[...]
Der Einzug, den lol in die mündliche (präziser: außerhalb des Internets
stattfindende) Kommunikation hält, ist ein Beispiel für den Einfluss, den bestimmte
Medien auf mit ihnen sonst nicht verknüpfte Bereiche des Lebens ausüben können.
Dabei werden üblicherweise einige der im Ausgangsmedium beheimateten
Wertesysteme, Konventionen und Haltungen für extramediale Bereiche übernommen
und in diesen für gültig erklärt.
Ein anderer Übergang dieser Art findet statt, wenn Handlungen aus dem
Bereich des Privaten in den der Öffentlichkeit verlegt werden, wenn also normative
Konventionen jener Sphäre auch in dieser zu herrschen beginnen. Die Frage nach der
normativen Bewertung sowohl dieses als auch des umgekehrten Falles gehört zu den zentralen Themen der Soziologie und insbesondere mit dem Aufkommen und vor
allem der Erschwinglichkeit von Fernsehen, Mobiltelefon und in den letzten 15
Jahren auch des Internets ist das Interesse daran nur noch gewachsen.
Im Zentrum dieser Arbeit soll der erstgenannte Fall vom Einzug des Privaten in
die Öffentlichkeit stehen. Grund dafür ist eine Argumentationslinie, die in einigen
ihrer ausformulierten Exemplare beinahe als notorisch bezeichnet werden muss und
deren Vertreter darin die These von einer brutalen Usurpation des öffentlichen
Raumes durch das Private vertreten. Ich werde einige ihrer Vertreter im Verlauf der
Arbeit direkt zu Wort kommen lassen, möchte sie aber an dieser Stelle in ihren
Grundzügen beschreiben. Ob es sich nun beim zentralen Gegenstand der Kritik um das Fernsehen, das
Internet oder sonst ein kommunikations- oder unterhaltungselektronisches Medium
handelt, allen Vertretern dieser Kritikrichtung ist gemein, dass in dem Medium das –
und meistens nur das – Potenzial hervorgehoben und, was zu zeigen Ziel dieser
Arbeit ist, übertrieben bedrohlich dargestellt wird, die bestehende gesellschaftliche
Ordnung in ihren Grundfesten zu erschüttern, aufzulösen oder neu zu konstituieren,
die etablierten und nützlichen Grenzen zu zerstören und damit das gelingende soziale
Miteinander unmöglich zu machen. [...]
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Das Mobiltelefon in der Öffentlichkeit: Grenzverschiebung oder Inszenierung?
2. Das Fernsehen und der Verlust des Geheimnisses
3. Das World Wide Web zur Zeit Gutenbergs
Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
- Quote paper
- Andreas Raddau (Author), 2011, Das Internet der frühen Neuzeit: Eine Entwarnung vom Verfall der Gesellschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191249
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