht werden, in welcher gegenseitigen Einflussnahme das sportlich orientierte Motorradfahren mit den unterschiedlichen Regionen steht. Gefolgt von dieser theoretischen Auseinandersetzung mit der Thematik folgt eine empirische Überprüfung der Fragestellung. Hierbei sollen die theoretisch gewonnenen Erkenntnisse überprüft und möglichst durch weitere ergänzt werden, für diesen Zweck wird eine qualitative Empirie durchgeführt. Im Rahmen dieser qualitativen Empirie wird eine schriftliche Befragung, mittels Fragenbogen, an 10 Ninja- Fahrern durchgeführt. In der abschließenden Auswertung der Ergebnisse werden die Erkenntnisse zusammen gefasst und interpretiert. Das letztendliche Ziel ist die Aussprache einer Empfehlung für die praktische Einflussnahme, auf die regionale Identität und das regionale Verhalten, von Ninja-Fahrern. Diese soll auf den Ausgangspunkt und zugleich die Begründung des Titels zurückführen, die beobachtete Zunahme von Motorrädern in bestimmten Regionen, wie zum Beispiel dem Harz.
2 Motorradfahrer und ihre Regionen
2.1 Motorradfahren im öffentlichen Straßenverkehr als Sport
Zunächst gilt es zu klären, was das Motorradfahren zu einem Sport macht und warum das Fahren von Motorrädern auf öffentlichen Straßen eine sportliche Betätigung sein kann. Die mediale Berichterstattungen zu der, in dieser Ausarbeitung im Mittelpunkt stehenden, Gruppe von Motorradfahrern projiziert ein eher problematisches Bild über das Verhalten von Superbike-Fahrern im Straßenverkehr:
„ Sind Sie auch immer so genervt von Kamikaze-Motorradfahrern, die drängeln, schneiden und wie die Geisteskranken ü berholen ?“ (Sat.1 2006).
„ Wahnsinnige auf Rennmaschinen, die scheinbar nur eins wollen: Autofahrer schocken. Was ein echter Motorradr ü pel ist, der f ü hlt sich nur so richtig wohl, wenn er mit 250 Sachen auf der Autobahnstandspur an Autos vorbei rasen kann, um dann noch mit ausgestrecktem Mittelfinger [ … ] abzugr üß en “ (Sat.1 2007).
“Fr ü hlingsproblem: Motorrad-Rowdys - F ü r viele Autofahrer sind Zweirad-Raser [ … ] das gr öß te Ü bel, denn sie sind klein, schnell und oft unkalkulierbar “ (automagazin.tv 2007).
„ Im Sommer ist Hochsaison, im PS-Rausch ü ber kurvige Stra ß en - f ü r die Polizei im Harz hei ß t das Schwerstarbeit …“ (RTL 2005).
Dieser kleine Ausschnitt von Moderationskommentaren lässt sich beliebig erweitern, denn die Berichterstattungen über eine bestimmte Sorte von Motorradfahrern ist vielzählig und eindeutig gefärbt: Diese sensationsgetriebenen Berichterstattungen beziehen sich fast ausnahmslos auf, eine kleine Gruppe der deutschlandweit vier Millionen Motorradfahrer, die sog. „ jungen Wilden “. Gemeint sind damit (meist) junge Fahrer von hochmotorisierten Sportmotorrädern mit Straßenzulassung. Diese bewegen ihre Fahrzeuge nicht immer im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen und den Wünschen ihrer Mitmenschen. Doch was steckt hinter dem, in den Berichterstattungen gerade zu verteufelten, Verhalten? Handelt es sich um geübte und konzentrierte Sportler oder tatsächlich nur um „ Wahnsinnige auf Rennmaschinen “? Zunächst soll versucht werden, diese Frage aus bewegungstechnischer Sicht zu beantworten. Kann das Führen eines Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr überhaupt Sport sein?
Im deutschen Sprachraum existieren viele Definitionen für den Begriff „Sport“. Diese Definitionen wurden stets in Abhängigkeit von historischen, sozialen, kulturellen, lebensweltlichen und alltagssprachlichen Kontextualisierungen getätigt und führen jeweils zu ihren eigenen Konstitutionen des Sportbegriffs (vgl. Peters, Roth 2006, S. 18). Dennoch lässt sich Sport allgemein als Sammelbezeichnung für die an spielerischer Selbstentfaltung sowie am Leistungsstreben ausgerichteten vielgestaltigen Form körperlicher Betätigung, die sowohl der geistigen und körperlichen Beweglichkeit, als auch dem allgemeinen Wohlbefinden dienen soll, umgrenzen (vgl. Brockhaus 2007, S. 433). Sportliche Aktivitäten werden zumeist um ihrer selbst Willen und aus dem Interesse an der Überwindung von physischen, aber auch psychischen Herausforderungen unternommen. Eine wesentliche Rolle kommt dabei der spielbetonten individuellen, nicht organisierten Freude an der Selbststeigerung ohne Wettkampfstreben zu (Brockhaus 2007, S. 433-438).
