Nimmt man es genau, ist das Betriebliche Vorschlagswesen (BVW) eigentlich so alt wie die Menschheit selbst, denn in einer Gruppe, in Familien und Volksverbänden zu leben, bedeutet gleichzeitig, einem Wandel unterworfen zu sein; weil Änderungen u nausbleiblich und Verbesserungen notwendig sind. In der modernen Arbeitswelt begann der Gedanke des Vorschlagswesens systematisch mit dem Beginn des Maschinenzeitalters im 19. Jahrhundert und des Taylorismus.
In Deutschland wurde die erste Einrichtung zur Abgabe von Verbesserungsvorschlägen von Alfred Krupp gegründet. Er begann mit der Sammlung von Regeln und Vorschriften um eine Anleitung zu geben, die Rechte und Pflichten aller Arbeiter festlegt. Diese Vorschriften wurden „General Regulativ“ genannt und traten am 14. März 1888 in Kraft. Dem BVW wurde dadurch ein ganzer Abschnitt in der damaligen Betriebsordnung gewidmet. Der erste Nachweis einer Geldprämie für Verbesserungsvorschläge datiert 1901 bei der AEG. Die ersten Vorschlagsbriefkästen und eine Kommission, die über die Brauchbarkeit der Vorschläge zu entscheiden hatte, führte 1902 Alfred Borsig in seiner Lokomotivfabrik in Berlin ein. Bis zum Kriegsausbruch wurde das BVW zum festen Bestandteil der Betriebsorganisation fast aller deutscher Unternehmen. Während des 2. Weltkrieges kam das BVW in Deutschland zunächst völlig zum Erliegen. Erst nach der Währungsreform wurden erneut die ersten zögernden Versuche auf diesem Gebiet unternommen. 1953 erfolgte die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft Betriebliches Vorschlagswesen bei den Farbenwerken Bayer AG, Leverkusen. 1 Heute nach über 100 Jahren findet man das BVW in fast allen größeren Betrieben. Jedoch haben sich die Organisation, Führung und Absicht einen regen Wandel unterzogen, vor dem auch das BVW keinen Halt machen konnte, und so findet man die verschiedensten Varianten des Vorschlagswesens in den heutigen Betrieben. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Geschichte des Vorschlagswesens
2. Das Betriebliche Vorschlagswesen (BVW)
2.1. Ziele des BVW
2.2. Definition des Verbesserungsvorschlags (VV)
2.3. Beteiligte und Organe des BVW
2.4. Organisation des BVW
3. Bewertung und Prämiensysteme
4. Motivation und Vorschlagswesen
5. Ideen- bzw. Innovationsmanagement
6. KAIZEN
6.1. Grundlagen und Voraussetzungen des KAIZEN
6.2. Ziele des KAIZEN
6.3. Organisation
6.4. Akteure des KAIZEN
7. Zukünftige Entwicklungen
Abkürzungs- und Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
1. Geschichte des Vorschlagswesens
Nimmt man es genau, ist das Betriebliche Vorschlagswesen (BVW) eigentlich so alt wie die Menschheit selbst, denn in einer Gruppe, in Familien und Volksverbänden zu leben, bedeutet gleichzeitig, einem Wandel unterworfen zu sein; weil Änderungen unausbleiblich und Verbesserungen notwendig sind. In der modernen Arbeitswelt begann der Gedanke des Vorschlagswesens systematisch mit dem Beginn des Maschinenzeitalters im 19. Jahrhundert und des Taylorismus.
