„Die Lessing-Zeit ist eine kurze Phase der Balance: Ratio und Empfindung in beiden Waagschalen stehen auf gleicher Höhe, man versucht, beiden ihr Recht zu geben und zwischen ihnen zu vermitteln.“ Diese gegensätzlichen Bewusstseinskategorien finden sich nicht nur in Lessings bürgerlichen Trauerspielen Emilia Galotti und Miß Sara Sampson, sondern auch innerhalb der Titelheldinnen dieser Dramen selbst. Im Verlauf der Handlung zeigt sich, dass sowohl Sara als auch Emilia zum einen Züge der in den Grundgedanken der Aufklärung so propagierten Vernunft, zum anderen eine nicht unerhebliche Sinnlichkeit besitzen. Eines der Ziele dieser Arbeit wird also sein, zu klären, inwieweit eine Interdependenz von Sinnlichkeit und Ratio möglich ist und in den Dramen vorgeführt wird.
Ein großes Augenmerk liegt dabei auf der Modellierung der Familie. Beide Dramen führen das Bild der patriarchalisch geführten Familie vor, das jedoch in unterschiedlicher Weise gebrochen wird. Die Krisen, denen sich die Titelfiguren ausgesetzt sehen, entspringen dem „Tochter-Sein […] – Krisen, die sich aus der Veränderung von der Vergangenheit zur Gegenwart ergeben –, Probleme, die durch das Eindringen außenstehender Personen in die jeweilige Familie hineingetragen werden.“
Lessing will offensichtlich ästhetische, emotionale und moralische Wirkung verknüpfen , wobei sein Akzent jedoch stark auf der emotionalen Verwirrung seiner Charaktere liegt und Gründe für tragische Fehlhandlungen in der charakterlichen Disposition der dramatis personae gesucht werden.
Dabei stellt sich die Frage, ob es Lessing im Hinblick auf das Thema der Sinnlichkeit um eine Rehabilitation oder den Verlust der Sinnlichkeit geht, oder ob er vielmehr vorführt, dass Sinnlichkeit nicht aus dem Leben ausgeschlossen werden kann und darf.
Ausgehend von der Modellierung der Familie und dem Einfluss des Gefühls und der Sinnlichkeit auf die Rationalität des aufgeklärten Bürgertums soll untersucht werden, ob und inwieweit die Protagonistinnen Sara und Emilia fähig sind, ein eigenständiges Leben zu führen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der familiäre Innenraum
2.1 Die Innerlichkeit der Gesellschaftsinstitution Familie
2.2 Sprachlichkeit
3. Fremdbestimmung
3.1 Pole der Fremdbestimmung
3.2 Gegenspielerinnen
4. Pflicht vs. Neigung / Sinnlichkeit
5. Die Unmöglichkeit weiblicher Selbstbestimmung
6. Nachwort
7. Bibliographie
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- M.A. Christine Pepersack (Author), 2010, Die Unmöglichkeit weiblicher Selbstbestimmung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191594
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