[...] Zu den wichtigsten Aspekten die in eine Inszenierung gehören, ist eindeutig der Raum
eine Grundlage, um den Zuschauer in eine Grundstimmung zu bringen und eine
bestimmte Atmosphäre auszulösen. Das Stück „der goldene Drache“ von Roland
Schimmelpfennig, aufgeführt im Staatstheater Nürnberg und von Petra Luisa Meyer
inszeniert, wurde bereits zum „Theaterstück des Jahres 2010“ gekürt [...]
Zu den wichtigsten Aspekten die in eine Inszenierung gehören, ist eindeutig der Raum eine Grundlage, um den Zuschauer in eine Grundstimmung zu bringen und eine bestimmte Atmosphäre auszulösen. Das Stück „der goldene Drache“ von Roland Schimmelpfennig, aufgeführt im Staatstheater Nürnberg und von Petra Luisa Meyer inszeniert, wurde bereits zum „Theaterstück des Jahres 2010“ gekürt. Davon neugierig gemacht, besuchte ich die Aufführung am frühen Abend und konzentrierte mich dabei auf die Frage, wie sich der Raum im Zusammenspiel mit den Akteuren auf die Zuschauer auswirkt. Ich werde dabei Einzelheiten über den Verlauf der Aufführung aufgreifen und dahingehend näher die verschiedenen Räume und deren Wirkung beschreiben.
Beim Betreten des Theaters fällt mir bereits auf, dass der Großteil der Zuschauer aus Jugendlichen in meinem Alter besteht, Schüler die mit ihrem Lehrer eine Aufführung besuchen. Von ihrer Aufregung angesteckt, warte ich vor der Tür auf den Einlass. Beim Betreten des Raumes lässt sich die Bühne bereits gut beleuchtet erkennen. Rote, runde mit chinesischen Schriftzeichen versehene Lampions hängen gleichmäßig von der Decke. Wie bereits im Vorfeld ersichtlich wurde, geht es in dem Stück um ein thailändisch-chinesisches oder vietnamesisches Restaurant, um das es sich die ganze Aufführung über drehen wird. Die Dekoration der Bühne gibt außer durch die Lampions keine Hinweise auf die Geschichte. Zu sehen ist außerdem eine große Wand, die quer über die Bühne verläuft und sie in ihrer Tiefe um die Hälfte teilt. Die Wand ist durchgehend mit Zeitungen beklebt, wobei das nicht zufällig angeordnet ist, sondern das Papier gezielt so platziert wurde, dass man die Artikel lesen kann. Sie stammen augenscheinlich aus einem chinesischen Wochenblatt, könnten jedoch auch aus einem koreanischen oder japanischen sein.
In der Wand sind immer wieder unterschiedlich große viereckige Leerstellen zu sehen, die später in der Aufführung deutlich als Fenster beziehungsweise Räume zu erkennen sind. Es gibt außerdem ein bewegliches Stück Wand, das einen Raum zunächst vor den Zuschauern geheim hält und im Laufe der Inszenierung den daneben liegenden verdeckt. In einem Ausschnitt erkennt man 3 Stufen, Teil einer Treppe, die nach oben in eine höhere Etage führt. Nach der Anordnung der Fenster kann man vermuten, dass es 3 Etagen gibt. Nach und nach werden die einzelnen Fenster einer Hauspartei zugeordnet. Es gibt die Küche des China - Thai - Vietnam Restaurants, die Wohnung des Kioskbesitzers im Erdgeschoss, im zweiten Stock die Wohnung eines Ehepaares, dass sich vor Kurzem erst getrennt hat, eine Stewardessen WG sowie die Wohnung eines alten Mannes. Im
Dach wohnt ein junges Pärchen, das in Kürze ein Kind erwartete. Die Wand stellt somit einen Häuserblock mit integriertem Restaurant dar. Im dem engen und schmalen Vorraum stand auf der rechten Seite, unter dem Fenster mit den Stufen eine Parkbank. In dem Stück geht es um die Schicksale der sechs verschiedenen Parteien, die in dem Gebäude rund um das asiatische Restaurant wohnen.
Das China - Thai - Vietnam Restaurant, das sich im Erdgeschoss befindet, hat als einziges Mobiliar, sofern man das so beschreiben kann, eine lange graue Sitzbank, die im Laufe der Aufführung als Herd und als Sitzmöglichkeit verwendet wurde. Der Raum ist extrem schmal und eng, sodass die Mitarbeiter nicht darin stehen können, sondern gebückt ihren Platz finden müssen; nicht einmal im Sitzen ist es ihnen möglich eine aufrechte Haltung anzunehmen. Noch dazu kommt, dass das Team der Köche aus fünf Personen bestand, die alle in der Küche arbeiten und wie es den Anschein machte auch schlafen müssen. Dafür setzen sie sich abwechselnd auf die Bank, während eine Person auf dem Boden liegt. Als Zuschauer ist der Immigrantenhintergrund der Asiaten immer im Hinterkopf und die dazukommende Enge erfüllt mich mit Unbehagen, weil ich mich versuche in die einzelnen Personen hineinzuversetzen. Alle kommen aus der Fremde, das weit weg liegt, und versuchen in einem westlichen Land sich ein neues Leben aufzubauen. Jetzt sind sie irgendwo in Europa angekommen und müssen in einem Raum schlafen, der für eine Person schon zu klein ist. Angesichts der großen Möglichkeiten um die Küche herum, das frei und noch unbesetzt war, verstehe ich nicht, wie sich so viele Menschen in diese Enge quetschen können. Die Gruppe betrat zu Anfang der Aufführung freudig winkend und klatschend die Bühne und begrüßte die Zuschauer mit „Hallo Deutschland“ und war erleichtert über ihre Ankunft. Ihnen war nicht klar unter welchen Umständen sie jetzt leben müssen.
Links oben befindet ich sich ein noch kleinerer Raum, der sich später als Wohnung eines alten Mannes erweist. Der Alte sitzt allein und verweist auf einen Stuhl und plappert unverständliches und zusammenhangloses vor sich hin, während unten auf dem Vorplatz seine Enkelin auf ihn einredet. Wenn man frontal auf den Greis sehen würde, würde das aussehen wie ein Gemälde oder eine Fotografie von einem älteren Menschen, mittig im Bild, das von einem schmucklosen Rahmen eingegrenzt wird. Auch dadurch, dass er, statt auf seine Enkelin herabsieht, starr nach vorne blickt in die Leere beziehungsweise in die letzte Reihe des Publikums, erzeugt es ein Gefühl der Abwesenheit und der Verlassenheit, die mich traurig stimmt. Bis zu diesem Zeitpunkt war den wenigsten der Zuschauer bewusst in welchen Milieu das Stück anzusetzen wäre. Doch jetzt ist es jedem begreiflich.
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- Arbeit zitieren
- Phuong Anh Phi (Autor:in), 2011, Analyse zum Theaterstück „Der goldene Drache“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187725
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