Nachdem der UN Sicherheitsrat zunächst in der Resolution 1970 lediglich ein Waffenembargo, das Einfrieren von Kapital libyscher Führer, sowie Einschränkungen deren Reisefreiheit beschloss, wurden die UN-Mitgliedstaaten am 18.03.2011 in der Resolution 1973 ermächtigt, eine Flugverbotszone über dem Staatsgebiet Libyens durchzusetzen und „alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen“, um die libysche Bevölkerung zu schützen. Die Ausführung dieses wenig konkreten Mandats, welches nur den Einsatz von Bodentruppen auf libyschem Territorium ausschließt, wurde Ende März 2011 gänzlich auf die NATO übertragen und äußert sich seitdem durch zahlreiche Luftangriffe auf Stellungen und Fahrzeuge des libyschen Militärs.
Zumindest in der Theorie dient jene Mission mit dem programmatischen Titel „Unified Protector“ sehr neutral dem Schutz der Zivilbevölkerung. In der Praxis lässt sich immerhin bis jetzt jedoch eine relativ deutliche Positionierung der NATO zu Gunsten der Rebellen und gegen das Gadaffi-Regime erkennen. „Es gab offensichtlich westliche Militärberater und Spezialkommandos, die den Rebellen beim Vormarsch entscheidend halfen, es wurden Nato- Bombenangriffe gegen Gadaffis Residenz geflogen. Das Ziel war ein Regimewechsel – eine sehr kreative Auslegung des Uno-Beschlusses, der eine politische Lösung und ein Ende der Kampfhandlungen in Libyen vorschrieb“.
Daher ist zu fragen, wie die UN bzw. die NATO gegenüber der Öffentlichkeit den Einsatz in Libyen sowie ihre Positionierung gegen Gaddafi darstellen und rechtfertigen und welches spezifische Bild der Wirklichkeit hierbei gezeichnet wird.
Diese Fragestellung legt eine diskursanalytische Vorgehensweise nahe, denn diese ermöglicht das Aufzeigen sprachlicher Unterscheidungen, die im Falle kollektiver Anerkennung Regeln setzen und damit Machtverhältnisse bestimmen, die sich wie hier im schlechtesten Fall als legitimer Adressat von NATO-Gewalt manifestieren. Durch die Analyse des NATO-Beitrages zum Diskurs bezüglich der Libyen-Intervention gilt es daher, die spezifische Wirklichkeitskonstruktion der NATO und eben jene sprachlichen Unterscheidungen aufzudecken, welche im Endeffekt der Legitimierung von Gewalt gegenüber bestimmten Akteuren dienen.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- THEORETISCH-METHODISCHE VORBEMERKUNGEN
- DISKURSTHEORETISCHE ANNAHMEN
- KATEGORIENBILDUNG
- DISKURSANALYSE
- KONSTRUKTION VON AKTEURSPOSITIONEN
- LIBYSCHE REGIERUNG/GADDAFI-REGIME
- BEVÖLKERUNG/REBELLEN
- NATO
- MISSIONSZIEL(E)
- LEGITIMIERUNG VON GEWALT
- KOLLATERALSCHÄDEN
- KONSTRUKTION VON AKTEURSPOSITIONEN
- FAZIT
- LITERATURVERZEICHNIS
- ANALYSIERTE TEXTE
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die diskursive Konstruktion des NATO-Einsatzes in Libyen im Rahmen der Operation „Unified Protector". Ziel ist es, die sprachlichen Strategien der NATO aufzudecken, mit denen die Intervention gegenüber der Öffentlichkeit legitimiert wird. Dabei wird die Frage nach der spezifischen Wirklichkeitskonstruktion der NATO im Diskurs zur Libyen-Intervention und die darin enthaltenen sprachlichen Unterscheidungen analysiert.
- Konstruktion von Akteurspositionen (Gaddafi-Regime, Bevölkerung/Rebellen, NATO)
- Missionsziele und deren Legitimierung
- Rechtfertigung des Einsatzes von Gewalt
- Umgang mit Kollateralschäden
- Die Rolle des UN-Mandats
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der NATO-Intervention in Libyen ein und stellt die Forschungsfrage nach der diskursiven Legitimierung des Einsatzes. Die theoretischen Grundlagen der Diskursanalyse werden im zweiten Kapitel erläutert, wobei die Konstruiertheit der sozialen Wirklichkeit und die Bedeutung von sprachlichen Unterscheidungen im Zentrum stehen.
Im dritten Kapitel wird die Diskursanalyse durchgeführt. Die Konstruktion der Akteurspositionen zeigt eine stark negative Darstellung des Gaddafi-Regimes, das als amoralisch, gewalttätig und illegitim konstruiert wird. Die libysche Bevölkerung hingegen wird als Opfer des Regimes dargestellt, das nach Freiheit und Demokratie strebt. Die NATO selbst wird als ein moralisch überlegen handelnder Akteur konstruiert, der mit Präzision und minimaler Gewalt die Bevölkerung schützt und das UN-Mandat erfüllt.
Die Missionsziele werden im vierten Kapitel analysiert. Das UN-Mandat wird als Grundlage für die Intervention dargestellt, die aber durch die NATO im Sinne der Rebellen und des Sturzes Gaddafis interpretiert und erweitert wird. Die Legitimierung von Gewalt wird im fünften Kapitel betrachtet. Die NATO konstruiert ihren Einsatz als minimal und zielgerichtet, um Kollateralschäden zu minimieren. Die Schuld für zivile Opfer wird dem Gaddafi-Regime und dem unübersichtlichen Umfeld zugeschrieben.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die NATO-Intervention in Libyen, die Operation „Unified Protector", die diskursive Legitimierung von Gewalt, die Konstruktion von Akteurspositionen, die Missionsziele, die Rolle des UN-Mandats, die Darstellung von Kollateralschäden und die Bedeutung von sprachlichen Unterscheidungen im Diskurs.
- Citation du texte
- B.A. Politikwissenschaft Hendrik Thurnes (Auteur), 2011, Die NATO, Gaddafi und die Rebellen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/188876
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