Fast 130 Jahre beherrscht das letzte Braunschweiger Residenzschloss die Stadtmitte am
Bohlweg und ist Schauplatz einschneidender Ereignisse der Braunschweiger Landesgeschichte.
In seiner hohen baukünstlerischen Qualität vielfach unterschätzt, wird es 1960
unwiederbringlich abgerissen. In dieser Arbeit soll nicht nur das Braunschweiger Residenzschloss,
sondern auch sein Erbauer Carl Theodor Ottmer näher untersucht werden. Ottmer,
in Braunschweig ein bekannter Mann, außerhalb der Stadt jedoch wenig beachtet soll hier,
in einem ersten wesentlichen Teil der Arbeit, sowohl als Mensch, wie auch als Architekt
mit seinen Bauwerken vorgestellt werden. Unter zu Hilfenahme des historischen Kontextes
und der Epoche, in welcher Ottmer wirkt, soll seine Formensprache und Arbeitsweise
aufgezeigt werden. In einem zweiten, dem Hauptteil der Arbeit wird das Braunschweiger
Schloss untersucht. Nach einer kurzen zeitgeschichtlichen Einordnung folgt eine knappe
Beschreibung des Schlosses von außen. In den letzten beiden Kapiteln werden die baugeschichtlichen
Vorbilder des Schlosses aus der Zeit des Barocks aufgezeigt, sowie die barocken
Elemente des Braunschweiger Schlosses herausgestellt und deren Verwendung analysiert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ottmer
2.1 Ottmers Leben
2.2 Ottmers Bauwerke
2.3 Die Zeit des Klassizismus und des Historismus
2.4 Ottmer als Architekt seiner Zeit
3. Das Braunschweiger Schloss
3.1.1 Geschichtliche Vorbedingungen
3.1.2 Der Bauauftrag
3.1.3 Beschreibung des Schlosses von außen
3.2 Baugeschichtliche Vorbilder des Schlosses
3.3 Barocke Elemente des Schlosses und warum Ottmer diese verwendet
4. Schlusswort
5. Literaturverzeichnis
6. Anhang
1. Einleitung
Fast 130 Jahre beherrscht das letzte Braunschweiger Residenzschloss die Stadtmitte am Bohlweg und ist Schauplatz einschneidender Ereignisse der Braunschweiger Landes-geschichte. In seiner hohen baukünstlerischen Qualität vielfach unterschätzt, wird es 1960 unwiederbringlich abgerissen. In dieser Arbeit soll nicht nur das Braunschweiger Residenz-schloss, sondern auch sein Erbauer Carl Theodor Ottmer näher untersucht werden. Ottmer, in Braunschweig ein bekannter Mann, außerhalb der Stadt jedoch wenig beachtet soll hier, in einem ersten wesentlichen Teil der Arbeit, sowohl als Mensch, wie auch als Architekt mit seinen Bauwerken vorgestellt werden. Unter zu Hilfenahme des historischen Kontex-tes und der Epoche, in welcher Ottmer wirkt, soll seine Formensprache und Arbeitsweise aufgezeigt werden. In einem zweiten, dem Hauptteil der Arbeit wird das Braunschweiger Schloss untersucht. Nach einer kurzen zeitgeschichtlichen Einordnung folgt eine knappe Beschreibung des Schlosses von außen. In den letzten beiden Kapiteln werden die bauge-schichtlichen Vorbilder des Schlosses aus der Zeit des Barocks aufgezeigt, sowie die ba-rocken Elemente des Braunschweiger Schlosses herausgestellt und deren Verwendung ana-lysiert.
