Die Arbeit stellt sich die Frage, inwieweit e-commerce in Bauunternehmen umgesetzt werden kann bzw. bereits umgesetzt wird, und welche Entwicklungspotenziale bestehen.
Der elektronische Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen, der in dieser Arbeit vorgestellt wird, nutzt das Internet als Übertragungsmedium zwischen räumlich getrennten Rechnern. Daher werden in Kapitel 2 zunächst die Grundlagen des Internet erläutert.
Diplomarbeit Zur Erlangung des Grades Diplom-Ingenieur
Der Einsatz von Electronic Commerce
in Bauunternehmen
vorgelegt von
cand. Ing. Alexander Schmidt
Aachen
Februar 2001
Internet Interconnected Networks
IP Internet Protocol ISOC Internet Society IT Informationstechnologie jpeg Joint Photographic Experts Group KMU Kleine und mittlere Unternehmen LV Leistungsverzeichnis Mio. Million(en) Mrd. Milliarde(n) Nr. Nummer NU Nachunternehmer o. ohne o.V. ohne Verfasserangabe PC Personal Computer PIN Personal Identification Number PPP Point To Point Protocol S. Seite s. siehe SGML Standard Generalised Markup Language SiG Signaturgesetz SLIP Serial Line Internet Protocol SMTP Simple Mail Transfer Protocol SZ Süddeutsche Zeitung TCP Transport Control Protocol u.a. unter anderem UDP User Datagram Protocol URL Uniform Ressource Locator vgl. vergleiche VOB Verdingungsordnung für Bauleistungen W3C World Wide Web Consortium WWW World Wide Web XML Extensible Markup Language z.B. zum Beispiel
1 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Diese von der Analystin Mary Weeker geschilderte Situation der Bauindustrie könnte sich mit Hilfe von Electronic Commerce (e-commerce) bald ändern. Anbieter von e-commerce Anwendungen für die Baubranche versprechen Kosteneinsparungen von 23 Prozent und eine Verkürzung der Bauzeiten um 15 Prozent. 2
Es stellt sich daher die Frage, inwieweit e-commerce in Bauunternehmen umge-
setzt werden kann bzw. bereits umgesetzt wird, und welche Entwicklungspotenziale bestehen. Diese Fragen sind Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Der elektronische Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen, der in dieser Arbeit vorgestellt wird, nutzt das Internet als Übertragungsmedium zwischen räumlich getrennten Rechnern. Daher werden in Kapitel 2 zunächst die Grundlagen des Internet erläutert.
In Kapitel 3 werden die Grundlagen des elektronischen Geschäftsverkehrs dargelegt und es wird deutlich gemacht, wo die Potenziale von e-commerce liegen. Der Nutzen, der durch die Anwendung von e-commerce für alle Beteiligten eines Geschäftsprozesses entsteht, soll gezeigt werden. Die Umsetzung von e-commerce vollzieht sich auf mehreren Stufen. Sowohl die Komplexität der Anwendung als auch der Nutzen, der für das Unternehmen entsteht, nehmen dabei zu. Daher wird in diesem Kapitel ein Phasenmodell vorgestellt, das die schrittweise Öffnung eines Unternehmens für den elektronischen Handel beschreibt.
Kapitel 4 geht auf die Besonderheiten der Baubranche ein. Dabei wird erläutert, in welchem Umfang e-commerce bereits Anwendung findet und an welcher Stelle im Phasenmodell Bauunternehmen heute stehen. Die besonderen Bedingungen der Bauproduktion werden herausgestellt und Unterschiede zur stationären Industrie erläutert.
Bei der Umsetzung von e-commerce ergeben sich Hindernisse, die teilweise branchenübergreifend vorhanden sind, in manchen Bereichen jedoch allein den Wirtschaftsbereich Bau betreffen. Auf diese Hindernisse und die Möglichkeiten zu ihrer Überwindung wird in Kapitel 5 eingegangen.
Die folgenden drei Kapitel beschäftigen sich mit den wichtigsten Anwendungsmöglichkeiten von e-commerce im Bauwesen. Kapitel 6 beschreibt den Einsatz elektronischer Übertragungsmittel im Ausschreibungswesen. Dabei steht die Anwendung von e-commerce bei einer Öffentlichen Ausschreibung im Vordergrund. Die Anwendungsmöglichkeiten von e-commerce im Beschaffungsprozess eines Bauunternehmens sind Gegenstand von Kapitel 7. Dabei wird eine Unterscheidung hinsichtlich der Art der zu beschaffenden Güter vorgenommen, da sich diese in unterschiedlicher Weise für den elektronischen Handel eignen. Kapitel 8 untersucht den Einsatz von e-commerce bei der Planung und Ausführung eines Bauprojektes. Es wird gezeigt, dass die Zusammenarbeit aller am Bau Beteiligten durch den Einsatz eines internetbasierten Kommunikationssystems wesentlich effizienter gestaltet werden kann.
Die in dieser Arbeit vorgestellten Anwendungsmöglichkeiten von e-commerce werden momentan fast ausschließlich von Firmen angeboten, die keine Bauunternehmen im klassischen Sinne sind sondern Software-Firmen und Internet-Startups. Doch auch die großen deutschen Baukonzerne entwickeln zur Zeit eigene ecommerce Lösungen für die Baubranche. Kapitel 9 erläutert grundsätzliche Unterschiede zwischen Unternehmen der New- und Old-Economy und geht auf die Frage ein, welches Unternehmen sich letzten Endes am Markt durchsetzen kann.
2 Grundlagen Internet
In den vergangenen Jahren hat keine andere Technologie unser Leben so grundsätzlich beeinflusst wie das Internet. Waren 1995 weltweit fünf Millionen Menschen an das Internet angeschlossen, so sind es im Jahr 2000 mehr als 200 Millionen, die über das weltweite Netz Informationen austauschen, Bankgeschäfte erledigen und Reisen buchen. Die Geschwindigkeit, mit der sich diese „digitale Revolution“ vollzieht, ist einzigartig in der Geschichte der Technik. Zum Vergleich: In nur vier Jahren waren 50 Millionen Menschen an das Internet angeschlossen, während die Grenze von 50 Millionen Benutzern von Radios erst nach 38 Jahren erreicht worden ist. Abbildung 2-1 veranschaulicht diesen sprunghaften Anstieg der Internet-Nutzer.
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Besonders für Unternehmen bietet das Internet große Chancen, was allerdings bis vor kurzem noch von einem Großteil des Top-Managements in Unternehmen bezweifelt wurde: Ende 1999 glaubten weniger als 40 Prozent der europäischen Spitzenmanager, dass Electronic Commerce ihr Geschäft radikal verändern werde. 5 Momentan weicht jedoch die Vorstellung von der "Modeerscheinung Internet" der Überzeugung, dass das Internet durchaus beachtliche Potenziale für neue Geschäftsmodelle und Kosteneinsparungen bietet.
