Der Geschicktheit und der unternehmerischen Machtpolitik von Duisberg und anderen Unternehmern ist es zu verdanken, daß sowohl der Erste als auch der Zweite Weltkrieg unsäglich in die Länge gezogen wurden und vielen Millionen Menschen das Leben kosten sollte. Nicht die Entwicklung von chemischen Waffen und synthetischen Nitraten hat dazu beigetragen, sondern die Entschlossenheit, mit der die IG-Farben ihre Firmenpolitik und ihre Zielsetzungen durchsetzen konnte.
Diese Arbeit, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Rolle und Politik der IG-Farben von 1933 bis 1945 zu analysieren, setzt sich mit einem Konzern auseinander, dessen ökonomische und politische Rolle in der Geschichte des 20. Jahrhunderts von außerordentlicher Bedeutung ist.
Die IG-Farben war seit ihrer Gründung im Jahre 1925 nicht nur das wichtigste deutsche Chemieunternehmen. Ihre Geschichte zeigt deutlich auf, wie sich Macht- und Interessenziele eines Großunternehmens verbinden lassen mit wechselnden politischen Systemen.
Der wesentliche Beitrag dieser Arbeit ist keine Darstellung der Firmengeschichte, sondern sie versucht, die wirtschaftspolitischen Einflüsse auf den Faschismus zu erörtern.
Trotzdem ist es erforderlich, die Entwicklung dieses Großkonzerns bis in das Jahr 1945 nachzuvollziehen. Erstens weil keine wissenschaftlich aufgearbeitete Gesamtdarstellung der IG-Farben existiert und zweitens sich diese Untersuchung an der Firmengeschichte orientiert, um dezidiert an konkreten Vorgängen und Begebenheiten die Mechanismen aufzuzeigen, die es dem Konzern ermöglichten, seine wirtschaftspolitischen Interessen durchzusetzen.
Dabei darf sich der Überblick nicht allein auf die Jahre 1933-1945 beschränken, sondern beginnt im ausgehenden 19. Jahrhundert. Die Gründe für diesen erweiterten Zeitrahmen liegen auf der Hand. Nur eine relativ vollständige Übersicht ermöglicht es, die grundlegenden Zusammenhänge einer kontinuierlichen Interessenverflechtung zwischen politischen Systemen und IG-Farben-Politik darzustellen, die bereits vor der Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur bestanden haben. Die Arbeit thematisiert den wirtschaftlichen Konzentrationsprozeß eines Monopolkonzerns und gleichzeitig die Zusammenarbeit von privatwirtschaftlicher Interessenbildung und Staatsführung. Durch diese vorhandene Verwandtschaft und die Korrelation beider Sachverhalte wird die uneingeschränkte Partizipation am Nationalsozialismus erklärlich.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Stellung und Bedeutung der deutschen chemischen Industrie bis zum Ersten Weltkrieg
- Die Chemieindustrie im Ersten Weltkrieg
- Der Erste Weltkrieg
- Der Krieg der Chemiker
- „Man kann nicht angenehmer Sterben”
- Die „Interessengemeinschaft der deutschen Teerfabriken” wird gegründet
- Die Nachkriegszeit
- Erste Zwischenbilanz
- Der Erste Weltkrieg
- Die IG nach dem Ersten Weltkrieg
- Die Fusion
- Die IG Farben nach 1925 - der „Platz an der Sonne” wird wieder zurückerobert
- Organisation und Struktur der IG-Farben
- Die neuen Projekte der IG-Farben
- Die Beziehungen zur Standard Oil während der Weimarer Republik
- Die Einflußnahme der IG-Farben auf Wirtschaft und Politik in der Weimarer Republik
- Der Kalle-Kreis
- Andere Aktivitäten
- Parteispenden
- Pressepolitik
- Der Einfluß der IG auf die Regierungen der Weimarer Republik
- Zweite Zwischenbilanz
- Die Fusion
- Die IG-Farben und der NS-Staat
- Das Verhältnis der IG zur NSDAP bis 1933
