Der Begriff „Mobbing“ ist in der Arbeitswelt immer wieder anzutreffen. Auch Medien und zahlreiche Bücher haben besonders in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass die Mobbing – Problematik in das Bewusstsein breiterer Schichten der Bevölkerung Eingang gefunden hat. Es stellte sich in vergangener Zeit unter anderem Dank der empirischen Forschung heraus, dass Mobbing keine „vorübergehende Modeerscheinung“ ist. Durch den Begriff "Mobbing" wurde einem Phänomen ein Name gegeben, welches ein fester Bestandteil der Realität des Arbeitslebens ist. Der Begriff „Mobbing“ kann als Sammelbegriff für jegliches systematisches Verhalten am Arbeitsplatz verstanden werden, welches gekennzeichnet ist durch Schikanieren, Drangsalieren, Beleidigen, Unterdrücken und Verletzen von Personen durch Kollegen oder Vorgesetzte. Gemeinsam ist all diesen Verhaltensweisen, dass sie darauf ausgerichtet sind, jemand anderen so weit „fertig zu machen“, dass dieser in die körperliche und seelische Krankheit mit all ihren verheerenden Folgen getrieben wird.
Im Alltagsverständnis wird der Begriff „Mobbing“ häufig mit Vorkommnissen oder Konflikten am Arbeitsplatz in Verbindung gebracht, welche mit Mobbing nichts zu tun haben. Das Mobbing – Phänomen ist gekennzeichnet durch ganz bestimmte Merkmale, die es von anderen Konflikten unterscheiden und abheben. Die Erläuterung der spezifischen Definitions- und Unterscheidungsmerkmale ist Teil des vorliegenden Werkes.
In weiterer Folge werden einige empirische Ergebnisse zur Mobbing – Verbreitung im dargestellt. Im Hinblick auf die Erklärung des Mobbing – Phänomens werden Mobbingverlauf, die Ursachen von Mobbing und die Auswirkungen auf Beteiligte und Betriebe thematisiert.
Für die Praxis ist es wichtig, auf Grundlage gewonnener theoretischer und praktischer Erkenntnisse konkrete Maßnahmen zu entwickeln. Auf diesem Gebiet gibt es eine Fülle von Interventions – und Präventivmaßnahmen, von denen einige vorgestellt werden.
Mobbing ist eine komplexes Phänomen. Es ist facettenreich und vielschichtig, und aus diesem Grund kann das Phänomen im Rahmen dieser Arbeit nicht in seiner Vollständigkeit dargestellt werden kann. Es soll jedoch versucht werden, aus der Fülle der Mobbing – Literatur wichtige Elemente herauszugreifen und somit einen Überblick über die Problematik zu geben.
