Die durch das Internet ermöglichte Digitalisierung und die somit realisierbare Optimierung von (Teil-)Geschäftsprozessen wird zunehmend an Bedeutung gewinnen, darin ist sich die Wirtschaftspresse einig. Dabei beeinflußt die zunehmende Durchdringung des Internets als neue Infrastruktur nicht nur Privathaushalte, sondern in gleichem Maße bestehende Unternehmens-, Markt- und Wirtschaftsstrukturen. Mittlerweile sind davon sämtliche Unternehmensprozesse und Funktionsbereiche betroffen. Dadurch bedarf es einer Modifizierung der bestehenden Regeln und Strukturen, woraus eine neue Wirtschaftsordnung hervorgeht: das Internet-Business . Es gilt nun, die konkreten Auswirkungen der neuen Infrastruktur und vor allem die damit verbundenen Möglichkeiten, insbesondere im Hinblick auf die Versicherungsbranche, zu untersuchen.
Fachhochschule Köln - Fachbereich Versicherungswesen
MÖGLICHKEITEN DES
INTERNETEINSATZES ZUR ANBAHNUNG
UND PFLEGE VON KUNDENBEZIEHUNGEN
DIPLOM-ARBEIT
Sommersemester 2001
Köln, 03. August 2001
INHALTSANGABE
Die durch das Internet ermöglichte Digitalisierung und die somit realisierbare Optimierung von (Teil-)Geschäftsprozessen wird zunehmend an Bedeutung gewinnen, darin ist sich die Wirtschaftspresse einig. Dabei beeinflußt die zunehmende Durchdringung des Internets als neue Infrastruktur nicht nur Privathaushalte, sondern in gleichem Maße bestehende Unternehmens-, Markt- und Wirtschaftsstrukturen. Mittlerweile sind davon sämtliche Unternehmensprozesse und Funktionsbereiche betroffen. Dadurch bedarf es einer Modifizierung der bestehenden Regeln und Strukturen, woraus eine neue Wirtschaftsordnung hervorgeht: das Internet-Business 1 . Es gilt nun, die konkreten Auswirkungen der neuen Infrastruktur und vor allem die damit verbundenen Möglichkeiten, insbesondere im Hinblick auf die Versicherungsbranche, zu untersuchen.
Es gibt viele Bereiche, in denen das Internet in der Beziehung zu den Partnern des Versicherungsunternehmens (VU) wie z. B. Privat- und Industriekunden, Anspruchsteller, Vermittler, Rückversicherer, externe Dienstleister z. B. Schadennetze, Unternehmensberater, Wirtschaftsprüfer, E-Procurement-Lieferanten 2 , oder beteiligte Versicherer bzw. Rückversicherer eingesetzt werden kann. Auch innerhalb des Unternehmens oder Konzerns eröffnet die Internettechnologie viele Einsatzmöglichkeiten, nicht nur im Bereich der innerbetrieblichen Kommunikation.
Diese Arbeit soll die vielfältigen Möglichkeiten des Interneteinsatzes aufzeigen, die insbesondere zur Anbahnung und Pflege von Kundenbeziehungen anwendbar sind. Dabei widmet sie sich ausschließlich der Betrachtung des Interneteinsatzes zwischen Erstversichererungsunternehmen und deren Privatkunden oder Interessenten.
Nach einer grundsätzlichen Einführung in das Thema Internet-Business und dessen Verknüpfung zur Versicherungsbranche, werden im zweiten Abschnitt die konkreten Einsatzmöglichkeiten des Internets, in Bezug auf den ermittelten Ist-Stand aufgezeigt. Die Potentiale, die sich aus deren Umsetzung ergeben können, werden im folgenden dritten Abschnitt erläutert. Nach der Betrachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen im vierten Abschnitt endet die Arbeit mit einer Schlußbetrachtung.
1. VORWORT
innerhalb des Unternehmens oder Konzerns eröffnet die Internettechnologie viele Einsatzmöglichkeiten, nicht nur im Bereich der innerbetrieblichen Kommunikation.
Nach einer grundsätzlichen Einführung in das Thema Internet-Business und dessen Verknüpfung zur Versicherungsbranche, werden im zweiten Abschnitt die konkreten Einsatzmöglichkeiten des Internets, in Bezug auf den ermittelten Ist-Stand aufgezeigt. Die Potentiale, die sich aus deren Umsetzung ergeben können, werden im folgenden dritten Abschnitt erläutert. Nach der Betrachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen im vierten Abschnitt endet die Arbeit mit einer Schlußbetrachtung.