- Die erste Kontaktaufnahme zur NSDAP - der Wagemann-Kreis
- Das erste Treffen mit Adolf Hitler
- Die Fahrt zum „Führer”
- „Die letzte Wahl”
- Das Verhältnis Bosch - Hitler: noch gibt es Schwierigkeiten
- Dritte Zwischenbilanz
- Das Verhältnis der IG zur NSDAP bis 1933
- Die Beziehungen der IG-Farben zum NS-Staat nach 1933
- Der Benzin-Pakt
- Neue Aufgaben für die IG-Farben Zentralfinanzverwaltung NW 7
- Die IG rüstet für den Krieg
- Der Vierjahresplan und der Aufstieg von Carl Krauch
- Hitlers geheime Denkschrift zum Vierjahresplan
- 1938 1939: die Zeit vor dem Krieg
- Annexion und Ausbeutung vor dem Zweiten Weltkrieg
- Österreich
- Tschechoslowakei
- Die Südosteuropapläne der IG-Farben
- Vierte Zwischenbilanz
- Die IG-Farben im Zweiten Weltkrieg
- Polen
- „Ja im Wald, da sind die Räuber” - Die Neuordnung Europas aus der Sicht der IG-Farben
- „Diese Judensau könnte auch rascher arbeiten.” - Die IG-Farben und Auschwitz
- Die IG und der Lager- und Baustellenbetrieb
- Zyklon B und die medizinischen Experimente an Häftlingen
- Das Ende des Zweiten Weltkrieges
- Das Verhältnis von Großindustrie und Nationalsozialismus als Gegenstand politischer Theorien
- Die Kontingenztheorie
- Die Identitätstheorie
- Die Verselbständigungstheorie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Rolle und Politik der IG Farben von 1933 bis 1945. Sie untersucht die Verflechtung eines bedeutenden deutschen Chemiekonzerns mit dem NS-Regime, beleuchtet die wirtschaftlichen und politischen Einflüsse der IG Farben auf den Faschismus und erforscht die Mechanismen, die dem Konzern die Durchsetzung seiner wirtschaftspolitischen Interessen ermöglichten. Der erweiterte Zeitrahmen bis zum Ersten Weltkrieg ermöglicht es, die Kontinuität der Einflußstrategien auf die staatliche Wirtschaftspolitik zu verstehen.
- Die wirtschaftliche und politische Macht der IG Farben
- Die Zusammenarbeit zwischen der IG Farben und dem NS-Regime
- Die Rolle der IG Farben im Zweiten Weltkrieg
- Die Einflußnahme der IG Farben auf Wirtschaft und Politik in der Weimarer Republik
- Theoretische Ansätze zum Verhältnis von Großindustrie und Nationalsozialismus
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung stellt anhand der kontrastierenden Lebensabschnitte von Carl Duisberg die zentrale These der Arbeit vor: die entscheidende Rolle der IG Farben bei der Verlängerung des Ersten und Zweiten Weltkriegs. Sie begründet die Notwendigkeit einer umfassenden Analyse der IG Farben und ihres Verhältnisses zu politischen Systemen, betont die wirtschaftliche Konzentration und die Verflechtung von privatwirtschaftlicher Interessenbildung und Staatsführung als Erklärung für die uneingeschränkte Partizipation am Nationalsozialismus. Die Untersuchung konzentriert sich weniger auf die Feststellung der kriegsentscheidenden Bedeutung der IG Farben, sondern auf das Beziehungsgeflecht zwischen Wirtschaft und Politik im Kontext kapitalistischer Gesellschaftssysteme.
Die Stellung und Bedeutung der deutschen chemischen Industrie bis zum Ersten Weltkrieg: Dieses Kapitel würde die Position und den Einfluss der deutschen chemischen Industrie vor dem Ersten Weltkrieg detailliert darstellen. Es würde die wirtschaftliche Entwicklung, die technologischen Fortschritte, die Marktstrukturen und den Wettbewerb analysieren. Der Fokus läge auf der Entstehung der Voraussetzungen, die zur späteren Macht der IG Farben beitrugen, einschließlich der Entwicklung von Schlüsseltechnologien und der Konsolidierung wirtschaftlicher Macht.