In Deutschland wurde die erste Einrichtung zur Abgabe von Verbesserungsvorschlägen von Alfred Krupp gegründet. Er begann mit der Sammlung von Regeln und Vorschriften um eine Anleitung zu geben, die Rechte und Pflichten aller Arbeiter festlegt. Diese Vorschriften wurden „General Regulativ“ genannt und traten am 14. März 1888 in Kraft. Dem BVW wurde dadurch ein ganzer Abschnitt in der damaligen Betriebsordnung gewidmet. Der erste Nachweis einer Geldprämie für Verbesserungsvorschläge datiert 1901 bei der AEG. Die ersten Vorschlagsbriefkästen und eine Kommission, die über die Brauchbarkeit der Vorschläge zu entscheiden hatte, führte 1902 Alfred Borsig in seiner Lokomotivfabrik in Berlin ein. Bis zum Kriegsausbruch wurde das BVW zum festen Bestandteil der Betriebsorganisation fast aller deutscher Unternehmen. Während des 2. Weltkrieges kam das BVW in Deutschland zunächst völlig zum Erliegen. Erst nach der Währungsreform wurden erneut die ersten zögernden Versuche auf diesem Gebiet unternommen. 1953 erfolgte die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft Betriebliches Vorschlagswesen bei den Farbenwerken Bayer AG, Leverkusen.[1]
Heute nach über 100 Jahren findet man das BVW in fast allen größeren Betrieben. Jedoch haben sich die Organisation, Führung und Absicht einen regen Wandel unterzogen, vor dem auch das BVW keinen Halt machen konnte, und so findet man die verschiedensten Varianten des Vorschlagswesens in den heutigen Betrieben.[2]
2. Das Betriebliche Vorschlagswesen (BVW)
Das BVW ist in seiner idealen Form eine Einrichtung zur Förderung und Nutzbarmachung der Kreativität aller Arbeitnehmer eines Betriebes. Dazu muß eine Einrichtung innerhalb des Unternehmens vorhanden sein, die die Arbeitnehmer über ihr eigentliches Aufgabengebiet hinaus veranlasst, Verbesserungsvorschläge einzureichen und damit ihr vorhandenes Potential zu nützen.3
Ferner muss diese Einrichtung die eingehenden Verbesserungsvorschläge bearbeiten und bewerten. Die Erfüllung der o.g. Aufgaben kommt schließlich den Mitarbeitern (Führungsaspekt) und der Unternehmung (Rationalisierungsaspekt) zu gute.4
2.1. Ziele des BVW
Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Zielsetzungen, die mit dem BVW verfolgt werden. Die beiden Hauptziele ergeben sich aus der o.g. Definition, nämlich Rationalisierung und Personalführung. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass beim BVW die technisch-ökonomische Zielsetzung (Wirtschaftlichkeitsverbesserung und Produktivitätssteigerung) nach wie vor Priorität hat.5
Begründet durch einen Wandel in der Führungspraxis, vom autoritären zum kooperativen Führungsstil, wird das BVW aber immer mehr zum Bestandteil einer modernen Führungsphilosopie. Der Mitarbeiter soll sich mit dem Unternehmen identifizieren, indem man ihm nach Ideen und Vorschläge fragt und seine Interessen berücksichtigt. Er hat also die Möglichkeit über seine betrieblichen Aufgaben hinaus aktiv am Betriebsgeschehen mitzuwirken.
Im übrigen soll die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den einzelnen Mitarbeitern und den betrieblichen Funktionen verbessert werden.
Neben diesen Hauptzielen gibt es noch weitere Ziele:
- Erhöhung der Arbeitssicherheit, z.B. durch Unfallverhütungsvorschläge
- Steigerung der Innovationsfähigkeit und Konkurrenzvorsprung
- Verbesserung des Firmenimages
Je nachdem wie die Gewichtung der einzelnen Ziele erfolgt, wird auch die Ausgestaltung und Akzeptanz des BVW im jeweiligen Betrieb aussehen.6
2.2. Definition des Verbesserungsvorschlags (VV)
Jede eingereichte Idee eines Mitarbeiters aus jedem Bereich eines Unternehmens ist ein Verbesserungsvorschlag (VV), soweit eine Lösungsmöglichkeit aufgezeigt wird. Dabei ist nicht erforderlich, dass die vorgeschlagene Maßnahme an sich neu ist. Sie kann bereits bekannt und anderweitig gebräuchlich sein. Sie muss nur für den vorgesehenen Verwendungsbereich oder Verwendungszweck neu, braucht aber vom Vorschlagenden nicht bis zur Durchführungsreife durchdacht sein.
VV können Umstellungen und Änderungen des bestehenden Zustandes, Verbesserung der Produktion, Qualität, Arbeitsabläufe, usw. anstreben.7 Ein VV liegt vor, wenn eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Zustand erreicht wird, die Einführung rentabel ist und ohne Anregung des Einreichers nicht durchgeführt worden wäre. An Stelle von Rentabilität kann auch eine Erhöhung der Sicherheit, Verringerung von Gesundheitsschäden und Umweltbelästigungen treten.8
In den Betriebsvereinbarungen „BVW-Richtlinien“ werden die Anwendungsgebiete und Organisationsabläufe eines Unternehmens festgelegt, so muss dem VV zu entnehmen sein, was, und wie etwas besser gemacht werden kann. Der bloße Hinweis auf einen unzureichenden Zustand genügt nicht.9
2.3. Beteiligte und Organe des BVW
Am BVW sollen sich alle Angehörigen des Unternehmens beteiligen einschließlich der Führungskräfte, Praktikanten, Aushilfen und Pensionäre. Da leitende Angestellte laut § 5 III BetrVG von der Teilnahme ausgeschlossen werden, sollte für diesen Personenkreis eine Sondervereinbarung abgeschlossen werden. Außerdem sollen sich auch betriebsfremde Personen wie Geschäftspartner, Ferienarbeiter oder sogar Kunden am BVW beteiligen können.