Bezeichnungen wie Internet, WWW, E-Business, E-Commerce etc. sind mehr oder weniger greifbare Begriffe, die in der Folge des technischen Fortschritts des 20. Jahrhunderts entstanden sind und sich auf eine zweite industrielle bzw. wirtschaftliche Revolution beziehen. Die Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die das Internet nach sich gezogen hat, gehen über Ländergrenzen, Märkte, Branchen, Unternehmen und Funktionen hinaus. Dabei wird dieses neue ökonomische Umfeld auch neu benannt. Man spricht heutzutage von „Internet-Business“ oder „New Economy“, wenn man die veränderten globalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bezeichnen will. Es ist dabei noch strittig, ob für das Net-Business völlig neue ökonomische Paradigmen, z. B. fehlende Inflation und Konjunkturschwankungen gelten, oder ob die altbewährten volkswirtschaftlichen Gesetze zur Erklärung der New Economy lediglich angepaßt werden müssen, so z. B. nicht nur die Annahme, sondern das wirkliche Bestehen eines sogenannten vollkommenen Marktes 6 .
Müßte man die wesentlichen Merkmale des Kommunikations- und Informationszeitalters beschreiben, würde man neben der Entwicklung und Verbreitung von Massenmedien wie Printmedien, Radio und Fernsehen vor allem das Internet zur Erklärung heranziehen. Es veranschaulicht wie kein anderes Medium die globale Verfügbarkeit zeitnaher Informationen und Kommunikation. Die technischen Innovationen des 20. Jahrhunderts im allgemeinen und das Internet im besonderen machen aus der Welt ein sogenanntes „globales Dorf“, in dem die reale Entfernung zwischen zwei Punkten zunehmend an Bedeutung verliert. Daß dieser Trend auch die bestehenden gesellschaftlichen und ökonomischen Strukturen tangiert und in weiten Teilen nachhaltig verändern wird bzw. bereits
verändert hat, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Im Folgenden soll das Internet, soweit dies für das Verständnis dieser Arbeit erforderlich ist, kurz beschrieben werden.
Entstanden aus einem militärischen Projekt 7 und weiterentwickelt durch die weltweite wissenschaftliche Nutzung an Universitäten 8 , hat sich das Internet zunehmend zu einem Massenmedium entwickelt. Dies geschah in einer Geschwindigkeit, die das Wachstum altbekannter Massenmedien bei weitem in den Schatten stellte. „Denn während das Fernsehen nach 13 Jahren und das Radio sogar erst nach 38 Jahren die Zahl von 50 Millionen Nutzern erreichen konnte, gelang dies dem Internet schon nach nur 5 Jahren.“ 9 Grundlage für diesen enormen Erfolg waren vor allem technologische und ökonomische Entwicklungen.
Durch die Einführung des World Wide Web (WWW), wurde das Internet auch für „Nichtinformatiker“ nutzbar. Als Folgeerscheinung änderte sich die Art der Nutzung und es verlor zunehmend seinen unentgeltlichen Charakter. Neben dem Internet entstanden sogenannte Onlinedienste 10 . Diese waren aufgrund ihrer Benutzerfreundlichkeit maßgeblich am Erfolg und der zunehmenden Kommerzialisierung des „Cyberspace“ beteiligt.
Nachdem sich der Gebrauch des Internets durch das WWW und die neue Generation zunehmend bedienerfreundlicherer Browser 11 fortschreitend vereinfachte und auch Privathaushalte zunehmend mit immer schnelleren und günstigeren Personal Computern (PCs) ausgestattet waren, standen der Nutzung des Internets als neues Massenmedium immer noch relativ hohe Kosten im Weg. 12 Schließlich reduzierten sich auch diese mit der erfolgreich durchgeführten Deregulierung des europäischen Telekommunikationsmarktes und dem dadurch ausgelösten Fall der nationalen
Monopole staatlicher Telekommunikationsunternehmen auf die Bereitstellung von Telekommunikationsdienstleistungen signifikant. 13
Die Summe all dieser Zugangserleichterungen sowohl auf der Bedienungs- als auch auf der Kostenseite schuf die Voraussetzung dafür, daß das Internet „mittlerweile eine zentrale Bedeutung für alle Bereiche von Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft erlangt und (...) sich (...) zu einer neuen Infrastruktur für viele Aktionen und Transaktionen im beruflichen und im privaten Bereich“ 14 entwickelt hat. Wichtige Gründe für die zunehmende Breitenwirkung des neuen Mediums in der Gesellschaft sind außerdem durch grundlegende Merkmale des Internets zu erklären. Durch den dezentralen und ungeplanten Aufbau des digitalen Netzwerkes und die mittlerweile mehr als 2 Milliarden 15 aufgeschalteten Homepages bietet es den Nutzern
- neben einer nahezu unendlichen Informationsfülle - die Freiheit, Dinge dann zu erledigen, wenn sie Zeit dafür haben 16 .
