1884 publizierte der bekannte amerikanische Psychologe William James eine Emotionstheorie, welche der Alltagsauffassung provokant widerspricht, dass die bei Emotionen auftretenden körperlichen Veränderungen die kausale Folge dieser Emotionen seien. Nach der Theorie von James löst ein Reizereignis eine Erregung im autonomen Nervensystem und andere körperliche Reaktionen aus, die dann zur Wahrnehmung einer spezifischen Emotion führen. Kurzum: James zufolge läuft man nicht davon, weil man Angst hat, sondern man hat Angst, weil man davonläuft.
In dieser vorliegenden Arbeit werden zunächst wichtige Aspekte der präzisierten Fassung der ursprünglichen Theorie von James, welche aufgrund zunehmender Kritik formuliert wurde, erläutert. Dabei wird auf drei hauptsächliche Einwände gegen James’ Annahmen eingegangen und dessen Korrekturen werden beschrieben.
Im Anschluss daran folgt die Vorstellung der wohl bekanntesten Kritik an der Emotionstheorie von James, der Kritik von Walter Cannon, einem ehemaligen Studenten von James. Dieser versuchte durch die Aufstellung von 5 Hypothesen, dessen Kernannahme zu widerlegen, dass Emotionen die Folge der Wahrnehmung körperlicher Veränderung seien.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Präzisierte Fassung der Emotionstheorie
2.1. Prozess der Emotionsentstehung
2.2. Emotionen und willkürliche Handlungen
2.3. Welche körperlichen Veränderungen sind eigentliche emotional?
3. Cannons Kritik an der Emotionstheorie von James
3.1. Die Trennung der Viszera vom Zentralnervensystem führt zu keiner Veränderung im emotionalen Verhalten
3.2. Gleiche viszerale Änderungen treten bei verschiedenen emotionalen und nichtemotionalen Zuständen auf
3.3. Die Viszera sind relativ unempfindlich
3.4. Viszerale Änderungen sind zu langsam, um als Ursache für das Erleben von Emotionen zu fungieren
3.5. Die künstliche Herbeiführung typischer viszeraler Änderungen führt nicht zum Auftreten entsprechender Emotionen
4. Zusammenfassung
5. Quelle
1. Einleitung
1884 publizierte der bekannte amerikanische Psychologe William James eine Emotionstheorie, welche der Alltagsauffassung provokant widerspricht, dass die bei Emotionen auftretenden körperlichen Veränderungen die kausale Folge dieser Emotionen seien. Nach der Theorie von James löst ein Reizereignis eine Erregung im autonomen Nervensystem und andere körperliche Reaktionen aus, die dann zur Wahrnehmung einer spezifischen Emotion führen. Kurzum: James zufolge läuft man nicht davon, weil man Angst hat, sondern man hat Angst, weil man davonläuft.
In dieser vorliegenden Arbeit werden zunächst wichtige Aspekte der präzisierten Fassung der ursprünglichen Theorie von James, welche aufgrund zunehmender Kritik formuliert wurde, erläutert. Dabei wird auf drei hauptsächliche Einwände gegen James’ Annahmen eingegangen und dessen Korrekturen werden beschrieben.
Im Anschluss daran folgt die Vorstellung der wohl bekanntesten Kritik an der Emotionstheorie von James, der Kritik von Walter Cannon, einem ehemaligen Studenten von James. Dieser versuchte durch die Aufstellung von 5 Hypothesen, dessen Kernannahme zu widerlegen, dass Emotionen die Folge der Wahrnehmung körperlicher Veränderung seien.
2. Präzisierte Fassung der Emotionstheorie
Nur wenige Jahre nach der Publikation seiner Emotionstheorie sah sich James aufgrund einer Vielzahl kritischer Stellungnahmen anerkannter Psychologen veranlasst, diese zu präzisieren. James betrachtete vor allem drei Einwände als teilweise gerechtfertigt, welche den Prozess der Emotionsentstehung, die Bedeutung willkürlicher Handlungen für das emotionale Erleben und die Frage, was an körperlichen Veränderungen eigentlich spezifisch emotional sei, betrafen. Diese versuchte er daraufhin zu entkräften.
2.1. Prozess der Emotionsentstehung
James Theorie besagt, dass körperliche Veränderungen, die dem emotionalen Erleben zu Grunde liegen, reflexartig durch die bloße Wahrnehmung eines Objekts ausgelöst werden. Die Kritiker wandten dagegen ein, dass nicht alle emotionale Reaktionen so verursacht sein könnten. Der Anblick eines Bären führt schließlich nicht notwendigerweise zu den für Furcht charakteristischen Reaktionen wie Davonlaufen oder erhöhter Herzschlag. Ein Jäger empfindet vielleicht angenehme Gefühle beim Anblick des Bären im Wald, und ein Bär im Käfig löst eventuell Reaktionen der Neugier beim Betrachter aus. Nach Meinung der Kritiker ist für das Entstehen von Furcht also noch ein weiterer Prozess nötig, nämlich die Bewertung des Bären für unser Wohlergehen. Nur wenn man zum Schluss kommt, dass der Bär gefährlich werden kann, entstehen typische Reaktionen für Furcht.