Gliederung
1. Einleitung
2. Mobbing – was ist das ?
2.1 Definitionen
2.1.1 Definition von Leymann
2.1.2 Definition von Neuberger
2.1.3 Kritik und Unterschied
2.2 Was ist das Besondere an Mobbing ?
3. Verbreitung
3.1 Mobbingsituationen
3.2 Probleme der Mobbing – Forschung
3.3 Empirische Ergebnisse
3.3.1 Auftretenshäufigkeit
3.3.2 Geschlechtsspezifisches Mobbing
3.3.2.1 Geschlechterverteilung bei Opfern und Tätern
.3.2.2 Geschlechtsspezifische Mobbinghandlungen
3.3.3 Zum Alter von Mobbingbetroffenen
3.3.4 Zur hierarchischen Position der Mobbingbetroffenen
3.3.5 Verbreitung in verschiedenen Branchen
4. Erklärung
4.1 Die theoretische Einordnung von Mobbing
4.2 Mobbingursachen
4.2.1 Gesellschaftliche Ursachen
4.2.2 Betriebliche Ursachen
4.2.2.1 Die Organisation der Arbeit
4.2.2.2 Die Sozialstruktur
4.2.2.3 Führung
4.2.3 Individuelle Ursachen
4.2.3.1 Mobbing als Folge einer unbewältigten Stresssituation
4.2.3.2 Mobbingauslösendes Verhalten im Individualbereich
4.3 Verlaufsformen von Mobbing
4.3.1 Das Phasenmodell von Leymann
4.3.2 Das Verlaufsmodell von Esser und Wolmerath
4.4 Auswirkungen von Mobbing
4.4.1 Individuelle Auswirkungen
4.4.1.1 Psychische und physische Beschwerden
4.4.1.2 Auswirkungen auf das Privatleben und die berufliche Situation
4.4.2 Betriebliche Auswirkungen
4.4.2.1 Folgen für die Belegschaft
4.4.2.2 Auswirkungen auf den Betrieb
5. Behandlung
5.1 Behandlung auf individueller und betrieblicher Ebene
5.1.1 Individuelle Interventionen
5.1.1.1 Was Betroffene gegen Mobbing tun können
5.1.1.2 Was Beteiligte gegen Mobbing tun können
5.1.2 Betriebliche Interventionen
5.1.2.1 Moderation
5.1.2.2 Supervision
5.1.2.3 Mediation
5.1.2.4 Mobbingberatung
5.1.2.5 Organisationsentwicklung und –beratung
5.2 Möglichkeiten der Mobbing – Prävention
5.2.1 Individuelle Prävention
5.2.2 Betriebliche Prävention
5.2.2.1 Gestaltung der organisatorischen Arbeitsbedingungen
5.2.2.2 Unterstützung produktiver sozialer Arbeitsbeziehungen
5.2.2.3 Schaffung eines Problembewusstseins für Mobbing
6. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Erklärung
1. Einleitung
Das Phänomen „Mobbing“ ist in der Arbeitswelt immer wieder anzutreffen. Medien und zahlreiche Bücher haben besonders in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass die Mobbing – Problematik in das Bewusstsein breiterer Schichten der Bevölkerung Eingang gefunden hat. Es stellte sich u.a. dank der empirischen Forschung heraus, dass Mobbing keine „vorübergehende Modeerscheinung“ ist. Mit jener Begriffsbezeichnung wurde einem Phänomen ein Name gegeben, welches ein fester Bestandteil der Realität des Arbeitslebens ist. Der Begriff „Mobbing“ kann als Sammelbegriff für jegliches systematisches Verhalten am Arbeitsplatz verstanden werden, welches gekennzeichnet ist durch Schikanieren, Drangsalieren, Beleidigen, Unterdrücken und Verletzen von Personen durch Kollegen oder Vorgesetzte. Gemeinsam ist all diesen Verhaltensweisen, dass sie darauf ausgerichtet sind, jemand anderen so weit „fertig zu machen“, dass dieser in die körperliche und seelische Krankheit mit all ihren verheerenden Folgen getrieben wird.
Im Alltagsverständnis wird der Begriff „Mobbing“ häufig mit Vorkommnissen oder Konflikten am Arbeitsplatz in Verbindung gebracht, welche mit Mobbing nichts zu tun haben. Das Mobbing – Phänomen ist gekennzeichnet durch ganz bestimmte Merkmale, die es von anderen Konflikten unterscheiden und abheben. Im zweiten Kapitel der vorliegenden Arbeit sollen diese spezifischen Merkmale angeführt werden.
In weiterer Folge werden einige empirische Ergebnisse zur Mobbing – Verbreitung im dritten Kapitel dargestellt.
Im Hinblick auf die Erklärung des Mobbing – Phänomens wird eingegangen auf die theoretische Einordnung von Mobbing, die Ursachen, den Verlauf und die Auswirkungen auf Beteiligte und Betriebe.
Für die Praxis ist es wichtig, auf Grundlage gewonnener theoretischer und praktischer Erkenntnisse konkrete Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Auf diesem Gebiet gibt es eine Fülle von Interventions – und Präventivmaßnahmen, von denen einige im fünften Kapitel vorgestellt werden.
Mobbing ist eine komplexes Phänomen. Es ist facettenreich und vielschichtig, und aus diesem Grund kann das Phänomen im Rahmen dieser Arbeit nicht in seiner Vollständigkeit dargestellt werden kann. Es soll jedoch versucht werden, aus der Fülle der Mobbing – Literatur wichtige Elemente herauszugreifen und somit einen Überblick über die Problematik zu geben.
