Kommunale Finanzverwalter glaubten anfangs der 90er Jahre – zunächst in den
Niederlanden, ab 1995 auch in Deutschland – ein Mittel der wundersamen
Geldvermehrung gefunden zu haben, das ihnen helfen könnte, die immer akuter werdenden
Finanznöte ihrer Städte und Gemeinden1 zu lindern. Die Rede ist vom so genannten USCross-
Border-Leasing.
Bundesweit haben mittlerweile etwa 200 Städte2 Cross-Border-Leasingverträge mit
privaten US-Investoren abgeschlossen, die den maroden Gemeindekassen zu einem
warmen Geldregen aus den USA verhalfen. Im Gegenzug wurden Messehallen, Schulen,
Schienennetze und Straßenbahnen, Kanalisationen und Müllverbrennungsanlagen, Klärund
Heizkraftwerke in die USA verpachtet. In die öffentliche Diskussion geriet das
Finanzierungsmodell allerdings erst ab dem Jahr 2001, als die Zahl der Cross-Border-
Leasingverträge deutlich anstieg. So gibt es inzwischen allein in Nordrhein-Westfalen auf
kommunaler Ebene 19 abgeschlossene Leasinggeschäfte dieser Art, die den beteiligten
Städten einmalige Einnahmen in Höhe von 345,5 Millionen Euro erbrachten3. So wurden
zum Beispiel die Dortmunder Westfalenhalle und die Kölner Straßenbahnen vermietet und
dann zurückgeleast. Zu weiterer Publizität verhalfen dieser Finanzierungsform besonders
spektakuläre Leasingobjekte wie das Münchner Rathaus, das zeitweise als Gegenstand
eines Cross-Border-Leasingvertrages in Erwägung gezogen wurde.
In der Einschätzung und Bewertung des Cross-Border-Leasing schieden sich indes sehr
schnell und nachhaltig die Geister. Die Fronten von Befürwortern und Gegnern scheinen
sich zunehmend zu verhärten: Erblickt die eine Seite darin eine „attraktive Möglichkeit zur
Erschließung neuer Finanzmittel für die öffentliche Hand“4, vermag die andere nur „dirty
tricks“5 zu erkennen. Eine vorurteilsfreie und sachliche Beurteilung stellen diese
Extrempositionen sicherlich nicht dar. Eine solche wäre aber um so wichtiger und
notwendiger, als das Cross-Border-Leasing mit Vertragslaufzeiten bis zu 100 Jahren noch lange Gegenstand kommunaler Haushaltspolitik sein wird. [...]
1 Auf deutscher Seite können nicht nur Städte und Gemeinden, sondern auch Bundesländer,
Zweckverbände, kommunale Unternehmen, Bundesunternehmen oder private Unternehmen
Vertragspartei von US-Cross-Border-Leasingtransaktionen sein.