Das Motorradfahren lässt sich als Prozess der Habitualisierung und Technisierung von Bewegungen des „Fahrzeugführers“ beschreiben. Dieser wird vertraut mit dem Fahrzeug, erwirbt die Fähigkeit zur prinzipiellen und situativen Beherrschung und wird technisch wie stilistisch zu einer Mensch-Maschine-Einheit. Diese Einheit dehnt die Person gleichsam aus, indem es ihre physischen Möglichkeiten erweitert und als Teil eines überpersönlichen Lebensführungsstils, Anschluss an Gruppen von Gleichgesinnten, gewährt. Das Fahrzeug stattet den Fahrer mit neuen Potenzen aus und erfüllt damit die Sehnsüchte nach dem Übermenschlichen. So gestattet beispielsweise die Fähigkeit zur Beschleunigung der steuernden Person einen enormen imaginären Machtzuwachs (vgl. Alkemeyer 2006, S. 234). Beim Motorradfahren bilden Körper und Maschine gemeinsam eine Gestalt, sie formen einen High-Tech-Vehikel-Körper. Die Berührungsflächen beider Körper sind groß, die Übergänge zwischen ihnen fließend. Diese optische Erscheinung der Mensch-Maschine- Einheit lässt sich besonders bei vollverkleideten Motorrädern, dessen Fahrer Rennkombis2 tragen, als bunte Mischwesen aus Körper und High Technology beschreiben. Technisch und stiltisch sind beide Komponenten einander assimiliert: Eng anliegende Ledermonturen und Helme mit verspielten Visieren, die das Gesicht verbergen, lassen die Fahrer künstlich erscheinen, während Design und Lackierung der Motorräder ihren Fahrern ähneln (vgl. Alkemeyer 2006, S. 235).
Das Motorradfahren ist durch eine paradoxe Gleichzeitigkeit von imaginärem Machtzuwachs und Erfahrungen der Schutzlosigkeit gekennzeichnet. Der Fahrer nimmt die Kraft, der mit ihm verschlungenen Maschine, an. Sein gesamter Körper ist an der Steuerung beteiligt: Er muss ganzkörperlich mitgehen, sich in Kurven legen und nimmt alle fahrdynamischen Dimensionen - Beschleunigung, Geschwindigkeit, Schräglage, Bremskräfte - unmittelbar wahr. Ohne ein feines Gespür für die Wechselwirkungen von Körperlage, Lenken, Beschleunigungskräften und dem Eigensinn des Fahrzeugs sind insbesondere unvorhergesehene Situationen nicht zu meistern. Durch die Bewegung des Sportlers, als Teil dieser extremen Fahrzeuge, besonders im Grenzbereich, entstehen ungewöhnliche Körper- und Sinneszustände. Jeder Fahrer begibt sich von Fahrt zu Fahrt in seine persönliche Meisterschaft von Sinnesreizen, Erregung und Gefühlen (vgl. Alkemeyer 2006, S. 236). Diese Meisterschaft wird immer wieder aufs Neue, der Selbststeigerung willen, mit sich ausgetragen. Die Folge sind immer extremere Fahrmanöver, die Überwindung von physischen, aber auch psychischen Herausforderungen. Der Reiz liegt an der Bewegung - dem Fahren - im Grenzbereich. Doch wird dieser Grenzbereich überschritten, so zerbricht die Vereinigung von Mensch und Maschine in Augenblicken. Ein Beherrschen der Situation wiederum, durch ein feines Zusammenspiel von reflexiver Aufmerksamkeit, praktischem Sinn und Hingabe an die Situation führt zum einem besonders intensiven Erleben der eigenen Kompetenzen - das Fahren wird zu einem Genuss.
