Gewalt in lesbischen Beziehungen ist ein stark tabuisiertes Thema, das im öffentlichen Gewaltdiskurs nahezu keinerlei Beachtung findet. Selbst Gewaltschutzeinrichtungen für Frauen oder Beratungseinrichtungen für Lesben beschäftigen sich kaum mit dieser Problematik. Und auch in der Forschung zeigt sich das selbe Bild. Die Zahl an Studien und Literatur zu diesem Thema ist durchaus überschaubar.
Mein persönliches Interesse an dieser Thematik entstand während meiner Arbeit im Frauenhaus. Ich musste mich zwangsläufig mit dem Thema Gewalt in Partnerschaften sowie den damit verbundenen Erklärungsmodellen und Dynamiken auseinandersetzen. Angestoßen durch eine lesbische Klientin und Offenbarungen von Beziehungsgewalt unter Frauen in meinem privaten Umfeld, stellte sich mir die Frage nach der Prävalenz von Gewalt in lesbischen Beziehungen sowie adäquaten Hilfesystemen für von Gewalt bedrohten oder betroffenen lesbischen Frauen. Des Weiteren fiel mir auf, dass Erklärungsmodelle und Gewaltdynamiken, die angewendet auf heterosexuelle Beziehungen durchaus logisch und sinnvoll sind, auf lesbische Gewaltbeziehungen nicht oder nur in Teilen angewendet werden können. So entstanden die Leitfragen zu der vorliegenden Arbeit. Wie ist die Prävalenz von Gewalt in lesbischen Beziehungen? Welche Hilfesysteme gibt es in solchen Fällen und warum werden anerkannte Opferschutzeinrichtungen nicht höher frequentiert? Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt es zwischen Gewalt von Männern und Gewalt von Frauen gegen ihre Partnerin? Und müssen Fachkräfte speziell geschult sein, um bei lesbischen Gewaltopfern wie auch –täterinnen qualitativ gute Arbeit leisten zu können?
Um sich dem Thema besser nähern zu können, beginne ich mit einem Gewaltdiskurs, in dem sich Definitionen bestimmter gängiger Begrifflichkeiten, wie Aggression, Aggressivität, aggressives Verhalten und Gewalt und ihre Abgrenzungen zu einander wiederfinden. Die in der vorliegenden Arbeit verwendeten und herausgearbeiteten Definitionen beziehen sich ausschließlich auf Paarbeziehungen. Der Aspekt der staatlich legitimierten oder auch institutionellen Gewalt wird nicht beleuchtet, da er in diesen Zusammenhängen eine sekundäre zu vernachlässigende Rolle spielt.[...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Gewaltdiskussion
- 2.1 Aggression, aggressives Verhalten, Aggressivität, Gewalt
- 2.2 Gewalt - eine Begriffsklärung
- 2.3 Sexuelle Gewalt in lesbischen Beziehungen
- 3. Erklärungsansätze Gewalt
- 3.1 Gewalt als soziales Phänomen
- 3.1.1 Gewalt im Geschlechterverhältnis gegengeschlechtlicher Beziehungen
- 3.1.2 Gewalt im Geschlechterverhältnis lesbischer Beziehungen
- 3.1.3 Frauenhass (Misogynie)
- 3.1.4 Verinnerlichte Homophobie
- 3.2 Gewalt als psychologisches Phänomen
- 3.2.1 Autonomie versus Abhängigkeit
- 3.2.2 Traumata
- 3.2.3 Psychische Erkrankungen
- 4. Folgen von Gewalt
- 5. Gewaltdynamiken
- 6. Interpretation der Interviews
- 6.1 Vorabüberlegungen und Vorgehen
- 6.2 Isabell und Astrid aus der Sicht von Isabell
- 6.2.1 Biografie Isabell
- 6.2.2 Biografie Astrid
- 6.2.3 Das Kennenlernen / die Anfänge der Beziehung
- 6.2.4 Wünsche an eine Beziehung (damals)
- 6.2.5 Isabells Beschreibung von Astrid
- 6.2.6 Die Beziehung
- 6.2.7 Die Trennungsphase
- 6.2.8 Wünsche an eine Beziehung (heute)
- 6.2.9 Zusammenfassende Interpretation
- 6.3 Sylvia und Maria aus der Sicht von Sylvia
- 6.3.1 Biografie Sylvia
- 6.3.2 Biografie Maria
- 6.3.3 Das Kennenlernen / die Anfänge der Beziehung
- 6.3.4 Wünsche an eine Beziehung (damals)
- 6.3.5 Sylvias Beschreibung von Maria
- 6.3.6 Die Beziehung Teil 1
- 6.3.7 Die Trennungsphase
- 6.3.8 Die Beziehung Teil 2
- 6.3.9 Die Trennungsphase Teil 2
- 6.3.10 Wünsche an eine Beziehung (heute)
- 6.3.11 Zusammenfassende Interpretation
- 7. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit dem Thema Gewalt in lesbischen Beziehungen und untersucht die Prävalenz, die Ursachen und die Folgen von Gewalt in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Ziel der Arbeit ist es, einen Beitrag zum aktuellen Forschungsstand zu leisten und das Tabuthema Gewalt in lesbischen Beziehungen in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken.
- Definitionen und Abgrenzungen von Begriffen wie Aggression, aggressives Verhalten und Gewalt in Paarbeziehungen
- Untersuchung von Erklärungsmodellen für Gewalt in gleich- und gegengeschlechtlichen Partnerschaften, insbesondere im Hinblick auf Misogynie und verinnerlichte Homophobie
- Analyse der Folgen von Gewalt in lesbischen Beziehungen und der spezifischen Beziehungsdynamiken
- Veranschaulichung der Thematik durch die Interpretation von narrativen Interviews mit Opfern lesbischer Partnerinnengewalt
- Bewertung der Notwendigkeit von spezifischen Hilfesystemen für lesbische Frauen, die von Gewalt bedroht oder betroffen sind
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema Gewalt in lesbischen Beziehungen als Tabuthema im öffentlichen Diskurs vor und erläutert das persönliche Interesse der Autorin an der Thematik. Die Kapitel 2 und 3 beschäftigen sich mit verschiedenen Definitionen und Erklärungsmodellen für Gewalt in Partnerschaften, wobei die Besonderheiten von Gewalt in lesbischen Beziehungen im Fokus stehen. Die Folgen von Gewalt in lesbischen Beziehungen und die typischen Gewaltdynamiken werden in den Kapiteln 4 und 5 behandelt. Das sechste Kapitel analysiert und interpretiert zwei narrative Interviews mit Opfern lesbischer Partnerinnengewalt. Die Arbeit endet mit einem Fazit, das die gewonnenen Erkenntnisse zusammenfasst und Handlungsbedarf auf diesem Gebiet betont.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen Gewalt, Aggression, lesbische Beziehungen, Frauenhass, verinnerlichte Homophobie, Gewaltdynamiken, Opferhilfe, narrative Interviews.
- Quote paper
- Franziska Brand (Author), 2011, Gewalt in lesbischen Beziehungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/190991