Ein Begriff, der im Zusammenhang mit dem Internet immer wieder fällt, ist der Begriff von der Informationsgesellschaft. Die Informationsgesellschaft schafft unvorhergesehene Möglichkeiten und Herausforderungen. Sie ist durch drei unverwechselbare Merkmale gekennzeichnet: Sie ist global. Sie bevorzugt nicht greifbare Dinge: Ideen, Informationen, Wissen. Sie ist in hohem Maße verkettet. Diese Merkmale werden im folgenden kurz erläutert: Die Globalität bricht vorhandene, geographische Strukturen auf. Für einen Computer eines deutschen Unternehmens macht es beispielsweise keinen Unterschied, ob sich der Handelspartner im benachbarten Ort oder auf der anderen Seite der Welt befindet. Das Schlagwort dieser Globalität heißt "virtuell". Virtuell bezeichnet eine neue Realität. Das heißt, in einem Netz müssen Räume nicht unbedingt geographisch sein. Der Vorteil dieser Netzräume ist das uneingeschränkte Vermögen, Verbindungen und Beziehungen zwischen beliebigen Computern herzustellen. 6 Folglich können für ein Unternehmen über das Internet ganz neue Märkte entstehen. Ein Unternehmen, das sich im Internet über eine eigene Homepage präsentiert, hat das Potenzial, weltweit Beachtung zu finden.
Werden in der bekannten Wirtschaftswelt zumeist reale Waren gehandelt, so zählt in der Wirtschaft der Informationsgesellschaft ein Faktor besonders viel: Ideen - verpackt als Patente, Produktpläne oder Computerprogramme. Je öfter diese Ideen reproduziert werden, desto geringer sind die Kosten für den Hersteller. Microsoft investiert Milliarden Dollar, um eine neue Version seines Erfolgssystems Windows zu entwickeln, die Kosten für die Kopie der Software sind dagegen verschwindend gering.
In der vernetzten Wirtschaft ist der Wert vieler Produkte um so größer, je mehr Menschen sie nutzen. Viele Verbraucher verwenden Microsoft Word nicht wegen der Einzigartigkeit dieses Textverarbeitungsprogramms, sondern weil Freunde und Kollegen auch damit arbeiten und sich deswegen Daten leicht austauschen lassen. Liegt ein Ideenproduzent also erst einmal vorne, sei es aus Zufall, sei es durch überlegenes Können, dann kann er seinen Marktvorsprung leicht weiter ausbauen. Ein einmal im Internet erfolgreich platziertes Unternehmen ist daher nur mit hohem Risiko und großem Aufwand zu verdrängen. So hat selbst Microsoft, einer der reichsten Konzerne der Welt, den Plan verworfen, einen Konkurrenten im Auktionsgeschäft gegen E-Bay, den amerikanischen Marktführer für Online-Auktionen, aufzubauen. 7 Auf solchen Märkten konkurriert nicht mehr eine Schar ähnlich starker Hersteller um Marktanteile, wie es das Idealbild der Ökonomen vorsieht. Dort kämpfen die Firmen kurz und vehement um den ganzen Markt. Vom Start weg möglichst viele Kunden zu erreichen ist wichtiger, als sofort profitabel zu arbeiten.
Mit Verkettung ist zunächst die Vernetzung innerhalb des Unternehmens gemeint. Bestellung, Produktion, Kundenbetreuung und Personalverwaltung: alles wird elektronisch abgewickelt. Wenn beispielsweise ein Käufer im Web-Dienst des Computerkonzerns Dell eingibt, welchen Rechner er haben will, dann gehen die Daten direkt an die Produktionsstätten. Darüber hinaus bezieht sich diese Vernetzung im Idealfall auf die komplette Wertschöpfungskette, also auf Kunden, Zulieferer und Betriebe.
2.1 Historische Entwicklung
Bei dem Versuch, die historische Entwicklung des Internet aufzuzeigen, wird man vor erhebliche Probleme gestellt. So ist eine exakte Datierung des Beginns des Internetzeitalters fast unmöglich, denn die Entstehung des Internet gleicht eher einem evolutionären Prozess und wurde nicht durch eine konkrete Erfindung ausgelöst.
Das Ende der 50er Jahre war geprägt vom "Kalten Krieg" und den Raumfahrterfolgen der damaligen UdSSR. Aus dieser Stimmung heraus erwuchs der Wunsch der amerikanischen Regierung, ein Kommunikationsmedium zu entwickeln, das auch bei gewaltigen Zerstörungen, beispielsweise im Falle eines atomaren Angriffs der Sowjets, weiterhin den Betrieb aufrechterhalten konnte. Die Geburt des Internet ist somit dem U.S. Militär zu verdanken. Die Armee gab den Auftrag für
die Entwicklung eines unzerstörbaren Nachrichtensystems, das bei dem Ausfall eines Teilsystems weiterhin insgesamt funktionstüchtig bleiben sollte. Dieses System erhielt später den Namen ARPANET und gilt als die wichtigste Vorstufe aller weiteren Entwicklungen. 8
1962 stellte Paul Baran von der RAND Corporation 9 ein Netzsystem ohne zentrale Knotenpunkte vor, bei dem die zu übermittelnde Nachricht in einzelne Datenpakete geteilt wurde. Diese konnten dem Empfänger auf beliebigen und verschiedenen Wegen durch das Netzwerk gesandt werden. Beim Empfänger sollten diese Datenpakete dann wieder zur Gesamtnachricht zusammengesetzt werden. Beim Ausfall einiger Knotenpunkte, also im Falle der Zerstörung bestimmter Computer, konnte die Nachricht trotzdem ihr Ziel erreichen. Das oberstes Gebot dieses Systems war eine Netzstruktur, bei der jeder Knotenpunkt gleichberechtigt sein sollte. Diese Forderung entsprang der Einsicht, dass in jedem hierarchischen System der Gegner nur die höheren Kommunikationsknoten zu lokalisieren hatte, um das gesamte Netzwerk auszuschalten. 10
Die erste praktische Umsetzung in Form eines Netzwerkes erfolgte 1969 und verband vier Universitäten bzw. Forschungseinrichtungen miteinander: Die University of California at Los Angeles, die University of California at Santa Barbara, die University of Utah und das Stanford Research Institute. Es folgten weitere öffentliche und private Netzwerke, überwiegend militärisch oder forschungsorientiert. 1974 wurde das TCP/IP-Protokoll, ein allgemeiner Standard für Übertragungen im Internet entwickelt (vgl. Kapitel 2.3). Dieses von den Wissenschaftler Kahn und Cerf entwickelte Protokoll galt als entscheidender Durchbruch bei der Vernetzung unterschiedlicher paketorientierter Netzwerke. Es dauerte allerdings bis zum Jahre 1983, bis alle Knoten auf das TCP/IP-Protokoll umgestellt waren, und es einen erster Standard für Übertragungsprotokolle gab. 11 1990 wurden in Genf die Grundlagen für das World Wide Web (WWW), dem am häufigsten gebrauchten Internetdienst entwickelt (vgl. Kapitel 2.4.1). Seit 1992 gibt es Web-Browser, die eine einfache Nutzung des Internet zulassen. Der Wandel von einer streng wissenschaftlichen zu einer kommerziellen Anwendung des Internet begründete die nun folgende explosionsartige Entwicklung.
