Die im Mittelhochdeutschen verfasste epische Dichtung Der arme Heinrich ist eines der letzten Werke Hartmanns von Aue, entstanden zur Zeit der hochhöfischen Literaturepoche. Der arme Heinrich hat seine Verwurzelung im religiösen Denken des Mittelalters. Hartmann verwendet Motive aus verschiedenen literarischen Bereichen, die er künstlerisch zu einer Einheit verbindet. Legende, Märchen und religiöse Dichtung sind Muster, die sich im Verlauf der Handlung bemerkbar machen.
Hauptmotive der Erzählung sind Aussatz und Aussatzheilung, die im Mittelalter tabuisierte Krankheit und das magische Rezept. Der Werdegang eines Aussätzigen und die Geschichte einer opferbereiten Jungfrau - und schließlich beider Wandlung - bestimmen die relativ handlungsarme Erzählung. Das innere Geschehen, psychische Vorgänge werden in den Mittelpunkt gerückt.
Zwei Figuren bestimmen den Erzählablauf, Heinrich und die Meierstochter. In dieser Arbeit wird die Bedeutung, Sinn und Funktion des Mädchens in Hartmanns Werk Der arme Heinrich untersucht. Die symbolische sowie allgemeine Rolle, die Aufgabe und Einwirkung, die der Dichter seiner Frauengestalt geben wollte, soll vom Text heraus gedeutet werden. Das namenlose Bauernmädchen ist neben Heinrich die bedeutendste Gestalt der Erzählung, denn es spielt eine vielseitige Rolle im Dasein des Helden. Sie führt ihn, stets von ihrer güete geleitet, von Selbstbefangenheit zu Selbsterkenntnis, was beider Glück zur Folge hat.
Für die deutsche Dichtung bis ins zwölfte Jahrhundert gilt: der Mann und seine Taten stehen im Mittelpunkt, während die Frau ganz am Rande, wenn überhaupt, erwähnt wird. Erst bei der höfischen Literatur, die tatsächlich eine Ausnahmestellung einnimmt, wird die minne zum Zentralmotiv des Geschehens. Die Gestalt der minne entstand wohl aus der Verehrung des „Weiblichen“ im Allgemeinen.
Die Anbetung der irdischen Herrin ist auf die christliche Durchdringung des mittelalterlichen Denkens und Empfindens zurückzuführen. Neben der göttlichen Gnade gilt jetzt die minne als Quelle und Ursprung alles Guten auf dieser Welt, und, neben der Gottesliebe, als oberstes Wertbereich.
Die Frau gilt vollkommener und reiner als der Mann, sie wird zur Verwalterin von Zucht, Sitte und sämtlicher ethischer sowie höfischer Werte. Das äußere Merkmal für ihre „schöne Seele“ ist die strahlende Schönheit, welche die Heldin auszeichnet.
Inhalt
I. Einleitung
II. Hauptteil
1. Die Entwicklung des Frauenbildes bis zur höfischen Zeit
2. Die symbolische Bedeutung der Frau in Hartmanns Werk
3. Die strukturelle Bedeutung der Frau in Hartmanns Werk
4. Textanalyse
4.1. Ausgangssituation: Heinrichs Weltleben und Sturz
4.2. Handlungsbeginn: Heinrichs Suche nach Heilung
4.3. Der Meierhof: Entstehung neuer Voraussetzungen
4.4. Heinrichs Selbstdeutung
4.5. Der Entschluß zum Opfer
4.6. Die Reise nach Salerno
4.7. Heimkehr und Heirat
III. Schluß
I. Einleitung
Die im Mittelhochdeutschen verfaßte epische Dichtung der arme Heinrich ist eines der letzten Werke Hartmanns von Aue, entstanden nach seiner inneren Umkehr zur Zeit der hochhöfischen Literaturepoche. Hartmann bleibt, wie weitere Meister der Epik, ohne Urkunde und Biographie, denn zu jener Zeit war Kunst und Künstler ein ‘funktionales Element’ im Kreise der höfischen Gesellschaft. In seiner Lyrik und Epik stellt er sich mehrfach vor. Zu Beginn des Armen Heinrich spricht Hartmann von sich.