2 Vgl. FAZ vom 25.02.2003 Nr. 47 S. 1.
3 Vgl. Ebenda, S. 4.
4 Vgl. Laudenklos/Pegatzky (2002), S. 1306.
5 Vgl. Rügemer (2002), www.oeko-net.de/kommune/kommune02-02/zzruegem.htm.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung, Ziel und Vorgehensweise
2 Grundstrukturen einer Cross-Border-Leasingtransaktion
2.1 Begriffsdefinitionen und Grundlagen
2.1.1 Leasing
2.1.2 US-Cross-Border-Leasing
2.1.3 Sale-and-lease-back-Modell
2.1.4 US-Lease-in/Lease-out Struktur
2.1.5 Service-Contract-Struktur
2.2 Geeignete Transaktionsgegenstände
2.3 Wertermittlung
2.4 Vertragspartner
2.5 Vertragsbeziehungen
2.5.1 Grenzüberschreitende Verträge
2.5.1.1 Rahmenvertrag
2.5.1.2 Langfristiger Hauptmietvertrag
2.5.1.3 Kurzfristiger Untermietvertrag
2.5.2 Im Ausland abzuschließende Verträge
2.5.2.1 Vertrag zwischen US-Investoren und US-Trust
2.5.2.2 Verträge zwischen US-Trust und Banken
2.5.3 Im Inland abzuschließende Verträge
2.5.3.1 Verträge zwischen Kommune und Banken
2.5.3.2 Vertrag zwischen Kommune und Arrangeur
2.6 Finanzierungsstruktur und Zahlungsströme
2.6.1 Bei Abschluss der Verträge
2.6.2 Während der Vertragslaufzeit
2.6.3 Bei Ausübung der Kaufoption
3 Transaktionsvorteile
3.1 Barwertvorteil
3.2 Steuerstundungseffekte
4 Öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen bei Cross-Border-Leasingverträgen
4.1 Öffentlich-rechtliche Zuständigkeiten innerhalb der Gemeinde
4.1.1 Beschluss der Gemeindevertretung
4.1.2 Interne Willensbildung/externe Vertretung
4.1.3 Kommunalrechtliche Genehmigungserfordernisse
4.1.3.1 Kredit und kreditähnliches Rechtsgeschäft
4.1.3.2 Gewährvertrag
4.1.3.3 Beschränkt persönliche Dienstbarkeiten
4.2 Behandlung des Barwertvorteils im kommunalen Haushaltsrecht
4.2.1 Einstellung in den allgemeinen Haushalt oder Zweckgebundenheit
4.2.2 Rückzahlung erhaltener Zuschüsse
5 Steuerrechtliche Beurteilung von Cross-Border-Leasingverträgen
5.1 Betrachtungsweise in Deutschland
5.1.1 Objektzurechnung
5.1.1.1 Zivilrechtliches Eigentum
5.1.1.2 Wirtschaftliches Eigentum
5.1.2 Bilanzierung
5.1.2.1 Handelsbilanz
5.1.2.2 Steuerbilanz
5.1.3 Steuerliche Behandlung des Barwertvorteils
5.1.3.1 Hoheitsbetrieb
5.1.3.2 Betrieb gewerblicher Art
5.1.3.2.1 Körperschaftsteuer
5.1.3.2.2 Gewerbesteuer
5.1.3.2.3 Umsatzsteuer
5.1.3.2.4 Grunderwerbsteuer
5.1.3.3 Betriebe mit privatrechtlicher Rechtsform
5.2 Betrachtungsweise in den USA
5.3 Doppelbesteuerungsabkommen
5.3.1 Wirtschaftliches Eigentum
5.3.2 Beschränkte Steuerpflicht
6 Risikoanalyse von kommunalen Cross-Border-Leasingtransaktionen
6.1 Begriffsdefinition
6.2 Risiken vor Vertragsabschluss
6.2.1 Allgemeine Vertragsrisiken
6.2.1.1 Unterschiedliche Rechtsordnungen
6.2.1.2 Unsicherheiten in Sach- und Rechtsfragen
6.2.1.2.1 Verbot von Cross-Border-Leasingtransaktionen
6.2.1.2.2 Kommunalrechtliche Anerkennung
6.2.1.2.3 Steuerrechtliche Anerkennung
6.2.1.3 Vertragsabschlussrisiko
6.2.2 Finanzierungsrisiken
6.3 Risiken nach Vertragsabschluss
6.3.1 Risiken rechtlicher Natur
6.3.1.1 Verwendung des Barwertvorteils
6.3.1.2 Allgemeine Gesetzesänderungen
6.3.1.3 Steuerrechtsänderungen
6.3.2 Insolvenzrisiken
6.3.2.1 Insolvenz der Kommune
6.3.2.2 Insolvenz des US-Trust
6.3.2.3 Insolvenz der Defeasance-Banken
6.3.2.4 Insolvenz des US-Investors
6.3.3 Operative Risiken
6.3.3.1 Nutzungsausfall/Untergang des Wirtschaftsgutes
6.3.3.2 Leistungsstörungen
6.3.4 Kündigungswert
6.4 Vertragscontrolling
7 Zusammenfassung
8 Literaturverzeichnis
9 Eidesstattliche Versicherung
Abkürzung sverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Vertragspartner einer Cross-Border-Leasingtransaktion
Abbildung 2 Optionen nach Ablauf des kurzfristigen Untermietvertrages
Abbildung 3 Aufgaben des Arrangeurs
Abbildung 4 Zahlungsströme bei Abschluss der Verträge
Abbildung 5 Zahlungsströme während der Vertragslaufzeit
Abbildung 6 Zahlungsströme bei Ausübung der Kaufoption
Abbildung 7 Objektzurechnung aus deutscher Sicht
Abbildung 8 Steuerliche Auswirkungen auf den Barwertvorteil
Abbildung 9 Zurechnung des Nutzungsrechts in den USA
Abbildung 10 Risiken bei Cross-Border-Leasingtransaktionen
1 Einleitung, Ziel und Vorgehensweise
Kommunale Finanzverwalter glaubten anfangs der 90er Jahre – zunächst in den Niederlanden, ab 1995 auch in Deutschland – ein Mittel der wundersamen Geldvermehrung gefunden zu haben, das ihnen helfen könnte, die immer akuter werdenden Finanznöte ihrer Städte und Gemeinden[1] zu lindern. Die Rede ist vom so genannten US-Cross-Border-Leasing.
