Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem wiederauflebenden Wesen der Fußwallfahrten, vor allem zu der im spanischen Nordwesten gelegenen Destination, Santiago de Compostela. Die Jakobspilgerschaft geht historisch zurück bis ins 10./11. Jahrhundert und hatte im Mittelalter zeitweise einen höherern Zulauf als Jerusalem oder Rom. Die historische Entwicklung in vorchristlicher Zeit bis in das 21. Jhdt. wird anfangs erläutert.
Des weiteren erfolgt eine Beschreibung der Entstehung von unterschiedlichen Wallfahrtsstätten.
Die Bewegung des Menschen und die Sehnsucht, Neues zu entdecken und nach höheren spirituellen Erfahrungen zu suchen, kann als Urtrieb bezeichnet werden.
Die verschiedenen Motive, welche Gläubige aber auch Atheisten im 21. Jhdt. zu einer längeren Fußwallfahrt aufbrechen lassen, sind unterschiedlich. Die Beweggründe reichen von religiöser, kultureller, sportlicher aber auch abenteuerlicher Natur.
Im Vordergrund stehen das sich Reduzieren auf das Heute und das Loslassen sowohl von Gewohnheiten als auch von materiellen Dingen und Annehmlichkeiten des Alltags, welche unterwegs nur Ballast sein würden.
Das Ziel, Santiago de Comostela, wird auf unterschiedliche Weise angestrebt. Das Empfinden des Weges, die Erfahrungen allein oder in einer Gruppe, die spirituellen Erkenntnisse sind ebenfalls Teil dieser Arbeit.
Statistiken der beiden letzten Jahrzehnte geben ein klares Bild über die ansteigende Entwicklung dieses historischen Kulturweges, welcher teilweise seit 1993 von der UNESCO als Welterbe geschützt ist.
Inhaltsverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abstract
1. Einleitung
2. Einführung in die Geschichte der Wallfahrt
2.1. Wallfahrten in den großen Weltreligionen
2.2. Wallfahrten in vorchristlicher Zeit
2.3. Die christliche Wallfahrt
2.3.1. Die Entwicklung der Wallfahrt in der Alten Kirche
2.3.2. Die Wallfahrt im Mittelalter
2.3.3. Die Wallfahrt in der Reformation und Gegenreformation
2.3.4. Die Wallfahrt in der Zeit der Aufklärung und in der Romantik
2.3.5. Die Wallfahrt im 20. und 21. Jahrhundert
3. Die Vielzahl der unterschiedlichen Wallfahrtsstätten
3.1. Entstehung von Wallfahrtsorten
3.2. Verschiedene Formen von Wallfahrten
3.3. Die Bedeutung des Pilgerweges nach Santiago de Compostela
3.4. Die traditionellen Pilgerwege nach Santiago de Compostela
4. Motive der Wallfahrer
4.1. Vorwiegende Motive im Mittelalter
4.2. Vorwiegende Motive im 21. Jahrhundert
4.2.1. Krisenbewältigung bzw. Sinnfindung
4.2.2. Religiöse Motivation
4.2.3. Kulturelle Motivation
4.2.4. Sportliche Herausforderung bzw. Abenteuerlust
5. Erfahrungsberichte und Statistiken am Beispiel des Jakobswegs in den letzten 2 Jahrzehnten
5.1. Vorbereitungen auf eine Fußwallfahrt
5.1.1. Der Start - Loslassen vom Alltag
5.1.2. Unterwegs sein - Beten mit den Füßen und andere Wandlungen
5.1.3. Das Ziel - Ankommen am Pilgerort
5.2. Pilgerstatistiken vom Jakobsweg über die Jahre 1989 bis 2008 …45
5.2.1. Pilger nach Nationen
5.2.2. Start der meisten Pilger auf dem Jakobsweg
5.2.3. In welchem Verhältnis steht der Anteil an Männern und Frauen?
5.2.4. Welche Altersgruppen sind in welcher Anzahl unterwegs?
5.2.5. In welcher Jahreszeit befinden sich die Pilger auf dem Weg?
5.2.6. Welche Motivation überwiegt bei den Pilgern?
6. Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang Pilgerbestätigung A
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre an Eides Statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und alle den benutzten Quellen wörtlich oder sinngemäß entnommene Stellen als solche kenntlich gemacht habe.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Aufbruch zu einem fernen Ziel
Abb. 2: Jakobswege durch Europa
Abb. 3: Kopie Pilgerpass, ausgestellt im Kloster Roncesvalles
Abb. 4: Der Portico de la Gloria der Kathedrale in Santiago de Compostela
Abb. 5: Ankommen in Santiago de Compostela
Abb. 6: Finisterre an der Atlantikküste
Abb. 7: Pilgern nach Jahreszeiten
Abb. 8: Pilgern nach Motiven
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Statistiken nach Nationen 1989 bis 1999
Tab. 2: Statistiken nach Nationen 2001 bis 2008
Tab. 3: Vergleich von 2005 und 2008 in Verbindung mit der Einwohnerzahl
Tab. 4: Statistiken nach Startpunkt der Pilgerreise 2006 bis 2008
Tab. 5: Statistiken nach Geschlechter von 1990 bis 2008
Tab. 6: Statistiken nach Alter von 1990 bis 2008
Abstract
Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem wiederauflebenden Wesen der Fuß- wallfahrten, vor allem zu der im spanischen Nordwesten gelegenen Destination, Santiago de Compostela. Die Jakobspilgerschaft geht historisch zurück bis ins 10. /11. Jahrhundert und hatte im Mittelalter zeitweise einen höheren Zulauf als Jerusalem oder Rom. Die historische Entwicklung in vorchristlicher Zeit bis in das 21. Jahrhundert wird anfangs erläutert.
Des weiteren erfolgt eine Beschreibung der Entstehung von unterschiedlichen Wallfahrtsstätten.
Die Bewegung des Menschen und die Sehnsucht, Neues zu entdecken und nach höheren spirituellen Erfahrungen zu suchen, kann als Urtrieb bezeichnet werden.
Die verschiedenen Motive, welche Gläubige aber auch Atheisten im 21. Jahrhun- dert zu einer längeren Fußwallfahrt aufbrechen lassen, sind unterschiedlich. Die Beweggründe reichen von religiöser, kultureller, sportlicher aber auch abenteuerli- cher Natur.
Im Vordergrund stehen das sich Reduzieren auf das Heute und das Loslassen sowohl von Gewohnheiten als auch von materiellen Dingen und Annehmlichkeiten des Alltags, welche unterwegs nur Ballast sein würden.
Das Ziel, Santiago de Compostela, wird auf unterschiedliche Weise angestrebt. Das Empfinden des Weges, die Erfahrungen allein oder in einer Gruppe, die spirituellen Erkenntnisse sind ebenfalls Teil dieser Arbeit.
Statistiken der beiden letzten Jahrzehnte geben ein klares Bild über die ansteigende Entwicklung dieses historischen Kulturweges, welcher teilweise seit 1993 von der UNESCO als Welterbe geschützt ist.
1. Einleitung
Meine Motivation für diese Diplomarbeit ist vor allem geprägt durch persönliche Pilgererfahrungen und dem Wunsch, dieses Thema immer tiefer zu ergründen, um dadurch immer mehr den Sinn solcher Unternehmungen zu erfassen.
Das Thema Pilgern, vor allem der überaus beliebte Jakobsweg, erfreut sich innerhalb der letzten beiden Jahrzehnte wieder großer Beliebtheit. Warum ist neben den vielen Kirchenaustritten vermehrt diese Sinnsuche wieder so in den Vordergrund getreten? Dabei spielen nicht nur spirituelle Gründe eine Rolle. Wallfahrten sind demnach nicht nur für gläubige Menschen eine lebensveränderliche und prägende Unternehmung. Die Arbeit gibt einen historischen Überblick über die Entstehung und die Motivation von Pilgerreisen bzw. Wallfahrten. Eine lückenlose Erwähnung der Vielzahl der verschiedenen Pilgerwege und Pilgerorte im europäischen Raum findet hier jedoch keinen Platz.