2.2 Technische Grundlagen
Das Internet ist ein weltweiter Verbund unterschiedlicher, miteinander verknüpfter Computernetze. In jedem lokalen Netz muss es mindestens einen Computer geben, der die Verbindung zum übrigen Internet herstellt. Ein solcher Computer wird als Router 12 bezeichnet. Router erkennen, wenn ein Datenpaket nicht für das eigene Netz bestimmt ist, und leiten es zielgerichtet auf ein anderes Netz weiter, von wo es zum nächsten Router gelangt. So wandert ein Datenpaket über mehrere Stationen hinweg von Netz zu Netz, bis es das Zielnetz erreicht hat und dort dem Empfänger zugestellt werden kann. Zwischen Sender und Empfänger besteht somit keine feste Verbindung, wie dies etwa im Telefonnetz der Fall ist. Vielmehr handelt es sich um einen verbindungslosen und nicht abgesicherten Transport von Datenpaketen. 13
Der Weg, den ein Datenpaket nimmt, um beispielsweise von der RWTH-Aachen aus die University of Technology Sydney (UTS) in Australien zu erreichen, wurde mit dem Programm tracert.exe 14 von Windows 98 ermittelt: 11. 180.atm7-0.br3.nyc9.alter.net 1. max-tnt.rz.rwth-aachen.de
Zunächst befindet man sich im Rechenzentrum der RWTH-Aachen, danach geht es weiter im Deutschen Forschungsnetz (DFN) über Computer in Köln und Hannover nach New York. Über Leitungen des amerikanischen Netzwerkbetreibers Cable and Wireless gelangt man von New York über San Francisco in den australischen Bundesstaat New South Wales und schließlich in das Rechenzentrum der University of Technology in Sydney.
Netze können in Unternetze, so genannte Subnets, unterteilt werden, die unter einer einheitlichen Adresse erreichbar sind.
Eine spezielle Form der Internet-Technologie stellen Intranets dar. Während das Internet für jeden jederzeit öffentlich zugänglich ist, ist dies bei einem Intranet nicht der Fall. Hier handelt es sich um unternehmensinterne Netze, die nur bestimmten Benutzern zugänglich sind. Ein Intranet ist meistens an das Internet angeschlossen. Der Zugang vom offenen Internet zum gesicherten, geschlossenen Intranet erfolgt dann über so genannte Firewalls, die das Intranet gegen Zugriffsverletzungen und Computerviren schützen (vgl. Kapitel 5.3.1). Da Internet und Intranet dieselbe Technologie und dieselben Standards verwenden, ergeben sich bessere Anbindungs- und Nutzungsmöglichkeiten firmeninterner Netzwerke mit dem gleichzeitigen Vorteil einer einfachen und einheitlichen Bedienung. 15 Das Intranet kann auch für weitere Gruppen zugänglich gemacht werden. Bei einer solchen Ausweitung des firmeninternen Intranet spricht man von einem Extranet. So können beispielsweise Lieferanten oder Kunden, nachdem sie sich identifiziert haben, über eine Internetverbindung auf das Intranet zugreifen. Das Internet ist dezentral strukturiert, das heißt, es gibt keinen eigentlichen "Betreiber" des Netzes. Die Verwaltung des Internet wird von verschiedenen Organisationen wahrgenommen, die für die Adressverwaltung, die Standards bei den Kommunikationsprotokollen und ähnliches zuständig sind. In Deutschland ist hierfür das Deutschland-Network-Informations-Center an der Universität Karlsruhe und in Europa die RIPE (Réseaux IP Européens) zuständig. Eine koordinierende Rolle kommen der Internet Society (ISOC) und für das World Wide Web (WWW) dem WWW-Konsortium 16 zu.
2.3 Kommunikationsprotokolle
Für die Kommunikation zwischen zwei Computern benötigt man zum einen ein Übertragungsmedium, das sich je nach Verbindung aus verschiedenen Netzwerken zusammensetzen kann und zum anderen Übertragungsnormen und - schnittstellen, die zusammenfassend Kommunikationsprotokolle genannt werden. Wenn ein Computer (Client) Dienste von einem anderen Computer (Server) anfordert, wird diese Form der Aufgabenverteilung allgemein als „Client-Server-Computing“ bezeichnet. Die Kommunikationsprotokolle regeln den Datenaustausch zwischen Client und Server, der in verschiedene Schichten unterteilt werden kann. Den Aufbau dieser Schichten verdeutlicht Abbildung 2-2.
Abbildung 2-2: Schichtenmodell im Internet 17
Die unterste Schicht in diesem Modell und damit das Grundgerüst der Datenüber- ist die Bitübertragungsschicht. Damit ist der physikalische Datenaustausch in der Telefonleitung in analoger oder digitaler Form (ISDN) gemeint.
Die Datensicherungsschicht (Data Link Layer) betrifft die Einbindung des lokalen Computers in das Internet über eine Modemverbindung. Für diese Einwahl in das Internet gibt es zwei standardisierte Zugangsprotokolle. Es handelt sich um die Protokolle SLIP (Serial-Line-IP-Protocol) und PPP (Point-to-Point-Protocol), deren Auswahl meist vom Provider oder Netzbetreiber vorgegeben wird. PPP ist neuer und leistungsfähiger als SLIP. Alternativ dazu kann auch eine Verbindung über eine Standleitung erfolgen. Diese Zugangsmöglichkeit stellt eine permanente IP-Verbindung dar. Die Notwendigkeit des Verbindungsaufbaus über ein Modem entfällt, da die Datenleitung permanent aktiv ist.
Die Netzwerkschicht mit dem Internet-Protokoll (IP) definiert den Transport von Datenpaketen und bildet somit die Grundlage der Datenkommunikation im Internet. Die zu sendenden Daten werden in einzelne Datenpakete zerlegt. Diese werden getrennt und auf möglicherweise voneinander verschiedenen Wegen der Zieladresse zugeleitet und dort zusammengesetzt. Eine Kontrolle über die Vollständigkeit der beim Empfänger eingetroffenen Datenpakete findet auf der Ebene des IP-Protokolls noch nicht statt.
Über der Netzwerkschicht folgt die Transportschicht, deren Protokolle TCP (Transport Control Protocol) und UDP (User Datagram Protocol) die Kommunikation der Internet-Dienste definieren. Im Gegensatz zum TCP-Protokoll besitzt das UDP-Protokoll keine Kontrollmechanismen, ist allerdings schneller und wird daher oft für Dienste mit Echtzeitdaten wie Telefongespräche, Audioübertragungen und Videokonferenzen verwendet. Eine sichere Verbindung zwischen Sender und Empfänger bildet das TCP-Protokoll. Es schafft für den Absender der Datenpakete eine Möglichkeit, den korrekten Empfang auf der Gegenseite zu überprüfen. Das TCP/IP-Protokoll bildet für die meisten Internetdienste, wie das WWW oder Electronic Mail, den allgemeinen Standard der Übertragung (vgl. Kapitel 2.4). 18 Die Anwendungsschicht umfaßt alle für den Menschen „greifbaren“ Benutzeroberflächen, die er zum Austausch von Daten benötigt. FTP (File Transfer Protocol) und Telnet sind Anwendungen, die Fernzugriffe auf Computer im Internet erlauben und mit denen sich so Dateien austauschen lassen. Die größte Bedeutung kommt HTTP (Hypertext Transfer Protocol) zu. HTTP ist die Anwendung für die wichtigsten Internetdienste, die im folgenden Kapitel erläutert werden.