Bundesweit haben mittlerweile etwa 200 Städte[2] Cross-Border-Leasingverträge mit privaten US-Investoren abgeschlossen, die den maroden Gemeindekassen zu einem warmen Geldregen aus den USA verhalfen. Im Gegenzug wurden Messehallen, Schulen, Schienennetze und Straßenbahnen, Kanalisationen und Müllverbrennungsanlagen, Klär- und Heizkraftwerke in die USA verpachtet. In die öffentliche Diskussion geriet das Finanzierungsmodell allerdings erst ab dem Jahr 2001, als die Zahl der Cross-Border-Leasingverträge deutlich anstieg. So gibt es inzwischen allein in Nordrhein-Westfalen auf kommunaler Ebene 19 abgeschlossene Leasinggeschäfte dieser Art, die den beteiligten Städten einmalige Einnahmen in Höhe von 345,5 Millionen Euro erbrachten[3]. So wurden zum Beispiel die Dortmunder Westfalenhalle und die Kölner Straßenbahnen vermietet und dann zurückgeleast. Zu weiterer Publizität verhalfen dieser Finanzierungsform besonders spektakuläre Leasingobjekte wie das Münchner Rathaus, das zeitweise als Gegenstand eines Cross-Border-Leasingvertrages in Erwägung gezogen wurde.
In der Einschätzung und Bewertung des Cross-Border-Leasing schieden sich indes sehr schnell und nachhaltig die Geister. Die Fronten von Befürwortern und Gegnern scheinen sich zunehmend zu verhärten: Erblickt die eine Seite darin eine „attraktive Möglichkeit zur Erschließung neuer Finanzmittel für die öffentliche Hand“[4], vermag die andere nur „dirty tricks“[5] zu erkennen. Eine vorurteilsfreie und sachliche Beurteilung stellen diese Extrempositionen sicherlich nicht dar. Eine solche wäre aber um so wichtiger und notwendiger, als das Cross-Border-Leasing mit Vertragslaufzeiten bis zu 100 Jahren noch lange Gegenstand kommunaler Haushaltspolitik sein wird. Hinzu kommt, dass immer noch zahlreiche Kommunen und einzelne Länder prüfen, welche Teile ihres Eigentums für ein Cross-Border-Leasinggeschäft bereit gestellt werden könnten. Beispielhaft erwähnt sei das Land Berlin, das mit dem Ertrag die 130 Millionen Euro teure Sanierung der Staatsoper Unter den Linden finanzieren möchte[6]. Vor dem Hintergrund der auch weiterhin sehr angespannten Haushaltslage bei Ländern und Gemeinden dürfte auch in naher Zukunft mit einer erheblichen Zunahme solcher Finanztransaktionen zu rechnen sein.
Aus diesen Gründen ist es wichtig, die genauen Vertragsstrukturen, rechtlichen Voraussetzungen, Vorteile und Risiken von Cross-Border-Leasingtransaktionen zu kennen. Die aktuelle Diskussion zeigt, dass es daran weithin fehlt.
Diese Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zu einem besseren Kenntnisstand und Verständnis von Cross-Border-Leasingtransaktionen zu leisten. Damit würde auch einer objektiven Beurteilung dieses Finanzierungsmodells Vorschub geleistet. In die Arbeit einfließen sollen die Ergebnisse ausgiebiger Gespräche mit Personen aus Verwaltung und Wirtschaft, die als Beteiligte beim Zustandekommen und der Umsetzung von Cross-Border-Leasingtransaktionen praktische Erfahrungen gesammelt haben. Da von Vertretern dieses Personenkreises auch Veröffentlichungen zu diesem Thema vorliegen, stellen diese, schon allein wegen ihres Praxisbezuges, einen wesentlichen Teil der herangezogenen Literatur dar.