Die Chemieindustrie im Ersten Weltkrieg: Dieses Kapitel würde die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs auf die deutsche Chemieindustrie untersuchen. Es würde die Rolle der Chemiker im Krieg, insbesondere bei der Entwicklung und Anwendung von Giftgasen, beleuchten, die wirtschaftliche Umstrukturierung und die steigende Bedeutung von staatlichen Aufträgen analysieren. Die Gründung der „Interessengemeinschaft der deutschen Teerfabriken" und ihre Folgen wären ein zentraler Bestandteil der Analyse.
Die IG nach dem Ersten Weltkrieg: Dieses Kapitel würde die Entwicklung der IG Farben nach dem Ersten Weltkrieg bis 1933 analysieren. Es würde die Fusion der verschiedenen Unternehmen, die Organisationsstruktur, die neuen Projekte und die Beziehungen zur Standard Oil behandeln. Ein Schwerpunkt läge auf der zunehmenden Einflußnahme der IG Farben auf Wirtschaft und Politik in der Weimarer Republik, einschließlich ihrer Aktivitäten im Kalle-Kreis und ihrer Parteispenden.
Die IG-Farben und der NS-Staat: Dieses Kapitel würde das Verhältnis der IG Farben zur NSDAP vor 1933 beleuchten, die ersten Kontakte, die Treffen mit Hitler und die allmähliche Annäherung analysieren. Es würde die strategischen Überlegungen der IG Farben und die wirtschaftlichen und politischen Kalküle hinter der Kooperation mit den Nationalsozialisten untersuchen. Die „letzte Wahl“ und die sich entwickelnden Beziehungen zum NS-Regime wären zentrale Themen.
Die Beziehungen der IG-Farben zum NS-Staat nach 1933: Dieses Kapitel würde die Zusammenarbeit der IG Farben mit dem NS-Staat nach der Machtergreifung detailliert untersuchen. Der Benzin-Pakt, die neuen Aufgaben im Rahmen des Vierjahresplans und die Rolle von Carl Krauch wären zentrale Themen. Die Analyse würde die Ausweitung der Produktion für die Kriegswirtschaft, die Annexionen in Österreich und der Tschechoslowakei sowie die Südosteuropapläne der IG Farben einbeziehen.
Die IG-Farben im Zweiten Weltkrieg: Dieses Kapitel würde die Aktivitäten der IG Farben während des Zweiten Weltkriegs behandeln, einschließlich ihrer Beteiligung an der Besetzung Polens und der „Neuordnung Europas". Es würde die Rolle des Unternehmens bei der Ausbeutung von Ressourcen und Arbeitskräften und die Beteiligung an den Gräueltaten in Auschwitz, speziell die Herstellung von Zyklon B und die medizinischen Experimente an Häftlingen, detailliert beschreiben. Der Fokus liegt auf dem Beitrag der IG Farben zur Kriegsmaschinerie und die ethischen Implikationen ihrer Handlungen.
Schlüsselwörter
IG Farben, Nationalsozialismus, Chemieindustrie, Wirtschaft, Politik, Weimarer Republik, Zweiter Weltkrieg, Monopolkapitalismus, Konzernstrategie, Kriegsproduktion, Auschwitz, Zyklon B, Kontingenztheorie, Identitätstheorie, Verselbständigungstheorie.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Die Rolle der IG Farben im Nationalsozialismus
Was ist der Hauptfokus dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Rolle und Politik der IG Farben von 1933 bis 1945, ihre Verflechtung mit dem NS-Regime, ihren wirtschaftlichen und politischen Einfluss auf den Faschismus und die Mechanismen, die ihr die Durchsetzung wirtschaftspolitischer Interessen ermöglichten. Der erweiterte Zeitrahmen bis zum Ersten Weltkrieg dient dem Verständnis der Kontinuität ihrer Einflussstrategien.