Für den Ninja-Fahrer, wie für viele andere Motorradfahrer, ist sein Fahrzeug kein Werkzeug oder Alltagsgegenstand, sondern eher ein Spielzeug, sodass das Fahrzeug nicht als Nutz-, sondern als Freizeitgut angesehen wird (vgl. Alkemeyer 2006, S. 232). Für die junge Generation der Motorradfahrer, gehen die mit dem Motorradfahren verbundenen Attribute also weit über den Mobilitätsaspekt hinaus (vgl. Fischer, Blenk, Eckstein 2005, S. 259). Dies gilt insbesondere für die Besitzer von den sog. Superbikes (z.B. Kawasaki Ninja), da diese eine sehr geringe Alltagstauglichkeit besitzen und eindeutig das sportliche Fahrerlebnis im Vordergrund steht. Infolge dessen soll sich diese Ausarbeitung im weiteren Verlauf auf die „Ninja-Fahrer“ begrenzen. Das besondere an Superbikefahrern ist die Wahl ihrer Sportstätte, denn diese Gruppe betreibt das Fahren als Sport und dies in der Regel im öffentlichen Straßenverkehr. Dieses Verhalten hat wie eingangs genannt Einfluss auf die Regionen und auch die Regionen scheinen Einfluss auf die Ninja-Fahrer zu nehmen. Im Folgenden dieser Arbeit soll versucht werden, diese Einflüsse und die Bedingungen dieser zur klären. Hierfür soll zunächst der Regionsbegriff und die Einflüsse der Regionen und Sportler aufeinander diskutiert werden.
2.2 Motorradsport und seine regionalen Gesichtspunkte
Motorradfahren ist also ein Sport, dieser wird überwiegend im öffentlichen Raum betrieben. Dabei haben die Sportler einen Einfluss auf die Regionen, in denen sie agieren. Doch welchen Einfluss hat das Verhalten der Ninja-Fahrer auf ihre Sportstätten? Sport ist seit langem ein treibender Faktor für die Aufwertung einer Region (Bale 1999, S. 283). Motorradfahren als regionsverbundener Sport ist aus diversen Gesichtspunkten interessant:
1. Sport ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, zudem ist seine politische, soziale und kulturelle Bedeutung immens.
2. Raum, Ort, Landschaft und Region als zentrale Kategorien spielen sowohl im Sport
und damit in der Sportwissenschaft eine zentrale Rolle. Sport als ein (Wett-)Kampf um Raum, der innerhalb räumlicher und allgemein-regulativer Grenzen stattfindet.
3. Im Prozess des allgemein-gesellschaftlichen Wandels der fortgeschrittenen Modernisierung ist der Sport allgegenwärtig geworden. Es findet eine Aufhebung institutionalisierter Begrenzungen und Normierungen der Spiel-, Sport- und Bewegungsräume statt. Sport ist bei Motorradfahrern kein von seiner Umwelt abgeschotteter Prozess, sondern findet geradezu in dieser statt (vgl. Peters, Roth 2006, S. 7f.).
Da das Motorradfahren stets Bestandteil von bestimmten Regionen und Regionen Bestandteil des Motorradfahrens sind, sind diese beiden Faktoren unzertrennbar und üben auf einander Einfluss aus. Dies gilt ganz besonders bei Motorsportlern die ihren Sport auf öffentlichen Straßen praktizieren. Um zu klären welchen Einfluss Regionen und Ninja-Fahrer aufeinander haben, soll das folgende Kapitel versuchen, diese Thematik zu erleutern.
2.3 Die Region und das regionale Verständnis
2.3.1 Die Korrelation von Motorradfahren und Regionen
Die Bedeutung des Wortes Region leitet sich aus dem lat. regio ab und bedeutet, je nach Kontext, sinngemäß Richtung, Gegend, Bereich, Gebiet. Dabei wird allgemein unter der Region, ein aufgrund bestimmter Merkmale abgrenzbarer, zusammenhängender Teilraum mittlerer Größenordnung in einem Gesamtraum, verstanden. Die alltägliche Abgrenzung von Regionen geschieht funktional nach Vorgängen oder Gegebenheiten die örtliche Zusammenhänge übersteigen, aber unterhalb der staatlichen Ebene angesiedelt sind. Die Unterteilung in Regionen erfährt verschiedene Ausdeutungen und Anwendungen (vgl. Sinz 2005, S. 919f.):
Politik- und Verwaltungsregionen: Die Festlegung von (Planungs-)Regionen, zur Erfüllung von administrativen Aufgaben nach einem räumlichen Zuschnitt (z.B. Gemeinden, Kreise, Regierungsbezirke).
Regionen im wirtschaftlichen und sozialen Kontext: Analytische und planerische Festlegung von Regionen nach technischen bzw. administrativen Gesichtspunkten (z.B. Verkaufs-, Vertreter-, Industrie- und Handelskammer-, Arbeitsmarktregionen). Regionen im kulturellen Kontext: Politische oder ideologische Regionsvorstellungen, die auf den inneren Zusammenhalt von Volksgruppen oder Religionsgemeinschaften und ihre Abgrenzung nach außen bis hin zur Herauslösung aus einem übergeordneten staatlichen Verbund abzielen (z.B. Heimat, Sprachraum, Landschaftsregion).
Region im wissenschaftlichen Kontext (vgl. Sinz 2005, S. 919f.).