2. Mobbing - was ist das?
2.1 Definitionen
Die Literatur zum Thema „Mobbing“ ist sehr zahlreich. Es werden von den verschiedenen Autoren unterschiedlichste Erklärungen und Definitionen angeführt. Im folgenden werden die Definitionen von Heinz Leymann und Oswald Neuberger dargestellt. Neuberger (1999) erläutert in einem seiner Bücher die Mobbing – Definition von Leymann genauer. Seine Kritik an Leymanns Mobbing - Definition bzw. ein wichtiger Unterschied zwischen den beiden Definitionen werden angeführt.
2.1.1 Definition von Leymann
Heinz Leymann hat durch seine Arbeiten zum Thema „Mobbing“ erstmals auf breiter öffentlicher Basis die Problematik deutlich gemacht, die mit dieser Art von organisationalen Konflikten verbunden ist. Mit Mobbing bezeichnet er eine kommunikative Situation, die für den Einzelnen schwerwiegende pyschische Folgen mit sich bringen kann. Als wesentliche Merkmale von Mobbing nennt er Konfrontation, Belästigung, Nichtachtung der Persönlichkeit und Häufigkeit der Angriffe über einen längeren Zeitraum hinweg (vgl. Leymann 2002).
Leymann definiert Mobbing folgendermaßen:
„Der Begriff Mobbing beschreibt negative kommunikative Handlungen, die gegen eine Person gerichtet sind (von einer oder mehreren anderen) und die sehr oft und über einen längeren Zeitraum hinaus vorkommen und damit die Beziehung zwischen Täter und Opfer kennzeichnen.“ (Leymann 2002, S.21)
Für seine statistischen Untersuchungen wählte er folgende operationale Definition: „Mobbing ist dann gegeben, wenn eine oder mehrere von 45 genau beschriebenen Handlungen über ein halbes Jahr oder länger mindestens einmal pro Woche vorkommt.“ (Leymann 2002, S.22)
Diese 45 Handlungen beziehen sich auf fünf Bereiche, wobei als Bezugspunkt die Auswirkungen für das Opfer genommen werden. Die Bereiche dieser Mobbinghandlungen sind:
- Angriffe auf die Möglichkeiten, sich mitzuteilen
- Angriffe auf soziale Beziehungen
- Angriffe auf soziales Ansehen
- Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation
- Angriffe auf die Gesundheit
Die 45 Handlungen – was die „Mobber“ tun
1. Angriffe auf die Möglichkeiten, sich mitzuteilen:
- Der Vorgesetzte schränkt die Möglichkeiten ein, sich zu äußern.
- Man wird ständig unterbrochen.
- Kollegen schränken die Möglichkeiten ein, sich zu äußern.
- Anschreien oder lautes Schimpfen.
- Ständige Kritik an der Arbeit.
- Ständige Kritik am Privatleben.
- Telefonterror.
- Mündliche Drohungen.
- Schriftliche Drohungen.
- Kontaktverweigerung durch abwertende Blicke oder Gesten.
- Kontaktverweigerung durch Andeutungen, ohne dass man etwas direkt anspricht.
2. Angriffe auf die sozialen Beziehungen
- Man spricht nicht mehr mit dem / der Betroffenen.
- Man lässt sich nicht ansprechen.
- Versetzung in einen Raum weitab von Kollegen.
- Den Arbeitskollegen/innen wird verboten, den / die Betroffene/n anzusprechen.
- Man wird „wie Luft“ behandelt.
3. Auswirkungen auf das soziale Ansehen
- Hinter dem Rücken des Betroffenen wird schlecht über ihn gesprochen.
- Man verbreitet Gerüchte.
- Man macht jemanden lächerlich.
- Man verdächtigt jemanden, psychisch krank zu sein.
- Man will jemanden zu einer psychiatrischen Untersuchung zwingen.
- Man macht sich über eine Behinderung lustig.
- Man imitiert den Gang, die Stimme oder die Gesten, um jemanden lächerlich zu machen.