Der arme Heinrich hat seine Verwurzelung im religiösen Denken des Mittelalters. Hartmann verwendet Motive aus verschiedenen literarischen Bereichen, die er künstlerisch zu einer Einheit verbindet. Legende, Märchen und religiöse Dichtung sind Muster, die sich im Verlauf der Handlung, abwechselnd und auch einheitlich, bemerkbar machen. Trotz seines geringen Umfangs weist das Gedicht eine poetische Dichte auf, die über den knappen Rahmen und Zusammenhang des Erzählten weit hinausgeht.[1]
Hauptmotive der Erzählung sind Aussatz und Aussatzheilung, die im Mittelalter tabuisierte Krankheit und das magische Rezept. Der Werdegang eines Aussätzigen und die Geschichte einer opferbereiten Jungfrau - und schließlich beider Wandlung - bestimmen die relativ handlungsarme Erzählung. Das innere Geschehen, psychische Vorgänge werden in den Mittelpunkt gerückt.
Zwei Figuren bestimmen den Erzählablauf, Heinrich und die Meierstochter. Im Mittelteil tritt das Mädchen erheblich in den Vordergrund, Heinrich bleibt passiv.
In dieser Arbeit soll die Bedeutung, Sinn und Funktion des Mädchens in Hartmanns Werk Der arme Heinrich untersucht werden. Die symbolische sowie allgemeine Rolle, die Aufgabe und Einwirkung, die der Dichter seiner Frauengestalt geben wollte, soll vom Text heraus gedeutet werden. Das namenlose Bauernmädchen ist neben Heinrich die bedeutendste Gestalt der Erzählung, denn es spielt eine vielseitige Rolle im Dasein des Helden. Sie führt ihn, stets von ihrer güete geleitet, von Selbstbefangenheit zu Selbsterkenntnis, was beider Glück zur Folge hat.
II. Hauptteil
1. Die Entwicklung des Frauenbildes bis zur höfischen Zeit
Um das Besondere an Hartmanns Frauenbild deutlich zu machen, soll hier ein kurzer Überblick über die sich immer wandelnde männliche Einstellung zur Frau gegeben werden.
Die Frau wurde im Mittelalter als bloßes Objekt oder als Besitz erlebt. Sie diente als Auflöserin sexueller Spannung, als Pflegerin, als Hausverwalterin, als Mutter. Rechtlich und sozial war die Frau im Mittelalter dem Mann untergeordnet. Sie lebte unter seiner Vormundschaft, Verlobung und Ehe waren Sache der Sippe oder Familie, eine rein wirtschaftliche Angelegenheit.
Für die deutsche Dichtung bis ins zwölfte Jahrhundert gilt: der Mann und seine Taten stehen im Mittelpunkt, während die Frau ganz am Rande, wenn überhaupt, erwähnt wird. Erst bei der höfischen Literatur, die tatsächlich eine Ausnahmestellung einnimmt, wird die minne zum Zentralmotiv des Geschehens. Die Gestalt der minne entstand wohl aus der Verehrung des „Weiblichen“ im allgemeinen. Hierbei mag es sich zum Teil um einen psychischen Ausgleich handeln, der eine Reaktion auf die waltende Geringschätzung weiblicher Werte in einer betont patriarchalisch orientierten Gesellschaft bedeutet.[2]
Auf jeden Fall setzt mit der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts ein Zeitalter von kurzer Dauer ein, wo die geistigen weiblichen Kräfte dramatisch hervorbrechen und in der Literatur zur Wirkung gelangen. Diese Entwicklung ist aus dem Geist der Zeit zu erklären. Ein allgemeines Erwachen findet statt. Der Mensch entdeckt sich als wertvolles Einzelwesen. Mit der wachsenden Bewußtheit aber steigert sich die Fähigkeit, den Eigenwert des anderen Menschen anzuerkennen. Die Beziehung zwischen den Geschlechtern spiegelt das Reifen der Menschheit wider.
