Nach der traditionellen Portfoliotheorie von Markowitz optimieren Anleger ihre Wertpapieranlagen auf der Grundlage einer parallelen Rendite-Risiko-Betrachtung.
Die Globalisierung des letzten Jahrhunderts hat zu einer intensiven Verflechtung nationaler Volkswirtschaften geführt, in deren Zug auch eine zunehmende Vernetzung nationaler Kapitalmärkte stattgefunden hat. Traditionelle ökonomische Theorien implizieren jedoch einen höheren Globalisierungsgrad als dies momentan in der Realität zu beobachten ist. Dieses Phänomen, welches auch als „Puzzle der internationalen Finanzmärkte“ bezeichnet wird, manifestiert sich in verschiedenen empirisch belegten Zusammenhängen.
Ein Teil dieses Puzzles ist die unzureichende internationale Diversifikation länderspezifischer Wertpapierportfolios. Nach der traditionellen Portfoliotheorie von Markowitz optimieren Anleger ihre Wertpapieranlagen auf der Grundlage einer parallelen Rendite-Risiko-Betrachtung. Ungeachtet der eindeutigen theoretischen Vorteile einer internationalen Diversifikation in möglichst gering korrelierte Wertpapiermärkte, existiert in den länderspezifischen Portfolios weltweit jedoch eine überproportionale Gewichtung nationaler Wertpapiere. Diese nationale Konzentration der Portfolios wird im allgemeinen als „Home Equity Bias“ oder „Domestic Bias“ bezeichnet. In dieser Arbeit wird der Begriff Home Bias verwendet. Der Home Bias wird als die Abweichung zwischen realisierten und optimalen Anteilen nationaler Wertpapiere im Portfolio eines Landes definiert.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, einen allgemeinen Überblick über den Home Bias und den aktuelle Stand der Forschung zu geben. Das Zielpublikum dieser Arbeit sind Leser die bereits über Grundkenntnisse aus dem Bereich Finanzierung verfügen. Um das allgemeine Verständnis zu erleichtern wird an geeigneten Stellen auf vertiefende Literatur verwiesen. Der Aufbau der Arbeit gliedert sich in einen theoretischen und einen empirischen Teil. Im theoretischen Teil wird ein Schwerpunkt auf die Grundlagen der Portfoliotheorie und die möglichen Ursachen des Home Bias gesetzt. Gegenstand des empirischen Teils ist die Entwicklung und aktuelle Ausprägung des Home Bias im internationalen Umfeld und für Deutschland im Speziellen.[...]
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1. Einführung und Struktur der Arbeit
Die Globalisierung des letzten Jahrhunderts hat zu einer intensiven Verflechtung nationaler Volkswirtschaften geführt, in deren Zug auch eine zunehmende Vernetzung nationaler Kapitalmärkte stattgefunden hat. Traditionelle ökonomische Theorien implizieren jedoch einen höheren Globalisierungsgrad als dies momentan in der Realität zu beobachten ist. Dieses Phänomen, welches auch als „Puzzle der internationalen Finanzmärkte“ bezeichnet wird, manifestiert sich in verschiedenen empirisch belegten Zusammenhängen 1 .
Ein Teil dieses Puzzles ist die unzureichende internationale Diversifikation länderspezifischer Wertpapierportfolios. Nach der traditionellen Portfoliotheorie von Markowitz optimieren Anleger ihre Wertpapieranlagen auf der Grundlage einer parallelen Rendite-Risiko-Betrachtung. 2 Ungeachtet der eindeutigen theoretischen Vorteile einer internationalen Diversifikation in möglichst gering korrelierte Wertpapiermärkte, existiert in den länderspezifischen Portfolios weltweit jedoch eine überproportionale Gewichtung nationaler Wertpapiere. 3 Diese nationale Konzentration der Portfolios wird im allgemeinen als „Home Equity Bias“ oder „Domestic Bias“ bezeichnet. In dieser Arbeit wird der Begriff Home Bias verwendet. Der Home Bias wird als die Abweichung zwischen realisierten und optimalen Anteilen nationaler Wertpapiere im Portfolio eines Landes definiert.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, einen allgemeinen Überblick über den Home Bias und den aktuelle Stand der Forschung zu geben. Das Zielpublikum dieser Arbeit sind Leser die bereits über Grundkenntnisse aus dem Bereich Finanzierung verfügen. Um das allgemeine Verständnis zu erleichtern wird an geeigneten Stellen auf vertiefende Literatur verwiesen. Der Aufbau der Arbeit gliedert sich in einen theoretischen und einen empirischen Teil. Im theoretischen Teil wird ein Schwerpunkt auf die Grundlagen der Portfoliotheorie und die möglichen Ursachen des Home Bias gesetzt. Gegenstand des empirischen Teils ist die Entwicklung und aktuelle Ausprägung des Home Bias im internationalen Umfeld und für Deutschland im Speziellen. Die Betrachtung des Home Bias beruht sowohl auf finanzmarktbezogenen Ansätzen, welche auf der Annahme exogener Wertpapierkurse basieren, als auch auf makroökonomischen Ansätzen, deren Grundlage allgemeine Gleichgewichtsmodelle