Das Internet besteht aus einem Zusammenschluß von diversen, dezentral organisierten Netzwerken, deren gemeinsamer Nenner das Kommunikationsprotokoll TCP/IP (Transmission Control Protocol / Internet Protocol) ist. Diese gemeinsame Sprache unterstützt die unterschiedlichsten Hardware- und Betriebssystemarchitekturen und ermöglicht so eine universelle Kommunikation zwischen den einzelnen in den Netzen zusammengeschlossenen Rechnern. Man kann das Internet also als „die Summe aller mittels TCP/IP miteinander verbundene(n) Netze und Rechner“ 18 verstehen. Jedem Rechner im Internet wird dabei eine eindeutige IP-Nummer zugeordnet, die aus vier, jeweils durch Punkte voneinander abgetrennten Zahlen von 0 bis 255 zu je 8 Bit besteht, von denen die ersten beiden Zahlen die Netzwerkadresse und die letzten
beiden Zahlen die Rechneradresse beschreiben. 19 Jede IP-Adresse darf dabei weltweit nur einmal vergeben werden. Die Kontrolle über die IP-Adressenvergabe und die zugehörige URL (Uniform Ressource Locator) erfolgt dabei zentral bei der Internet Assigned Numbers Authority (IANA), bzw. wird von dieser auf nationale Institute delegiert. Um einen Rechner z. B. im WWW „anzuwählen“ ist es nicht erforderlich, die IP-Adresse zu kennen. Die Adressierung kann auch über die URL 20 erfolgen, die auch als Domain Name bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um eine Möglichkeit, Ressourcen im Netz auf eine einheitliche Art und Weise zu identifizieren, zu benennen und direkt abzurufen. Hierbei ermittelt ein sogenannter Domain Name Server (DNS) hierarchisch die zugehörige IP-Adresse. Wenn zu dem gewählten Host 21 eine Verbindung aufgebaut werden soll, fragt der Computer beim DNS die IP-Nummer ab. Die Verbindung zu dem angewählten Host wird dann geroutet, d. h., die per TCP/IP in einzelne Pakete gepackten Daten sollen über die jeweils schnellste Route ans Ziel geleitet werden. Um „Datenstaus“ an Engpässen zu umgehen, können die einzelnen Pakete anhand ihrer vom Internet Protocol zugeordneten Zieladresse über unterschiedliche Wege ans Ziel gelangen (Dynamic Routing). Dort angekommen, überprüft das Transmission Control Protocol die Vollständigkeit und sorgt dafür, daß die Daten wieder korrekt aneinandergereiht werden.
In einer weiteren Abstufung existieren innerhalb des Internets wiederum verschiedene Dienste mit eigenen dienstspezifischen Protokollen, die aber alle auf dem Basisprotokoll des TCP/IP beruhen. In Abbildung 1 werden einige Dienste mit den dazugehörigen Protokollen dargestellt und die wichtigsten nachfolgend kurz beschrieben.
Dienste
aufbau- Protokolle Basis-Protokoll
Abb. 1: Protokolle und Dienste 22
Die Authentizität der Kommunikationspartner sowie die Sicherheit des Inhalts sind durch das SMTP nicht gewährleistet. E-Mails sind insofern vergleichbar mit Postkarten, da sie prinzipiell von jedem gelesen und auch unter Angabe von falschen Personendaten erstellt werden können.
Client meldet sich - meist mit Legitimationsprüfung, sonst über Anonymous-FTP - am FTP-Server an und kann sich dort die abgelegten Dateien auf seinen Rechner herunterladen.