Diverse Erfahrungsberichte, Statistiken und die große Anzahl der mittlerweile zur Verfügung stehenden Literatur über dieses Thema zeigen von der Aktualität und vor allem von der Sehnsucht der Menschen für diese Art der Freizeitgestaltung. Unterwegs zu sein, um vorläufig ein bestimmtes Ziel zu erreichen, spricht eine sehr breite Schicht von Menschen an, nicht jeder traut sich diese Strapazen zu und doch tasten sich viele am Anfang über kleine Etappen an ein größeres Ziel, wie z.B. Sanitago de Compostela, heran. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, die eige- nen Ansprüche auf ein Minimum zu reduzieren, um offen zu sein für das, was heu- te passiert, d.h. im Heute leben. Sehr wesentlich erscheint auch, dass der Pilger vorab Gedanken über den Grund seiner anzutretenden Wallfahrt anstellt, um auch im Nachhinein die Reflektion darauf bewerten zu können.
„Wir sind Pilger, unsere Einheit ist ein langer Weg, eine Reise von der Erde zum Himmel“.1
Welche Veränderung kann eine längere Fußwallfahrt im spirituellen geistigen und körperlichen Sinn bewirken? Diese Frage bewegt eine immer größere Anzahl von Menschen des 21.Jhdts. Die Erfahrung zeigt, dass „Pilger“ sich nach erstmaliger Pilgerschaft immer wieder auf den Weg machen, die Faszination des sich Redu- zierens auf das Hier und Jetzt und auf den eigenen Körper und Geist stellt eine ausgleichende und erstrebenswerte Aktivität zu der heute eher stressigen Berufs- welt dar. Die Wallfahrt fördert vor allem auch die körperliche Fitness und die Wei- terentwicklung der sozialen und spirituellen Ebene. Wallfahrten durch fremde Län- der und Kulturen stellen in der heutigen Zeit der Globalisierung einen entschei- denden Beitrag zur Völkerverbindung und zum besseren Verständnis der soge- nannten Fremden im Heimatland dar. Durch die persönliche Erfahrung von Gast- freundschaft in anderen Kulturen wird das eigene Verhalten in Bezug auf Gewäh- rung von Unterstützung reflektiert. Die Zuwanderer aus dem Ausland werden in einem anderen Licht gesehen und es fördert den respektvollen Umgang miteinan- der.
Dazu kommt das Interesse für neue Sprachen, für die Kultur, die sich am Weg anbietet, d.h. es ist in jedem Fall eine persönliche gewinnbringende Weiterentwicklung für den einzelnen Pilger gegeben.
Ein ganz wesentliches Element spielt dabei auch die manchmal erlebte Grenzer- fahrung, im physischen und im psychischen Bereich. Die Tage mit den höchsten Strapazen wie z.B. bei unwirtlichen Wetterbedingungen, Nachtwanderungen, ex- trem langen Tagesetappen mit Schmerzen an den verschiedensten Stellen des Körpers, Trinkwasser-Mangel oder Nahrungsentzug bleiben dem Pilger meistens für immer in bester Erinnerung. Ein Zeichen dafür, dass sich der Mensch oft klei- neren oder größeren Grenzerfahrungen aussetzen soll, um eine nachhaltige Wir- kung zu erzielen. Diese Erfahrungen sind dann verbunden mit einem erhöhten Glücksgefühl nachdem man die Etappe trotz aller Widrigkeiten gemeistert hat. Ein warmes Abendessen, eine heiße Dusche werden dann nicht als selbstverständlich angenommen sondern als etwas Besonderes genossen und mit einem großen Gefühl der Dankbarkeit erlebt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: „ Aufbruch zu einem fernen Ziel. (Quelle: Maria Holzinger, 2005) “ .
2. Einführung in die Geschichte der Wallfahrt
In den folgenden Kapiteln ist die Wallfahrt in den großen Weltreligionen erläutert, wobei die Entstehung des christlichen Pilgerwesens detaillierter angeführt wird.
2.1. Wallfahrten in den großen Weltreligionen
Das Wort Pilger kommt von „peregrinus“, was „der Fremde“ bedeutet. Ein Pilger ist demnach jemand, der sich für eine gewisse Zeit in die Fremde begibt.