1 Vgl. Lewis (1994); Obstfeld/Rogoff (2000).
2 Vgl. Markowitz (1952), S. 77.
3 Vgl. French/Poterba (1991); Cooper/Kaplanis (1994); Tesar/Werner (1995).
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einer endogenen Preisfindung sind. Die folgenden Untersuchungen beschränken sich auf finanzmarktbezogene Ansätze und stellen an geeigneten Stellen Verweise zu makroökonomischen Ansätzen her. Um dem Umfang der Arbeit gerecht zu werden, wird der Bereich „International Capital Asset Pricing“ nicht berücksichtigt. An dieser Stelle sei auf eine Arbeit von Stulz verwiesen, die einen umfassenden Überblick über diese Thematik vermittelt. 4
Der Ablauf der Arbeit ist wie folgt strukturiert. Im zweiten Abschnitt wird nach einer grundlegenden Darstellung der Portfoliotheorie, sowie der Vorteilhaftigkeit internationaler Diversifikation, der Home Bias näher erläutert und die historische Entwicklung betrachtet. Der dritte Abschnitt setzt sich mit möglichen Ursachen des Home Bias auseinander und gibt einen Überblick über die relevanten Veröffentlichungen. Diese werden in die Bereiche „Explizite Barrieren“, „Implizite Barrieren“, „Hedging nationaler Risiken mittels nationaler Wertpapiere“, sowie „Internationale Diversifikation durch nationale Anlage“ unterteilt und abschließend einer gemeinschaftlichen Analyse unterzogen. Abschnitt vier stellt eine empirische Betrachtung des Home Bias in deutschen Aktienportfolios dar. Es wird zunächst der historische Verlauf untersucht und anschließend ein Vergleich der Portfolioeigenschaften des realisierten deutschen Aktienportfolios mit verschiedenen internationalen Portfoliostrategien vorgenommen. Im letzten Abschnitt findet sich eine zusammenfassende Betrachtung der Arbeit.
2. Ermittlung effizienter Wertpapierportfolios
2.1. Grundlagen der Portfoliotheorie
Die moderne Portfoliotheorie geht in ihren Ursprüngen auf die Arbeiten von Markowitz zurück und ist im Laufe der Zeit durch eine Vielzahl von Beiträgen ergänzt worden. 5 Grundlage ist die Überlegung, dass Anleger ihren Nutzen maximieren, indem sie nicht nur die Höhe, sondern auch das Risiko ihrer Vermögensposition am Ende der Betrachtungsperiode beachten. σ 2 Gebe W t+1 die Höhe und die Varianz des Vermögens eines Investors am Ende einer
w
Periode an. Weiterhin sei U(W) eine zweifach differenzierbare, zunehmende und strikt