Die Regionsbildung geschieht stets über eine Klassifizierung der Raumelemente, bei der zusätzlich die Forderung nach räumlichen Zusammenhang (Kontingenz bzw. Kohärenz) der zu bildenden Raumeinheiten beachtet wird. Die Regionsbildung kann also nach Ähnlichkeitsoder nach Verflochtenheitsprinzipien erfolgen. Am häufigsten werden zusammenhängende Regionen nach dem Verflochtenheitsprinzip abgegrenzt, denn hier werden diejenigen Raumelemente zu einer Region zusammengefasst, die untereinander in funktionalen Beziehungen stehen (Sinz 2005, S. 921).
Regionale Identität umfasst zwei grundlegende Aspekte, einerseits das Regionalbewusstsein (im Sinn der Identität der in der Region lebenden Bevölkerung) und andererseits die Identität einer Region. Die Aufschlüsselung macht klar, das Region nicht nach objektivierbaren, als flächenhaft und eindeutig abgrenzbare Raumstruktur verstanden wird, sondern das Ergebnis funktionaler Beziehungen und sozialer Interaktionen ist. Daher wird die Region immer wieder reproduziert, ist dadurch veränderbar und besitzt folglich keine starren Grenzen (Ausnahme bilden die Planungsregionen) (vgl. Danielzyk 2005, S. 923ff.). Dies bedeutet dass von Superbike-Fahrern besonders häufig angefahrene Orte oder besonders oft gefahrene Strecken aufgrund bestimmter Attribute aufgesucht werden. Daraus resultiert der Gedanke, ob diese Attribute eher durch das Image oder durch die persönliche Identifikation mit den Strecken geschehen.
2.3.2 Identifikation und Image von Regionen bei Ninja-Fahrern
Die Einteilung von bevorzugten Regionen, beinhaltet stets eine räumliche Abgrenzung von anderen Regionen. Schließlich endet, für die Motorradfahrer, jedes bevorzugte oder verabscheute Gebiet an bestimmten subjektiven und meist imaginären Grenzen. Die Abgrenzung von Regionen beinhaltet also auch die Entwicklung einer regionalen Identität. Die Möglichkeiten Beziehungen zwischen einer Person und einem Raum zu stiften, hat kulturhistorische Dimension. So findet ein kontinuierlicher Prozess der Auf- und Abwertung von Regionen, Landschaften und Städten statt. Dieser Prozess hat offensichtlich große Bedeutung für die Nutzung und Vernetzung der Räume und bestimmt die Lebensbedingungen in diesen Räumen wesentlich (Ipsen 1993, S. 12f.). Der Begriff des Regionalbewusstseins zielt nicht nur auf ein regionales Bewusstsein, sondern auch auf die regionale Lebenswelt und darin angewendete Einstellung. Hier lassen sich für jeden Menschen regionale Deutungsmuster herausarbeiten, diese zielen beispielsweise auf eine mehr oder weniger enge Beziehung zu den Nachbarn, zu Vereinen, zum Naherholungs- und Freizeitraum ab. Da diese Ausarbeitung auf die Erforschung des regionalen Bewusstseins von Freizeitsportlern abzielt, sollen die Beziehungen der Motorradfahrer zu ihren jeweiligen Freizeiträumen im Mittelpunkt stehen (vgl. Pohl 1993, S. 88ff.). Für die Bildung dieses Bewusstseins, gilt es die jeweiligen subjektiven Beziehungen und Deutungen zu ermitteln.
Für die Herangehensweise bedeutet dies, dass stets zwei Sichtweisen zur Region beachtet werden, einmal die Konstruktion der jeweils subjektiven und ganz eigenen Region(en) und beispielsweise dessen Zugehörigkeitsempfinden. Zum Anderen, das Mitwirken an einer Region, durch das Fahren in bestimmten Gegenden, die daraufhin extern (und intern) zu Motorradfahrer-Regionen ernannt werden.
Das Regionalbewusstsein ist ein Phänomen, das kaum im alltäglichen Kontext aktiviert wird. Die gleiche Klangfarbe der Sprache oder die Verwendung der gleichen Sprichwörter zum Beispiel ist innerhalb einer Region das Normale und deshalb kein Thema. Diese Erscheinungen spielen eher gegenüber Personen, die nicht aus derselben Region kommen, eine Rolle (vgl. Pohl 1993, S. 92). Daher eröffnet sich die Frage, ob Motorradfahrer bedingt durch ihren sehr hohen Aktionsradius, ein erhöhtes regionales Bewusstsein besitzen. Daneben stellt sich die Frage nach der Wahrnehmung von Regionen und dessen subjektive Konstruktion. Im folgenden Kapitel sollen diese Thematiken systematisch empirisch erforscht werden.
