Die Arbeit widmet sich der Thematik der dynamischen Fundamentalkennzahlen und stellt neben Methoden der Einzeltitelbewertung auch gesamtmarktspezifische Bewertungsmodelle vor.
Page 1
1. Struktur und Inhalt der Wertpapieranalyse
Ziel der Wertpapieranalyse ist es, Kursverläufe von Aktien und Finanzierungstiteln unter Bezugnahme aller verfügbaren Informationen und vor dem Hintergrund der vergangenen Entwicklung isoliert und im Gesamtzusammenhang zu beurteilen und für einen gegebenen zukünftigen Anlagehorizont zu prognostizieren. Die Anlagechancen sowie Risiken einzelner Wertpapiere, Branchen oder Märkte lassen sich dabei anhand verschiedener Strategien der Aktienanalyse bewerten. Neben dem charttechnischen Ansatz und der Portfoliotheorie ist die Fundamentalanalyse als ein wichtiger Teilbereich der Wertpapieranalyse und einer dieser Strategien zu nennen.
1.1. Fundamentalanalyse und ihre Ansätze
Die „klassische“ Fundamentalanalyse geht auf ihre Gründerväter Benjamin Graham und David Dodd zurück, die in ihrem 1934 veröffentlichten Werk „Security Analysis“ Grundgedanken und quantitative Analyseinstrumente der fundamentalen Aktienanalyse vorstellten. 1
Die Fundamentalanalyse als älteste Methode zur Beurteilung und Prognose von Aktienkursen geht in ihrer Basishypothese davon aus, dass die für die Entwicklung der Ertragskraft einer Unternehmung verantwortlichen Einflussfaktoren und deren subjektive Einschätzung seitens der Marktteilnehmer letztlich die Entwicklung der Aktienkurse bestimmen. Es wird davon ausgegangen, dass sich der Kurs einer Aktie in einer bestimmten Bandbreite an seinem „inneren Wert“ oder „fair value“ orientiert. Daraus ergibt sich als Ziel der Fundamentalanalyse die Suche nach dem innern Wert und somit nach der Preiswürdigkeit eines Investments. Ihre Grundlage ist daher die Schätzung der zukünftigen Gewinne und Dividenden, wobei zwischen Ertragswert-und Substanzwertschätzungen unterschieden wird. Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, die kursbestimmenden Faktoren eines Investments in die drei Wirkungsbereiche „Gesamt-“ bzw. „Globalmarkt“, „Branchen bzw. Marktsegmente“ und „Einzelwerte“ zu unterteilen. 2 Die Fundamentalanalyse
1 vgl. Faschang (2001), S. 19
2 vgl. Kickinger/Schönegger (2000), S. 61
Page 2
zerfällt zudem in die zwei grundlegenden Vorgangsweisen „Top-down-“ sowie „Bottom-up-Ansatz“, welche die „Stoßrichtung“ der Analysetätigkeit beschreiben. Bei der Top-down Analyse gilt es zunächst den Gesamtmarkt mit seinen kursbeeinflussenden Faktoren wie Konjunkturverlauf, Zinsniveau, Geldmenge (Liquidität), Wechselkursverlauf und Börsenentwicklung in anderen Ländern zu untersuchen. In einem weiteren Schritt folgt dann eine national oder internationale angelegte Branchenanalyse, welche die aktuelle Situation und die Zukunftsaussichten des jeweiligen Wirtschaftszweiges in den Mittelpunkt stellt und neben ökonomischen auch rechtliche und fiskalpolitische Rahmenbedingungen berücksichtigt. 3 Abschließend wird anhand einer quantitativen Einzelwertanalyse das jeweilige Unternehmen auf seine Bilanz-, Investitions-, Finanzierungs-, Liquiditäts-und Ertragssituation hin analysiert. Folglich wird bei der Top-down Analyse eine positive Global- und Branchensituation als „Nährboden“ für steigende Aktienkurse gesehen. Ist das gesamtwirtschaftliche und/oder branchenspezifische Umfeld negativ, so wird der Top-down-Analyst selbst bei fundamental aussichtsreichen Werten kein Investment tätigen.