4 Vgl. Stulz (1994).
5 Vgl. Markowitz (1952); Markowitz (1959); Sharpe (1964); Lintner (1965); Ross (1976).
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Wertpapieren. Um eine Risikodiversifikation zu erreichen, sollten Anleger in Wertpapiere investieren, die möglichst wenig korreliert sind. Auf diese Weise können Anleger durch eine parallele Betrachtung mehrerer Wertpapiere das unsystematische Risiko auf das systematische Marktrisiko reduzieren. „The fact that security returns are highly correlated, but not perfectly correlated, implies that diversification can reduce risk but not eliminate it.” 9
2.1.1. Effizienter Rand
Im folgenden wird die Menge aller effizienten Portfolios bei n riskanten Wertpapieranlagen ohne Leerverkaufsbeschränkung betrachtet. Die Renditen der Wertpapiere werden mit Hilfe des Vektors R = (R 1 ,... ,R n )´ dargestellt. Für die erwartete Rendite gelte der Spaltenvektor µ = (E(R 1 ),... ,E(R n ))´. Weiterhin gebe a = (a 1 ,... ,a n )´ den Vektor der Vermögensanteile an. Dann ist der Erwartungswert der Rendite R P eines Portfolios P bestehend aus n Wertpapieren definiert als:
(5)
Für die Varianz des Portfolios P gilt:
(6)
In Gleichung (6) stellt V die Varianz-Kovarianz Matrix der Renditen dar:
Um die Menge aller effizienten Portfolios zu erhalten, wird die Varianz für gegebene σ 2 Portfoliorenditen minimiert. Die minimale Varianz bei gegebener Rendite µ P kann
P
mit Hilfe des folgenden Lösungsansatzes ermittelt werden 10 : σ = min 2 Va a′ min (7)
P
a a
′µ µ ′1 = = unter den Nebenbedingungen: ; , wobei 1 = (1,... ,1)´ der a 1 a
P
Einheitsvektor ist. Nach Herleitung ergibt sich die minimale Standardabweichung in 11 Abhängigkeit von der Rendite als :
9 Markowitz (1959), S. 5.
10 Vgl. Merton (1972), S. 1852.
11 Vgl. zur Herleitung Anhang 6.1.
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(8)
′ ′ ′ − − − ac − = = = = 2 µ 1 µ 1 1 1 mit folgenden Definitionen ; d µ V b ; ; a 1 V b 1 V c
Um Aussagen über das global varianzminimale Portfolio treffen zu können, wird Gleichung (8) umgeformt zu:
(9)
Wie zu erkennen ist, hat das global varianzminimale Portfolio einen Erwartungswert
µ µ
=
min
von
P
Wie aus Abbildung (1) hervorgeht, bildet die Funktion der Standardabweichungen in Abhängigkeit von der Rendite eine Hyperbel. Alle effizienten Portfolios liegen oberhalb des global varianzminimalen Portfolios und bilden den effizienten Rand.
2.1.2. Tangentialportfolio
Zusätzlich zu n riskanten Wertpapieren wird nun eine risikolose Anlage mit konstanter ω Rendite R 0 = R f betrachtet. Seien der Anteil eines Portfolios P in die risikolose
~
ω Anlage und der Anteil (1 -) in ein Portfolio mit n riskanten Wertpapieren P
investiert, dann erhält man die Rendite R P gemäß:
( ) P 1 ω ω − + = (10) R R R
~ f P
Aus Gleichung (10) folgt für den Erwartungswert: µ ω ω µ − + = = ) 1 ( ) ( R R E (11)
~ f P P P
sowie die Varianz: σ ω σ − = = 2 2 2 ) 1 ( ) ( R Var (12)
~ P P P
µ σ ω 2 Hierbei ergeben sich und gemäß Gleichung (5) und (6). Wird (12) nach (1 - )
~ ~
P P
aufgelöst und in (11) eingesetzt folgt:
µ
~
−
(13)
Der in Gleichung (13) ermittelte effiziente Rand stellt einen linearen Zusammenhang zwischen Rendite und Standardabweichung her und wird im allgemeinen als Kapitalmarktlinie bezeichnet. Die Kapitalmarktlinie tangiert den in Gleichung (8) ermittelten effizienten Rand für n riskante Wertpapiere in genau einem Punkt. Das in diesem Punkt liegende Portfolio wird als Tangentialportfolio bezeichnet. Da alle
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2.1.3. Internationale Portfoliotheorie
Im vorliegenden Abschnitt wird die Portfoliotheorie um national divergierendes Anlegerverhalten aufgrund abweichender Kaufkraftparitäten erweitert. Eine Erläuterung der Kaufkraftparitätentheorie findet sich in Abschnitt 3.3.1. Das Vorgehen in dieser Arbeit orientiert sich an einem von Adler und Dumas entwickelten Modell. 15 Es handelt sich um ein zeitstetiges Modell, das den Gesamtlebenskonsum eines Investors betrachtet. Ein ähnliches Modell findet sich in einer Veröffentlichung von Stulz. 16 Da die Gründe für abweichende Kaufkraftparitäten hier nicht explizit modelliert werden, sei zur Berücksichtigung der Ursachen abweichender Kaufkraftparitäten weiterhin auf ein Modell von Glassman und Riddick verwiesen. 17 Das betrachtete Modell beruht auf folgenden Annahmen:
Es existieren i = 1,..., N Länder und j = 1,..., N Währungen, wobei alle nominalen Renditen in der Referenzwährung des Landes N gemessen werden. Es gibt k = 1,..., N riskante internationale Wertpapiere und k = N+1,..., 2N-1 internationale Anleihen, welche aufgrund von Wechselkursschwankungen ebenfalls riskant sind. Weiterhin gibt es eine 2N-te nationale Anleihe, die in der Referenzwährung notiert und die nominal risikolose Rendite R f hat. Die dynamische Entwicklung der riskanten Anlage k folgt einer geometrischen Brownschen Bewegung:
(16)
Wobei Y k der Markwert der riskanten Anlage k in Währung des Landes N, µ k der Erwartungswert der nominalen Rendite der Anlage k, σ k die Standardabweichung der ∂ nominalen Rendite der Anlage k und das Inkrement eines standardisierten Wiener z
k
18 Prozesses ist. Außerdem existieren l = 1,..., N nationale Investortypen mit individuellen Preisindizes P l ausgedrückt in der Referenzwährung. Die dynamische Entwicklung eines Preisindex P l folgt einer geometrischen Brownschen Bewegung:
(17)
µ l den Erwartungswert der Inflationsrate des Investortyps l, In Gleichung (17) stellt
π
σ die Standardabweichung der Inflationsrate des Investortyps l und ∂ l l das z π
π
15 Vgl. Adler/Dumas (1983).
16 Vgl. Stulz (1981a).
17 Vgl. Glassman/Riddick (1996).
18 Vgl. zur Herleitung Anhang 6.3.
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Dementsprechend wird dieser einzig das Portfolio a log halten, welches im allgemeinen auch als Log-Portfolio bezeichnet wird. Das Log-Portfolio beinhaltet keine national spezifischen Parameter und ist damit für alle Investoren gleich. Investoren mit der absoluten Risikoaversion α = 0 hingegen halten nur das Portfolio a min . Dies ist folglich das global varianzminimale Portfolio in realen Größen. Das Portfolio a min wird durch die spezifische Inflationsrate des Investorentyps beeinflusst und ist daher für jeden Investortyp l unterschiedlich. Da das global varianzminimale Portfolio den Investor gegen Inflationsrisiken absichert, wird es auch als Hedgeportfolio bezeichnet. Investoren mit einer Risikoaversion zwischen null und eins halten stets eine Kombination aus Log- und Hedgeportfolio.
2.2. Portfoliooptimierung durch internationale
Diversifikation
2.2.1. Steigerung der risikoadjustierten Rendite
Die zunehmende Integration der Kapitalmärkte der letzten Jahrzehnte hat in den entwickelten Ländern tendenziell zu einem Anstieg der Marktkorrelationen geführt. Als Beispiele seien hier die steigenden Abhängigkeiten nationaler Wirtschaftskreisläufe, die Angleichung nationaler Rechnungslegungsstandards oder die verstärkte
Zusammenarbeit internationaler Börsenplätze genannt. Trotz dieser Entwicklung besteht jedoch weiterhin die Möglichkeit, die risikoadjustierte Rendite eines Portfolios durch internationale Diversifikation nachhaltig zu steigern. Dieser Zusammenhang ist seit Begründung der Portfoliotheorie in einer Vielzahl von Studien belegt worden. 26 So gibt Lewis beispielsweise an, dass die Nutzenzuwächse durch internationale Diversifikation zwischen 20% und 100% des Gesamtlebenskonsums ausmachen. 27 Argumente für die Vorteilhaftigkeit internationaler Diversifikation basieren auf der Erweiterung des ursprünglichen Diversifikationsargumentes der Portfoliotheorie. So werden nationale Anlagen durch gemeinsame nationale Parameter, wie beispielsweise Zinssätze, politische Entscheidungen oder eine nationale Branchenspezialisierung, beeinflusst. Das aus diesen nationalen Einflüssen resultierende unsystematische Risiko kann durch internationale Diversifikation auf das systematische Marktrisiko reduziert werden. Dies wurde erstmalig 1964 von Grubel herausgearbeitet, welcher schon damals
26 Vgl. Levy/Sarnat (1970); Solnik (1974); Solnik (1999), S.129 - 134.
27 Vgl. Lewis (1999), S. 583.
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- Arbeit zitieren
- Arnd Lodowicks (Autor:in), 2001, Ansätze zur Erklärung des Home Bias, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185748
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