Um dem genannten Ziel gerecht zu werden, wird in Kapitel zwei nach kurzen Begriffsabgrenzungen detailliert der grundlegende Aufbau einer Cross-Border-Leasingtransaktion erläutert. Dabei wird insbesondere auf geeignete Transaktionsgegenstände und deren Wertermittlung, die wesentlichen Vertragspartner und Vertragsbeziehungen sowie die anfallenden Zahlungsströme und Finanzierungsstrukturen eingegangen.
Die Vorteile, die sich aus einer Cross-Border-Leasingtransaktion für die Vertragsbeteiligten ergeben, werden in Kapitel drei beschrieben.
Kapitel vier widmet sich den regulatorischen öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen, die bei der Durchführung von Cross-Border-Leasingverträgen zu beachten sind.
In Kapitel fünf erfolgt eine ausführliche steuerrechtliche Beurteilung von Cross-Border-Leasingverträgen, sowohl im Hinblick auf das Land des Leasinggebers als auch des Leasingnehmers. Insbesondere soll hier untersucht werden, ob Kommunen im Rahmen von Cross-Border-Leasingtransaktionen ihr kommunales Vermögen veräußern. Um dies zu überprüfen, wird die bilanzielle und steuerrechtliche Zurechnung des Transaktionsgegenstandes eingehend analysiert. Daran anschließend erfolgt eine Untersuchung der steuerrechtlichen Behandlung des Barwertvorteils auf Seite der Kommune.
Auf der Grundlage der vorigen Kapitel und unter Einbeziehung verschiedener Transaktionsbeschreibungen befasst sich Kapitel sechs eingehend mit den möglichen Auswirkungen, die sich aus Cross-Border-Leasingverträgen für die Kommunen ergeben können. Es werden typischen Risiken – auch nur prinzipiell denkbare – erläutert und hinsichtlich ihrer Konsequenzen und Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet.
Abschließend stellt Kapitel sieben die Ergebnisse der Untersuchung und die daraus gewonnenen Handlungsempfehlungen, die Vorteile und Risiken in einer knappen Zusammenfassung dar.
2 Grundstrukturen einer Cross-Border-Leasingtransaktion
2.1 Begriffsdefinitionen und Grundlagen
2.1.1 Leasing
Grundsätzlich fehlt es an einer gesetzlichen bundesdeutschen Verankerung des Leasing[7]. Das Rechtsinstitut des Leasing ist den angloamerikanischen Rechtsvorschriften über das lease entlehnt, was mit Miete bzw. Pacht übersetzt werden kann. Somit kann der Begriff „Leasing“ in Anlehnung an das Miet- bzw. Pachtvertragsrecht des BGB als entgeltliche Gebrauchsüberlassung von Wirtschaftsgütern (Mobilien oder Immobilien) auf Zeit verstanden werden. Diese Bewertung entspricht auch der höchstrichterlichen Rechtssprechung, wonach Leasingverträge zivilrechtlich als atypische Mietverträge zu klassifizieren sind[8].
2.1.2 US-Cross-Border-Leasing
Konstituierendes Merkmal des Cross-Border-Leasing ist, dass die Leasingraten grenzüberschreitend (cross-border) entrichtet werden, dass also Leasingnehmer und Leasinggeber in unterschiedlichen Ländern domizilieren[9]. Somit kann Cross-Border-Leasing, bzw. grenzüberschreitendes Leasing, als Oberbegriff für sämtliche Leasinggeschäfte definiert werden, bei denen die Leasingratenzahlungen grenzüberschreitend erfolgen. Das dem Cross-Border-Leasing vorangestellte „US“ weist lediglich darauf hin, dass einer der Vertragspartner in den USA beheimatet sein muss.
Innerhalb des Cross-Border-Leasing haben sich spezielle, überwiegend am US-Steuerrecht orientierte und aufgrund von US-Steuerrechtsänderungen hervorgerufene, Leasingmodelle und -strukturen entwickelt. Diese bedürfen zum besseren Verständnis einer kurzen näheren Erläuterung und Klärung.