Die Organe des BVW sind für seine Gestaltung und Leistung verantwortlich. Von ihrer Person kann der Erfolg des BVW in entscheidendem Maße abhängen.10
BVW-Beauftragter
Die zentrale Funktion für die Organisation des BVW übernimmt der Beauftragte für das BVW. Seine Aufgabe ist es, alle in Verbindung mit dem BVW anfallenden Koordina-tionsarbeiten als Haupt- oder Nebentätigkeit wahrzunehmen und für die Einhaltung aller gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen die Verantwortung zu tragen.
Weitere Aufgaben sind:
- Beratung und Unterstützung der Mitarbeiter bei Fragen zum BVW
- Registrierung, Bearbeitung und Prüfung eines VV
- Weiterleitung an den bzw. die Gutachter sowie die Terminüberwachung
- Abwicklung der VV aufgrund der Entscheidung der BVW-Kommission
- Durchführung der BVW-Werbemaßnahmen
- Anfertigung und Auswertung von Statistiken zur Effizienzkontrolle11
Dieser Aufgabenkatalog wird durch eine abteilungsübergreifende Prüfung ergänzt, ob der Vorschlag auch in weiteren Bereichen eingeführt und unter Umständen weiterentwickelt werden kann. Auch die Aufgabe des permanenten Werbens für das BVW bei Fach- und Führungskräften wird ihm zugeteilt. Neben den fachlichen Anforderungen, wie organisatorisches Geschick und das Vertraut sein mit den betrieblichen Gegebenheiten, soll er über ein gutes menschliches Einfühlungsvermögen verfügen und kontaktfreudig sein. Des weiteren benötigt er das Vertrauen von Geschäftsleitung, Betriebsrat und der Belegschaftsmitglieder.
Besonders wird von ihm die Fähigkeit und Bereitschaft verlangt, Mitarbeiter durch ständige Impulse zur Einreichung von Vorschlägen zu motivieren. Der BVW-Beauftragte ist aufgrund der zahlreichen und unterschiedlichen Funktionen, die er im Rahmen des BVW zu erfüllen hat, Hauptaufgabenträger und Repräsentant dieser Einrichtung.12
Gutachter
Zur Begutachtung wird ein Fachmann bzw. Fachleute, deren Bereich vom VV betroffen ist, in der Regel sind dies die Abteilungsleiter, herangezogen. Da meist der direkte Vorgesetzte des Einreichers das Gutachten ausführt, muss der Name des Einreichers anonym bleiben, um die Objektivität zu wahren. Der Gutachter ist verpflichtet den VV innerhalb einer bestimmten Frist objektiv und korrekt zu prüfen.
Er muss, wenn Teile des Vorschlages zu verwirklichen sind, oder der VV in einer anderen Form zu verwirklichen ist, dies in seinem Gutachten festhalten. Überschreitet er die Frist, in der das Gutachten erstellt werden soll, so muß er dies dem BVW-Beauftragten schriftlich begründen, ebenso wie die Ablehnung eines VV.13
Vorschlagskommission
Die Vorschlagskommission entscheidet schließlich auf der Basis des Gutachtens, einschließlich einer Wirtschaftlichkeitsrechnung über die Annahme, bzw. die Höhe der Prämierung des VV. Dabei ist sie jedoch nicht an das Gutachten gebunden.
Die Vorschlagskommission setzt sich aus dem BVW-Beauftragten und mindestens vier weiteren Mitgliedern zusammen. Dabei sollten zu den Mitgliedern zwei Vertreter des Betriebsrates und Führungskräfte der wichtigsten Abteilungen gehören. Nach den gesetzlichen Bestimmungen müssen in einem Unternehmen mit mehr als zwanzig Arbeitnehmern mindestens zwei stimmberechtigte Mitarbeiter der Vorschlagskommission angehören, wobei der BVW-Beauftragte kein Stimmrecht hat. Der Einreicher hat bei der Kommission ein einmaliges Einspruchsrecht.