Im Hinduismus2, der großen Religion Indiens, spielt der Gedanke des Weges ei- ne bedeutende Rolle. Der Glaube an die Wiedergeburt und Vorstellungen von Er- lösung beeinflussen den Hindu das gesamte Leben. Die Tempel symbolisieren die Wohnstätten eines Gottes, welche Ziele der vielen Pilgerreisen darstellen. Der größte Wallfahrtsort der Hindureligion ist Benares am Ganges. Hunderttausende kommen Jahr für Jahr, um dort zu beten und im Fluss zu baden. Größter Wunsch vieler Hindus ist es, an dieser heiligen Stätte zu sterben und die endgültige Erlö- sung zu finden.
Auch der Buddhismus kennt die Wallfahrt zu seinen Klöstern und heiligen Stätten in der Natur. Z.B. ist der Heilige Berg, der über 6.000 m hohe Mt.Kailash im tibeti- schen Himalaya, auch der Weltenberg oder Mt. Meru genannt, Ziel vieler Bud- dhisten und Hinduisten. Die 70 km lange Umrundung, welche sich teilweise bis zu einer Seehöhe von über 5.000 m erstreckt, wird von besonders Gläubigen auch mit der eigenen Körperlänge, d.h. die ganze Umrundung wird immer wieder mit dem auf den Boden ausgestreckten Körper, durchexerziert. Diese Art der strapa- ziösen Pilgerung zählt ein Vielfaches von einer einfachen Begehung dieses heili- gen Weges. Auch für die Buddhisten ist es ein Privileg, dort an diesem heiligen Ort sterben zu dürfen, um ins Nirwana einzugehen. Auch viele Menschen aus dem Westen sind fasziniert von diesem Spirit, von der Fröhlichkeit und Gelassenheit der Buddhisten, von der Achtung und Wertschätzung gegenüber der Natur und von der Einfachheit dieser Pilger und absolvieren diese Wegstrecke auch als Nicht-Buddhisten mit teilweise großer spiritueller Erfahrung.
Im Himalaya sind für viele Einheimische, vor allem für die Tibeter und die Nepalesen, die Berggipfel der Sitz der Götter, die man nicht stören soll. Manch sanfter Bergtourismus-Veranstalter in dieser Gegend nimmt Rücksicht auf diese Tradition und gestaltet die Trekkingtouren genau so wunderbar, indem er Pässe überschreitet und die Gipfel dabei ausspart.
Im Islam3 stellt die Wallfahrt nach Mekka, die „Al-Hadsch“ einen der fünf Pfeiler des Islams dar und gehört für jeden gläubigen Moslem zu einem gottgefälligen Leben. Zumindest einmal in seinem Leben, wenn es die Gesundheit und die fi- nanziellen Möglichkeiten erlauben, pilgert jeder gläubige Moslem nach Mekka. Mohammed hat mit dieser Wallfahrt alte arabische Bräuche wieder aufgenommen. Mekka war die letzte Pilgerreise des Propheten Mohammed kurz vor seinem Tod 632 n.Chr. Mekka stellt den Ort der Einheit der islamischen Glaubensgemein- schaft dar. Die Pilgerreise ist durch viele Rituale geprägt wie z.B. spezielle Pilger- kleidung und Körperpflege. Ziel dieser Pilgerreise ist die Große Moschee von Mekka, die die Ka’ba umfasst. Die Ka’ba ist ein kubisches Gebäude in der Mitte des großen Innenhofs der Moschee, an ihrer östlichen Seite befindet sich in einer Nische etwa fünf Fuß über dem Boden der Schwarze Stein, ein großes schwarzes Mineral, der bereits Abraham und den Arabern in vorislamischer Zeit heilig war. Der Stein ist ein Gegenstand der Verehrung, weil die Hände des Propheten ihn berührt haben, jedoch nicht der Anbetung. Vor der östlichen Ecke der Ka’ba befin- det sich in einem zweistöckigen Haus der gesegnete Brunnen Zamzam. Diese Mekka-Pilgerschaft soll den Gläubigen die Lebensauffassung ihres Propheten Mohammeds nahe bringen. Ein weiterer Höhepunkt nach der Mekka-Wallfahrt ist der Weg zum „Hügel der Gnade“, auf dem Mohammed seine Abschiedspredigt gehalten hat. Es gibt zwei Arten der Pilgerfahrt, die kleine Umra und die große Hadsch. Die Umra kann jederzeit im Jahr durchgeführt werden, wenn sie aber im Monat Ramadan stattfindet, hat sie die gleiche religiöse Bedeutung wie die große Pilgerfahrt.