2.1.3 Sale-and-lease-back-Modell
Beim Sale-and-lease-back-Modell veräußert der spätere deutsche Leasingnehmer ein eigenes Objekt an den US-Leasinggeber und least es anschließend wieder zurück. Bei diesem Modell muss der US-Leasinggeber rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer des betreffenden Wirtschaftsgutes sein, zu dem er durch den Kauf des Wirtschaftsgutes wird. Die Gesetzesinitiative von Pickle und Dole[10] (sog. Pickle/Dole-Leases) im Jahr 1995 hatte zur Folge, dass bei Leasingverträgen, die mit nicht in den USA steuerpflichtigen Personen abgeschlossen wurden, beispielsweise auch deutschen Kommunen, sich die Abschreibungszeiten der betreffenden Wirtschaftsgüter verlängerten[11]. Dies führte im Ergebnis zu einer Reduzierung der Steuerstundungseffekte beim Leasinggeber und somit auch des Barwertvorteils beim Leasingnehmer. Der US-Fiskus erreichte damit sein wirtschafts- und steuerpolitisches Ziel, die Weitergabe von US-Steuerstundungseffekten, insbesondere an nicht in den USA steuerpflichtige Personen, einzuschränken[12].
2.1.4 US-Lease-in/Lease-out Struktur
Bei dieser Struktur, die die Antwort auf die Einschränkungen des Pickle-Dole-Leases war und ab 1995 bis Anfang 1999 regelmäßig Anwendung fand, bleibt der deutsche Nutzer wirtschaftlicher und rechtlicher Eigentümer des Wirtschaftsgutes[13]. Dabei wird das Nutzungsrecht am Wirtschaftsgut für eine lange Laufzeit unter einem Hauptmietvertrag an einen von privaten US-Investoren gegründeten US-Trust (Leasingnehmer und Sub-Leasinggeber) vermietet (Lease-in) und zeitgleich von dem deutschen Eigentümer (Leasinggeber und Sub-Leasingnehmer) für eine kürzere Laufzeit unter einem Untermietvertrag wieder zurückgemietet (Lease-out). Der US-Trust zahlt mit Eigen- und Fremdmitteln alle seine geschuldeten Leasingraten im voraus. Der deutsche Eigentümer dagegen hat seine Leasingraten laufend zu zahlen. Nach Ablauf des Untermietvertrages hat der deutsche Eigentümer die Option, die Nutzungsrechte aus dem Hauptmietvertrag zu einem anfänglich festgelegten Festpreis zu erwerben. Steuerstundungseffekte ergeben sich durch die Struktur der Mietzahlungen beim Ver- und Zurückmieten des Wirtschaftsgutes[14].
Dieser Leasingstruktur wurde durch eine weitere US-Steuerrechtsänderung 1999 - allerdings nicht rückwirkend - der steuerliche Boden entzogen, da die wirtschaftliche Substanz angezweifelt wurde[15]. Dies bedeutete konkret, dass der US-Trust Miet- und Zinszahlungen im Zusammenhang mit US-Lease-in/Lease-out Transaktionen steuerlich nicht mehr geltend machen konnte.
2.1.5 Service-Contract-Struktur
Diese Leasingstruktur folgte binnen kurzer Zeit nach Bekanntgabe der oben erwähnten Steuerrechtsänderung und wird bis heute angewandt. Im Kern entspricht die Service-Contract-Struktur der Lease-in/Lease-out-Struktur. Unterschiede ergeben sich vor allem in deutlich längeren Haupt- (bis 100 Jahre) und Untermietvertragslaufzeiten durch die der US-Trust eine eigentümerähnliche Position erreicht und das langfristige Nutzungsrecht aktivieren und abschreiben kann[16]. Zudem schließt sich nach Ablauf des Untermietvertrages regelmäßig ein Service-Contract (Dienstleistungsvertrag) als weitere Option für den Fall an, dass die Beendigungsoption nicht ausgeübt wird. Der für die steuerliche Anerkennung in den USA notwendige wirtschaftliche Gehalt dieser Service-Contract-Struktur wird zudem dadurch dargestellt, dass in dem Untermietvertrag mit der Kommune die im internationalen Exportleasing üblichen Sicherheiten, Anerkenntnisse, Freistellungsverpflichtungen und Vertragsstrafen vereinbart werden. Im Folgenden werden dieses Modell und seine Struktur genau beschrieben, das immer dann gemeint ist, wenn von Cross-Border-Leasingverträgen oder –transaktionen gesprochen wird.