Die Einrichtung einer Einspruchstelle gewährleistet eine größere Objektivität bei der Zweitentscheidung über den VV, als die Vorschlagskommission. Dabei sollen der Einspruchstelle keine Kommissionsmitglieder angehören. Sie hat die Aufgabe die Erstentscheidung der Kommission zu überprüfen, dann eine endgültige Entscheidung zu treffen oder der Unternehmensführung einen Entscheidungsvorschlag zu unterbreiten.14
2.4. Organisation des BVW
Ablauforganisation
Von den Möglichkeiten, die den Mitarbeitern eines Unternehmens gegeben sind, ihren VV beim BVW einzureichen, hängt im entscheidendem Maße die Beteiligungsquote ab. Deshalb muß jedes Unternehmen darauf achten, dass jedem einzelnen Mitarbeiter die Einreichungsmöglichkeit gegeben wird, die für seine Belange, wie z.B. den VV mündlich vorzutragen, da häufig Schwierigkeiten bei der Formulierung des VV auftreten, zutreffend ist. In diesen Fällen, muß der Einreicher sich an den Vorschlagsbeauftragten wenden können, damit dieser ihm bei der schriftlichen Formulierung behilflich ist. Hierbei ist es wichtig, dass das BVW-Büro zentral im Unternehmen liegt und für die Mitarbeiter gut erreichbar ist, jedoch nicht im direkten Blickpunkt der Belegschaft liegt, da sonst die Einreicher gehemmt sein könnten.
Es besteht auch die Möglichkeit Vertrauens- oder Kontaktpersonen im Betrieb einzusetzen, die dem Einreicher bei der Formulierung ihres Vorschlages behilflich sind. Diese Möglichkeit ist hauptsächlich für Unternehmen geeignet, bei denen das BVW-Büro nicht zentral liegt, oder viele BVW-Einreicher zu betreuen sind. Dabei spielt es eine entscheidende Rolle, dass der Vorschlagsbeauftragte oder die Kontaktpersonen das Vertrauen der Belegschaft haben.15 Ein Vorteil dieser Einreichmöglichkeit ist, dass der VV-Einsender direkt hinsichtlich seines VV informiert und beraten werden kann. In kleineren Unternehmen kann z.B. der Betriebsrat eine Anlaufstelle für die Vorschlagenden sein. Es muß jedoch gewährleistet sein, dass diese Personen positiv zum BVW eingestellt sind. Dieser Weg kann aber nur dann gewählt werden, wenn Einreicher keinen großen Wert auf Anonymität legen.
[...]
[1] vgl. Deutsches Institut für Betriebswirtschaft (DIB), Führen und Rationalisieren durch betriebliches Vorschlagswesen, S. 10 ff
[2] vgl. Urban, Ch., Das Vorschlagswesen und seine Entwicklung zum europäischen KAIZEN, S. 23 ff
3 vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, S. 454
4 vgl. Thom, N., Betriebliches Vorschlagswesen, S. 18
5 vgl. ebenda, S. 18 f
6 vgl. Urban, Ch., Das Vorschlagswesen und seine Entwicklung zum europäischen KAIZEN, S. 27 ff
7 vgl. Brinkmann, Eberhard, P., Das Betriebliche Vorschlagswesen, S. 59 ff
8 vgl. Frey, Dr. D., Mitdenken lohnt sich – für alle! S. 46 ff
9 vgl. DIB, Führen und Rationalisieren durch betriebliches Vorschlagswesen, S. 15
10 vgl. ebenda, S. 16
11 vgl. ebenda, S. 17
12 vgl. Brinkmann, Eberhard P., Das Betriebliche Vorschlagswesen, S. 94 ff
13 vgl. Urban, Ch., Das Vorschlagswesen und seine Weiterentwicklung zum europäischen KAIZEN, S. 41 f
14 vgl. DIB, Führen und Rationalisieren durch betriebliches Vorschlagswesen, S. 19
15 vgl. Brinkmann, Eberhard P., Das Betriebliche Vorschlagswesen, S. 84 ff
16 vgl. Thom, N., Betriebliches Vorschlagswesen, S. 51 ff
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- Alexander Mair (Autor), 2000, Das Betriebliche Vorschlagwesen gestern und heute, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18657
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