3 Empirische Untersuchung des regionalen Verhaltens von Superbike-Fahrern
3.1 Forschungsdesign dieser Ausarbeitung
3.1.1 Das Erkenntnisinteresse und die Forschungsfrage
Das Erkenntnissinteresse ermittelt sich aus der vorausgegangenen theoretischen Auseinandersetzung mit der Thematik. Motorradfahrer, speziell Superbike-Fahrer, fahren vermehrt bestimmte Strecken. Auch bevorzugen sie bestimmte Regionen für ihren Freizeitsport, dies hat verschiedene Konsequenzen für die Sportler und die Menschen in diesen Regionen. So häufen sich die Unfall- und Sturzzahlen auf bestimmten Strecken, Anwohner fühlen sich gestört und Gewerbetreibende richten sich auf die Motorradkundschaft ein. Nun soll versucht werden, die Frage nach dem regionalen Verhalten speziell von Superbike-Fahrer zu klären. Die allgemeine Forschungsthese lautet daher (vgl. Bortz; Döring 2005, S. 494):
Superbike-Fahrer bevorzugen bestimmte Regionen für ihren Sport.
So scheint es beispielsweise, als würden alle Motorradfahrer zwangsläufig in den Harz fahren. Daher soll das Ziel dieses empirischen Teils sein, das regionale Verständnis und Verhalten von Ninja-Fahrern auszuleuchten. Damit steht die Forschungsfrage fest und die optimale Untersuchungsform kann bestimmt werden. Diese beinhaltet die Auswahl der Untersuchungseinheiten, die Datenerhebung, die Datenerfassung und die Datenanalyse. Aufgrund der empirisch erhobenen Daten, sollen letztlich die Forschungsfragen, möglichst beantwortet werden (vgl. Schnell, Hill, Esser 2005. S. 7ff).
3.1.2 Qualitative methodologische Positionierung
Bei der Entscheidung für eine qualitative oder quantitative Forschung, gilt es zunächst das Forschungsinteresse zu untersuchen. Das Kenntnisinteresse dieser Ausarbeitung und die damit verbundene Fragestellung, verlangt aufgrund seiner Vielschichtigkeit nach einer Datengewinnung, die dem Interviewten viel Freiraum gewährt (vgl. Przyborski; Wohlrab-Sahr 2009, S. 18). Bei der quantitativen Forschung, würde sich das Problem ergeben, das durch die Standardisierung die Forschungskommunikation eingeengt, vor allem aber die Kommunikationsmöglichkeit der Probanden beschnitten würde (vgl. Bohnsack 2008, S. 17). Den entsprechend benötigten kommunikativen Freiraum ermöglicht eine qualitative Befragung (vgl. Przyborski; Wohlrab-Sahr 2009, S. 18). „Qualitative Befragungen arbeiten mit offenen Fragen und lassen den Befragten viel Spielraum beim Antworten (…).“ (Bortz; Döring 2005, S. 308).
Im Rahmen der empirisch verstandenen Wissenschaften, die sich bemühen, Sachverhalte in Natur und /oder Gesellschaft zu entdecken, Aussagen über Zusammenhänge zwischen ihnen zu formulieren und diese Aussagen zu überprüfen, wird empirische Forschung immer dann als Werkzeug benötigt, wenn Theorien zur Erklärung menschlichen Handelns, sozialer Strukturen und Zusammenhänge überprüft werden sollen. Empirische Forschung dient also der systematischen Prüfung von Theorien (vgl. Schnell, Hill, Esser 2005. S. 7). Für diese Prüfung werden typischer Weise bestimmte Arbeitsschritte durchlaufen.
Die Entscheidung für eine qualitative Arbeit führt also zu einem bestimmten methodologischen Rahmen, in dem sich die zu treffenden Aussagen befinden müssen. Ist die Entscheidung also auf ein qualitatives Vorgehen gefallen, so muss man sich konsequent im Rahmen dieses methodologischen Rahmens bewegen. Folglich setzt die qualitative Forschung eine Fragestellung voraus, die dem qualitativen Vorgehen angemessen ist. Denn die hier gewonnenen Daten sind keine Daten, aus einer „kleinen“ Variante einer standardisierten quantitativen Untersuchung (vgl. Przyborski; Wohlrab-Sahr 2009, S. 18). Hier gilt es rekonstruktiv zu forschen, d.h. es muss vor Eintritt in das zu untersuchende Feld, ein Modell der vermuteten bzw. wirkenden Bedingungszusammenhänge erstellt und später mit den ermittelten Werten verglichen werden. Dies ist in Kapitel 2 geschehen, indem mit Hilfe der derzeitigen Wissensbestände die zu überprüfenden Thesen entwickelt wurde. Hierfür wurde auf theoretische Wissensbestände aus der Literatur zurück gegriffen. Anhand der darauf abgeleiteten Hypothese soll versucht werden zu überprüfen, wie stark tatsächlich eine Regionsverbundenheit bei Superbike-Fahrern vorhanden ist.
