Die Deutsche Bahn verkauft in großer Anzahl ihre Empfangsgebäude. Kaufinteressenten sind neben privaten Investoren die betroffenen Gemeinden. Diese können im Einzelfall ihr Kaufinteresse mit Hilfe des gemeindlichen Vorkaufsrechts (§§ 24 ff. BauGB) durchsetzen. Das Vorkaufsrecht ist in hohem Maße vom Vorliegen einer gemeindlichen Bauleitplanung für die betroffenen Grundstücke abhängig.
Die Situation der Gemeinden in Bezug auf ihr Planungsrecht über (ehem.) Bahnanlagen ist recht komfortabel. Seit Einführung des § 23 AEG im Jahre 2005 können sie die Freistellung von Bahnbetriebszwecken selbst beantragen und erhalten so – wenn die Freistellungsvoraussetzungen vorliegen – ihre Planungshoheit zurück. Nach § 9 II BauGB können auch noch nicht freigestellte Grundstücke für die Zeit nach der Freistellung mit Nutzungen beplant werden, die Bahnzwecken entgegenstehen. Nicht freistellbare Grundstücke können mit bahnunschädlichen Nutzungen beplant werden und es können solche Nutzungen (z. B. Spielhallen, großflächiger Einzelhandel) ausgeschlossen werden. Wo es (politisch) gewünscht ist, können Gemeinden mit zahlreichen planungsrechtlichen Instrumenten ein Vorkaufsrecht „generieren“.
Private Investoren müssen nicht jeden gemeindlichen Vorkaufsrechtsausübungsbescheid hinnehmen. Neben der Prüfung, ob ein Vorkaufsrecht grundsätzlich vorliegt, ist ggf. die Rechtmäßigkeit des zugrundeliegenden planungsrechtlichen Instruments und der Rechtsschutz dagegen zu prüfen. Weiterhin kommt eine Abwendung des Vorkaufsrechts in Betracht. Oftmals wird sich eine Zusammenarbeit von Investor und Gemeinde anbieten, um Renditeerwartungen einerseits und geordnete städtebauliche Entwicklung andererseits zu gewährleisten.
Diese Arbeit wird in Abschnitt A das kommunale Planungsrecht mit Schwerpunkt auf den bahnspezifischen Besonderheiten erläutern. In Abschnitt B wird auf das Fachplanungsrecht und sein Verhältnis zum kommunalen Planungsrecht eingegangen, der Schwerpunkt liegt auf dem Ende des Fachplanungsrechts. In Abschnitt C wird schließlich gezeigt, unter welchen Voraussetzungen Gemeinden ein Vorkaufsrecht an (ehem.) Eisenbahn-Empfangsgebäuden und zugehörigen Grundstücken ausüben können.
Inhaltsverzeichnis
- Teil 1: Einleitung, Zielsetzung
- Teil 2: Hauptteil
- A Kommunales Planungsrecht
- I Allgemeines
- 1. Grundsätzliches
- 2. Befristete und bedingte Nutzungen
- 3. Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, Auskunftsanspruch der Gemeinde
- II. Flächennutzungsplan
- 1. Nachrichtliche Ubernahme und Darstellung von Bahnflächen im Flächennutzungsplan
- a) Nachrichtliche Ubernahme
- b) Darstellung im Flächennutzungsplan
- c) Zulässigkeit eines Flächennutzungsplans über Bahnanlagen
- 2. Rechtsschutz
- 1. Nachrichtliche Ubernahme und Darstellung von Bahnflächen im Flächennutzungsplan
- III. Bebauungsplan
- 1. Allgemeines
- a) Grundsätzliches
- b) „Vorratsplanung" auf Bahnflächen
- aa) Allgemeines
- bb) „Vorratsplanung" bei Aufgabe der Bahnnutzung
- c) Verhinderungs- und Negativplanung
- d) Zulässigkeit des Aufstellungsverfahrens
- 2. Baurecht auf Zeit
- a) Frühere und gegenwärtige Rechtslage
- b) Allgemeine Voraussetzungen für Bebauungspläne
- c) Anwendbarkeit des 9 11 BauGB auf Bahnflächen
- d) Zulässigkeit von Festsetzungen nach 9 11 BauGB auf Bahnflächen
- e) Freistellung als Voraussetzung der Zulässigkeit festgesetzter Nutzungen
- Der „besondere Fall" nach 9 11 S. 1 BauGB
- g) Räumlicher Umfang der Festsetzungen nach 9 11 BauGB
- 3. Rechtsschutz
- 1. Allgemeines
- B Fachplanungsrecht
- I Abgrenzung von Bahnanlagen gegen Nichtbahnanlagen
- 1. Allgemeines
- 2. Grundstücke als Bahnanlagen
- 3. Anlagen mit untergeordneter Bahnnutzung
- 4. Ausgesuchte Beispiele
- II. Rangverhältnis zwischen kommunalem Planungsrecht und Fachplanungsrecht
- 1. Höherrangiges Recht vs. niederrangigem Recht
- 2. Grundsatz der zeitlichen Priorität
- 3. Bundesrecht bricht Landesrecht
- 4. lex specialis vor lex generalis
- 5. Gemeindliche Planungshoheit
- 6. Abwägung
- III. Entstehung des Fachplanungsrechts
- 1. Privilegierung
- a) Allgemeines
- b) Uberörtliche Bedeutung
- c) Beteiligung der Gemeinde, Berücksichtigung städtebaulicher Belange
- d) Planfeststellungsverfahren nach dem AEG
- e) Reichweite der Privilegierung
- Anpassung an den Flächennutzungsplan
