Seit Mitte Februar berichten internationale Medien über zahlreiche Opfer bei Gefechten zwischen aufständischen Rebellen und Regierungstruppen des Machthabers Muammar Gaddafi. Der aktuellen Berichterstattung zu Folge ist die Zukunft Gaddafis und die des Landes noch immer unklar.....
Seit Mitte Februar berichten internationale Medien über zahlreiche Opfer bei Gefechten zwischen aufständischen Rebellen und Regierungstruppen des Machthabers Muammar Gaddafi. Der aktuellen Berichterstattung zu Folge ist die Zukunft Gaddafis und die des Landes noch immer unklar.
Seit 1969 herrscht Gaddafi in einem diktatorischen Regime und obwohl Libyen aufgrund des großen Ölvorkommens[1] eines der wohlhabendsten Länder Afrikas ist, profitiert das Volk kaum von diesem Reichtum. Folglich brechen nach dem ägyptischen Vorbild im Frühling 2011 auch in Libyen Unruhen und Proteste gegen Gaddafis-Regime aus.
Zu Beginn der Unruhen versucht das Regime die Lage zu beruhigen doch die Demonstrationeneskalieren. Gaddafi lässt den Osten Libyens von seinen Regierungstruppen und Söldnern beschießen und bombardieren. Immer wieder werden die Proteste mit Waffengewalt niederschlagen.Die Eskalation mündet in einem Bürgerkrieg und einer Flüchtlingswelle nach Ägypten und Tunesien.
Die UNO (United NationsOrganization)und andere Länder zeigen daraufhin erste Reaktionen. Libyen wird aus dem Menschenrechtsrat ausgeschlossen und Gaddafis Vermögen welches auf internationalen Konten verteilt ist, wird eingefroren, mit dem Ziel, den Diktator international zu isolieren.[2]
Aufgrund des Bürgerkrieges und der drohenden Gefahr eines Völkermordes,verabschiedet der UN-Sicherheitsrat eine Resolution, die einen internationalen Militäreinsatz als Option zum Schutz der Zivilbevölkerung vor den Gaddafi-Truppen vorsieht. Das bedeutet, dass militärisch fast alle Möglichkeiten offen stehen, bis auf den Einsatz von Bodentruppen.
In der Nacht zum 19. März beginnen „Großbritannien, Frankreich, die USA, Kanada, Belgien, Italien, Spanien und Dänemark“[3] mit den ersten Militärschlägen gegen das Gaddafi-Regime. Eine Woche später übernimmt die NATO die Führung der Militärangriffe.
Die Luftangriffe richten sich vor allem gegen militärische Objekte in Bengasi und Zuwarsowie gegen Erdöldepots bei Misratah.[4] Während der andauernden Luftangriffe der NATO, liefern sich die Rebellen und Gaddafis-Truppen heftige Kämpfe.Mit der Unterstützung der internationalen Militärallianz halten die Rebellen gegen die Regierungstruppen an. Täglich fallen Bomben auf Tripolis, wobei viele zivile Opfer zu verzeichnen sind, der internationale Militäreinsatz gerät somit immer wieder in die Kritik. Erst die aktuellen Nachrichten vom 28. August 2011berichten von Gaddafis Sturz -wobei sein Aufenthaltsort noch unbekannt ist- undeiner Übergangsregierung in der Hauptstadt Tripolis.[5]
Stellt sich an dieser Stelle die Frage, welche Ziele durch den internationalen Militäreinsatz auf Libyen verfolgt wurden und wie dieser Einsatz zu rechtfertigen ist? Es gibt sowohl kritische als auch befürwortende Stimmen zu dem Militäreinsatz der internationalen Allianz in Libyen.