2.4.1 World Wide Web
Die Geschichte des World Wide Web (WWW) ist eng mit dem Namen Tim Barners-Lee verbunden. Er entwickelte Ende der 80er Jahre am europäischen Kernforschungszentrum CERN 19 in Genf die grundlegenden Konzepte des WWW, wie das Übertragungsprotokoll HTTP, die Dokumentensprache HTML und die Adressierung über URLs 20 .
URL (Uniform Ressource Locator) definiert die vollständige Adresse für den Zugriff auf ein Web-Dokument und besteht aus vier Teilen: dem Übertragungsprotokoll, der Rechneradresse des Servers (Domain-Name), dem Pfad unter dem die Ressource zu finden ist und gegebenenfalls der Angabe von Parametern. Aktuelle Informationen der Hochschulbibliothek der RWTH-Aachen sind beispielsweise unter folgender URL zu finden:
http://www.bth.rwth-aachen.de/neu.html
Übertragungsprotokoll Domain-Name des Servers Pfad zur Internet-Seite Parameter
Abbildung 2-3: Adressierung über URL
HTTP (Hypertext-Transfer-Protocol) ist ein Übertragungsprotokoll, das den Aus- von Daten im WWW regelt. Der Client baut eine TCP/IP-Verbindung zum gewünschten HTTP-Server auf und setzt eine Anfrage nach einem gewünschten Dokument ab. Der Server erhält die Anfrage und sendet im Normalfall das gewünschte Dokument zurück. Ist die Übertragung von Anfrage und Antwort abgeschlossen, wird die Verbindung wieder geschlossen.
Die Sprache HTML (Hypertext-Markup-Language) ist eine Beschreibungssprache für diese Dokumente, die sowohl aus Texten als auch aus Bildern bestehen können. Die Wiedergabe der in HTML geschriebenen Dokumente erfolgt durch einen Browser. Dieser interpretiert den HTML-Code und gibt an, wie Text, Bilder und Tabellen auf dem Monitor angezeigt werden sollen.
HTML ist keine komplizierte Computersprache. Text und Formatierung können mit jedem Editor geschrieben werden, die Befehle sind klar strukturiert und leicht nachzuvollziehen. Ob ein Satz als normaler Text erscheinen soll oder als Überschrift, steht in spitzen Klammern, so genannten Tags 21 , vor und hinter der jeweiligen Textpassage. Ebenso Hinweise zur Formatierung, wie Absätze oder Leerzeilen. Praktisch alle Tags in HTML dienen zur Layoutbeschreibung von Dokumenten. Bilder und Grafiken werden meist in einem der beiden Grafkstandards gif 22 oder jpeg 23 in den HTML-Code eingebettet. 24
So vorteilhaft HTML als globale Sprache des WWW ihrer einfachen Struktur wegen ist, so hat sie doch einen entscheidenden Nachteil: Sie dient der reinen Prä- sentation von Daten. Darüber hinaus ist es nicht möglich, Inhalte strukturiert zu erfassen oder einzelne Daten aus einem Kontext heraus zu separieren. Die Auswertung einer mit HTML übermittelten Bestellung ist demnach für einen Rechner nicht möglich, da er die Semantik der Daten nicht erkennt. Grade dies ist jedoch für eine kommerzielle Nutzung des Internet von höchster Bedeutung. 25 Eine Lösung dieser Problematik bietet das neue XML-Format (Extensible-Markup-Language). XML erlaubt es, Informationen inhaltlich festzulegen und nicht nur anzugeben, wie sie präsentiert werden. Damit wird es möglich, den Inhalt einer Seite strukturiert zu erfassen und bei Bedarf einzelne Daten, wie beispielsweise den Preis eines Produktes, aus dem Kontext heraus zu isolieren und elektronisch weiterzuverarbeiten. Auf die besondere Bedeutung von XML wird in Kapitel 5.4.1 noch genauer eingegangen.
XML ähnelt zwar HTML, ist aber keine direkte Weiterentwicklung. Vielmehr haben beide eine gemeinsame Wurzel mit Namen SGML (Standard-Generalized-Markup-Language), ebenfalls eine Universalsprache für Dokumente. Seit 1986 ist SGML weltweit genormt. Durchgesetzt hat sie sich aber nicht. Sie gilt als sehr komplex und umfangreich und blieb eine Sprache von wenigen Spezialisten. Daß die Konzepte von SGML richtig waren, beweist jedoch der Erfolg von HTML. 26 Abbildung 2-4 veranschaulicht die zeitliche Entwicklung und den „Stammbaum“ der Internet-Sprachen.
2000
1990 1980
1970
1960 Abbildung 2-4: Zeitliche Entwicklung der Internet-Sprachen
2.4.2 Electronic Mail
Electronic Mail (e-mail) ermöglicht nicht nur das Versenden von Briefen (Text). Darüber hinaus können Dateien als so genannte Attachments 27 mit der e-mail zusammen verschickt werden. Während das WWW eine direkte Verbindung zwischen Sender und Empfänger voraussetzt, muss beim Versand von e-mails der Computer des Empfängers nicht zur selben Zeit am Netz sein wie derjenige des Absenders. Das e-mail-System basiert auf einem Konzept zwischengeschalteter Mail-Server. Zunächst setzt man seine e-mail an den Mail-Server des Internet-Providers ab. Von dort gelangt sie über mehrere Mail-Server an den Mail-Server des Empfängers der e-mail. Die Kommunikation des eigenen Internet-Provider mit den Mail-Servern erfolgt über SMTP (Simple-mail-Transfer-Protocol). Der Empfänger der e-mail muss hierzu auf dem entsprechendem Server ein Postfach unterhalten. Der Empfänger kann nun jederzeit die e-mail über einen Computer mit Internet-Zugang von seinem Postfach abholen. 28
2.4.3 Newsgroups
Newsgroups sind Informations- und Diskussionsforen über einen bestimmten Themenbereich im Internet. Die thematisch geordneten Newsgroups dienen dem Nachrichtenaustausch. Jeder Teilnehmer kann, ausgehend vom Ursprungsartikel, die Beiträge lesen und eigene hinzufügen, die der Ausgangsinformation angehängt werden. Der so entstehende Informationsstrang wird Thread genannt. Neben Textnachrichten können auch Bilder, Videos und HTML-Dokumente zur Diskussion gestellt werden. 29 Newsgroups werden in wenigen Fällen moderiert, was die Qualität der Diskussionsrunde und der öffentlich gemachten Beiträge wesentlich steigert. 30
3 Grundlagen Electronic Commerce
Die Übergänge zwischen e-commerce und e-business sind jedoch oftmals fließend, weshalb in dieser Arbeit auf eine solche Differenzierung verzichtet wird. ecommerce soll vielmehr aus einer allgemeinen Perspektive betrachtet und als elektronische Abbildung von Geschäftsprozessen verstanden werden.