- Man greift die politische oder religiöse Einstellung an.
- Man macht sich über das Privatleben lustig.
- Man macht sich über die Nationalität lustig.
- Man zwingt jemanden, Arbeiten auszuführen, die das Selbstbewusstsein verletzen.
- Man beurteilt den Arbeitseinsatz in falscher und kränkender Weise.
- Man stellt die Entscheidungen des(der Betroffenen in frage.
- Man ruft ihm / ihr obszöne Schimpfworte oder andere entwürdigende Ausdrücke nach.
- Sexuelle Annäherungen oder verbale sexuelle Angebote.
4. Angriffe auf die Berufs – und Lebenssituation
- Man weist dem Betroffenen keine Arbeitsaufgaben zu.
- Man nimmt ihm jede Beschäftigung am Arbeitsplatz, sodass er sich nicht einmal selbst
Aufgaben ausdenken kann.
- Man gibt ihm sinnlose Arbeitsaufgaben.
- Man gibt ihm Aufgaben weit unter seinem eigentlichen Können.
- Man gibt ihm ständig neue Aufgaben.
- Man gibt ihm „kränkende“ Aufgaben.
- Man gibt dem Betroffenen Arbeitsaufgaben, die seine Qualifikation übersteigen, um ihn zu diskreditieren.
5. Angriffe auf die Gesundheit
- Zwang zu gesundheitsschädlichen Arbeiten.
- Androhung körperlicher Gewalt.
- Anwendung leichter Gewalt, zum Beispiel um jemandem einen „Denkzettel“ zu verpassen.
- Körperliche Misshandlung.
- Man verursacht Kosten für den / die Betroffene /n , um ihm / ihr zu schaden.
- Man richtet physischen Schaden im Heim oder am Arbeitsplatz des / der Betroffenen an.
- Sexuelle Handgreiflichkeiten.
(Leymann 2002, S.33, 34)
2.1.2 Definition von Neuberger
Neubergers Definition lautet kurz und prägnant:
„Jemand spielt einem übel mit und man spielt wohl oder übel mit.“
(Neuberger 1999, S. 18)
Gemeint ist damit, dass eine oder mehrere Person(en) eine andere mit Handlungen oder Aktivitäten konfrontiert, die von dieser negativ bewertet werden, mit negativen Folgen verbunden sind und von Dritten als „übel“ (z.B. als verletzend, kränkend, ängstigend, beeinträchtigend, bösartig, repressiv) empfunden werden. Neuberger betont die Definitionsbestandteile
- „und“: Mobbing liegt erst dann vor, wenn die Zielperson und Beteiligte dabei mitmachen.
- „man“: damit ist sowohl das Opfer als auch alle Beteiligten (z.B. Täter, Dritte, passive Zuschauer) gemeint
- „wohl oder übel“: dies kann heißen, sowohl unfreiwillig als auch entweder gekonnt oder schlecht mitzuspielen
- „mitspielen“: dieser Begriff hat besondere Bedeutung, weil er impliziert, dass der Mobbingbetroffene nicht passiv leidet, sondern einen aktiven Part im Mobbingprozess innehat, indem er Abwehrstrategien einsetzt. Mobbing ist somit keine Opfer – Täter – Beziehung, sondern ein dynamisches Hin – und Her von Attacke und Gegenwehr, bei dem sich erst am Ende die Beteiligten entweder als „Sieger“ oder als „Verlierer“ gegenüberstehen.
Neuberger beschreibt drei Mobbing – Angriffsbereiche:
- der personale Angriffsbereich: gemeint ist Entwertung, wie z.B. Herabwürdigung, Ver - , Missachtung oder Desorganisation,
- der interpersonale Angriffsbereich: bezeichnet Ausgrenzung, wie z.B. Ausschluss, Ausstoßung, Isolation, Ver – Feindung und
- der apersonalen Bereich: gemeint ist Zerstörung bzw. Entzug der Arbeitsgrundlagen, wie z.B. ziellos, sinnlos, erfolglos, wertlos und unter unzumutbaren Bedingungen arbeiten müssen.