Die Wallfahrt nach Mekka ist für den gläubigen Moslem sicher der Höhepunkt in seinem religiösen Leben. Er darf dann auch den Ehrentitel Hadschi4 führen, was soviel wie Pilger bedeutet.
2.2. Wallfahrten in vorchristlicher Zeit
Die Prozession ist keine christliche Erfindung, religiöse Umzüge gab es bereits im alten Rom wie in der ganzen Welt der heidnischen Antike. Seit alter Zeit und nicht allein im Christentum geht die Anbetung Gottes mit Bewegung einher. Auch das Bedürfnis heilige Orte aufzusuchen, ist über die ganze Erde verbreitet. Man stellt fest, dass die Pilgerreise das eigentliche gemeinsame Merkmal aller großen Religionen dieser Welt darstellt. Opfergaben und Gebete für die Götter waren auch in vielen Kulturen üblich. Besonders in Zeiten der Bedrängnis, bevorstehenden Kriegen, Hungersnöten, Naturkatastrophen, Seuchen etc. wurde bei den entsprechenden Heiligtümern um die Gunst der Götter ersucht.5
Vor allem die Griechen hatten rund um das Mittelmeer ihre Tempel für ihre vielen Götter errichtet, hier lässt sich ein Zusammenhang mit der späteren Heiligenverehrung des Christentums erkennen.
In der damaligen Zeit erlangten vor allem drei Wallfahrtsstätten internationale Bedeutung, die aus dem gesamten Mittelmeerraum aufgesucht wurden.
Eines der größten Wallfahrtsheiligtümer in der antiken Welt war Ephesus, hier wurde das Bild der Göttin Artemis verehrt, ihr Tempel gehörte auch zu den sieben Weltwundern der Antike und an den Festtagen fanden dort bereits große Umzüge und Prozessionen statt.
Weiters zählte Epidaurus auf der Halbinsel Peloponnes am Saronischen Meerbusen dazu. Hier wurde das Heiligtum des griechischen Heilgottes Asklepios aufgesucht. Epidaurus war das Lourdes der Antike. Man brachte die Kranken mit allen möglichen Beschwerden hierher. Oft waren die Pilger Wochen und Monate unterwegs, um sich Heilung zu erbitten.
Eine andere bedeutende Stätte war das Heiligtum des Gottes Apollo in Delphi im Landesinneren Griechenlands. Hier wurde die wahrsagende Phytia, die ein Orakel des Gottes verwaltete, um Rat gefragt. Die Anfragen waren verschiedenster Art, von der Staatskrise bis zu diversen privaten Angelegenheiten.
Sehr großen Einfluss auf die christliche Wallfahrt hatte die Wallfahrt des jüdi- schen Volkes Israel. Zu Pfingsten und zum Laubhüttenfest, besonders aber zum Paschafest, war Jerusalem überfüllt von Pilgern, sie brachten im Tempel Opfer dar und hielten anschließend das Paschamahl zur Erinnerung als Gott die Israeliten aus Ägypten führte. Die 40jährige Wüstenwanderung von Ägypten ins Heilige Land, welche von Moses angeführt wurde, kann man sicherlich als eine der ersten ganz großen Pilgerreisen bezeichnen. Das Volk Israel wusste damals nicht, wie lange und wie weit der Weg ins gelobte Land sein würde. Allein das Vertrauen auf Gott, welcher durch Moses mit ihnen in Kontakt getreten war, hat sie diese ent- behrungsreiche und auch gefährliche Wanderung antreten lassen. Ob der Auszug ins gelobte Land tatsächlich 40 Jahre gedauert hat, lässt sich heute nicht mehr überprüfen. Die späteren Wallfahrten im gelobten Land fanden zum ersten Tempel statt, den König Salomo in Jerusalem errichten ließ. Dieser Tempel wurde nach der Zerstörung durch die Babylonier im Jahr 586 v.Chr. wieder aufgebaut und die Wallfahrten wurden wieder aufgenommen. In der 20jährigen Zeit der Gefangen- schaft der Juden in Babylon entstand die Aufzeichnung des größten Teiles des Alten Testaments.