Welche Themen werden im Detail behandelt?
Die Arbeit behandelt die wirtschaftliche und politische Macht der IG Farben, ihre Zusammenarbeit mit dem NS-Regime, ihre Rolle im Zweiten Weltkrieg, ihren Einfluss auf Wirtschaft und Politik in der Weimarer Republik und verschiedene theoretische Ansätze zum Verhältnis von Großindustrie und Nationalsozialismus. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Beteiligung der IG Farben an der Produktion von Zyklon B und medizinischen Experimenten in Auschwitz.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit gliedert sich in Kapitel zur Stellung der deutschen chemischen Industrie vor dem Ersten Weltkrieg, der Rolle der Chemieindustrie im Ersten Weltkrieg (inkl. Giftgaseinsatz und Gründung der Interessengemeinschaft der deutschen Teerfabriken), der Entwicklung der IG Farben nach dem Ersten Weltkrieg (Fusion, Beziehungen zur Standard Oil, Einflussnahme auf Wirtschaft und Politik), dem Verhältnis der IG Farben zur NSDAP vor und nach 1933 (Kontakte zu Hitler, Vierjahresplan, Carl Krauch), den Aktivitäten der IG Farben im Zweiten Weltkrieg (Polen, "Neuordnung Europas", Auschwitz), und schließlich theoretische Ansätze zum Verhältnis von Großindustrie und Nationalsozialismus (Kontingenz-, Identitäts- und Verselbständigungstheorie).
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: IG Farben, Nationalsozialismus, Chemieindustrie, Wirtschaft, Politik, Weimarer Republik, Zweiter Weltkrieg, Monopolkapitalismus, Konzernstrategie, Kriegsproduktion, Auschwitz, Zyklon B, Kontingenztheorie, Identitätstheorie, Verselbständigungstheorie.
Welche zentrale These wird in der Einleitung vorgestellt?
Die Einleitung stellt die These auf, dass die IG Farben eine entscheidende Rolle bei der Verlängerung des Ersten und Zweiten Weltkriegs spielte. Sie betont die wirtschaftliche Konzentration und die Verflechtung von privatwirtschaftlicher Interessenbildung und Staatsführung als Erklärung für die uneingeschränkte Partizipation am Nationalsozialismus.
Wie wird das Verhältnis der IG Farben zum NS-Regime dargestellt?
Das Verhältnis wird in verschiedenen Phasen untersucht: Die ersten Kontakte zur NSDAP, die Zusammenarbeit nach 1933 (Benzin-Pakt, Vierjahresplan), die Ausweitung der Produktion für die Kriegswirtschaft, die Beteiligung an Annexionen und Ausbeutung in besetzten Gebieten und schließlich die Beteiligung an Verbrechen in Auschwitz.
Welche theoretischen Ansätze werden zur Erklärung des Verhältnisses von Großindustrie und Nationalsozialismus herangezogen?
Die Arbeit untersucht die Kontingenztheorie, die Identitätstheorie und die Verselbständigungstheorie, um das Verhältnis von Großindustrie und Nationalsozialismus zu erklären.
Welche Rolle spielte die IG Farben in Auschwitz?
Die IG Farben war an der Herstellung von Zyklon B beteiligt und war in den Lager- und Baustellenbetrieb involviert. Auch medizinische Experimente an Häftlingen werden im Zusammenhang mit der IG Farben thematisiert.
Wie wird die wirtschaftliche und politische Macht der IG Farben beschrieben?
Die Arbeit beschreibt die wirtschaftliche und politische Macht der IG Farben durch die Analyse ihrer Marktposition, ihrer Einflussnahme auf die Politik der Weimarer Republik und des NS-Staates, ihrer strategischen Allianzen und ihrer Fähigkeit, ihre wirtschaftspolitischen Interessen durchzusetzen.
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- Torsten Friedrich (Autor), 1997, Rolle der Politik der IG Farben AG 1933-1945, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185148