3.1 Definitionen von Electronic Commerce
In der Fachliteratur finden sich verschiedene Definitionen für e-commerce, die auszugsweise kurz vorgestellt werden:
„Electronic Commerce ist ein Konzept für die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien zur elektronischen Integration und Verzahnung von Wertschöpfungsketten oder unternehmensübergreifenden Geschäftsprozessen.“ 32 „Aus einer allgemeinen Perspektive versteht man unter Electronic Commerce alle Formen der elektronischen Geschäftsabwicklung über öffentliche oder private Computernetzwerke (z.B. Internet).“ 33
„Electronic Commerce bezeichnet den Einsatz von Datenverarbeitung und Telekommunikation, um Geschäfte zwischen Unternehmen zu unterstützen - typischerweise den Austausch von Gütern und Dienstleistungen gegen Bezahlung. Eingeschlossen sind private Netzwerke, das Internet, unternehmensinterne Netze (Intranets) sowie Internet-basierte Netzwerke mit einer begrenzten Zahl von Teilnehmern (Extranets).“ 34
Aus allen Definitionen geht hervor, dass eine wesentliche Aufgabe von e-commerce in der Unterstützung von Geschäftsprozessen liegt. Der Geschäftsprozess bezieht sich in der vorliegenden Arbeit vor allem auf den Einkaufsprozess eines Bauunternehmens in den Phasen Information, Vereinbarung und Abwicklung. Jeder Prozess innerhalb dieser drei Phasen kann mit Hilfe von e-commerce unterstützt werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Vernetzung der Geschäftsprozesse. Durch den Einsatz vom e-commerce werden unternehmensübergreifende Prozesse viel stärker integriert als dies beim herkömmlichen Geschäftsprozess der Fall ist. Bestimmte Teile der Wertschöpfungskette werden dadurch verzahnt und bilden durchgängige Ketten. Dies geschieht beispielsweise durch die Einbindung eines Lieferanten in ein Extranet.
Darüber hinaus besitzt e-commerce das Potenzial bestehende Geschäftsprozesse aufzulösen und Teile der Wertschöpfungskette neu zu gestalten. Auf diese innovativen Eigenschaften wird im Verlauf dieses Kapitels eingegangen.
3.2 Klassifizierung von Electronic Commerce
Die wichtigste Klassifizierung von e-commerce ist die Unterscheidung nach den an der Transaktion beteiligten Marktteilnehmern. Als Akteure des e-commerce können damit allgemein drei Gruppen unterschieden werden, die Geschäfte miteinander abwickeln: Konsumenten (Consumer) Unternehmen (Business) Öffentliche Institutionen (Administration)
Im folgenden sind die einzelnen Handlungsbereiche nach den Kriterien Anbieter und Nachfrager der Leistung kategorisiert, wodurch sich eine Matrix mit neun Markt- und Transaktionsbereichen ergibt.
Abbildung 3-1: Markt- und Transaktionsbereiche des e-commerce 35
Die unterlegten Transaktionsbereiche, also die Bereiche Business-to-Business und Business-to-Consumer, haben die größte wirtschaftliche Bedeutung. Für die Bauwirtschaft besitzt darüber hinaus der Bereich Administration-to-Business, beispielsweise für öffentliche Ausschreibungen, ein großes Potenzial. Hinsichtlich der Nutzbarkeit von e-commerce unterscheiden sich öffentliche Ausschreibungen aber nicht grundlegend von beschränkten Ausschreibungen oder der freihändigen Vergabe und werden daher im folgenden mit zum Bereich Business-to-Business gezählt.
Anfänglich waren es vor allem die e-commerce Erfolgsbeispiele aus dem Bereich Business-to-Consumer, die von sich Reden machten. Die Kurse der Internet-Aktien schnellten binnen kürzester Zeit in die Höhe: Der Umsatz der ersten Internet-Buchhandlung Amazon.com stieg von 16 Millionen Dollar im Jahre 1996 auf 148 Millionen Dollar ein Jahr später. 36 Im Dezember 1999 rangierte das Unternehmen mit einem Börsenwert von 35 Milliarden Dollar auf Platz drei der Internet-Aktien an der Wall Street. 37
Doch nach und nach mehrten sich die Pleiten bei den noch bis vor kurzem so hochgelobten Internet-Firmen, da schlüssige Konzepte und klare Strategien oftmals fehlten.
CDnow, ein Internet-Musikhändler aus den USA, galt lange Zeit als leuchtendes Beispiel für ein erfolgreiches Business-to-Consumer Unternehmen. Doch CDnow überschätzte die Bereitschaft der Verbraucher, über das Internet CDs zu kaufen. Im Juli 2000 wurde das angeschlagene Unternehmen, das allein im ersten Quartal einen Verlust von 37,8 Millionen Dollar ausgewiesen hatte, von der Bertelsmann AG übernommen. Zu einem, so Andreas Schmidt, Chef der Bertelsmann ecommerce Group, „...sehr günstigen Preis.“ 38
Oftmals sind mangelhafte Strategien oder illusorische Umsatzprognosen Schuld daran, dass anfangs gut gestartete Unternehmen nach kurzer Zeit zahlungsunfä- hig werden. Auch die allgemein schlechte Börsenstimmung am neuen Markt wirkt sich negativ aus. Doch müssen Firmen, die sich über das Internet direkt an den Verbraucher wenden, von Anfang an mit einer ganz grundlegenden Schwierigkeit rechnen: Die Bereitschaft der Konsumenten, über das Internet Geschäfte zu tätigen, ist allgemein geringer als erwartet wurde.
So nutzen zwar immer mehr Menschen das Internet zur Beschaffung von Informationen, schrecken aber vor dem Einkauf noch oftmals zurück. Dies ist in erster Linie auf Sicherheitsbedenken zurückzuführen. Die Kreditkartennummer herauszugeben, was häufig noch die einzige Möglichkeit zur Bezahlung ist, erscheint vielen Verbrauchern zu unsicher. Auf das sehr wichtige Thema der Sicherheit im ecommerce wird noch ausführlich in Kapitel 5.3 eingegangen. Heute und auch in Zukunft ist es der Business-to-Business-Bereich, der das enorme Potenzial des e-commerce ausmacht. Das aussichtsreichste Feld für ecommerce liegt in der elektronischen Geschäftsabwicklung zwischen Unternehmen, in erster Linie also zwischen Zuliefern, der Produktion und dem Handel, aber auch innerhalb des eigenen Unternehmens. Die Einsatzbereiche betreffen dabei alle Wertschöpfungsstufen sowie interne und externe Geschäftsprozesse. Die prognostizierten Wachstumszahlen variieren dabei je nach Studie. Einig sind sich jedoch alle Analysten, dass es in den nächsten Jahren zu exponentiellen Wachstumsraten kommen wird. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass halbherzige Einstiege, wie oftmals beim Business-to-Consumer beobachtet, eher selten sein werden. Die Dimensionen betreffen häufig ganze Unternehmen und darüber hinaus Zulieferketten. 39 Abbildung 3-2 zeigt die Prognosen zweier Unternehmensberatungen im Bezug auf das Marktvolumens des Internethandels, das für die kommenden Jahre vorhergesagt wird.