Die konkreten Objekte der Forschung, ein bestimmtes Feld, Subjekte an denen die Forschungshandlung vorgenommen wird, sind dabei mehr oder weniger austauschbar. Denn sie erhalten den Status des Exemplarischen, an denen vermutete Zusammenhänge überprüft werden. Im Mittelpunkt steht das formulierte Modell, samt seinen Hypothesen (vgl. Flick et al. 1991, S. 150).
3.1.3 Erhebungsverfahren
Offene Leitfadeninterviews - Für die Untersuchung der Hypothese gilt es eine geeignete Interviewtechnik auszuwählen. Das Leitfadeninterview bietet sich immer an, wenn unterschiedliche Themen behandelt werden sollen und es darum geht, nicht nur Meinungen, Einschätzungen, Alltagstheorien und Stellungnahmen der befragten Person abzufragen, sondern Erzählungen zu deren persönlichen Erfahrungen hervorzulocken. Dies bedeutet, dass ein Leitfadeninterview prinzipiell narrativ fundiert ist (vgl. Nohl 2008, S. 20). Das Grundprinzip narrativer Interviews lässt sich folgendermaßen beschreiben:
„Im narrativen Interview wird der Informant gebeten, die Geschichte eines Gegenstandsbereiches, an der der Interviewte teilgenommen hat, in einer Stegreiferzählung darzustellen. (…) Aufgabe des Interviews ist es, den Informanten dazu zu bewegen, die Geschichte des in Frage stehenden Gegenstandsbereichs als eine zusammenhängende Geschichte aller relevanten Ereignisse von Anfang bis Ende zu erzählen“ (Flick 2009, S. 229).
Dennoch ist das Leitfadeninterview ein teilstandardisiertes Interview welches, in der Methodendiskussion der empirischen Sozialforschung, auch als „Leitfadenbürokratie“ bezeichnet wird. Dies liegt daran, weil wie in der Bürokratie, beim Leitfadeninterview der Leitfanden als Ordnungsmuster im Vordergrund steht und nicht der Interviewte und seine Präferenzen (vgl. Przyborski; Wohlrab-Sahr 2009, S. 138 f.). Besonders bei Forschungsvorhaben, die bestimmte, relativ klar eingegrenzte Fragestellungen verfolgen, für deren Bearbeitung die Verwendung von Leitfadeninterviews durchaus sinnvoll sein kann. Beispielsweise wenn die Fragestellung sich auf bestimmte berufliche und alltägliche Praktiken beziehen, deren Darstellung primär über den Modus der Beschreibung und Argumentation zu erfassen ist und bei denen es darauf ankommt, das bestimmte Bereiche in jedem Fall detailliert behandelt werden. Insbesondere wenn von den Interviewten, sowohl an allgemeineren Perspektiven in Bezug auf die Sache, als auch an der detaillierten Beschreibung von Regelungen und Prozeduren, gefragt werden (vgl. Przyborski; Wohlrab- Sahr, S. 139). Zudem ermöglicht der Einsatz eines Leitfadens eine Vergleichbarkeit der Interviewten. Denn da allen Befragten prinzipiell entlang desselben Leitfadens Fragen gestellt werden, sind die Interviews zumindest insofern vergleichbar, als das sich alle befragten Personen zu denselben Themen äußern mussten (vgl. Nohl 2008, S. 20). Dies ist besonders für die spätere Auswertung von Bedeutung.
Der Ablauf eines Leitfadeninterviews lässt sich grundsätzlich in zwei Bereiche unterteilen, in den allgemeinen Teil und in den spezifischen Teil. Der allgemeine Teil geht dem Spezifischen voraus und nimmt die Perspektive des Interviewten als Ausgangspunkt. Anschließend soll im spezifischen Teil die Forschungsfragen behandelt werden. Der Ablauf gliedert sich also vom Allgemeinen zum Spezifischen, sodass auf das Forschungsinteresse hingearbeitet wird (vgl. Przyborski; Wohlrab-Sahr 2009, S. 140).
Da das Leitfadeninterview eine, in der Regel, vergleichsweise eng umgrenzte Forschungsfrage voraussetzt, besteht die Gefahr das Fragen zu spezifisch gestellt werden. Dies kann den Effekt hervorrufen, dass darauf folgende Antworten entsprechend kurz ausfallen. Um dem unerwünschten Effekt der kurz ausfallenden Antworten entgegenzuwirken, wird ein systematisches Vorgehen benötigt. Dieses beinhaltet, zu Beginn des Interviews, möglichst offene und möglicherweise narrative Eingangsfragen zu stellen.