- g) Rechtsschutz
- h) Privilegierung „in anderer Weise"
- 2. Widmung
- IV. Ende des Fachplanungsrechts
- 1. Stillegung
- 2. Freistellung
- a) Allgemeines
- b) Rechtswirkungen, Verhältnis zur Planaufhebung
- c) Anspruch auf Freistellung, Rechtsschutz
- 3. Entwidmung
- a) Entwidmung als anderer Begriff für Freistellung
- b) Entwidmung als Begriff des Sachenrechts
- 4. Planauffebung
- 5. Außerkrafttreten
- 6. Funktionslosigkeit
- 1. Privilegierung
- C Gemeindliches Vorkaufsrecht
- I Allgemeines
- 1. Kaufvertrag
- a) Allgemeines
- b) Umgehungsgeschäfte
- c) Wirksamkeit des Kaufvertrages
- d) Anfechtbarkeit und Anfechtung des Kaufvertrages
- 2. Betroffene Grundstücke
- a) Allgemeines
- b) Grundstücksteilflächen
- II. Ausschluß des Vorkaufsrechts bei Grundstücken für privilegierte Fachplanungen
- 1. Allgemeines
- 2. Besonderheiten bei Grundstücken, auf denen sich planfestgestellte Anlagen befinden
- III. Allgemeines Vorkaufsrecht
- 1. Vorkaufsrechtsgebiete
- a) Vorkaufsrecht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans
- aa) Allgemeines
- bb) Sonderfall: Vorkaufsrecht nach 24 1 S. I Nr. 1 BauGB i. V. m. Festsetzungen nach 9 1 Nr. S, 111 S. 2 BauGB
- b) Vorkaufsrecht im Umlegungsgebiet
- c) Vorkaufsrecht im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich
- aa) Allgemeines
- bb) Anwendbarkeit des 24 1 S. 1 Nr. 3 1. Alt. BauGB auf Bahnflächen
- cc) Anwendbarkeit des 241 S. 1 Nr. 3 2. Alt. BauGB auf Bahnflächen
- d) Vorkaufsrecht im Stadtumbaugebiet und im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung
- aa) Allgemeines
- bb) Anwendbarkeit des 24 1 S. 1 Nr. 4 BauGB auf Bahnflächen
- e) Vorkaufsrecht bei künftigen Wohnbauflächen oder Wohngebieten
- Vorkaufsrecht in unbebauten Wohnbaugebieten
- g) Vorkaufsrecht bei Bauverbot wg. Hochwasserschutz
- 2. Wohl der Allgemeinheit
- 3. Angabe des Verwendungszwecks
- 4. Konkurrenzen
- a) Vorkaufsrecht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans
- IV. Besonderes Vorkaufsrecht
- 1. Besonderes Vorkaufsrecht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans
- 2. Besonderes Vorkaufsrecht bei Inbetrachtziehen städtebaulicher Maßnahmen
- 3. Vorschriften über Bekanntmachung und Inkrafttreten der Vorkaufssatzung
- 4. Wohl der Allgemeinheit
- 5. Angabe des Verwendungszwecks
- V Ausschluß des Vorkaufsrechts
- 1. Verwandtenprivileg
- 2. Offentliche Bedarfsträger und Religionsgemeinschaften
- 3. Grundstücke für privilegierte Fachplanungen
- 4. Plan- und maßnahmekonforme Bebauung und Nutzung
- a) Anwendbarkeit des 26 Nr. 4 BauGB auf bebaute und unbebaute Grundstücke
- b) Anwendbarkeit des 26 Nr. 4 BauGB im Bereich eines Bebauungsplans
- c) Anwendbarkeit des 26 Nr. 4 BauGB außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans
- d) Mißstände und Mängel
- aa) Allgemeines
- bb) Mißstände
- cc)Mänge1 nach 177 m S. 1 Nr. 1 BauGB
- dd) Mängel nach 177 m S. 1 Nr. 2 BauGB
- ee)Mänge1 nach 177 m S. 1 Nr. 3 BauGB
- 5. Andere Ausschlußgründe
- VI. Abwendung des Vorkaufsrechts
- 1. Baurechts- und maßnahmekonforme Nutzung
- a) Allgemeines
- b) Form der Abwendungserklärung
- c) Abgabefrist
- 2. Beseitigung von Mißständen und Mängeln
- a) Allgemeines
- b) Form der Abwendungserklärung, Abgabefrist
- 3. Fristverlängerung
- 4. Inhalt der Abwendungserklärung
- 5. Sicherung der Gemeinde
- 6. Rechtsfolgen der Abwendung
- 7. Ausschluß des Abwendungsrechts
- 1. Baurechts- und maßnahmekonforme Nutzung
- VII. Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten Dritter
- VIII. Rechtsschutz
- 1. Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte
- a) Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Anfechtungsklage
- b) Vorverfahren
- c) Widerspruchs-, Antrags- und Klagebefugnis
- 2. Rechtsschutz gegen sonstige Rechtsakte
- 1. Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte
- 1. Vorkaufsrechtsgebiete
- Teil 3: Schluß, Fazit
- Literaturverzeichnis
- Entscheidungsregister
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Masterarbeit befasst sich mit dem kommunalen Planungsrecht, Fachplanungsrecht und dem gemeindlichen Vorkaufsrecht am Beispiel von (ehem.) Eisenbahn-Empfangsgebäuden und zugehörigen Grundstücken. Ziel ist es, die rechtlichen Grundlagen und die Anwendungsmöglichkeiten des Vorkaufsrechts im Kontext der Konversion von Bahnflächen zu beleuchten.