Die anschließenden Punkte zeigen die historische Entwicklung der christlichen Wallfahrt von der ausgehenden Antike über das Mittelalter bis zum 21.Jahrhundert auf.
2.3. Die christliche Wallfahrt
Die Christen bezogen sich bei ihren Wallfahrten auf ältere Formen, vor allem aus der griechischen Antike und des Judentums. In der ausgehenden Antike pilgerten die ersten Christen vor allem ins Heilige Land sowie zu den Gräbern der Apostel und Märtyrer. Heidnische Pilgerorte, wie z. B. Ephesus, wurden zu christlichen Wallfahrtsorten umgestaltet, in Ephesus zum Grab des Apostels Johannes.
2.3.1. Die Entwicklung der Wallfahrt in der Alten Kirche
Im Jahre 70 wurde Jerusalem mit seinem Tempel zerstört und die Juden wurden über die ganze Welt zerstreut.
Erst am Beginn des 4. Jahrhunderts6 kommt es zu christlichen Wallfahrten, vor allem ins Heilige Land an die Orte aus dem Leben Jesu, seinen Geburtsort Betlehem, sein Grab und den Ort am Ölberg, an dem man seine Himmelfahrt verehrt. Auch Stätten aus dem Alten Testament wie der Berg Sinai, als Ort der Gesetzgebung, wurden von Pilgern besucht.
Später entwickelte sich vor allem die Pilgerfahrt zu den Gräbern von Märtyrern, die aufgrund ihres Glaubens gewaltsam den Tod fanden. Hier vor allem die Apostelgräber. Neben solchen Gräbern im christlichen Osten und in Nordafrika war Rom, das Grab der Apostel Petrus und Paulus, das Ziel vieler Pilger.
2.3.2. Die Wallfahrt im Mittelalter
Vom 10. bis 12. Jhdt. fanden auch einige Kreuzzüge ins Heilige Land statt, welche aber nicht immer den Charakter einer Wallfahrt hatten, sondern vor allem die kriegerische Eroberung des Territoriums als eigentliches Ziel sahen.
Die Wallfahrt erlebte im Mittelalter in Europa einen regelrechten Boom. Ab 1300 wurde vom Papst ein sogenanntes Heiliges Jahr ausgerufen, welches sich dann in immer kürzeren Abständen wiederholte. Wenn z.B. ein Gläubiger in so einem Hei- ligen Jahr nach Rom pilgerte, wurden ihm alle Sünden nachgelassen. Der soge- nannte Ablass war für die Menschen des Mittelalters ein sehr wichtiger Aspekt in ihrem gläubigen Leben.
Neben Rom war im Mittelalter auch das Grab vom Apostel Jakobus in Santiago de Compostela ein beliebtes Wallfahrtsziel, diese Destination wird später in dieser Arbeit noch detaillierter vorkommen.
2.3.3. Die Wallfahrt in der Reformation und Gegenreformation
Martin Luther7 und auch andere Reformatoren wie Calvin und Zwingli sahen zwar in den Heiligen und in der Gottesmutter auch Vorbilder des Glaubens, doch basiert der Protestantismus hauptsächlich auf der Autorität der Heiligen Schrift.
Die evangelische Lehre wird oft in den vier Sola zusammengefasst, die sola scriptura (allein durch die Schrift), solus Christus (allein Christus), sola gratia (al- lein durch die Gnade) und sola fide (allein durch den Glauben). Jesus Christus verkörpert die alleinige Autorität über Gläubige und der Mensch wird allein aus Gnade und eben nicht aufgrund eigenen Handelns errettet werden. Viele römisch- katholische Lehren, wie das Fegefeuer, Gebet zu den Heiligen und die Verehrung der Maria, usw., haben wenig oder keine Basis in der Schrift, sondern gehen ein- zig auf römisch-katholische Traditionen zurück.8 Im Protestantismus wird der Ablass, die Sündenvergebung als Leistung gegen Geld, Bußübungen, Wallfahrten oder gute Werke, abgelehnt. Deswegen kamen die Wallfahrten in der Zeit der Reformation im 16. Jhdt. fast vollständig zum Erliegen. Bis heute gibt es bei den reformierten Kirchen keine Wallfahrtsorte und Wallfahrten. An katholischen Wallfahrtsorten finden jedoch vermehrt ökumenische Begegnungen statt, wo es eine steigende Teilnehmerzahl aus den reformierten Kirchen gibt.