Gartner Group Jupiter Communications 7300
* geschätzt
2000* 1999 2004* 2005*
Abbildung 3-2: Weltweites Business-to-Business Marktvolumen (in Mrd. Dollar)
40
3.3 Produkteignung für e-commerce
Nicht alle Produkte oder Dienstleistungen eignen sich in gleicher Weise für eine Vermarktung über das Internet. Deshalb müssen Kriterien ermittelt werden, an denen sich die Eignung eines Produktes für den e-commerce feststellen lässt. Eine erste Möglichkeit bietet die Frage, ob das Produkt auf elektronischem Wege übermittelt werden kann, oder ob eine Lieferung erfolgen muss. Differenzierter betrachtet kann man dieses Kriterium der Digitalisierbarkeit erweitern und darüber hinaus den notwendigen logistischen Aufwand berücksichtigen, der erforderlich ist, um ein Produkt über das Internet anzubieten und zu vertreiben. Um etwas erfolgreich im Netz verkaufen zu können, muss darüber hinaus die Möglichkeit bestehen, die verschiedenen Produkte übersichtlich strukturiert anbieten zu können. Eine hohe Funktionalität und Benutzerfreundlichkeit sind hierbei entscheidende Faktoren. Der Kunde möchte die Möglichkeit haben, anhand von Suchfunktionen nach verschiedenen Kriterien schnell und übersichtlich zu dem von ihm gewünschten Produkt zu gelangen. Hieraus ergibt sich das zweite Grundkriterium für die Vermarktungsfähigkeit: Die Katalogisierbarkeit von Produkten. Auch die Möglichkeit zum Vergleich spielt hierbei eine wichtige Rolle. Produkte mit einem geringen Erklärungsbedarf, sei es wegen der identischen Ausprägung, wie beispielsweise bei Büchern oder CDs oder weil ein umfassendes Informationsangebot vorliegt, haben es hierbei leichter.
Darüber hinaus gibt es weitere allgemeine Kriterien, die bei der Einschätzung der Produkteignung berücksichtigt werden sollten. Produkte oder Dienstleistungen lassen sich um so leichter im Internet vermarkten, je niedriger das Preisniveau, besser die Qualität (Markenprodukt), stärker der Vorteil der enormen Reichweite und der gezielten Ansprache im Internet ausgenutzt werden kann,
einfacher die Kaufentscheidung online gefällt werden kann.
Die nachfolgende Abbildung veranschaulicht die Eignung verschiedener Produkte für e-commerce.
Katalogisierbarheit
(Produkt-)Informationen
Vergleichbarkeit
MP3
Standardsoftware
Kontoführung Komplexe Softwareprodukte
Digitalisierbarkeit
Einfachheit der Logistik
Abbildung 3-3: Internet-Vermarktungsfähigkeit verschiedener Produkte 41
An dieser Stelle scheint die Folgerung logisch, dass die Bauwirtschaft in dieses Schema überhaupt nicht hereinzupassen vermag. Und tatsächlich spricht jedes einzelne der genannten Kriterien gegen einen Einsatz von e-commerce im Bauwesen. In Abbildung 3-3 sind Bauwerke schlechtestmöglich positioniert, bei der Auftragsvergabe zählt allgemeinhin der billigste Preis, oftmals zu Ungunsten der Qualität und die Bauwirtschaft ist durchweg regional ausgerichtet. Die Einführung von e-commerce in Bauunternehmen ist daher nur in abgewandelter Form möglich. Auf die besonderen Bedingungen der Bauproduktion wird in Kapitel 4.3 noch einmal genauer eingegangen.
3.4 Potenziale von e-commerce
In den traditionellen Geschäftsbeziehungen vollzieht sich zwischen den Übergängen der Marktteilnehmer Lieferant, Unternehmen und Kunde ein Medienbruch bei der Abwicklung der Geschäfte. Die Daten für Anfrage, Bestellung, Rechnung und Verbuchung werden im Unternehmen gepflegt und von betriebswirtschaftlicher Standardsoftware weiterverarbeitet. Über die Unternehmensgrenze hinaus ist die Nutzung der schon erfassten Daten jedoch meist nicht ohne weiteres möglich. D.h. beispielsweise, dass eine Bestellung, die ein Lieferant vom Unternehmen elektronisch übermittelt bekommt, im EDV-System des Lieferanten nicht automatisch weiterverarbeitet werden kann. Sie muss von Hand neu in das System des Lieferanten eingegeben werden.
Medienbruch Medienbruch
Abbildung 3-4: Traditionelle Unternehmensstruktur
Durch die Anwendung von e-commerce können diese Medienbrüche beseitigt und Doppelarbeiten vermieden werden. Voraussetzung hierfür ist, dass Daten in einer standardisierten Form vorliegen und von den verschiedenen Datenverarbeitungssystemen „verstanden“ werden können. Dieser wichtige Aspekt der Standards wird in Kapitel 5.4 genauer erläutert.
Bei einer erfolgreichen Umsetzung von e-commerce verschwimmt die Grenze zu den vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsprozessen zunehmend. Jeder einzelne Geschäftsprozess im Unternehmen sowie ganze Marktstrukturen erneuern sich und werden transparent. Neue Unternehmensformen entstehen durch die Integration der Lieferanten und Kunden in die Wertschöpfungskette oder durch gemeinsames Auftreten von Marktteilnehmern im Internet. 42
3.5 Nutzen von e-commerce
Die digitale Geschäftsabwicklung im Rahmen des e-commerce bietet eine Reihe von Vorteilen, sowohl für den Anbieter als auch für den Kunden. Der Nutzen, der daraus entsteht, wirkt sich direkt auf die Faktoren Kosten, Zeit und Qualität aus. Wenn im folgenden von Anbieter und Kunde die Rede ist, so können sich beide Begriffe sowohl auf Einzelpersonen als auch auf Unternehmen beziehen.
3.5.1.1 Kosteneinsparungen
Im Rahmen von e-commerce lassen sich Informations- und Transaktionsprozesse häufig mit geringeren Kosten abwickeln. Die zunehmende Nutzung des Internet zur Information und Werbung für das eigene Unternehmen ermöglicht direkte Kosteneinsparungen, da Papier- und Portokosten stark verringert werden. In einer KPMG-Studie 43 wurden Unternehmen nach den wichtigsten Werbe- und Informationsmedien heute und in drei Jahren befragt. Ein Ergebnis dieser Studie zeigt Abbildung 3-5. Auffällig ist der starke Bedeutungszuwachs der Online-Dienste, wobei die herkömmlichen Informationsinstrumente, wie Broschüren oder Briefe, an Bedeutung verlieren.