Personen in der Bevölkerung gesehen, die über einen Access (Zugang) verfügen und das Internet zumindest gelegentlich nutzen (siehe Abb. 2).
Die steigende Zahl der Internetnutzer ist dabei quer durch alle Altersschichten der Bevölkerung zu erkennen. Relativ gesehen ist der Zuwachs der über 60jährigen am größten, wie aus Abb. 3 zu erkennen ist. Trotzdem bleibt das Internet nach wie vor ein Medium der jungen Generation, bedenkt man die Tatsache, daß bereits mehr als ¾ der 14 - 19jährigen als Internetnutzer mit Access zu bezeichnen sind.
Abb. 3: Altersstruktur der Internetnutzer
genutzt, die Spitzenzeit läßt jedoch Rückschlüsse auf die Art der gesuchten Inhalte eher privater Natur und auch auf die Mehrheit der Nutzer (eher Berufstätige) zu. Dies ist interessant, wenn man z. B. die Serviceangebote wie Call-Back oder Online-Chat betrachtet, die lediglich innerhalb der „normalen Geschäftszeiten“ und damit außerhalb der Internet-Spitzenzeiten angeboten werden (siehe Kapitel
3.2.1.4. Call-Back / Online-Chat).
Abb. 5: Bildungsabschluß im Bevölkerungsvergleich
Entsprechend dem Bildungsvergleich fällt auch der Einkommensvergleich (gem. Abb. 6) zugunsten der Internetcommunity aus. Zu erkennen ist eine Verschiebung um den Faktor 1.000, d. h. die Einkommensstruktur der Gesamtbevölkerung wird im Internet lediglich um DM 1.000,- erhöht abgebildet, bleibt aber ansonsten erhalten.
Kommunikation und Informationsbeschaffung sind nach wie vor die Hauptaktivitäten im Netz. Darüber können auch die vielen Berichte über den branchenübergreifend zunehmenden E-Commerce nicht hinwegtäuschen. Auffallend ist auch, daß die Produkte, die über das Internet gekauft werden, eine geringe Komplexität und geringen Erklärungsbedarf aufweisen, daß sie standardisiert und ihre Preise (außer bei Wertpapieren) eher niedrig sind. So werden die höchsten Umsätze momentan mit Reisen, Büchern, CDs, Soft- und Hardware, Spielwaren, Geschenken sowie mit dem Wertpapierhandel erzielt.
Der GfK-Online-Monitor kommt in seiner oben genannten Studie zu dem Schluß, daß sich „die Nutzung des Internets (...) mehr und mehr zu einem Bestandteil des täglichen Lebens in der Bevölkerung“ 30 entwickelt. Die Struktur der Internetnutzer nähert sich immer mehr der der Gesamtbevölkerung an, wobei das Internet die sogenannte „kritische Masse“ als Kommunikations-, Informations- und Transaktionsmedium längst erreicht hat.
Es bleibt jedoch anzumerken, daß gemäß einer Forsa-Umfrage immerhin 28 Millionen, also ca. 1 / 3 aller Deutschen, das Internet momentan „auf keinen Fall“ nutzen wollen. 31
Die Firma IBM hat im Jahr 1998 den Begriff des „eBusiness“ erstmalig angewendet. IBM selbst definierte ihn folgendermaßen: "The transformation of key business processes through the use of Internet technologies.“ 32 Jedoch wurde der Begriff von weiten Teilen der Wirtschaft und der Gesellschaft adaptiert und die Bedeutung ist somit uneinheitlich geworden. Mittlerweile lassen sich die Begriffe E-Business bzw. E-Commerce nicht mehr getrennt voneinander erklären, da sie häufig synonym gebraucht werden bzw. Schnittmengen haben. Sucht man in der Literatur nach anerkannten Definitionen, kommt man schnell zu dem Schluß, daß „nach wie vor eine unübersichtliche Vielfalt und noch keine einheitliche Verwendung von Begriffen und deren Bedeutung“ 33 existiert.
Beiden Begriffen gemein ist die Voraussetzung des Vorhandenseins elektronischer Netze („e“ für elektronisch) für die „informations- und kommunikationstechnisch unterstützte Abwicklung von Prozessen.“ 34
Während E-Business die elektronische Abwicklung aller Geschäftsprozesse inner- und außerhalb des Unternehmens mit allen Marktteilnehmern beschreibt, definiert der begriff E-Commerce eher Aktivitäten, die sich zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden speziell in den Bereichen Anbahnung und Vertrieb, aber auch im After-Sales-Bereich abspielen.
