Im vorliegenden Text werden die Theorien von Niklas Luhmann und Jürgen Habermas unter dem Aspekt des Gesellschaftsbegriffs verglichen. Unter Gesellschaft versteht man dem Ursprung nach den „Inbegriff räumlich vereint lebender oder vorübergehend auf einem Raum vereinter Personen“ (Geiger 1982: 39). Während Luhmann Gesellschaft als einen besonderen Typ eines sozialen Systems versteht (Vgl. Baraldi/Corsi/Esposito 1997: 63), sieht Habermas die Gesellschaft in zwei Strukturen geteilt, System und Lebenswelt (Vgl. Berghaus 2004: 21).
Es zeigen sich somit grundlegende Differenzen in den Ansichten und den Herangehensweisen an das Verständnis von Gesellschaft. Die unterschiedlichen Ansätze werden im Folgenden erläutern und verglichen.
Inhalt
1. Einleitung
2. Die Luhmannsche Systemtheorie
3. Soziologisches Denken Habermas`
4. Luhmann`s Gesellschaftstheorie
5. Habermas` Gesellschaftstheorie
6. Zusammenfassender Vergleich Luhmann und Habermas
7. Literaturverzeichnis
Einleitung
Im vorliegenden Text werden die Theorien von Niklas Luhmann und Jürgen Habermas unter demAspekt des Gesellschaftsbegriffs verglichen. Unter Gesellschaft versteht man dem Ursprung nach den „Inbegriff räumlich vereint lebender oder vorübergehend auf einem Raum vereinter Personen“ (Geiger 1982: 39). Während Luhmann Gesellschaft als einen besonderen Typ eines sozialen Systems versteht (Vgl. Baraldi/Corsi/Esposito 1997: 63), sieht Habermas die Gesellschaft in zwei Strukturen geteilt, System und Lebenswelt (Vgl. Berghaus 2004: 21).
Es zeigen sich somit grundlegende Differenzen in den Ansichten und den Herangehensweisen an das Verständnis von Gesellschaft. Die unterschiedlichen Ansätze werden im Folgenden erläutern und verglichen.
2. Die luhmannsche Systemtheorie
Niklas Luhmann (1927- 1998) studierte von 1946 bis 1949 Rechtswissenschaften an der Universität in Freiburg. Nach seinem Referendariat in Lüneburg war er bis 1962 als Verwaltungsbeamter tätig. 1960 erhielt Luhmann ein Fortbildungsstipendium für die Universität Havard in Cambridge. Um das Studium der Verwaltungswissenschaft und Soziologie wahrnehmen zu können, wurde er von seiner Verwaltungstätigkeit freigestellt. Unter anderem wurde er auch von Talcott Parsons unterrichtet, mit dessen Systemtheorie er sich seit dem befasste. Er promovierte und habilitierte in Soziologie an der Universität Münster und 1968 wurde er an die neu begründete Universität Bielefeld berufen. (Vgl. Stichweh 2007: 240f.)
Luhmann sieht Wissenschaft viel schwieriger als einfache Kritik an (Vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 174). Marxismus und die Kritische Theorie könne man folglich nicht als richtige Wissenschaft sehen (Vgl. ebd. 2007: 176). Die bisherigen Theorien in der Soziologie konnten nicht „[…] benennen, was Gesellschaft ist“ (Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 176). Luhmann sah es als seine Aufgabe diese Unzulänglichkeit zu beseitigen und die „[…] Widersprüche und Ungenauigkeiten der Soziologie […]“ (ebd. 2007: 176) zu eliminieren.
Er erkennt schon früh, dass seine Systemtheorie den Ansatz für die Auflösung des bestehenden Mangels sein kann und eine Idee für eine Theorie der Gesellschaft bietet. „Er geht dabei so vor, dass er drei Ebenen der Theoriekonstruktion auseinanderhält: die allgemeine Strukturtheorie, die Theorie sozialer Systeme und die Gesellschaftstheorie.“ (Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 176).
Die allgemeine Systemtheorie bezieht sich auf alle Arten von Systemen. Zu diesen zählt Luhmann Maschinen, Organismen, psychische Systeme und soziale System (Vgl. Luhmann 1984: 15f.).