2. Carl Theodor Ottmer
2.1 Ottmers Leben
Carl Theodor Ottmer (Abb. 2) wird am 19. Januar 1800 als Sohn des Mediziners Gottfried Ottmer und Elisabeth Sophie Friederike Ottmer in Braun-schweig geboren. Auch zum Studium bleibt er in seiner Geburtsstadt am Collegium Carolinum. Er beginnt 1817 eine Ausbildung im Baudepartement bei Peter Joseph Krahe, dem Kammer und Klosterrat und Leiter des Bauwesens im Herzog-tum Braunschweig[1]. 1822 führt er auf Anraten sei-nes Lehrers, der ihn während seiner ganzen Aus-bildungszeit immer uneingeschränkt unterstützt[2], seine Studien in Berlin weiter, wo er sich erfolgreich an mehreren Projekten beteiligt. Zwei Jahre darauf wird er zum Hofbaumeister in Braunschweig ernannt. Nach einer fünfjährigen Zeit der Bildung und mit einem großen Schatz an fachlichem und gesellschaftlichem Wis-sen, verlässt Ottmer Berlin und tritt endlich seine lange geplanten Reisen nach Frankreich und Italien an. Sechseinhalb Jahre nachdem er Braunschweig verlassen hat, kehrt er als an-erkannter Architekt zurück in seine Heimatstadt.[3] Nach dem Brand des sogenannten „Grauen Hofes“, des alten Braunschweiger Schlosses, beginnen 1830 die Planungen für ein neues Residenzschloss[4], mit denen Ottmer betraut wird. In den folgenden Jahren ist Ottmer in Braunschweig aktiv etwa bei der Planung von Neu-Richmond oder der Fertigstellung der Herzoglichen Villa. 1837 beginnen die Bauarbeiten am Braunschweiger Bahnhof. Ein Jahr darauf, nach einer Planungs- und Bauzeit von etwa sieben Jahren, ist das Schloss fertig. Ottmer wird daraufhin das Ritterkreuz Heinrichs des Löwen verliehen. Auch in den fol-genden Jahren 1839/40 wirkt Ottmer an verschiedensten Bauten in Braunschweig mit. 1841 wird er zum Hofbaurat ernannt und er wird Dozent für Ästhetik und Baukunst am Collegium Carolinum[5] bis er 1842 an einem schweren Magenleiden erkrankt. Ottmer arbei-tet jedoch weiter, hält Vorlesungen und arbeitet mit aller Kraft von seinem Bett aus an sei-nem Bahnhofsprojekt, bis er im Jahr darauf wiederum erkrankt und sich nicht mehr voll-ständig erholt. Ottmer stirbt im Alter von 43 Jahren am 22. August 1843 in Berlin, wo er noch kurz zuvor zum Ehrenmitglied der Akademie der Bildenden Künste ernannt wurde. Er wird fünf Tage später in seiner Heimatstadt Braunschweig unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Domfriedhof beerdigt[6]. Seine Mitarbeiter und Schüler beenden seine begonnen Werke und zeigen sich auch in ihren späteren Bauwerken ihrem Meister ver-pflichtet.[7]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2 Ottmers Bauwerke
Die Anfänge Ottmers Schaffens sind in seiner Geburtsstadt Braunschweig zu suchen, wo er zunächst von 1817-1822 wirkt. Ottmers erster erhaltener Entwurf bezieht sich auf die Oran-gerie von 1819[8]. 1820/22 folgt das Gutshaus Walkenried, das Wohnhaus des Wirtschafts-hofes vom ehemaligen Zisterzienserkloster Walkenried. Es entsteht noch während der Aus-bildungszeit Ottmers bei Krahe[9]. 1822-1827 ist Ottmer zum Studium in Berlin. Seine frü-hen Entwürfe zeigen eine Entwicklung seines Stils von Anlehnungen an barocke Archi-tektur, wie etwa beim Palais Mendelson zu sehen ist, die Architektur der frühen Jahre des Jahrhunderts, bis zu einem Vorentwurf für das Königsstädter Theater, welches 1823-25 realisiert wird, hin zu einer zeitgemäßen klassizistischen Gestaltung[10].