E-Business bezeichnet also die Verlagerung aller Geschäftsprozesse entlang der Wertschöpfungskette ins Internet, während E-Commerce hauptsächlich die Schnittstelle zum Kunden und somit den Absatz der Leistung umschreibt. 35
Der Begriff des E-Business ist somit nach den oben angeführten Meinungen weiter gefaßt als der des E-Commerce. Das Verhältnis der Begriffe soll anhand des folgenden Schaubilds verdeutlicht werden:
Eine weitere Abgrenzung innerhalb des E-Business kann nach den an den Prozessen beteiligten vorgenommen werden (siehe Abb. 8). Diese Matrix ist aufgeteilt nach den unterschiedlichen Nachfragern und Anbietern von Leistungen, die jeweils Consumer, Business und Administration sein können. Bezeichnungen wie B2B (Business to Business) oder B2C (Business to Consumer) haben darin ihren Ursprung.
Abb. 8: Markt- und Transaktionsbereiche des E-Commerce 37
Abb. 9: EC-Schichtenmodell 38
2.2. ENTWICKLUNG DER INTERNETNUTZUNG DURCH VERSICHERUNGSUNTERNEHMEN
Das Internet bietet einem VU mehrere Nutzungsmöglichkeiten. Diese reichen von der Kommunikation (Informationsangebot und -nachfrage) über den Direktvertrieb (E-Commerce) und digitale Dienstleistungen bis hin zum Aufbau ganzer digitaler Wertschöpfungsketten. Die Wahl, mit welcher Strategie das Internet genutzt werden soll, hängt von mehreren Faktoren wie z. B. Sicherheit, rechtliche Rahmenbedingungen, Konsumentenverhalten, Wettbewerbsdruck, Einstellung der im Vertrieb tätigen Personen bzw. Vertriebsorganisation und technische Voraussetzungen ab.
Die unterschiedlichen Internetstrategien und somit auch die Internetauftritte der Versicherungsunternehmen unterliegen seit ihrer Entstehung einer sowohl technischen als auch inhaltlichen Evolution. Die Boston Consulting Group hat hierzu ein Modell über die verschiedenen Evolutionsstufen entwickelt. 42
Auch andere Modelle gehen von einer mehrstufigen Entwicklung der „E-Revolution“ aus. So spricht z. B. Norbert Dick, Leiter des Geschäftsbereichs Versicherungen IBM Deutschland, von einer wellenförmigen Transformation der Wirtschaft in Richtung E-Business. Auch er geht von einer Entwicklung aus, die mit einer primär informativen Webseite beginnt und sich über eine Ausweitung des Angebotes und der Reichweite zur Erschließung neuer Märkte und Zielgruppen hin zu komplett neuen Geschäftsmodellen weiterentwickelt. 43
Das Modell der Unternehmensberatung CSC-Plönzke AG mißt die Entwicklung der Internetnutzung anhand der zunehmenden Interaktionsmöglichkeiten des Kunden bzw. des Kundennutzens auf der einen Seite, und anhand der Auswirkungen auf die Unternehmensorganisation auf der anderen Seite. Dabei fällt auf, daß die Auswirkungen auf die Organisation mit zunehmender Interaktivität immer tiefgreifender sind: 44
Interaktivität und Kundennutzen
Auswirkungen auf die Organisation Abb. 11: Entwicklung der Versicherer im Internet 45 (nach CSC Plönzke AG)
Im Folgenden sollen die einzelnen Evolutionsstufen des BCG-Modells kurz näher beschrieben werden.
In der einfachsten Form des Internetauftrittes nutzt das Versicherungsunternehmen das Internet, um Interessierten, z. B. Nachfragern, Vertriebspartnern und Presse, Informationen über das Unternehmen, die Unternehmensphilosophie, die Produkte oder ähnliches zur Verfügung zu stellen.
