Das Hauptaugenmerk dieses Buches ist vorwiegend auf die Jahre zwischen 1240 bis 1260 gerichtet.
Um ein besseres Verständnis für diesen Zeitrahmen zu bekommen, verschafft dieses Werk zunächst einen kurzen historischen Überblick, der sich grob über die Jahre 1100 bis ca.1350 erstreckt. Dabei werden die sozialen Klassen und gesellschaftlichen Veränderungen kurz umrissen.
Schwerpunktmäßig wird jedoch der Frage nachgegangen, wie sich die Sittenlehre im Rittertum entwickelt hat und wie diese Sitten im Detail aussahen.
Gliederung
1. Einleitung
2. Historischer Hintergrund
2.1. Die Jahre um 1100 bis ca.1250
2.2. Die Jahre um 1250 bis ca.1350
3. Das Ritterideal und sein Wandel
4. Bearbeitung der Quelle
4.1. Quellenbeschreibung
4.2. Das Festmahl
4.3. Einordnung der Quelle
5. Schlussbemerkung
5.1. Die Sittenlehre heute
Literaturverzeichnis
1. Einleitung:
In dieser Hausarbeit möchte ich mich mit einer Quelle aus der Mitte des 13. Jahrhunderts beschäftigen. Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt demnach auf den Jahren zwischen 1240 bis 1260.
Um jedoch ein besseres Verständnis für diesen Zeitrahmen zu bekommen, werde ich zuerst, in zwei Abschnitte unterteilt, einen kurzen historischen Überblick verschaffen, der sich grob über die Jahre 1100 bis ca.1350 erstreckt. Hier sollen die sozialen Klassen und gesellschaftlichen Veränderungen kurz umrissen werden.
In dieser Arbeit möchte ich zudem den Fragen nachgehen, ob die Quelle tatsächlich aus der Mitte des 13. Jahrhunderts stammt, wie sich die Sittenlehre im Rittertum entwickelt hat bzw. wie diese Sitten aussahen und wer genau der Verfasser der zu bearbeitenden Quelle war.
2. Historischer Überblick:
2.1. Die Jahre um 1100 bis ca. 1250:
Seit dem 12. Jahrhundert wurde das Herrschaftsmonopol der schwerttragenden Oberschicht aufgespalten und langsam durch fortschrittlichere Herrschaftsmethoden mit stärker zentralisierender Wirkung ersetzt. Der mächtige Abstand zwischen Herrschaftsträgern und Dienenden wurde durch den sozialen Aufstieg neuer Gruppen immer geringer. Dies verlief folgendermaßen:
Das Bürgertum bildete sich zur Mittelschicht, im Freibauerntum erfuhr die leibeigene agrarische Unterschicht eine Besserstellung, die oberen Gruppen der Unterschicht stiegen zum Sonderstand der Ministerialität auf, die sich gesellschaftlich, politisch und herrschaftlich der Aristokratie anglich und zum Niederadel wurde.
Die adlige, die freie und die unfreie Leibeigenschaft erlebten damals eine bedeutende Verbesserung ihres Lebensstandards. Veranlasst haben diesen sozialen Aufstieg die sich institutionalisierende Herrschaft, die Ausweitung und Intensivierung von Handel, Verkehr und Produktion nichtagrarischer und agrarischer Güter, sowie die weitgreifende Binnenkolonisation (vgl. Bosl, K. 1978).
Die Städte wurden neue politische Einheiten und auch auf dem Land blieb nicht alles beim alten. Das Grundherrschaftssystem verwandelte sich allmählich; aus dem alten Salhof- und Fronhofverband wurde vielfach eine Rentengrundherrschaft mit Pachtbauern. Um 1250 war das Bauerntum in Westeuropa überall am Wachsen.
Die alte Leibeigenschaft verbesserte sich im Westen zusehends zur größeren Freiheit eines Pächterstandes; in Deutschland erlebte sie zuerst eine Gleichstellung in der sogenannten Lokalleibeigenschaft, die aber ein Einrücken in die bessere Stellung der freien Unfreien brachte, die gleichzeitig zu Ministerialen und Bürgern wurden.
Es ist auch die Zeit des Übergangs von der bäuerlichen Wirtschaft zu einer urbanen, einer Geldwirtschaft entstanden. Und es ist eine Periode eines ununterbrochenen kulturellen Aufschwungs, insbesondere des Erblühens einer spezifischen Kultur, der Ritterkultur (vgl. Duby, G. 1986).
Eine Ritterschaft gab es, zumindest im Deutschen Reich, nicht immer, sie ist vielmehr im 12. Jahrhundert entstanden (das mittelhochdeutsche Wort “riterschaft” wurde zuerst um 1120 benutzt). In ihrer Entstehungszeit umfasste die Ritterschaft vor allem den Stand der unfreien Dienstmannen oder Ministerialen (= unfreie Diener in gehobenen Positionen). Man weiß allerdings nicht genau, in welcher Weise Personen ministerialischen Standes zu Rittern erhoben wurden. Gewiss ist aber, dass ihre Erhebung im Verständnis der Zeit einer Beseitigung der Unfreiheit gleichkam (vgl. v.Winter, J.M. 1969).
Um 1200 sollte dann nur noch der Ritterbürtige Ritter werden, d.h. “die Ritterschaft ist ein Berufsstand geworden = ordo militaris” (Paravicini, W. 1994, S. 22). Diesem konnten Waffenführenden angehören, vom Dienstmann bis zum König. Im Laufe des Jahrhunderts stieg der Wert des Rittertitels also so weit, dass auch die Mitglieder des Adelsstandes nach ihm verlangten. Sie verliehen den Dienstleuten ihr gesellschaftliches Ansehen und ihre Lebensweise und diese übertrugen den Rittertitel dem Adel, so dass um 1225 eine neue Ritterschaft entstand, welche Adel und Ministerialität und beide hinsichtlich ihres sozialen Status überragte.