In der Gegenreformation im 17. Jhdt. wurden vor allem die Orden der Jesuiten, Franziskaner und Kapuziner dazu angehalten, die Wallfahrt wieder in Gang zu bringen, d.h. es begann eine neue Blütezeit. Man begann die Wallfahrten in gro- ßen Fuß-Prozessionen durchzuführen. Maria Zell erlebte zu dieser Zeit einen gro- ßen Aufschwung. Auch die teilweise sehr prachtvoll inszenierten Fronleichnams- prozessionen gehen auf die Blütezeit der Jesuiten im 17. Jhdt. zurück. Auch heute erfreuen sich diese wieder einer Belebung, vor allem auch in Fremdenverkehrsge- bieten wie in Hallstatt und Traunkirchen, wo die Seeprozessionen auch eine große Zahl von Touristen anlocken. Die Beiwohnung als Anonymer am Rande erlebt so mancher Urlauber als spirituelle Bereicherung, er lässt sich von der Feierlichkeit und dem Brauchtum berühren. Für andere aber ist es nur ein weiterer Punkt in ihrem gebuchten Urlaubsprogramm.
2.3.4. Die Wallfahrt in der Zeit der Aufklärung und in der Romantik
Diese Zeit brachte einen Niedergang der Wallfahrten. Landesfürsten, vor allem Josef II (1765-1790)9 haben die Wallfahrten verboten. Josef II, der Reformer, löste auch gleichzeitig den Orden der Jesuiten auf. Argumente dafür waren, dass Wall- fahren den Aberglauben fördere, die Zeit der Wallfahrt sinnvoller mit Arbeit verbracht werden soll. In dieser Zeit verödeten viele Wallfahrtsorte.
Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts änderte sich die Einstellung wieder. Die Romantik wurde entdeckt und der katholische Glaube erhielt wieder eine neue Bedeutung. In der Architektur erkennt man unter anderem diese Strömung auch in der Entstehung der vielen neugotischen Kirchen.
Weiters wurde die Marienfrömmigkeit durch die Erscheinung 1858 in Lourdes neu entfacht. Lourdes entwickelte sich zum bedeutendsten Wallfahrtsort in Europa.
2.3.5. Die Wallfahrt im 20. und 21. Jahrhundert
Die Wallfahrtsfrömmigkeit hielt bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts an. Obwohl von den Nationalsozialisten Wallfahrten verboten wurden, kamen zahlreiche Pilger zu Fuß auf geheimen Wegen zu festgesetzten Wallfahrtsterminen und -orten.
In den 60iger und 70iger Jahren wurde die Zahl der Prozessionen geringer. Es fanden sich oft nur schwer Priester, die bereit waren, Traditionswallfahrten zu be- gleiten.
Es waren vor allem die Jugendlichen, die die Wallfahrten wieder neu belebten. Vor allem Fußwallfahrten sind in den letzten 2 Jahrzehnten wieder en vogue. Hier vor allem der überaus beliebte Jakobsweg, der sich sternenförmig durch ganz Europa auf alten Handelsstraßen bis nach Spanien in die nordwestliche Provinz Galizien nach Santiago de Compostela zieht.
3. Die Vielzahl der unterschiedlichen Wallfahrtsstätten
Im Folgenden wird über die Entstehung von Wallfahrtsorten, sowie die unterschiedlichen Personengruppen, die sich auf Pilgerschaft begeben, bis hin zum wieder sehr aktuell gewordenen Jakobsweg berichtet.