Die moderne Systemtheorie unterscheidet nicht zwischen dem Ganzen und seinen Teilen, sondern sie differenziert sich in Systeme und deren Umwelt (Vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 177). Darunter ist zu verstehen, dass Systeme immer durch ihr Verhältnis zur Umwelt zu verstehen sind. Es geht immer um die Differenz System und Umwelt. Es geht also um die Frage wie eine Einheit auf alles andere reagiert. Desweiteren geht es darum, welche Grenzen gebildet werden und wie filtern diese Grenzen die Informationen aus der Umwelt, die im System dann erlebt und verarbeitet werden. (Vgl. Luhmann 1984: 15ff.).
„Gegenstand der Soziologie sind ausschließlich soziale Systeme.“ (Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 179). Unter sozialen Systemen versteht Luhmann die Kommunikation von Menschen. Diese unterteilte er in zunächst drei Arten (Interaktions-, Organisations- und Gesellschaftssysteme), bevor später eine weitere (soziale Bewegung) hinzukommt (Vgl. ebd. 2007: 179/180). Die Besonderheit von sozialen Systemen sieht Luhmann im Sinn (Vgl. Stichweh 2007: 243). Somit kann man soziale Systeme auch als Sinnsysteme beschreiben (Vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 180). Sinn realisiert sich nur in Systemen und somit sind Sinn und System nur zusammen möglich (Vgl. Baraldi/Corsi/Esposito 1997: 171). Unter Sinn versteht Luhmann die Voraussetzung jeder Erfahrungsverarbeitung (Vgl. ebd. 1997: 170). „Jedes soziale System wird aus dem Medium „Sinn“ geformt“(ebd. 2007: 180). Das bedeutet allerdings nicht, dass auch jedes Sinnsystem ein soziales System darstellt. Psychische Systeme agieren auch im Medium „Sinn“. Man kann also nicht sagen, dass „Sinn“ spezifisch für das Soziale steht. (Vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 180).
Wie oben bereits erwähnt sieht Luhmann soziale Systeme als „Kommunikationssysteme“ (Berghaus 2004: 61). Soziale Systeme bestehen laut Luhmann nicht aus Menschen, sondern aus Kommunikation. Mensch als Begriff ist zu ungenau und Ungenauigkeit ist das was Luhmann aus der Soziologie verdrängen wollte. (Vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 180). Der Begriff Kommunikation besteht aus drei Komponenten (Information, Mitteilung und Verstehen) (Vgl. Stichweh 2007: 247). Bei Kommunikation besteht also eine genaue Definition des Begriffs und daher geht Luhmann einer Ungenauigkeit so aus dem Weg.
Die dritte Ebene ist die Gesellschaftstheorie auf die später noch einmal genauer eingegangen wird (siehe Seite 6).
3.Soziologisches Denken Habermas`
Jürgen Habermas wurde 1929 als Sohn des Leiters der Industrie- und Handelskammer in Düsseldorf geboren. Seine Kindheit und Jugend fand fast vollständig in der Zeit des Nationalsozialismus statt. 1949 bis 1954 studierte er die Fächer Philosophie, Geschichte, Germanistik und Psychologie an der Universität Göttingen. Nach dem abgeschlossenen Studium war er als freier Autor tätig, wo er vor allem soziologische Essays für den Merkur verfasste. 1956 bis 1959 war er wie auch Theodor W. Adorno Mitarbeiter des Frankfurter Instituts für Sozialforschung. 1971 bis 1981 wurde er gemeinsam mit Carl Friedrich von Weizäcker Direktor des neu gegründeten „Instituts zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich- technischen Welt“ in Starnberg. Von 1982 bis zu seiner Emeritierung 1994 arbeite er wieder als Professor für Philosophie in Frankfurt. Bis heute nimmt Habermas regelmäßig an Debatten teil und publiziert auch weiterhin Texte. (Vgl. Honneth 2007: 65ff.).