Die Anfangsfrage wird folglich so gestellt, das der Interviewpartner, in die Lage versetzt wird, den zur Diskussion stehenden Sachverhalt aus seiner Sicht zu umreißen bzw. - wo es sich anbietet - die Vorgeschichte dieses Sachverhaltes zu erzählen (vgl. Przyborski; Wohlrab- Sahr 2009, S. 140). Gefolgt von der relativ offenen Stimuli, können dann relativ spezifische Nachfragen anschließen, die an dem ansetzten können, was in der ersten Darstellung bereits angedeutet, aber nicht genauer ausgeführt wurde. Hierbei darf es aber nicht um die Isolierung bestimmter Sachverhalte gehen, sondern vielmehr darum, die spezifische Bedeutung bestimmter Details auszuleuchten, um so die Zusammensetzung und den Zusammenhang der interessierten Sachverhalte bestimmen zu können (vgl. Przyborski; Wohlrab-Sahr 2009, S. 141).
Das generelle Vorgehen bei dem Erstellen der Interviewfragen, sollte so ausgerichtet werden, das folgende Sachverhalte geschildert werden:
- Situative Einbettung,
- Sozialen, institutionellen und persönlichen Kontext,
- Subjektive bzw. institutionelle Relevanz .
Durch das ausleuchten dieser Sachverhalte, erhält der Interviewer Informationen über die Bedingungen des Zustandekommens und über die Bedeutung bestimmter Phänomene. Außerdem können noch weitere, evtl. für die Forschungsfrage relevante, Aspekte gewonnen werden. Mögliche, im Laufe der Interviews anfallende neue Themenkomplexe, sollten ebenfalls mit einer relativ offenen Frage eingeleitet werden. Am Ende des Fragebogens bietet es sich an, Fragen zu stellen die kontroverse Positionen einnehmen, um so den Befragten zu Stellungnahmen zu provozieren (vgl. Przyborski; Wohlrab-Sahr 2009, S. 141).
3.2 Die Durchführung und Ziele des Interviews
Ziel muss es sein, dem Interviewten für die Darstellung von Sachverhalten und Positionen Raum zu geben, sodass dessen situativer Kontext, ihr Entstehungszusammenhang und ihre Einbettung durch das Interview ermittelt werden. Nur so entstehen Interviewtexte die sich interpretieren und nicht alleine klassifizieren lassen (vgl. Przyborski; Wohlrab-Sahr 2009, S. 143).
3.2.1 Auswahl der Interviewbedingungen
Um bei der Datenerhebung einen möglichst geringen Einfluss auf die Interviewten zu nehmen, entschied ich mich für eine leichte Form der nonreaktiven Datengewinnung. Das bedeutet, dass im Zuge der Interviewdurchführung ein möglichst geringer Einfluss auf die untersuchten Personen ausgeübt wird. So sollen störende Reaktionen wie Interviewer- oder Versuchsleitereffekte, unbewusste Testverfälschung oder andere Antwortverzerrungen vermieden werden (vgl. Bortz; Döring 2005, S. 325). Für die praktische Umsetzung des Interviews bedeutet dies, dass der Interviewte nicht durch kommunikative Variablen, wie zum Beispiel die Art der Fragenformulierung oder den Tonfall, beeinflusst werden soll. Auch darf der Interviewte selbst Dauer und Umfang seiner Antworten entscheiden, um nicht durch einen, vom Interviewer gesetzten, Zeitplan begrenzt zu werden. Um diesen Vorgaben gerecht zu werden, wird das qualitative Interview in schriftlicher Form stattfinden.