2.2 Geeignete Transaktionsgegenstände
Eine langfristige grenzüberschreitende Leasingfinanzierung setzt einen langfristig nutzbaren Leasinggegenstand voraus. Deshalb können Großmobilien wie etwa Straßenbahnen, Züge, Waggons und Flugzeuge oder Immobilien wie Kraftwerke, Müllverbrennungsanlagen, Kläranlagen, Verwaltungsgebäude oder Ausstellungs- und Messehallen Gegenstand eines Cross-Border-Leasingvertrages sein.
In Anbetracht der komplexen Vertragsgestaltung und der damit verbundenen hohen Transaktionskosten ist eine Cross-Border-Leasingtransaktion erst ab einem Transaktionsvolumen von über 100 Mio. US-Dollar wirtschaftlich sinnvoll. Dabei ist es unbeachtlich, ob es sich um neue oder gebrauchte Wirtschaftsgüter handelt. Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass sie fertiggestellt sind und genutzt werden[17].
2.3 Wertermittlung
Grundsätzlich wird der Wert der einzubringenden Wirtschaftsgüter nach US-bewertungsrechtlichen Regeln von US-amerikanischen Gutachtern im Rahmen der Transaktion ermittelt. Maßstab zur Wertermittlung sind hier entweder die historischen Anschaffungskosten oder der Wiederbeschaffungswert des Wirtschaftsgutes bei einem theoretischen Wiederaufbau[18]. Jedoch erfordert der Prozess der Wertermittlung von Seiten der Kommune umfangreiche technische, betriebliche und kaufmännische Vorarbeiten, um den Vertragsabschluss nicht unnötig zu verzögern. Zudem ergibt sich aus der US-amerikanischen Bewertung des Wirtschaftsgutes die Höhe des Transaktionsvolumens, aus dem letztendlich der Barwertvorteil für die Kommune resultiert[19]. Die Kommune hat insoweit ein großes Interesse an einer hohen Bewertung des einzubringenden Wirtschaftsgutes und kann gerade durch oben beschriebene Vorarbeiten und durch eine reibungslose Organisation die Wertermittlung positiv beeinflussen.
2.4 Vertragspartner
Vertragspartner sind auf ausländischer Seite ein oder mehrere private Investoren (z.B. Banken, Versicherungen, Industrieunternehmen), die eigens für eine Leasingtransaktion einen Trust gründen, der als Mieter und Untervermieter auftritt[20].
Auf inländischer Seite tritt die Kommune als Vermieter und gleichzeitig als Untermieter auf. Zudem bedient sie sich international tätiger und versierter Banken und Rechtsanwaltskanzleien (sogenannte Arrangeure[21] ), um den umfangreichen und komplexen Regeln des Cross-Border-Leasing gerecht zu werden und sich gegen Risiken aus unterschiedlichen Rechtskreisen möglichst umfassend abzusichern.
Beteiligt sind weiterhin mindestens drei Banken zur Abwicklung der anfallenden monetären Zahlungsströme. Die Zahl der beteiligten Banken kann aber bei Einschaltung einer Defeasance-Struktur[22] auf vier oder mehr ansteigen. Abbildung 1 zeigt die an einer Cross-Border-Leasingtransaktion beteiligten Vertragspartner.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Vertragspartner einer Cross-Border-Leasingtransaktion
2.5 Vertragsbeziehungen
Zwischen den oben vorgestellten Vertragspartnern ergeben sich folgende vertragliche Beziehungen:
2.5.1 Grenzüberschreitende Verträge
2.5.1.1 Rahmenvertrag
Cross-Border-Leasingtransaktionen stellen sich rechtlich wie wirtschaftlich als einheitliche Rechtsgeschäfte dar, die nur in ihrer Gesamtheit von allen Parteien gewollt und abgeschlossen werden[23]. Die Gesamttransaktion wird deshalb in einem Rahmenvertrag zusammengefasst. Hier wird insbesondere der Zustand des Transaktionsgegenstandes beschrieben, ebenso werden die Informationspflichten aller Beteiligten festgesetzt sowie die verschiedenen Zusicherungen und Garantien aufeinander abgestimmt. Zusicherungen und Garantien können beispielsweise sein, dass nur Banken mit höchster Bonität zur Abwicklung der Finanzierung der Cross-Border-Leasingtransaktion beauftragt werden und dass die Banken gewechselt werden müssen, sollte deren Bonität herabgestuft werden. Der Abschluss eines Rahmenvertrages dokumentiert, dass alle an diesem Rahmenvertrag Beteiligten genaue Kenntnis vom Ablauf der Transaktion und vom Inhalt der Pflichten der am Leasingvertrag Beteiligten haben[24]. Sämtliche sonstigen folgenden bilateralen Verträge bilden unselbständige Anlagen zu diesem Rahmenvertrag. Obwohl also wie im Folgenden gezeigt wird zwei Leasingverträge (Haupt- und Untermietvertrag) vorliegen, handelt es sich um ein einzelnes Vertragswerk (sui generis), da die beiden Mietvereinbarungen nicht unabhängig voneinander abgeschlossen werden würden[25]. Der Rahmenvertrag ist ebenso wie die übrigen Verträge – mit Ausnahme des Arrangeurvertrages – in englischer Rechtssprache gefasst und unterliegt US-Recht[26].