Die Neugruppierung bedeutete keine Erweiterung der bestehenden Stände, sondern zog sich quer durch sie hindurch und besaß nicht so sehr eine rechtliche Bedeutung als vielmehr einen sozialen Wert. Von daher sollte man Ritterschaft nicht unbedingt als Stand, sondern als soziale und gesellschaftliche Klasse bezeichnen.
Jedoch brachte das Hinzutreten des Adels der Ritterschaft ein noch höheres Ansehen, als sie es vorher schon erworben hatte. Die Ritterschaft bildete sich also aus Ministerialität und späterem Hinzutreten des Adels (vgl. v.Winter, J.M. 1969).
2.2. Die Jahre um 1250 bis ca. 1350:
Der Aufstieg des bürgerlichen Mittelstandes zwischen Adel und Geistlichkeit einerseits, Bauern und Unterschicht andererseits veränderte das Verhältnis und die Stimmung innerhalb der archaisch- feudalen Gesellschaft ganz entscheidend.
In der gewandelten Gesellschaft vergrößerten sich die Spannungen. Der Adel sah, im Besitze der Macht, verächtlich auf die Städter, Händler und Geldleute herab, obwohl er stetig von ihnen abhängiger wurde. Die reichen Kaufleute in den Städten schielten ihrerseits mit Neid nach dem adligen Geburtsstand und seine ritterlich- höfische Exklusivität. Der Reichtum gab ihnen jedoch zusehends Macht und erlaubte ihnen ein aufwändigeres Leben und größeren Luxus als es sich der Adel leisten konnte. Es ging so weit, dass die oberste Schicht des Bürgertums in den großen Städten bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts so reich und mächtig geworden war, dass sie die Lebensgewohnheiten des alten Adels übernahm (vgl. Borst, A. 1976).
Das 13./ 14. Jahrhundert war die Zeit, in der durch die Wandlungen im Staat die Bedeutung des Rittertums in der Gesellschaft und im Heerwesen, sowohl als militärischer Faktor, als auch als soziale Gruppe zurückgehen ließ. Die Ritterschaft hatte nämlich eine andere Funktion bekommen, seit sie nach dem Beitritt des Adels als soziale Klasse die gesellschaftliche Oberschicht zu bilden begonnen hat. Das Kämpfen konnte man immer mehr den Söldnern überlassen, die zu dieser Zeit meist nicht mehr der Ritterschaft angehörten. Die Ritterschaft hatte sich um 1300 zu einem sozialen Status entwickelt und war nicht mehr, wie noch um 1200 eine Frage des Berufs. Sie wurde also zur “classe sociale” (vgl. v.Winter, J.M. 1969)
Das Rittertum war von daher sowohl von oben (Beitritt des Adels) als auch von unten her zugänglich, nämlich über die Stufen “erkaufter Dienstmann”, “geborener Dienstmann” und “wohlgeborener Dienstmann”. Man brauchte nicht unbedingt zum Stand der Dienstmannen gehören, um rittermäßig zu sein. Es war der vertikale Zugang über den Stand der Ministerialen oder Dienstmannen möglich; damit erhielt diese Klasse zugleich die Funktion eines sozialen “Scharniers” in der Gesellschaft. So konnte jeder hörige oder halbhörige Bauer, der sich auf seinem Hof ein wenig Geld gespart hatte, sich aus seinem alten Stand loskaufen und dem Stand der Ministerialen beitreten.
Man bezeichnete ihn dann als “erkauften Dienstmann”; und weil er von der Abgabenpflicht der Hörigen frei war, nannte man ihn auch “freien Dienstmann”. Letztere Bezeichnung verwendete man nur für Bauern- Ministerialen, die sich in ihrem sozialen Niveau kaum von den sie umgebenden Abgabepflichten unterschieden.
Von der dritten Generation an wurden die Nachkommen des “erkauften Dienstmannes” “geborene Dienstmannen” genannt, was über ihre gesellschaftliche Stellung übrigens nichts aussagte.
Soweit konnten theoretisch die hörigen Bauern aufsteigen. Sie durften danach ohne “Loskauf” nicht weiter; die Ministerialen- Bauern konnten jedoch die Stufe der Ritterschaft erreichen und “wohlgeborene Dienstmannen” werden. Für diese Stufe der Wohlgeborenen war es nur erforderlich, nicht mehr mit eigenen Händen das Land zu bearbeiten und reich genug zu sein, sich ein Pferd und eine Rüstung leisten zu können.
Jedoch wenn der Aufsteigende oder seine Nachkommen den Lebensstil eines Ritters nicht zu ehren wussten, fielen sie wieder zurück in die gewöhnliche Bauernschicht, aber oft blieb ihr soziales Niveau über Generationen hin stabil (vgl. Borst, A. 1976).
Doch seit dem 14. Jahrhundert war es angesichts der immer geringer werdenden Anzahl militärischer Einsätze nicht verwunderlich, dass nur noch ein kleiner Teil von den Emporkömmlingen wirklich Ritter wurden. Die meisten Rittermäßigen oder Wohlgeborenen, sowohl Dienstmannen als auch Freie und Adlige, blieben ihr Leben lang Knappen.
Abschließend wäre noch zu sagen, dass etwa seit Mitte des 16. Jahrhunderts Neulinge nicht mehr zugelassen wurden, wodurch die Klasse insgesamt zu erstarren begann.
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- Kerstin-M. Gärtner (Author), 2003, Die Sittenlehre der Ritter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18762
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