James begegnete diesem Einwand wie folgt: Er räumte ein, dass ein und dasselbe Objekt durchaus unterschiedliche Emotionen hervorrufen könne. Die Wahrnehmung dieser Objekte sei dabei weiterhin der Auslöser für diese Reaktionen. Mit zunehmendem Wissen um diese Objekte wird die emotionale Reaktion jedoch von dem Element der Gesamtsituation ausgelöst, dass als das lebenswichtigste auffällt. Der Bär sticht in manchen Gesamtsituationen stärker aus der Umgebung heraus, als in anderen. Für den Betrachter hat er dann eine unterschiedlich starke Bedeutung (Salienz) und löst abhängig davon die entsprechende emotionale Reaktion aus. James betont allerdings, dass dieser Prozess ein reiner Wahrnehmungsprozess ist und keinen kognitiven Anteil hat.
2.2. Emotionen und willkürliche Handlungen
James nahm in seiner Theorie eine Beziehung zwischen Emotionen und Handlungen an. Das Erleben von Emotion kann danach auf bestimmten willkürlichen Reaktionen (wie Davonlaufen) oder auf charakteristischen Mustern unwillkürlicher Reaktionen (wie Schwitzen oder beschleunigter Herzschlag) beruhen.
Die Annahme wurde kritisiert, indem darauf hingewiesen wurde, dass die gleiche Emotion mit sehr unterschiedlichen Handlungen und Reaktionen verbunden sein kann. Dies steht aber im Widerspruch zur Theorie von James, denn wenn bestimmte Handlungen die Grundlage für bestimmte Emotionen darstellen, dann muss es eine eindeutige Zuordnung geben.
James begegnete diesem Einwand, indem er sprachlichen Missverständnissen den Grund für selbigen gab. In Formulierungen wie „Wir fürchten uns, weil wir davonlaufen“ sollte fortan das Wort „davonlaufen“ für die vielen unwillkürlichen Reaktionen stehen, die im inneren des Körpers stattfinden. Damit maß James in seiner präzisierten Fassung der Emotionstheorie nun den unwillkürlichen viszeralen (die Eingeweide betreffend) Reaktionen eine höhere Bedeutung als den willkürlichen Reaktionen zu.
2.3. Welche körperlichen Veränderungen sind eigentliche emotional?
Laut James beruht das emotionale Erleben auf der Wahrnehmung körperlicher Veränderungen. Die Kritiker stellten nun die Frage, ob einfache körperliche Veränderung wie Magendrücken auch zu Emotionen führen. James räumte daraufhin ein, dass es durchaus viszerale Veränderungen gibt, die „nichtemotional“ sind, zum Beispiel das Schauern bei Kälte. Der Grund für deren „Nichtemotionalität“ sei, dass es sich dabei um isolierte und eingrenzbare Körperempfindungen handle. „Emotionale“ körperliche Veränderungen hingegen sind laut James ausgebreitet und diffus und umfassen zahlreiche schwer zu lokalisierende Komponenten.
Diese Aussage wurde jedoch wiederum kritisiert, da bei Fieber und nach der Einnahme bestimmter Drogen ebenfalls breite und diffuse körperliche Veränderungen auftreten, welche zahlreiche Komponenten umfassen. Bei solchen Veränderungen handelt es sich jedoch zweifelsfrei um nichtemotionale Zustände.
3. Cannons Kritik an der Emotionstheorie von James
Wie eingangs bereits erwähnt, stammt die wohl bekannteste Kritik an James’ Emotionstheorie vom amerikanischen Psychologen Walter Cannon, welcher sich in seiner fünf Punkte umfassenden Erörterung gegen die Hauptannahme von James richtet, dass viszerale Reaktionen die Grundlage von Emotionen sind.
1. Die Trennung der Viszera vom Zentralnervensystem führt zu keiner Änderung des emotionalen Verhaltens.
2. Gleiche viszerale Änderungen treten bei unterschiedlichen emotionalen und nichtemotionalen Zuständen auf.
3. Die Viszera sind relativ unempfindlich.
4. Viszerale Änderungen sind zu langsam, um als Ursache für emotionales Erleben zu fungieren.
5. Die künstliche Herbeiführung typischer viszeraler Änderungen führt nicht zum Auftreten entsprechender Emotionen.
Cannon versucht in seiner Kritik nachzuweisen, dass für einige Emotionen die Körperempfindungen nicht hinreichend beziehungsweise nicht notwendig sind. Im Folgenden werden die einzelnen Behauptungen näher dargelegt.
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- Arbeit zitieren
- Steffen Kuegler (Autor:in), 2003, Körperlichen Veränderungen als kausale Folge von Emotionen? Die präzisierte Emotionstheorie von William James und Walter Cannons Kritik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18306
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