Das Ziel des E-Marketings war die mittelbare Unterstützung des Vertriebsprozesses durch z. B. Gewinnung „heißer Adressen“, Imageförderung, Produktpräsentation und potentieller Bedarfsweckung bei Interessenten. Hierfür ist dieses Medium besonders gut geeignet, da es den traditionellen Zielkonflikt zwischen Reichhaltigkeit und Reichweite von Marketinginstrumenten beseitigt. So kann eine große Reichweite mit einer großen Bandbreite an Informationen kostengünstig, schnell und zeitnah erreicht
und abgedeckt werden. Dies ist besonders für ein so informationsintensives und häufig auf kleine Zielgruppen zugeschnittenes Produkt wie den Versicherungsschutz hervorragend geeignet (siehe Abb. 12).
Setzt man ausschließlich die E-Marketing-Strategie ein, vermeidet man den gefürchteten Vertriebskanalkonflikt (vor allem mit der Ausschließlichkeitsorganisation), da die vorhandenen Vertriebsstrukturen weitestgehend unangetastet bleiben. Vielmehr werden durch das E-Marketing die vorhandenen Vertriebskanäle noch unterstützt.
Neue Konzepte, die von einem strukturübergreifenden Einsatz digitaler Medien ausgehen, verstehen unter IT-unterstütztem Marketing nicht mehr nur eine günstige Werbeplattform in Form einer Homepage. Vielmehr werden die Möglichkeiten des Einsatzes umfassender gesehen, vor allem im Hinblick auf neue Unternehmensziele wie Kundenzufriedenheit (siehe Kapitel 4.1.1. Kundenbindung durch Kundenzufriedenheit).
E-Business als weitergehende Internetnutzungsstrategie dient zum einen der Unterstützung von Einzelfunktionalitäten und zum anderen der Optimierung und Integration von Geschäftsprozessen. Die Eingliederung des Internets als interaktive Plattform in die Kernprozesse wird von vielen Fachleuten, etwa z. B. unter dem Stichwort „Redesign der Geschäftsprozesse“ 47 , als wesentliche Strategie mit den wichtigsten mittelfristigen Auswirkungen auf die gesamte Assekuranz angesehen. Ohne hierbei die Struktur der Wertschöpfungskette zu verändern, lassen sich in den folgenden zwei Teilbereichen erhebliche Kosten- und Wachstumsvorteile realisieren : 1.) im Bereich Business-to-Consumer (B2C), bei dem der Endkunde über die Plattform Internet direkt in Geschäftsprozesse integriert wird. 2.) im Bereich Business-to-Business (B2B), in welchem zum Teil ganze Geschäftsprozesse zwischen den VU und deren Partnern durch digitale Medien (Internet/Extranet/Intranet) integriert werden.
Das Ziel im Bereich E-Business ist die vollständige Prozeßintegration ohne Medienbrüche. Langfristig ist sogar eine Umstrukturierung der bisherigen Wertschöpfungsketten absehbar.
Im B2C soll der Kunde über die Internetplattform direkt in die Geschäftsprozesse integriert werden. Wichtig für den Kunden ist dabei, daß für ihn durch seine Mitarbeit („Outsourcing“ von Teilen der Geschäftsprozesse zum Kunden) Mehrwerte generiert werden. Diese Mehrwerte ergeben sich vor allem aus beschleunigten Durchlaufzeiten (z. B. in der Schadenregulierung/Schadenzahlung). Ganz wichtig hierbei ist jedoch die Vermeidung von Medienbrüchen 48 , die einen Geschwindigkeitsverlust sowie Mehrkosten für den Versicherer bedeuten und bei zu langer Prozeßdauer sogar dem Image des Unternehmens schaden können. Medienbrüche, wie sie heute noch alltäglich sind, werden dem Kunden bald nicht mehr zumutbar sein. Ein Punkt, der insbesondere bei der Einbindung von Vertriebspartnern oder externen Dienstleistern in elektronische Geschäftsprozesse (B2B) zu beachten ist, ist die Verknüpfung des Frontend (Schnittstelle zum Kunden) mit den Back-Office-Anwendungen. Hierdurch wird es ermöglicht, diverse Teilprozesse an den POS (Point of Sale) zu verlagern. Der Vermittler wird dadurch in die Lage versetzt, z. B. die
Schadenabwicklung vor Ort vorzunehmen und Kunden gegebenenfalls direkt einen Scheck auszuhändigen. Dies spielt vor allem im Kundenbindungsmanagement eine Rolle.