Der Bottom-up-Ansatz versucht dagegen auf Basis der Ertragsprognosen der einzelnen Unternehmung die Grundlage für die Einzelwertauswahl innerhalb einer Branche bzw. eines Gesamtsmarktes zu bilden. Aus den analysierten Unternehmen einer Branche wird das Unternehmen mit der jeweils besten Einzelwertanalyse gewählt. Man geht davon aus, dass ein gutes Unternehmen auch in einem schlechten konjunkturellen Umfeld bestehen kann, wohingegen ein schlechtes Unternehmen auch in Phasen der Hochkonjunktur mit ernsteren wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert ist.
1.2. Abgrenzung zur technischen Analyse
Gegensatz bzw. - positiver formuliert - Ergänzung der eher langfristig ausgerichteten Fundamentalanalyse ist die technische Analyse. Sie ist in der Lage auch kurzfristig
3 Die Global- und Branchenanalyse wird auch als Fundamentalanalyse im weiteren Sinn, die Einzel-
wertanalyse als Fundamentalanalyse im engeren Sinn bezeichnet.
Page 4
1.3. Abgrenzung zur Portfoliotheorie
Die Grundlagen der heute üblichen Modelle des Portfoliomanagements basieren auf den Erkenntnissen der von Harry Markovitz 1952 verfassten Dissertation zum Thema „Portfolio Selection“. Er beschrieb darin das Risiko/Ertragsverhalten eines diversifizierten Portfolios. Es gelang ihm der Beweis, dass das Risiko des Gesamtportfolios bei gleichem Portfolioertrag geringer ist als die kumulierten Risiken der im Portfolio enthaltenen Einzeltitel.
Page 5
2. Dynamische Fundamentalkennzahlen
Zur Beurteilung der relativen Preiswürdigkeit der ausgewählten Wertpapiere verwendet die Fundamentalanalyse Kennzahlen und Verfahren, die betriebswirtschaftliche Daten des Unternehmens ins Verhältnis zu seinem Aktienkurs setzen und somit die Vergleichbarkeit börsennotierter Aktiengesellschaften unterschiedlicher Größe ermöglichen.
Neben den, sowohl bei der Aktienanalyse als auch bei der Beurteilung von Kreditengagements eingesetzten statischen Fundamentalkennzahlen wie Verschuldungsgrad, EBITDA, Umsatzwachstum usw. gibt es sogenannte dynamische Fundamentalkennzahlen, die im folgenden Abschnitt den Mittelpunkt der näheren Betrachtung darstellen. Dank dieser Verhältniszahlen lassen sich Bewertungsunterschiede zwischen einzelnen Investments im Bezug auf deren Börsenkurs feststellen. Diese Unterschiede können dann Anknüpfungspunkt weiterer Untersuchungen sein.
2.1. Marktkapitalisierung (Market Cap)
Die Marktkapitalisierung errechnet sich aus dem aktuellen Börsenkurs mal der Anzahl aller ausgegebenen Aktien und repräsentiert den Marktwert eines Unternehmens. Der Vollständigkeit halber sei hier noch erwähnt, dass die Marktkapitalisierung nicht mit dem Firmenwert (enterprise value) gleichzusetzen ist. Dieser errechnet sich aus der Summe von Marktkapitalisierung und möglichen Nettoschulden (lang- sowie kurzfristige Verbindlichkeiten abzüglich Cash Reserven und Kapitalanlagen).
2.2 Ergebnis bzw. Gewinn pro Aktie (Earnings per Share)
2.2.1. Primary bzw. Reported Earnings per Share
Eine der einfachsten Bewertungsmöglichkeiten eines Unternehmens und zugleich die zentrale Größe für die Beurteilung der Ertragskraft einer Unternehmung stellt der aktuelle bzw. prognostizierte Gewinn eines Unternehmens gebrochen durch die
Page 6
gewichtete durchschnittliche Anzahl der im Umlauf befindlichen Stammaktien dar. Der positive Zusammenhang zwischen der Gewinn- und der Aktienkursentwicklung ist empirisch bewiesen.
- Quote paper
- Erik Ludl (Author), 2004, Fundamentalanalyse von Aktien, Bewertung von Einzelwerten und Aktienmärkten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185914
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.