2.5.1.2 Langfristiger Hauptmietvertrag
Die deutsche Kommune schließt mit dem US-Trust einen langfristigen Hauptmietvertrag über das Wirtschaftsgut ab. Abhängig von dessen Art und betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer beträgt die Mietlaufzeit 80 bis 100 Jahre[27]. Für diese Zeit wird dem US-Trust von der deutschen Kommune das Nutzungsrecht am jeweiligen Wirtschaftsgut übertragen. Durch diesen Hauptmietvertrag trägt der US-Trust das Verlustrisiko des Wirtschaftsgutes und ist verpflichtet, das Wirtschaftsgut auf eigene Kosten zu unterhalten und zu versichern bzw. für eine entsprechende Unterhaltung und Versicherung zu sorgen. Der US-Trust hat seine Leasingraten über die Vertragslaufzeit im Voraus zu leisten.
[...]
[1] Auf deutscher Seite können nicht nur Städte und Gemeinden, sondern auch Bundesländer, Zweckverbände, kommunale Unternehmen, Bundesunternehmen oder private Unternehmen Vertragspartei von US-Cross-Border-Leasingtransaktionen sein.
[2] Vgl. FAZ vom 25.02.2003 Nr. 47 S. 1.
[3] Vgl. Ebenda, S. 4.
[4] Vgl. Laudenklos/Pegatzky (2002), S. 1306.
[5] Vgl. Rügemer (2002), www.oeko-net.de/kommune/kommune02-02/zzruegem.htm.
[6] Vgl. FAZ vom 19.02.2003 Nr. 42 S. 4.
[7] Vgl. Maus (1996), S. 21; Büschgen (1998), S. 2.
[8] Vgl. BFH 26.01.1970, BStBl. 1970 II, S. 264.
[9] Vgl. Büschgen (1997), S. 53.
[10] Kongressabgeordneter J.J. Pickle und Senator B. Dole.
[11] Vgl. Biagosch/Weinand-Härer (1998), S. 7.
[12] Vgl. Ebenda.
[13] Vgl. Ebenda.
[14] Vgl. Biagosch/Weinand-Härer (1998), S. 7.
[15] Vgl. Internal Revenue bulletin, Bulletin No. 1999-13, 29.03.1999, S. 3.
[16] Vgl. Völker (2002), S. 669.
[17] Vgl. Biagosch/Weinand-Härer (2002), S. 114.
[18] Vgl.http://www.thomas-anwaelte.de/Publikationen/Aachener_Zeitung_vom_24_8_2001/aachener _zeitung_vom_24_8_2001.html.
[19] Siehe unten 3.1.
[20] Siehe unten 2.5.2.1.
[21] Siehe unten 2.5.3.2.
[22] Siehe unten 2.5.3.1.
[23] Vgl. Thomas/Wanner (2002), S. 64.
[24] Vgl. Girsberger (1997), S. 28.
[25] Vgl. Erlass der SenFin. Berlin vom 22.4.1999; Günther/Niepel (2002), S. 602.
[26] Vgl. Bühner/Sheldon (2001), S. 316.
[27] Vgl. Ebenda; Sester (2003), 96.
- Citation du texte
- Moritz Gindra (Auteur), 2003, Eine rechtliche, steuerliche und wirtschaftliche Analyse von kommunalen Cross-Border-Leasingverträgen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18510
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