Habermas Werke sind sehr von den Eindrücken aus seiner Kindheit und Jugend geprägt. So ist ein Schlüsselgedanke von ihm, das die Moderne gefährdet sei und man diese ganz dringend verteidigen muss. (Vgl. Iser/Strecker 2010: 56). 1981 erschiendas von vielen als Hauptwerk Habermas` bezeichnete zweibändige Werk „Theorie des kommunikativen Handelns“ (Vgl. Iser/Strecker 2010: 67). Diese Theorie ist auch das was Habermas berühmt machte und was viele Menschen mit Habermas verbinden.
Aber was ist unter „kommunikativen Handeln“ zu verstehen? Zunächst einmal unterscheidet Habermas zwischen zwei Handlungstypen: strategisches und kommunikatives Handeln (Vgl. ebd. 2010: 85). Unter kommunikativen versteht er dabei verständigungsorientiertes Handeln und unter strategischem versteht er das erfolgsorientierte Handeln. Der Unterschied der Beiden liegt im Mechanismus der Handlungskoordination. (Vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 137). Kommunikatives Handeln bezeichnet eine Interaktion zwischen Menschen und diese hat auch einen Zweck. Diese muss unter Einvernehmen stattfinden. Es werden aber für kommunikatives Handeln keine Worte vorausgesetzt, es darf also nicht mit „Reden“ verwechselt werden.(Vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 137 und Iser/Strecker 2010: 85). Unter strategisches Handeln verstehen wir eine Interaktion, die kein Einvernehmen voraussetzt, sondern durch äußere Einflussnahme bestimmt wird. Unterschiedliche Machtverteilungen sind für strategisches Handeln grundlegend. (Vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 137 und Iser/Strecker 2010: 85).
5. Luhmanns Gesellschaftstheorie
Luhmann wollte die Gesellschaft in der er lebte verstehen und ging aus diesem Grund 1960 zu Parsons. Jedoch fand er die Erfassung des Wandels von früheren zur modernen Gesellschaft Parsons nicht wirklich erfüllend (Vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 173). „Die hoch komplexe Gesellschaft der fortgeschrittenen Moderne wurde offensichtlich nicht durch einen Wertekonsens ihrer Mitglieder zusammengehalten.“ (ebd. 2007: 173). Parsons differenziert die Gesellschaft zu wenig aus seiner Umwelt heraus (Vgl. Baraldi/Corsi/Esposito 1997: 26 und Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 173), denn die moderne Gesellschaft ist nicht durch „Strukturdifferenzierung, sondern die funktionale Differenzierung sozialer Systeme […]“ (Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 173) geprägt. Für Parsons ist die moderne Gesellschaft nur ein Instrument für den Systembegriff (ebd. 2007: 174) und Luhmann sieht sie als „ein besonderer Typ eines sozialen Systems“ (Baraldi/Corsi/Esposito 1997: 63). Für Luhmann stellt diese Formulierung allerdings keine Kritik dar, sondern er sieht sie als passende Beschreibung von Gesellschaft.
Die Grenzen von Gesellschaft stellen keine territorialen dar, sondern sie sind die Grenzen der Kommunikation (Vgl. Berghaus 2004: 62). Gesellschaft kann nichts außerhalb dieser beobachtet werden, denn der Beobachter kann immer nur einen Standpunkt in der Gesellschaft einnehmen, denn er ist ein Teil der Gesellschaft (Vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 181). Somit kann die Gesellschaftstheorie keine objektive Realität widerspiegeln (Vgl. Baraldi/Corsi/Esposito 1997: 64). Die Beschreibung der Gesellschaft ist mithin ein Ergebnis ihrer selbst (Vgl. ebd. 1997: 64).
Luhmann ist davon überzeugt, dass die moderne Gesellschaft sich von früheren unterscheidet und somit besteht die soziale Evolution aus der Veränderung der Gesellschaftsstruktur (Vgl. ebd. 1997: 63). Soziale Systeme können ihre Strukturen angesichts ihres Empfindens der Umwelt verändern (Vgl. Rosa/Strecker/Kottmann 2007: 182). Diese Evolutionstheorie nennt man auch zeitliche Dimension (Vgl. Baraldi/Corsi/Esposito 1997: 64).
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- Arbeit zitieren
- Stephanie Trompelt (Autor:in), 2010, Ein Theorievergleich zwischen Niklas Luhmann und Jürgen Habermas unter dem speziellen Aspekt vom Verständnis der Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/182887
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