Die Befürworter rechtfertigen den Militäreinsatz durch das Argument der humanitären Intervention.[6] Bereits vor Monaten wurden Berichte internationaler Organisationen über Menschenrechtsverletzungen in Libyen vorgelegt. Diese beschreiben mutmaßliche Verbrechen des Gaddafi-Regimes.[7] Um erstens das libysche Volk vor Gaddafis Übergriffen zu schützen und zweitens die Gefahr eines langen Bürgerkriegs sowie die Demokratisierung des Landes zu unterstützten, wurde das Argument der humanitären Intervention als Rechtfertigung für den Militäreinsatz in Lybien vorangestellt, denn Menschenrechtsschutz ist seit 1948 eine der wichtigsten Aufgabe der Vereinten Nationen und Verpflichtet die UN-Mitgliedsstatten zur Verhinderung von Völkermord.[8] [9]
Von „(…) einer humanitären Intervention [wird, d. Verf.] genau dann [gesprochen, d. Verf.], wenn ein Staat, eine Gruppe von Staaten oder eine internationale Vereinigung Militär in ein fremdes Staatsgebiet entsendet, um die Bevölkerung des fremden Staates vor schweren Menschenrechtsverletzungen zu schützen.“[10] Das heißt,dass im Falle einer humanitären Intervention die Friedensicherung in Vordergrund steht sowie Schutz fremder Menschen vor Verfolgung und Vernichtung. Dieses Prinzip wurde bereits im 15. Jahrhundert als eine universelle und natürliche Pflicht verstanden, um Menschen in Not zu helfen.[11]
Angesprochen muss jedoch auch die kritische Seite des Militäreinsatzes, denn wie bereits erwähnt, sind durch die Bombardierungen der Gaddafi-Truppen auch zivile Opfer zu verzeichnen. Somit ist die Kritik der Gegner hinsichtlich der Militäraktion ebenfalls berechtigt.
Die politische Strategie der Alliierten hätte der Kritik nach, statt einermilitärischen Intervention, einer Konfliktprävention nachgehen sollen, egal unter welchen Bedingungen oder zu welchen Zwecken.
Ein weiterer Kritikpunkt sieht den Missbrauch des Konzeptes der humanitären Intervention durch mächtige Staaten,[12] denn macht- und wirtschaftspolitisch motivierte Gründe können als humanitäres Argument missbraucht werden. Denn es „ist nicht unbedingt gesagt, dass die treibenden Kräfte des Einsatzes (…) nicht doch andere Ziele verfolgen.“[13]
Des Weiteren wird durch die Durchführung einer humanitären Intervention in gewisser Weise in die nationale Selbstbestimmung und die kulturelle Integrität eines Staates und somit eines Volkes eingegriffen, da diese im Namen „westlicher Werte“ durchgesetzt wird.[14] Am Beispiel Libyens wird dieser Punkt an den demokratischen Prinzipien des Westens festgemacht.
Ein weiterer Kritikpunkt ist der, dass durch den internationalen Militäreinsatz dem libyschen Volk die Notwendigkeit zur Selbsthilfe in gewissen Punkten genommen wurde, denn nach Hinsch müssen Völker ihren eigenen schmerzhaften Weg zur Freiheit, Demokratie und Stabilität finden. Eine von außen herbeigeführte Befreiung hätte keinen Erfolg, da sie nicht im Denken und Fühlen der ganzen Bevölkerung verankert wird.
Werden die Pro- und Kontra-Argumente abschließend betrachtet, lässt sich die Ausgangsfrage inwiefern der internationale Militäreinsatz in Libyen moralisch gerechtfertigt war recht schwer beantworten.Es bleibt trotzallem schwierig über die Gewichtung und den Wert eines Menschenlebens zu urteilen.
Soll das Risiko eingegangen werden, dass möglicherweise Zivilisten den Bombardierungen der Alliierten zum Opfer fallen, um ein ganzes Volk von einem Tyrannen zu befreien oder soll man das Risiko eingehen und das libysche Volk sich überlassen, mit dem Wissen, dass ein Völkermord droht?
Für die libysche Bevölkerung bleibt es letztendlich zu hoffen, dass die aus humanitären Gründen geführte Intervention ohne eigenes, nationales Interesse der Intervenierenden durchgeführt wurde und dass die vom Volk erkämpfte und ersehnte neue Freiheit demokratische Wurzeln schlägt.
Literatur- und Quellenverzeichnis
Hinsch, W. ua. (2005): Menschenrechte militärisch schützen. C.H. Beck oHG Verlag, Bonn/ München.
BMZ, Auswärtiges Amt, CIA World Factbook. Online im WWW unter URL: http://www.zeit.de/2011/35/01-Libyen-Nato/seite-2 [Letzter Abruf: 23.08.2011].