(vgl. Neuberger 1999)
2.1.3 Kritik und Unterschied
Neubergers Analysen der allgemeinen und operationalen Definitionen Leymanns sind sehr genau und umfangreich. Hier sollen nur einige wenige Kritikpunkte herausgegriffen werden, die sich auf die inhaltliche Definitionsanalyse beziehen. Neuberger nennt dabei Aspekte jener Definition und fügt für ihn wesentliche Alternativen hinzu, die in Leymanns Definition nicht berücksichtigt werden. Solche Aspekte sind:
- der kommunikative Aspekt: Alternativen sind gewalttätige, körperliche Übergriffe. Obwohl Neuberger diese als Formen der Kommunikation betrachtet, sind sie für ihn hauptsächlich eine Verletzung der leiblichen Integrität und Selbstbestimmung. Auch Sabotage und Diebstahl als Mobbinghandlungen werden angeführt.
- Aspekt der Häufigkeit und Dauer: Als Alternative nennt Neuberger die Intensität der Angriffe.
- Aspekt der Unterlegenheit der angegriffenen Person: Als Alternative könnte sich die Person wehren und gestärkt aus der Auseinandersetzung hervorgehen.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Definitionen bezieht sich auf die Stellung der Beteiligten im Mobbingprozess. Während Leymann ganz klar von einer Täter – Opfer – Beziehung spricht, betont Neuberger die wechselseitige Interaktion. Bei Leymann gibt es einen Täter, dessen Handlungen klar gegen das Opfer gerichtet sind (vgl. Leymann 2002). Es entsteht dabei der Eindruck, es handle sich um eine einbahnige Kommunikation. Neuberger hingegen gesteht beiden Parteien Aktivität zu. Es soll nicht eine Seite (Opfer) zum passiven Empfänger der Initiativen der anderen Seite (Täter) gemacht werden (vgl. Neuberger 1999).
2.2 Was ist das Besondere an Mobbing ?
Esser und Wolmerath (2001) schreiben dem Mobbing – Phänomen ganz bestimmte Merkmale zu:
- Mobbing ist ein Geschehensprozess: Charakteristisch ist die prozesshafte Verbundenheit von Mobbinghandlungen, die als isoliert betrachtet nicht als Mobbing bezeichnet werden können.
- Destruktivität der Handlungen: Die Gemeinsamkeit aller Mobbinghandlungen liegt darin, dass sie zerstörerischen Charakter aufweisen: Sie sind persönlich verletzend, einschüchternd, ängstigend und entmutigend. Auf Grundlage von Betroffenenberichten erarbeiteten Esser und Wolmerath einen Katalog von mehr als 120 Mobbinghandlungen, der v.a. als Werkzeug zur Analyse von Mobbing gedacht ist.
- Zeitmoment: Von Mobbing kann gesprochen werden, wenn sich der Geschehensprozess über einen längeren Zeitraum erstreckt. Dabei gibt es keine Festlegung eines Mindestzeitraums wie bei Leymann, sondern der Zeitraum kann sowohl einige Wochen wie auch einige Jahre umfassen.
- Akteure und soziales Umfeld: Auf den ersten Blick scheint Mobbing nur zwei Personen etwas anzugehen, nämlich den „Mobbingbetroffenen“ (die Person, gegen die sich Mobbinghandlungen richten) und den „Mobber“ (die Person, die Mobbing begeht). Es gibt jedoch eine Reihe weiterer Personen, denen in diesem Zusammenhang Bedeutung zukommt, nämlich Kollegen, Vorgesetzte, Geschäftsführer, Familienangehörige und Freunde. Diese können den Mobbingbetroffenen hilfreich unterstützen, sie können Mobbing aber auch fördern. Leymann (2002) spricht in diesem Zusammenhang von „Möglichmachern“. Als „Möglichmacher“ bezeichnet er solche Personen, die zuschauen, sich nicht um Mobbingsituationen kümmern, den Geschehensprozess weiterlaufen lassen und wegschauen. Sie ermöglichen Mobbing durch ihr passives Verhalten, und sie tragen häufig zur Isolierung des Mobbingbetroffenen bei. Ihr Verhalten kann vom Mobber als Zeichen der Solidarität verstanden werden: Während der Mobber denkt, die Belegschaft stehe hinter seinen Aktivitäten, verstärkt sich beim Betroffenen der Eindruck, dass alle sind gegen ihn seien.