Heute In 3 Jahren
Internet, Online-Dienste
92 %
Direktmarketing: e-mail
75 %
Broschüren
49 %
Abbildung 3-5: Die drei wichtigsten Werbemedien heute und in drei Jahren 44
Logistik-, Raum- und Lagerkosten werden bei elektronischer Geschäftsabwicklung reduziert, da sich die Produktion viel besser an der Nachfrage orientieren kann. Wie schon am Beispiel des Computerherstellers Dell erläutert, gehen die Daten bei einer Bestellung über das Internet direkt zu den Produktionsstätten. Überkapazitäten können so vermieden und Logistikprozesse optimiert werden. Durch den Einsatz von e-commerce ist außerdem eine Reduzierung der Personalkosten möglich, da die Anzahl der an einem Prozess beteiligten Personen abnimmt und schnellere Durchlaufzeiten erreicht werden. Abstimmungsvorgänge werden vereinfacht und Kosten durch Doppelarbeit weitgehend vermieden. Personalkosten, die beim herkömmlichen Geschäftsverkehr für den Kundenservice anfallen, können bei elektronischer Abwicklung drastisch reduziert werden. Beispielsweise beantwortet Cisco Systems 45 70 Prozent der Kundenanfragen, die früher per Telefon bearbeitet wurden, jetzt über das Internet. 46 Dabei können Kunden ihre Anfragen zunächst spezifizieren und erhalten meist unmittelbar eine Antwort aus der Service-Datenbank. Lässt sich das Problem auf diesem Wege nicht lösen, kann der Kunde seine Anfrage in ein Diskussionsforum bringen, an dem nicht nur Cisco-Ingenieure, sondern auch andere Kunden teilnehmen. 47
3.5.1.2 Zeiteinsparungen
Neben Kosteneinsparungen sind im Rahmen von e-commerce auch beträchtliche Zeiteinsparungen möglich, da Informationen in einem standardisierten Format vorliegen und somit ohne Zeitverlust weitergegeben werden können. Dadurch werden sowohl zwischenbetriebliche als auch interne Informationsflüsse verbessert. Der Einsatz von Internetanwendungen ermöglicht zudem eine Verkürzung der Reaktionszeiten, da beispielsweise Kundenanfragen per e-mail sofort beantwortet werden können. Dies erhöht die Flexibilität und Reaktionsfähigkeit des Unternehmens.
Zeitbeschränkungen werden durch die Verfügbarkeit rund um die Uhr weitestgehend aufgehoben und Probleme mit verschiedenen Zeitzonen bei internationalen Projekten entfallen.
3.5.1.3 Qualitätssteigerungen
Innerhalb eines Unternehmens kommt es durch den Einsatz eines internen Netzwerks (Intranet) zu einem verbesserten Informationsaustausch. Projektdaten sind beispielsweise über die Grenzen der Unternehmensbereiche und Organisationseinheiten hinaus für alle Anwender zugänglich. Informationen können abgerufen, aber auch für andere Mitarbeiter ins Netz gestellt werden. Durch die Anwendung von e-commerce kommt es zu Prozessoptimierungen und transparenten Geschäftsprozessen, was sich direkt auf die Produktqualität auswirkt. Die besonderen Möglichkeiten, die sich hierbei speziell für Bauunternehmen ergeben, werden in Kapitel 8 vertieft.
3.5.2.1 Kosteneinsparungen
Ein wesentlicher Teil der Kosteneinsparungen beim Kunden ist auf eine Reduzierung der Beschaffungskosten zurückzuführen, denn durch eine verbesserte Markttransparenz vergrößert sich die Auswahlmöglichkeit bei der Wahl der Zulieferer. Der Markt gewinnt an Übersicht, obwohl er aufgrund des globalen Zugangs aller Anbieter größer wird. Diese Transparenz wird durch Suchmaschinen erreicht, wobei eine Ordnung der Anbieter nach Regionen oder anderen beliebigen Suchkriterien möglich ist. Beschaffungsvolumina können darüber hinaus gebündelt werden oder Einkaufsgemeinschaften entstehen.
Besonders effektiv und kostensparend ist vor allem der elektronische Einkauf so genannter C-Artikel. Das sind geringwertige Verbrauchsartikel wie Papier, Druckerpatronen oder Bleistifte, deren Kosten im Vergleich zu den Beschaffungsprozesskosten, die diese Artikel verursachen, verschwindend gering sind. Der Beschaffungsprozess im Rahmen eines e-commerce Systems wird in Kapitel 7 nochgenauer analysiert.
3.5.2.2 Zeiteinsparungen
Der Kunde profitiert in erster Linie von der Möglichkeit, seine Bestellungen rund um die Uhr vornehmen zu können. Weiterhin sind die 24-Stunden-Verfügbarkeit von Informationen und der Wegfall von Öffnungszeiten wichtige Faktoren, die Zeiteinsparungen ermöglichen und die Kundenzufriedenheit erhöhen.
3.5.2.3 Qualitätssteigerungen
Durch die Anwendung von e-commerce ergeben sich für den Kunden eine Reihe von qualitativen Verbesserungen der Geschäftsabwicklung. Einen wesentlichen Punkt macht der verbesserte Informationsstand des Kunden aus. Im Idealfall kann sich der Kunde beispielsweise jederzeit über den Status seiner Bestellung informieren und auf eventuelle Verzögerungen direkt reagieren. Auch Verfügbarkeitsinformationen sind jederzeit abrufbar, was zu einer erhöhten Lieferterminsicherheit beiträgt.
Bestellungen werden direkt vom eigenen System weiterverarbeitet. Dies vermeidet Mehrfacheingaben in unterschiedliche Systeme und sorgt für mehr Übersicht, da Daten nicht mehr in verschiedenen Versionen vorliegen. 48 Der Kunde wird in den neuen Geschäftsmodellen wieder mehr in den Mittelpunkt gestellt. Viele Unternehmen haben erkannt, dass die Kundenorientierung zunehmend wettbewerbsentscheidend ist. Diese Marketing-Strategie wird im folgenden Kapitel erläutert.
3.6 One-to-One-Marketing
Ein wesentlicher Bestandteil von e-commerce ist die Neudefinition von Geschäftsmodellen zur Maximierung des Kundennutzens, woran One-to-One-Marketing einen wesentlichen Anteil hat.
One-to-One-Marketing hat in erster Linie das Ziel, den Umsatzanteil bei einem Kunden (share of customer) zu steigern. Die Steigerung des Marktanteils (share of market) steht dagegen erst an zweiter Stelle. 49 Die Organisation des Unternehmens wird auf den Kunden ausgerichtet, mit dem Ziel, die individuellen Bedürfnisse des Kunden zu erkennen und gewinnmaximierend zu befriedigen. Beim klassischen Marketing wird das Ziel fokussiert, in einer definierten Periode für ein Produkt möglichst viele Käufer zu finden. Anders beim One-to-One-Marketing. Einerseits wird hier versucht, zu einem gegebenem Zeitpunkt einem Kunden möglichst viele Produkte zu verkaufen. Gleichzeitig gilt es, den Kunden als Stammkunden zu gewinnen und über die gesamte Kundenbeziehung hinweg möglichst viele Käufe zu initiieren. Hierbei wird eine möglichst langfristige Kundenbeziehung angestrebt.