Die Einstellung der Frau gegenüber, wie sie in der höfischen Literatur erscheint, entspricht vielleicht in sehr geringem Maß der sozialen Wirklichkeit, denn hier blieb die Frau im allgemeinen der Vormundschaft des Mannes unterworfen. Dichtung jedoch spiegelt ja nicht nur die Außenwelt, sondern auch seelische Vorgänge wider. Die Anbetung der irdischen Herrin, die Steigerung ins Transzendente und die mystisch-religiöse Sprache, in welcher das Gefühl Ausdruck fand, ist auf die christliche Durchdringung des mittelalterlichen Denkens und Empfindens zurückzuführen.[3] Neben der göttlichen Gnade gilt jetzt die minne als Quelle und Ursprung alles Guten auf dieser Welt, und, neben der Gottesliebe, als oberstes Wertbereich.
Die Frau gilt vollkommener und reiner als der Mann, sie wird zur Verwalterin von Zucht, Sitte und sämtlicher ethischer so wie höfischer Werte. Das äußere Merkmal für ihre „schöne Seele“ ist die strahlende Schönheit, welche die Heldin auszeichnet.
Der Begriff der minne ist das Besondere und historisch Einmalige und Unwiederholbare einer epochalen Individualität. In der frühhöfischen Literatur erscheint die minne dem Dichter anders als in der hochhöfischen Blütezeit oder in deren Abklingen. Sie findet bei jeder Gattung und bei jedem Dichter verschiedenen Ausdruck.
2. Die symbolische Bedeutung der Frau in Hartmanns Werk
Hartmann befaßt sich im Armen Heinrich an erster Stelle mit dem Werden des Mannes. Er schafft in seinem Helden eine Idealgestalt, die beispielhaft wirken soll. Heinrich verkörpert höchste menschliche Eigenschaften, die im Prolog in einem Katalog zur Entfaltung kommen. Er fällt von der Scheinhöhe seines Daseins, muß sich umorientieren. Sein Weg führt ihn über Selbstverlust zu Wandlung und Wiedergeburt. Als neuer Mensch lebt er im Einklang mit Gott und Mensch.
Hartmann schildert nicht allein den Weg des Menschen zu sich selbst. Er macht deutlich, daß ein Selbstfinden nur in der Selbstaufgabe, in der Beziehung möglich ist. Darum ist ein zentraler Gedanke das Verhältnis zwischen Mann und Frau. Die Frau bedeutet für den Mann das „Du“, den Nächsten. Die Achtung vor ihr ist die Achtung vor dem Menschen überhaupt. Sie ist für ihn der Prüfstein seiner Menschlichkeit. An seiner Einstellung zu ihr zeigt sich der wahre Wert des Mannes. Die Stadien, durch die der Held geführt wird, wiederholen den psychischen Vorgang der Initiation und Wandlung, den Weg zum „Selbst“, wie er immer wieder in den religiösen Mythen und Märchen der Menschheit dargestellt erscheint.
Hartmann will nicht Werden und Wandlung der Heldin selbst darstellen, sondern ihre Rolle im Dasein des Helden. Nur durch sie findet er zu sich und zu seiner Bestimmung. Der Augenblick der Erkenntnis enthüllt, daß auch er, der Mensch an sich, nicht um seiner selbst willen existieren darf. Sinnvolles Dasein ist für den Dichter Dienst am „Du“, verantwortliche Beziehung, die erst durch Selbstaufgabe gewonnen wird.[4]
[...]
[1] Hugo Kuhn und Cristoph Cormeau: Hartmann von Aue, Darmstadt 1973, S. 151.
[2] Carne, Eva-Maria: Die Frauengestalten bei Hartmann von Aue, Marburg 1970, S. 3.
[3] Ebd., S. 5.
[4] Carne, Eva- Maria: Die Frauengestalten bei Hartmann von Aue, Marburg 1970, S. 10.
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- Emese Farkas (Autor), 2000, Die Gestalt des Mädchens in Hartmanns von Aue "Der arme Heinrich", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18991
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