Ottmer, der sich durch den Bau des Königsstädtischen Theaters als guter Architekt ausge-wiesen hat[11], wird 1825-1827 der Bau der Singakademie übertragen (Abb.4). 1825/26 lie-fert Ottmer von Berlin aus Entwürfe für die Theater in Hamburg, Braunschweig und die Einrichtung des Leipziger Theaters. Es folgen 1828-29 Entwürfe für den Umbau des Opernhauses am Zwinger in Dresden und die Errichtung eines Theaters in Meinigen.[12] Ab 1828 ist Ottmer wieder im Herzogtum Braunschweig, wo nun ausschließlich alle seine Bauten und Projekte liegen. 1829/30 entwirft er einen Marstall und ein Schloss für Meinin-gen. In Braunschweig selbst ist Ottmer durch sein von ihm entworfenes Wohnhaus in der Auguststraße, die Villa Hörstel am Augusttorwall (Entwurf um 1833), die Villa von Bülow (1839) und verschiedene andere Wohnhäuser am Wall. Auf Ab-bildung 5 sind die Orte des Schaffens Ottmers in Braun-schweig verzeichnet. Auch das Hauptwerk Ottmers steht in Braunschweig. In den Jahren von 1831, der Grundsteinlegung des Schlosses, bis 1838 der Be-endigung des Baus entsteht die neue Residenz. In den Jahren 1833-1839 entsteht Neu Richmond, die neue herzogliche Villa Willhelms, da dieser durch den Brand des Grauen Hofes kein Domizil hat[13] und Williams Castle, das zweite große Gebäude von Neu Richmond. Am Bau eines Bahnhofs in Braunschweig ist Ottmer gleich zweimal beteiligt. Als das 1838 erbaute alte Bahnhofs-gebäude zu klein wird, entwirft Ottmer ein neues, welches noch in seinem Todesjahr be-gonnen wird zu bauen (siehe Abb.3[14]). Aufgrund des begrenzten Umfangs der Hausarbeit können hier längst nicht alle Projekte Ottmers Erwähnung finden, der Vollständigkeit halber findet sich eine Liste seiner Bauten im Anhang. Abbildung 6 soll zusätzlich verdeutlichen, wie weitreichend Ottmers Wirken allein im Kreis Braunschweig zu seiner Zeit ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3 Die Zeit des Klassizismus und Historismus
Um das Kapitel über die Arbeitsweise und die Formensprache Ottmers, sowie den gesamten Zusammenhang der Hausarbeit mit den zeitlichen Umständen in denen Ottmer wirkt besser nachvollziehen zu können, bietet der folgende Text eine zeitliche Orientierung über den künstlerisch-geschichtlichen Kontext, in dem Carl Theodor Ottmer lebt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Bewunderung für die griechische und römische Antike führt in der Epoche des Klassizismus, welche man etwa auf die Jahre 1750 bis 1830 datieren kann, zu Anleihen bei der antiken Kunst, aber auch bei der als klas-sisch empfundenen Renaissance. Dies schlägt sich vor allem in der Architektur und Innen-architektur, in der Bildhauerei und im Kunsthandwerk nieder. Auf der Abbildung 7 sieht man etwa bei den dekorativen Künsten den Rückgriff auf antike ornamentale Formen, bei der Skulptur die Orientierung an harmonischen Proportionen, strenger Komposition und Einfachheit der Linien. In Abkehr von der vorangegangenen Epoche des Rokoko bevorzugt der Klassizismus schlichte und klare Formen, die seinem Streben nach einem „natürlichen” Leben– wie es vor allem Jean-Jacques Rousseau idealisierte – Ausdruck verleiht. Unter-stützt und angeregt wird diese historische Orientierung von der aufblühenden Altertums-forschung, Archäologie und Kunstgeschichte[15].