Der Weg ist frei. Das Zeitalter der humanitären Intervention. Online im WWW unter URL: http://www.zeit.de/2011/35/01-Libyen-Nato/seite-2 [Letzter Abruf: 30.08.2011].
Die Militäroperation in Libyen. Online im WWW unter URL: http://de.rian.ru/infographiken/20110321/258628497.html [Letzter Abruf: 23.08.2011].
Menschenrechtsverletzungen in Libyen. Dokumente der Gewalt. Online im WWW unter URL: http://www.taz.de/Menschenrechtsverletzungen-in-Libyen/!77165/ [Letzter Abruf: 30.08.2011].
Internationale Sanktionen gegen das Gaddafi-Regime. Russland fällt kein moralisches Urteil zum Libyen-Einsatz. Online im WWW unter URL: http://de.rian.ru/politics/20110323/258650863.html [Letzter Abruf: 23.08.2011].
Gaddafi gestürzt. n-tv.de Liveticker zu Libyen. Online im WWW unter URL: http://www.n-tv.de/libyen/n-tv-de-Liveticker-zu-Libyen-endet-article4105856.html [Letzter Abruf: 28.08.2011].
Warum der Libyen-Einsatz moralisch richtig sein kann. Online im WWW unter URL: http://gedankenzumzeitgeschehen.wordpress.com/2011/03/28/warum-der-libyen-einsatz-moralisch-richtig-sein-kann/ [Letzter Abruf: 30.08.2011].
[...]
[1] Vgl. BMZ, Auswärtiges Amt, CIA World Factbook. Online im WWW unter URL: http://www.zeit.de/2011/35/01-Libyen-Nato/seite-2 [Letzter Abruf: 23.08.2011].
[2] Vgl. BMZ, Auswärtiges Amt, CIA World Factbook. Online im WWW unter URL: http://www.zeit.de/2011/35/01-Libyen-Nato/seite-2 [Letzter Abruf: 23.08.2011].
[3] Internationale Sanktionen gegen das Gaddafi-Regime. Russland fällt kein moralisches Urteil zum Libyen-Einsatz. Online im WWW unter URL: http://de.rian.ru/politics/20110323/258650863.html [Letzter Abruf: 23.08.2011]
[4] Die Militäroperation in Libyen. Online im WWW unter URL: http://de.rian.ru/infographiken/20110321/258628497.html [Letzter Abruf: 23.08.2011].
[5] Vgl. Gaddafi gestürzt. n-tv.de Liveticker zu Libyen.
Online im WWW unter URL: http://www.n-tv.de/libyen/n-tv-de-Liveticker-zu-Libyen-endet-article4105856.html [Letzter Abruf: 28.08.2011].
[6] Vgl. Der Weg ist frei. Das Zeitalter der humanitären Intervention. Online im WWW unter URL: http://www.zeit.de/2011/35/01-Libyen-Nato/seite-2 [Letzter Abruf: 30.08.2011].
[7] Vgl. Menschenrechtsverletzungen in Libyen. Dokumente der Gewalt. Online im WWW unter URL: http://www.taz.de/Menschenrechtsverletzungen-in-Libyen/!77165/ [Letzter Abruf: 30.08.2011].
[8] Vgl. Hinsch, 2005, S. 21.
[9] Vgl. Warum der Libyen-Einsatz moralisch richtig sein kann. Online im WWW unter URL: http://gedankenzumzeitgeschehen.wordpress.com/2011/03/28/warum-der-libyen-einsatz-moralisch-richtig-sein-kann/ [Letzter Abruf: 30.08.2011].
[10] Hinsch, 2005, S. 31.
[11] Vgl. Hinsch, 2005, S. 15.
[12] Vgl. Hinsch. 2005, S. 38.
[13] Warum der Libyen-Einsatz moralisch richtig sein kann. Online im WWW unter URL: http://gedankenzumzeitgeschehen.wordpress.com/2011/03/28/warum-der-libyen-einsatz-moralisch-richtig-sein-kann/ [Letzter Abruf: 30.08.2011].
[14] Vgl. Hinsch, 2005, S. 43.
- Arbeit zitieren
- M. Ed. Julia Steblau (Autor:in), 2011, Inwiefern ist das Bombardement Libyscher Truppen und Einrichtungen durch Flugzeuge und Raketen Frankreichs, der USA und anderer moralisch gerechtfertigt?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/182849
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