- Das Verhältnis von kommunalem Planungsrecht und Fachplanungsrecht im Kontext von Bahnflächen
- Die Freistellung von Bahnbetriebszwecken und ihre Auswirkungen auf das Planungsrecht
- Die Voraussetzungen für die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts im Zusammenhang mit (ehem.) Eisenbahn-Empfangsgebäuden
- Die Bedeutung des 26 Nr. 3 BauGB für den Ausschluß des Vorkaufsrechts bei Grundstücken für privilegierte Fachplanungen
- Die Abwendungsmöglichkeiten des Käufers gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des gemeindlichen Vorkaufsrechts bei (ehem.) Eisenbahn-Empfangsgebäuden ein und erläutert die Zielsetzung der Arbeit. Der Hauptteil befasst sich mit den relevanten Rechtsgrundlagen. Im ersten Abschnitt wird das kommunale Planungsrecht mit Schwerpunkt auf die bahnspezifischen Besonderheiten erläutert. Es werden die Aufgaben und Funktionen von Flächennutzungsplan und Bebauungsplan sowie die Zulässigkeit von Festsetzungen für befristete und bedingte Nutzungen auf Bahnflächen behandelt.
Im zweiten Abschnitt wird das Fachplanungsrecht und sein Verhältnis zum kommunalen Planungsrecht beleuchtet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Ende des Fachplanungsrechts durch Stillegung, Freistellung und Entwidmung. Es werden die rechtlichen Voraussetzungen und die Rechtsfolgen der verschiedenen Beendigungsformen des Fachplanungsrechts dargestellt.
Der dritte Abschnitt widmet sich dem gemeindlichen Vorkaufsrecht. Es werden die Voraussetzungen für das Vorkaufsrecht in verschiedenen Gebieten, wie z. B. im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im Sanierungsgebiet, erläutert. Der Ausschluß des Vorkaufsrechts nach 26 Nr. 3 BauGB bei Grundstücken für privilegierte Fachplanungen wird im Detail behandelt.
Es werden die verschiedenen Arten des Vorkaufsrechts, das allgemeine und das besondere Vorkaufsrecht, sowie die verschiedenen Ausschlußgründe und Abwendungsmöglichkeiten des Käufers gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts erläutert. Der Abschnitt schließt mit einer Darstellung des Rechtsschutzes gegen Verwaltungsakte und sonstige Rechtsakte im Zusammenhang mit dem Vorkaufsrecht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das kommunale Planungsrecht, das Fachplanungsrecht, das gemeindliche Vorkaufsrecht, Bahnanlagen, Eisenbahn-Empfangsgebäude, Freistellung, Entwidmung, Bebauungsplan, Flächennutzungsplan, 26 Nr. 3 BauGB, 9 11 BauGB, 23 AEG, 24 1 BauGB, 25 1 BauGB und 27 1 BauGB. Die Arbeit beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Konversion von Bahnflächen und die Möglichkeiten der Gemeinde, ihr Planungsrecht und Vorkaufsrecht in diesem Kontext geltend zu machen.
- 1. Kaufvertrag
- I Allgemeines
- I Abgrenzung von Bahnanlagen gegen Nichtbahnanlagen
- I Allgemeines
- A Kommunales Planungsrecht
- Quote paper
- Stephan Stock (Author), 2009, Kommunales Planungsrecht, Fachplanungsrecht und gemeindliches Vorkaufsrecht am Beispiel (ehem.) Eisenbahn-Empfangsgebäude und zugehöriger Grundstücke, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/190534
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