3.2.2 Auswahl der Interviewpartner und Zugang zum Feld
Die Auswahl der Interviewpartner beim offenen Leitfadeninterview orientiert sich an den allgemeinen Kriterien des „Theoretical Sampling“ (vgl. Przyborski; Wohlrab-Sahr 2009, S. 140). Die Auswahl der zu interviewenden Personen für diese Ausarbeitung, richtet sich also nicht nach der üblichen Stichprobengewinnung und der üblichen Sampling-Technik. Schließlich geht es weder darum, die Repräsentativität der Stichprobe durch Zufallsauswahl ihrer Mitglieder zu gewährleisten, noch um ihre geschichtete Zusammensetzung. Vielmehr werden die zu befragenden Personen, passend zur entwickelten Theorie und zur Beantwortung der Untersuchung, ausgewählt. Die Auswahlentscheidung richtet sich dabei auf diejenigen Personen, die im Bezug zu den bereits gewonnenen Erkenntnissen die größten Aufschlüsse versprechen (vgl. Flick 2009, S. 159). Wie sich in Kapitel 2.1 gezeigt hat, bedienen die Superbike-Fahrer am ehesten die Kriterien, die Motorradfahren zu einem Sport macht. Folglich sollen lediglich die Erfahrungen dieser ganz bestimmten Gruppe von Motorradfahrern Untersuchungsgegenstand sein. Schließlich dient die qualitative Sozialforschung der Rekonstruktion der praktischen Erfahrungen von Einzelpersonen und Gruppen, in Milieus und Organisationen, gibt Aufschluss über die Handlungsorientierung, die sich in der jeweiligen Praxis dokumentieren und eröffnet somit einen Zugang zur Handlungspraxis (vgl. Nohl 2008, S. 8). Die untersuchte Personengruppe leitet sich aus dem breiten Feld der deutschlandweit über 4 Millionen Motorradfahrern heraus. Im Rahmen der Forschungsfrage werden daher ausschließlich die Fahrer der Superbike-Klasse befragt. Für die Befragung steht somit lediglich das Sportgerät als Auswahlkriterium fest. Durch meine persönlich Kenntnisse und meiner Gruppenzugehörigkeit werden daher lediglich Ninja- Fahrer Forschungsgegenstand sein.
Für die Auswahl der geeigneten oder gar idealen Interviewpartner gilt es zunächst einige grundlegende Fragen zu klären. Schließlich müssen die Interviewten über die relevanten Informationen verfügen, in der Lage sein diese präzise zu formulieren, bereit sein die Informationen mitzuteilen und die Informanten müssen verfügbar sein (vgl. Gläser u. Laudel 2004, S. 113). Da es in dieser Ausarbeitung um das Verhalten und die Erfahrungen von Ninja-Fahrern geht, liegt es nahe diese zu befragen. Nun gilt es die Verfügbarkeit und Bereitschaft potentieller Interviewpartner zu gewinnen. Es gilt also einen Zugang zu den Interviewpartnern zu gewinnen.
Da ich seit Jahren eine Kawasaki Ninja fahre und daher bereits viele Kontakte innerhalb der Szene habe, stellt sich der Zugang zu möglichen Interviewpartner zunächst nicht besonders kompliziert dar. Viele Motorradfahrer schließen sich zu Vereinen, Clubs oder Communitys zusammen, um sich über ihr Hobby und ihre Fahrzeuge auszutauschen. Ebenso geschieht dies bei Fahrern von Ninjas, besonders populär ist der Austausch auf Treffen und in Online- Foren. Da ich aktives Mitglied des Forums www.ninja-forum.de bin, besteht hier ein reger Kontakt zu mehreren hundert Fahrern von Ninjas. Im Forum werden nicht nur fahrzeugspezifische Informationen und Strecken ausgetauscht, es wird auch über ganz alltägliche Dinge gesprochen. Der freiwillige Zusammenschluss in Vereinen oder Gesellschaften zur Weitergabe von Informationen und Wissen, sowie der gegenseitigen Unterstützung und Hilfe ist längst deutsche Tradition (vgl. Grune 2000, S. 75). Auf diese Weise werden Belange aus allen Lebensbereichen und zu allen Ninja-Modellen diskutiert und protokolliert.
Im Zusammenhang mit dieser Ausarbeitung fragte ich im Ninja-Forum, ob grundsätzlich die Bereitschaft zur Beteiligung an einer Umfrage bestünde. Da die Resonanz sehr hoch war und viele Forumsmitglieder bereit waren an einer schriftlichen Befragung teilzunehmen, konnte die Befragung gestartet werden. Schließlich veröffentlichte ich den Fragebogen in einer eigens für diese Erhebung erstellen Diskussion (Dokument Anhang 1). Hier konnten alle im Forum aktiven Mitglieder frei Kommentare hinterlassen und den Fragebogen (als Word- und als PDF-Dokument) herunterladen. Diesem Aufruf folgten 10 Fahrer von Ninjas und sandten mir ihren ausgefüllten Bogen per Email zu.
[...]
1 Ninja-Fahrer: Führer von vollverkleideten Sportmotorrädern mit Straßenzulassung des japanischen Herstellers Kawasaki. Die „Ninja“ ist ein Motorrad der Kategorie Superbikes und ähneln im Hinblick auf die Fahrleistungen und dem Fahrkomfort mehr Renn- als Straßenmotorrädern.
2 Schutzkleidung, meist aus Leder und mit farbenfrohem Design (negativ: Papageien-Optik) 4
- Arbeit zitieren
- Master of Education Bernd Sanders (Autor:in), 2010, Regionale Identität, Image und Identifikation bei (Sport-)Motorradfahrern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191695
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