Zentrales Instrument zur Umsetzung dieses Konzepts ist der Aufbau einer lernenden Kundenbeziehung, in der sich der Kunde immer besser verstanden fühlt und in der ein Unternehmen immer mehr über einzelne Kunden erfährt. Der Kunde, mit seinen individuellen Bedürfnissen ist die zentrale Einheit, nach der alle Aktivitäten im Unternehmen ausgerichtet werden.
3.7 Phasenmodell für e-commerce
Die Einführung einer e-commerce Lösung ist eine Aufgabe, die sehr komplex ist und häufig das Unternehmen als Ganzes betrifft. Die Entscheidung für ein solches System muss daher reiflich überlegt sein und bedarf einer klaren Strategie. Unternehmen werden daher nicht sofort ihre gesamte Geschäftsstruktur auf ecommerce umstellen, sondern sich vielmehr schrittweise den neuen Möglichkeiten, die ihnen das Internet und die Vernetzung bietet, öffnen. Dieser Prozess, der schrittweisen Erschließung von e-commerce, erfolgt auf verschiedenen Stufen, wobei sowohl die Komplexität als auch der Nutzen, der daraus entsteht, zunehmen.
Das Phasenmodell für e-commerce (s. Abbildung 3-6) veranschaulicht den Zusammenhang zwischen der Komplexität von e-commerce Anwendungen und der Funktionalität, die dem Kunden und dem Unternehmen damit zur Verfügung gestellt wird. Dabei wird auch eine zeitliche Dimension der einzelnen Phasen deutlich, die mit der Entwicklung des Internet und der Art seiner Nutzung vergleichbar ist.
Wert für das
Unternehmen
• Portale
• elektronische Marktplätze • Aufbrechen der traditionellen
Wertschöpfungskette
• Integration von elektronische Katalogen
• Vernetzung der Wertschöpfungskette
• One-to-One-Marketing
• vereinzelt online Bestellungen
• Lieferstatus abfragen
• Elektronische Bezahlung
• Prospekte anfordern
• Newsletter abonnieren
• E-mail-Feedback • Unternehmens- / Produktdarstellung
Komplexität / Interaktivität
Abbildung 3-6: Phasenmodell für e-commerce 50
3.7.1 Information
Die erste Stufe im Phasenmodell nutzt e-commerce lediglich als Marketinginstrument. Das Unternehmen präsentiert sich im Internet auf einer eigenen Homepage, auf der man Informationen wie Unternehmensgröße, Firmensitz, Bauprojekte oder Historisches über das Unternehmen erfahren kann. Oftmals werden auch interne Mitteilungen und Broschüren öffentlich zugänglich gemacht oder Zeitungsartikel veröffentlicht.
„Wir sind jetzt im Internet!“ Dieser von Firmen oft zitierter Satz, bezieht sich auf dieses Anfangsstadium im e-commerce. Von den dynamischen und vernetzenden Eigenschaften des Internet wird noch kein Gebrauch gemacht. Die Inhalte sind durchweg statisch, Werbebanner oder Links zu anderen Unternehmen und Partnern eher die Ausnahme.
3.7.2 Kommunikation
Auf der nächsten Stufe erfolgt über das Internet ein erster Kontakt zwischen Kunde und Unternehmen. Beispielsweise können über e-mail weitere Produktinformationen angefordert oder Lieferbedingungen erfragt werden. Trotz des Massenmediums Internet handelt es sich in der Regel um einen sehr persönlichen Kontakt zwischen Kunde und Unternehmen, da die Anfrage per e-mail meist von einem Mitarbeiter bearbeitet wird und so, anders als beim Fax, ein konkreter Ansprechpartner existiert. Darüber hinaus können Newsletter, also regelmäßig erscheinende, elektronisch versandte Informationen, abonniert werden oder ein Feedback per e-mail erfolgen.
3.7.3 Transaktion
Diese dritte Stufe im Phasenmodell wird oftmals mit e-commerce gleichgesetzt. Es handelt sich um den Austausch von Waren oder Dienstleistungen, die über elektronische Kataloge im Internet präsentiert und online bestellt werden können. Möglichkeiten zur elektronischen Bezahlung sind bereits entwickelt. Diese haben sich aus Bedenken hinsichtlich der Sicherheit aber noch nicht auf breiter Front durchgesetzt. Daher erfolgt die Bezahlung noch vielfach per Kreditkarte oder Bankeinzug.
Vor allem die Transaktionen im Business-to-Consumer Bereich sind dieser Stufe zuzurechnen. Transaktionen zwischen Bauunternehmen sind zwar auf dieser Stufe auch denkbar, doch sind die Randbedingungen wesentlich komplexer. In Kapitel 3.3 wurden die Schwierigkeiten, Bauprodukte zu katalogisieren und über das Internet zu handeln, bereits angesprochen. Die Transaktionen, die auf dieser Stufe in Bauunternehmen erfolgen, sind daher meist von geringem Volumen. Es handelt sich oftmals um Einzelkäufe, die noch nicht in das Warenwirtschaftssystem des Unternehmens integriert sind.
3.7.4 Integration
Ab dieser vierten Stufe beginnen die wirklichen Potenziale von e-commerce für das Unternehmen. In der vorherigen Stufe, der Transaktionsphase, wurden bestehende Strukturen meist übernommen und eins-zu-eins im Internet abgebildet. Dadurch wurde jedoch „nur“ ein neuer Vertriebsweg eröffnet, der die bestehenden Unternehmensstrukturen nicht verändert, sondern ergänzt hat. Die Integration von e-commerce erfordert jedoch eine Neuordnung der Geschäftsprozesse. Teile der Wertschöpfungskette werden neu strukturiert und einzelne Prozesse miteinander vernetzt.
So erfolgt beispielsweise die Beschaffung von C-Artikeln (vgl. Kapitel 7.1) über elektronische Kataloge, die direkt in das eigene Warenwirtschaftssystem eingebunden sind. Durch diese Art der systemübergreifenden Bestellverfahren können die in Kapitel 3.4 beschriebenen Medienbrüche vermieden werden. Der Wegfall dieser Medienbrüche bietet ein enormes Potenzial, Prozesskosten einzusparen. Prozesskosten sind Kosten, die beim Produktionsprozess entstehen aber nicht zur Wertschöpfung beitragen.
3.7.5 Exkurs: „Lean Production“
Lean Production beschreibt eine Produktionsphilosophie, deren Anfänge in die fünfziger Jahre zurückreichen und zuerst in der japanischen Automobilindustrie umgesetzt wurden. Ein Grundgedanke von Lean Production ist, dass es in jedem Produktionsprozess zwei grundsätzliche Elemente gibt: Wertschöpfungsaktivitäten Prozessaktivitäten
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