3. Verbreitung
In diesem Kapitel wird ein sehr komplexer Bereich der Mobbing – Problematik dargestellt. Zuerst wird beschrieben, in welchen Situationen Mobbing in allgemeiner Form vorkommen kann. Schließlich werden auszugsweise empirische Ergebnisse zur Verbreitung von Mobbing zusammengefasst. Auch einige Probleme der Forschung werden angeführt.
3.1 Mobbingsituationen
Leymann (2002) unterscheidet fünf typische Mobbingsituationen:
- Übergriffe von Kollegen
- Übergriffe von Untergebenen gegen Vorgesetzte
- Übergriffe von Vorgesetzten gegen Untergebene
- „Rechthabereien“: Mobbingopfer wollen sich unter keinen Umständen „unterkriegen“ lassen und verteidigen ihre Rechte mit aller Kraft. Dieser meist aussichtslose Kampf gegen einen übermächtigen Gegner wird mit solcher Besessenheit geführt, dass mentale Schäden und psychische Beeinträchtigungen die Folge sein können.
- „Systembedingte“ Unterdrückung: gemeint sind bestimmte bürokratische Verfahren, die für Betroffene zu psychischen Problemen führen können (z.B. unzureichende oder keine Aufklärung über Rechtslage, Verweis von Instanz zu Instanz, Setzen von nicht einhaltbaren Fristen, etc.).
3.2 Probleme der Mobbing – Forschung
Die methodischen Probleme, die mit Untersuchungen zur Verbreitung von Mobbing verbunden sind, beziehen sich u.a. auf die Art der Messung.
Leymann weist auf die Notwendigkeit hin, Maßeinheiten für Mobbing zu suchen, die bei verschiedenen Menschen mit verschiedensten Auffassungen möglichst dasselbe messen. Es genügt hier nicht, Menschen einfach zu befragen, ob sie gemobbt werden. Die Äußerungen würden sich jeweils auf das beziehen, was jeder einzelne unter Mobbing versteht
Um Mobbing messbar zu machen, entwickelte Leymann den LIPT („Leymann Inventory for Psychological Terrorization“). Dies ist ein Fragebogen, in dem die verbreitetsten feindseligen Handlungen, die von Betroffenen berichtet wurden, in 45 Items zusammengefasst sind (vgl. Leymann 2002).
Im Rahmen seiner inhaltlichen Kritik am LIPT merkt Neuberger an, dass in Leymanns operationaler Definition Mobbinghandlungen „von unten nach oben“ kaum thematisiert werden. Außerdem hat er aus Fallbeispielen Mobbingaktivitäten herausgefiltert, die im LIPT keine oder zu wenig Berücksichtigung finden (vgl. Neuberger 1999).
Die unterschiedliche Art der Messung lässt auch die z.T. große Streubreite der Ergebnisse erklären (siehe auch Punkt 3.3.1). Vergleiche zwischen einzelnen Studien oder gar Ländern werden dadurch schwierig.
Als weitere Probleme der Mobbing – Forschung nennt Zapf die Repräsentativität der Stichproben bzw. die Tatsache, dass es sich fast ausschließlich um Fragebogenstudien im Querschnitt handelt (vgl. Zapf 1999).
3.3 Empirische Ergebnisse
Eine Zusammenfassung von Ergebnissen verschiedener europäischer Studien zur Verbreitung von Mobbing gibt Dieter Zapf (vgl. Zapf 1999). Neben den in dieser Übersicht präsentierten Ergebnisse soll außerdem eingegangen werden auf die Ergebnisse der schwedischen Untersuchung von Heinz Leymann und der österreichischen Untersuchung von Klaus Niedl.
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- Quote paper
- Mag.art. Sibylle Essl (Author), 2003, Mobbing: Erklärung, Verbreitung und Behandlung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19122
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