Aber nicht nur durch Anbindung der Auschließlichkeitsorganisation an zentrale Back-Office-Anwendungen können die Geschäftsprozesse optimiert werden. Im Zuge eines umfassenden Prozeß-Reengineering sollten alle Geschäftspartner, also auch Banken, Assistance-Gesellschaften, Rückversicherer etc., angebunden werden, um auch in diesem Bereich Medienbrüche zu vermeiden und Geschäftsprozesse durchgängig zu optimieren. 49
„Der Vertrieb über das Internet verlangt nach einer grundlegenden Neuausrichtung der Prozesse und Strukturen sowie einer Neubewertung und gegebenenfalls einer Weiterentwicklung vorhandener Produkte und Marken.“ Zu diesem Ergebnis kommt die Unternehmensberatung Roland Berger & Partner in einer Ende 1998 durchgeführten Analyse. 50
Das heißt: Möchte sich ein Versicherer des Direktvertriebes per Internet bedienen, gelingt das nicht durch die bloße Übertragung des bisherigen Vertriebssystems auf das neue Medium. Vielmehr muß ein völlig neues Vertriebsmodell entwickelt werden. 51 Grundlage für den Erfolg des neuen Vertriebsmodells sollte eine Strategie sein, die sich an medienrelevanten (vertriebskanalrelevanten) Merkmalen orientiert. Dadurch lassen sich auch weitestgehend die von den Versicherern so gefürchteten Vertriebskanalkonflikte verhindern bzw. vermindern.
Das vermutlich relevanteste Merkmal für den E-Commerce stellt die Zielgruppe dar. Darüber hinaus müssen die Versicherungsprodukte an die avisierten Zielgruppen angepaßt bzw. diesen entsprechend modifiziert oder sogar neu entwickelt werden. Gerade in den elektronischen Märkten „dürften sich innovative Produkte als notwendig erweisen.“ 52
Bezugnehmend auf die Zielgruppe der Internetnutzer bedarf es der Entwicklung neuer Strategien der Kundengewinnung und Kundenbindung, also sensitiverer Methoden des Kundenbindungsmanagements, da sich im Internet ein Wandel vom Verkäufermarkt (aktiver Verkauf von Versicherungsschutz durch z. B. AO) zu einem Käufermarkt (aktiver Produktvergleich, aktiver Onlineabschluß) vollzieht. Jedoch wird sich in Zukunft das Unternehmen am besten plazieren können, das eine intelligente Kombination zwischen dem E-Commerce und den traditionellen Vertriebswegen erreichen kann. „Dem Kunden gleichzeitig die Schnelligkeit des Internets und die Individualität des persönlichen Kontaktes zur Verfügung zu stellen, wird auch branchenübergreifend im Online-Handel als Schlüssel zum Erfolg gesehen“. 53
Die logische Konsequenz der Fortführung der Evolutionsstufen mit zunehmender Wertschöpfungstiefe ist die Entwicklung völlig neuer Geschäftsprozesse durch die Veränderung ganzer Wertschöpfungsketten unter Ausnutzung der Möglichkeiten digitaler Medien.
Vorreiter in diesem Bereich können sich neben Kostenersparnissen, z. B. durch Verringerung der Durchlaufzeiten durch „voll digitalisierte“ Geschäftsprozesse, 54 und dem Image eines fortschrittlichen Unternehmens, vor allem einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil erarbeiten (First-Mover Advantages). Es besteht die Möglichkeit, die Schnittstellen zum Kunden zu besetzen und langfristig zu dominieren. Dies bezieht sich jedoch nicht nur auf neue Vertriebswege, sondern es schließt auch die bisherigen Vertriebskanäle mit ein. Z. B. kann ein Unternehmen, das Prozesse digitalisiert und den neuen Medien angepaßt hat, die organisatorische Führung einer virtuellen Versicherung übernehmen.
2.2.5. Virtuelle Unternehmen
„Strategische Unternehmensnetzwerke und die virtuelle Unternehmung als Spezialfall dieser Organisationsform (...) treten in der realen Wirtschaft immer häufiger auf.“ 55 Die virtuelle Unternehmung beschreibt im eigentlichen Sinne keine Internetnutzungsstrategie wie die bisher genannten. Sie ist vielmehr, in Bezug auf die internen Verwaltungs-und Produktionsprozesse, eine eigene Form der Unternehmensorganisation. Trotzdem dürfte sie das vorläufige Ende der durch das Internet hervorgerufenen evolutionären Entwicklungen markieren, da es sich auch um ein neues Geschäftsmodell handelt.