„Historismus ist Kunst im Dienste einer Weltordnung, einer Staatsidee, einer Weltanschauung, die aus der Geschichte programmatisch ihre Denkmodelle beziehen.“
(W. Götz)
In der Zeit von 1815 bis 1900 ist eine sich aus der Vergangenheit nährende Grundhaltung der Architekten, welche vordergründig auf ein Bekenntnis zur Geschichte schließen lässt, vorherrschend[16]. Hier ist der Grund für die Epochenbezeichnung „Historismus“ im 19. Jahrhundert zu finden. Man richtet den Blick in die Vergangenheit und verwendet aus ihr, in geistiger und praktischer Auseinandersetzung mit Tradition und Erbe, Anregungen für die Gestaltung der Zukunft und für Lösungen aktueller Aufgaben. Diese Aufgaben sind nicht völlig losgelöst von allem bisher erreichten, sondern, so die Auffassung der Historisten, nur unter absichtlicher Nutzung der gesammelten Erfahrungen zu erreichen[17]. Schinkel äußert hierzu folgendes:
„Historisch ist nicht das Alte allein festzuhalten oder zu wiederholen, dadurch würde die Historie zugrunde gehen, historisch handeln ist das, welches das Neue herbeiführt und wodurch die Geschichte fortgesetzt wird.“[18]
Ausgenommen von dieser produktiven und zukunftsorientierten Auffassung von Historis-mus sind die reinen, unreflektierten Reproduktionen bereits vorhandener Bauten, welche jedoch ebenfalls zahlreich in dieser Epoche sind. Für diesen einfallslosen und beliebigen Einsatz der Ausdrucksmittel findet der Begriff Eklektizismus seine Verwendung. So wer-den für Kirchen, Schlösser, Rathäuser und Wohnhäuser zumeist gothische Elemente ver-wendet, für Kulturbauten wie Theater, Opernhäuser oder Museen greift man auf die Re-naissance zurück und die repräsentativen Häuser reicher Bürger sowie die Schlösser dieser Zeit werden im barocken Stil errichtet. Ein Grund für Vergangenheitsliebe und den Rück-griff auf Altbewährtes ist die tiefgreifende Umbruchsituation in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht. Die Menschen sind durch Umwälzungen in allen Bereichen ihres Lebens verunsichert und orientierungslos, sodass der Wunsch nach Geordnetheit und Kon-tinuität laut wird, welche man in der Vergangenheit gehabt zu haben glaubt[19]. Diesen all-gemeinen Defiziten in Gesellschaft und Tradition versucht man durch kulturelle Leistungen beizukommen. In Deutschland entstehen im 19. Jahrhundert zahlreiche dem Historismus verpflichtete Bauten, wie etwa das Palais Leuchtenberg, die Staatsbibliothek und die Feld-herrenhalle in München. Diese beziehen sich, wie die Dresdener Semperoper und das Schweriner Schloss, auf die Renaissance. Der Historismus wird in Frankreich vom Art Nouveau und in Deutschland vom Jugendstil abgelöst.
[...]
[1] GEBAUHR, Udo (Herausgeber): Wege zu Ottmer- 60 Stationen von Ahlum bis Zorge. Braunschweig: Johann Heinrich Meyer Verlag, 2000, S. 10 (Sigle: GEBAUHR, Wege)
[2] GIESAU, Peter: Carl Theodor Ottmer (1800- 1843): Braunschweiger Hofbaurat zwischen Klassizismus und Historismus. München/Berlin: Deutscher Kunstverlag 1997. S. 15 (Sigle: GIESAU, Ottmer)
[3] GIESAU, Ottmer. S.18
[4] Vgl. GEBAUHR: Wege, S. 11
[5] Braunschweiger Zeitung, Ausgabe vom 18.3.2000: Der Baumeister Carl Theodor Ottmer: Ausbreitung eines reichen Lebenswerkes- Innovativ und auf der Höhe der Zeit. Verfasser: DUIN, Harald
[6] Vgl. GEBAUHR: Wege, S. 28
[7] Vgl. www.braunscwheig.de/d/veranst/blickpunkt/archiv/2000-03-14_ottmer/blickpunkt_ottmer2.html
[8] Vgl. GIESAU, Ottmer, S.23
[9] Vgl. GEBAUHR, Wege, S.91
[10] GIESAU, Ottmer, S. 25
[11] GIESAU, Ottmer, S. 40
[12] Vgl. GIESAU, Ottmer, S. 44 -54
[13] GIESAU, Ottmer, S. 100
[14] Vgl. GEBAUHR, Wege, S. 108
[15] Microsoft Encarta Professional 2002, Stichwort Klassizismus
[16] Vgl. DOLGNER, Dieter: Historismus- Deutsche Baukunst 1815-1900. Leipzig: E.A. Seemann 1993, S. 7 (Sigle: Dolgner, Historismus)
[17] DOLGNER, Historismus, S. 7
[18] DOLGNER, Historismus, S. 9
[19] Vgl. DOLGNER, Historismus, S. 8
- Citation du texte
- Andrea Deutsch (Auteur), 2003, Carl Theodor Ottmer und das Braunschweiger Schloss - Warum ein eigentlich klassizistischer Architekt ein Schloss mit so vielen barocken Elementen baut, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18790
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.