Die französischen Soziologen Luc Boltanski und Eve Chiapello greifen eine zentrale Kategorie von Max Weber auf, um den „neuen Geist des Kapitalismus“ in der Netzwerkgesellschaft der Gegenwart „spuken“ zu lassen. Dabei gehen sie davon aus, dass die Welt der Wirtschaft nicht allein gesetzmäßigen Strukturen unterliegt, welche sich den handelnden Subjekten gänzlich entziehen würden. Vielmehr hält sich der Kapitalismus erst durch die eigene Rechtfertigung gegenüber seiner Kritik am Leben.
Mit ihrer eigenen Definition von Webers Begriff bezeichnen sie „eine Ideologie (...), die das Engagement für den Kapitalismus rechtfertigt“ als Geist des Kapitalismus. Die Notwendigkeit einer Rechtfertigung sehen sie allerdings in der Natur des Kapitalismus als System begründet. Dieses halten sie im Grunde für absurd und bescheinigen ihm ein Plausibilitätsdefizit: Werden die Arbeitnehmer den Produkten ihrer Arbeit entfremdet, so sind die Arbeitgeber gefangen in einem Teufelskreis aus beständiger Investition, Profitmaximierung und Reinvestition, der durch das Akkumulationsprinzip und den Druck der Konkurrenz aufrecht erhalten wird.
Inhaltsverzeichnis
- Die französische Soziologie
- Der Geist des Kapitalismus
- Die drei Ausprägungen des Geistes
- Die sechs Poleis
- Die projektbasierte Polis
- Die Rolle der Kritik
- Sozialkritik und Künstlerkritik
- Der Wandel vom zweiten zum dritten Geist
- Die Reaktion der Arbeitgeberverbände
- Die Künstlerkritik als Ausweg
- Flexibilität als Zauberwort
- Die Entdeckung der Arbeitsbedingungen
- Die Wandlungsprozesse
- Netzgerechtigkeit
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Rezension analysiert das Buch „Der neue Geist des Kapitalismus" von Luc Boltanski und Eve Chiapello, das den Wandel des Kapitalismus im Kontext der Netzwerkgesellschaft untersucht. Sie beleuchtet, wie der Kapitalismus durch seine eigene Rechtfertigung gegenüber Kritik überlebt und sich dynamisch entwickelt.
- Die Rechtfertigung des Kapitalismus durch den „Geist des Kapitalismus"
- Die drei Ausprägungen des Geistes seit dem 19. Jahrhundert
- Die Rolle der Kritik in der Dynamik des Kapitalismus
- Die Integration von Sozialkritik und Künstlerkritik in den neuen Geist
- Die Herausforderungen der Globalisierung und des Netzwerkcharakters
Zusammenfassung der Kapitel
- Die französische Soziologie: Die Rezension stellt die zentralen Argumente von Boltanski und Chiapello vor, die sich auf Max Webers Konzept des „Geistes des Kapitalismus" beziehen. Sie argumentieren, dass der Kapitalismus nicht nur durch ökonomische Gesetze, sondern auch durch seine Rechtfertigung gegenüber Kritik funktioniert.
- Der Geist des Kapitalismus: Die Autoren definieren den „Geist des Kapitalismus" als eine Ideologie, die das Engagement für den Kapitalismus rechtfertigt. Sie argumentieren, dass der Kapitalismus durch seine eigene Absurdität und sein Plausibilitätsdefizit gezwungen ist, Anreize zu schaffen, um die Beteiligung der Menschen zu sichern.
- Die drei Ausprägungen des Geistes: Boltanski und Chiapello identifizieren drei verschiedene Ausprägungen des Geistes seit dem 19. Jahrhundert: das patriarchale Unternehmertum der Bourgeoisie, der Taylorismus/Massenproduktion und der aktuelle Geist des Kapitalismus, der durch Netzwerkcharakter und Flexibilität geprägt ist.
- Die sechs Poleis: Die Autoren nutzen Boltanskis Modell der sechs Poleis, um die Legitimitätsstrategien des Kapitalismus zu analysieren. Die Poleis stellen Wertigkeitsordnungen dar, die gesellschaftliche Akzeptanz finden und zur Rechtfertigung des Kapitalismus genutzt werden können.
- Die projektbasierte Polis: Die Autoren fügen eine weitere Polis hinzu, die „projektbasierte Polis", um den Netzwerkcharakter des gegenwärtigen Kapitalismus zu beschreiben. Diese Polis zeichnet sich durch Aktivität, Flexibilität und das Knüpfen von Kontakten aus.
- Die Rolle der Kritik: Boltanski und Chiapello argumentieren, dass der neue Geist des Kapitalismus die Kritik teilweise integriert hat, um ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sie betonen die Bedeutung der Kritik für die Dynamik des Kapitalismus.
- Sozialkritik und Künstlerkritik: Die Autoren unterscheiden zwischen Sozialkritik, die sich gegen Ungleichheiten und Ausbeutung richtet, und Künstlerkritik, die sich für Individualität und Authentizität einsetzt.
- Der Wandel vom zweiten zum dritten Geist: Die 68er-Bewegung, die sowohl Sozial- als auch Künstlerkritik umfasste, spielte eine entscheidende Rolle im Wandel vom zweiten zum dritten Geist des Kapitalismus.
- Die Reaktion der Arbeitgeberverbände: Die Arbeitgeberverbände reagierten auf die Kritik der 68er-Bewegung, indem sie einige Forderungen der Sozialkritik aufnahmen, jedoch die Autorität von Unternehmensführern weiterhin in Frage stellten.
- Die Künstlerkritik als Ausweg: Die Künstlerkritik bot den Vertretern des Kapitals eine Gelegenheit, die Zwänge der Sozialkritik zu umgehen, indem sie Forderungen nach Selbstbestimmung und einer aktiveren Rolle der Arbeitnehmer aufnahmen.
- Flexibilität als Zauberwort: Flexibilität wurde zum Schlüsselbegriff des neuen Kapitalismus, der Mobilität und Anpassungsfähigkeit über Sicherheit und Stabilität stellt.
- Die Entdeckung der Arbeitsbedingungen: Die Arbeitgeber erkannten die Möglichkeit, den Gewerkschaften Konkurrenz zu machen, indem sie Konzepte wie flexible Arbeitszeiten und eigenverantwortliches Arbeiten implementierten, gleichzeitig aber auch auf Flexibilität beim Lohn und auf Zeitarbeitsverträge setzten.
- Die Wandlungsprozesse: Die Rezension analysiert die Wandlungsprozesse im Wechselspiel zwischen den kapitalistischen Ideologien und ihrer Kritik. Sie hebt die Bedeutung der Diskursanalyse und des Modells der Poleis für das Verständnis dieser Prozesse hervor.
- Netzgerechtigkeit: Die Rezension kritisiert die Vorschläge bezüglich einer „Netzgerechtigkeit" als weniger plausibel.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den neuen Geist des Kapitalismus, die Netzwerkgesellschaft, die Rechtfertigung des Kapitalismus, die Kritik am Kapitalismus, die Sozialkritik, die Künstlerkritik, die sechs Poleis, die projektbasierte Polis, die Wandlungsprozesse des Kapitalismus und die Globalisierung.
- Arbeit zitieren
- Arndt Schmidt (Autor:in), 2007, Rezension zu "Der neue Geist des Kapitalismus" von Luc Boltanski und Eve Chiapello, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189028
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