Die virtuelle Versicherung besteht nicht mehr wie bisher üblich aus einem einzelnen, klar nach außen abgegrenzten Unternehmen oder Konzern, in welchem die Wertschöpfung von unterschiedlichen spezialisierten Abteilungen erbracht wird. Vielmehr schließt sie sich aus strategischen Netzwerken eigenständiger juristischer Personen oder Partner zusammen, die sich nach außen einheitlich als ein Unternehmen präsentieren. Das heißt, der Kunde hat nur einen Vertragspartner und geht davon aus, daß alle Leistungen ausschließlich von diesem erbracht werden, da die virtuelle Struktur nach außen nicht in Erscheinung tritt. 56
Der Vorteil der virtuellen Unternehmensorganisation liegt dabei in der gesteigerten Effizienz der Wertschöpfung, die durch die optimale Ausnutzung und Kombination von Kernkompetenzen der einzelnen Partner erzielt wird. Die virtuellen Partner im elektronischen Netzwerk sind dabei relativ flexibel austauschbar, daher kann auf Marktänderungen möglichst rasch reagiert werden. 57
und die Vorbehalte der Mitarbeiter abzubauen. Dieses Problem entfällt für virtuelle Unternehmen.
Bisher sind die VU in der Regel technisch und organisatorisch nach außen abgeschlossen, d. h. jede Interaktion mit dem VU erfolgt über meist „medienbrechende“ Schnittstellen. Um die Möglichkeiten des Interneteinsatzes im Bereich B2C betrachten zu können ist es also sinnvoll, zuerst die Geschäftsprozesse bzw. die Teilprozesse an der Schnittstelle zum Privatkunden zu ermitteln. Bei der Erfassung des Ist-Zustands der Kommunikation und Interaktion zwischen Versicherungsunternehmen und Kunden betrachtet man die bestehenden Geschäftsprozesse sowie die Art ihrer Verknüpfung. Das Ergebnis ist ein Prozeßmodell des Unternehmens. Um einen einzelnen Prozeß zu beschreiben, muß man wissen, „wo der Prozeß startet und endet, welche organisatorischen Einheiten er durchläuft, welche Variante des Prozesses betrachtet wird, welche(s) Ergebnis(se) beabsichtigt sind, wer die Abnehmer dieser Ergebnisse sind, welche Zeit ein Prozeßdurchlauf durchschnittlich benötigt und welche Schnittstellen zu anderen Prozessen bestehen.“ 59 Die Durchgängigkeit der Prozesse, wie in den Abb. 13 und 18 dargestellt, ist dabei bisher nur bei wenigen Versicherungsunternehmen gegeben. Vielmehr finden sich in der Assekuranz noch überwiegend funktionale Organisationsformen, aufgeteilt nach Sparten, wie z. B. Kfz-Versicherung, Sachversicherung oder Haftpflichtversicherung, oder nach unterschiedlichen Arbeitsschritten, z. B. Antrag, Bestand oder Schaden. Seit einigen Jahren ist jedoch auch in der Versicherungswirtschaft ein Umdenken hin zur kundenorientierten und damit zur prozeßorientierten Organisation zu beobachten. 60
Das bedeutet, daß sich die für den Kunden ansteigende Wertschöpfung nicht mehr aus dem Durchlaufen der einzelnen funktionalen Abteilungen des Unternehmens generiert, sondern der Prozeß der Wertschöpfung zunehmend selbst zu einer eigenständigen - horizontal über den bisherigen Funktionsbereichen liegenden - „Organisationseinheit“ wird.
Die organisatorische Aufgabeneinteilung erfolgt dann nicht mehr funktional nach Sparten, sondern prozeßorientiert nach den unterschiedlichen Kundengruppen wie z. B. Privat-, Gewerbe- und Industriekunden.
Hierfür entstehen in letzter Zeit in der gesamten Versicherungswirtschaft vermehrt Kundenservicecenter vor allem in Form von Call-Centern, um den Kunden am „Frontend“ sparten- und aufgabenübergreifend aus einer Hand, d. h. fallabschließend bedienen zu können.
- Quote paper
- Felix Georgi (Author), 2001, Möglichkeiten des Interneteinsatzes zur Anbahnung und Pflege von Kundenbeziehungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185665
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.