3.1. Entstehung von Wallfahrtsorten
Was ist die Voraussetzung, dass sich ein Ort zu einem Wallfahrtsort entwickelt? Dem geht in den meisten Fällen ein außergewöhnliches Ereignis voraus. Die Ent- stehungsgeschichten sind dabei sehr unterschiedlich und viele davon fallen auch in den Bereich von Legenden, da eine historische Beweisbarkeit aufgrund von feh- lendem Schriftmaterial nicht gegeben ist. Dazu gehört sicher auch der große Wall- fahrtsort Sanitago de Compostela in Galizien. Es kann nicht bewiesen werden, dass es sich hierbei tatsächlich um die letzte Ruhestätte des Apostels Jakobus handelt.
Grundsätzlich handelt es sich um die Verehrung von Körperreliquien, wie z.B. die Knochen von Märtyrern oder Heiligen, aber auch die Gebrauchsgegenstände aus dem Leben dieser Menschen. Wobei bei vielen Reliquien die Echtheit kaum über- prüft werden konnte, aber den Menschen ging es in erster Linie um die Verehrung der Symbole. Es war durchaus üblich, sich Reliquien von Heiligen auf illegale Weise zu beschaffen. Z.B. die Heiligen Drei Könige waren vorerst um 250 n.Chr. im damaligen Konstantinopel (heute Istanbul) bestattet, dann kamen sie nach Mai- land und wurden dort bis ins 12. Jhdt. bewahrt und verehrt. Nach der Eroberung Mailands durch Kaiser Friedrich Barbarossa wurden die Gebeine der Heiligen Drei Könige nach Köln gebracht, wo sie im Kölner Dom vorerst ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Solche Geschichten, oft in Form von Legenden, existieren in ei- ner Vielzahl und interessanten Vielfalt.
Einer weiteren Art der Entstehung von Wallfahrtsorten, liegt die Verehrung einer blutigen Hostie10 zugrunde. Z.B. Brügge in Flandern, Würzburg und Heilbronn zählen zu diesen Plätzen, welche sich vor allem im deutschen Sprachraum gebil- det hatten. Die Entstehung stand im Zusammenhang mit der mittelalterlichen The- ologie von der Lehre der Realpräsenz Christi in der Eucharistie. Bei Hostienfrevel begannen dann an manchen Orten diese zu bluten. Diese Wallfahrtsorte waren im späten Mittelalter sehr beliebt. Ein Beispiel vom Jakobsweg in Galizien ist der wunderschöne hochgelegene Ort Cebreiro, dort gab es ebenfalls ein Blutwunder.
Die Legende zum österreichischen Wallfahrtsort Heiligenblut11 am Großglockner geht auf einen dänischen Prinz zurück, der im 10. Jhdt. auf dem Rückweg vom Heiligen Land im Besitz eines Fläschchens war, welches der Erzählung nach das Blut Christi beinhaltete. In der Gegend von Heiligenblut wurde er überfallen und ermordet. Auf dem Schnee, unter dem er begraben lag, wuchsen drei Ähren, so wurde sein Leichnam samt dem Blutfläschchen gefunden und als Wunder dekla- riert. Die Heiligsprechung des Briccius, welche von der Gemeinde Heiligenblut im 15. Jhdt. gefordert wurde, fand jedoch nie statt. Es wird aber weiterhin als Wallfahrtsort angepriesen, mit einer jährlichen Ein-Tages-Fußwallfahrt über den Großglockner Ende Juni, welche für einen Naturliebhaber auch zusätzlich zur spirituellen Erfahrung ein landschaftlich traumhaftes Erlebnis bietet.
In späterer Zeit kamen dann die Marienwallfahrtsorte dazu. Wobei es hier um Erscheinungen der Gottesmutter Maria geht. Die größten Orte sind dabei Lourdes in Südfrankreich und Fatima in Portugal.
[...]
1 Vincent van Gogh in einem Brief an seinen Bruder Theo.
2 Mielenbrink 2001, S.16ff.
3 Mielenbrink 2001, S.17f.
4 Rosenberger 2005, S. 14.
5 Mielenbrink 2001, S. 18ff.
6 Mielenbrink 2001, S. 26.
7 Mielenbrink 2001, S. 34f.
8 http://www.gotquestions.org/deutsch/unterschiede-Katholiken-Protestanten (Stand: 2010-06-15).
9 Mielenbrink 2001, S. 36.
10 Mielenbrink 2001, S. 31.
11 http://de.wikipedia.org/wiki/Heiligenblut (Stand: 2010-01-09).
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.