Die Arbeit widmet sich dem Stellenwert der Gabe von Chondroitin und Glucosamin (Glucosaminen) bei degenerativen Erkrankungen der Gelenke.
Gelenkerkrankungen aus ernährungsmedizinischer Sicht Die Wirkung von Glucosamin und Chondroitin auf Gelenke und Knorpel
von Sven-David Müller, M.Sc..
Degenerative Gelenkerkrankungen - Arthrose
Arthrose ist eine chronisch degenerative Gelenkerkrankung unterschiedlicher Genese und wird oft mit Osteoarthrose gleichgesetzt. Die Alterung des Gelenkknorpels führt zu einer re- duzierten Permeabilität für Nährstoffe und einer Abnahme der Mukopolysaccharide, was zu- sammen zu einer Erweichung, Rissbildung und Erosion des Knorpels führt. Die Arthroseent- stehung wird weiterhin durch alle Form- oder Funktionsstörungen gefördert, weshalb man diese Faktoren als präarthrotische Deformitäten bezeichnet. Die häufigste klinische Form ist die Arthrosis deformans (engl. Osteoarthritis). Diese tritt meist bei älteren Menschen auf und befällt vorwiegend die Gelenke der unteren Extremitäten, wie Hüfte oder Knie, was zu chro- nischen Erkrankungen führt. Im weiteren Stadium führt diese Erkrankung zur Zerstörung der Gelenkflächen (Gelenkknorpel und -knochen). Meist ist im fortgeschrittenen Stadium ein ope- rativer Gelenkersatz notwendig.
Degenerative Gelenkerkrankungen entstehen oft durch Übergewicht, Überbeanspruchung, falsche Stellung oder Fehlhaltung. Weitere Begleiterscheinungen degenerativer Gelenker- krankungen sind neben Diabetes mellitus auch Herzinsuffizienz, Hyperlipoproteinämie, Hy- perurikämie und Varizen (1). Besonders im Alter kann es zu Abnutzungserscheinungen der Gelenke verstärkt im Knie-, Hüft- und Rückengelenksbereich kommen. Die Knorpelschicht umhüllt die Gelenkknochen. Die Gelenkkapseln produzieren Gelenkflüssigkeit, damit die Knorpel laufend mit Nährstoffen versorgt sind. Mit zunehmendem Alter nimmt die Knorpel- schicht an Elastizität ab, wird faserig und bildet sich zurück. Bei verschlissener Knorpel- schicht sind auch der Knochen und die den Knochen umgebenden Gelenkkapseln mit ihren Bändern und Muskeln in Mitleidenschaft gezogen. Andere Ursachen für degenerative Ge- lenkerkrankungen sind Meniskus- und Kreuzbandverletzungen bei intensivem Sport oder schlecht verheilten Knochenbrüchen. Man unterscheidet bei der Arthrose primäre, so genann- te ideopathische, und sekundäre Arthrosen. Primäre Arthrose meint die degenerative Gelenk- erkrankung, welche mit dem physiologischen Alterungsprozess ohne weitere äußere oder in- nere Ursachen einhergeht. Primäre Arthrose entsteht aus ungeklärter Ursache. Diskutiert wer- den unter anderem genetische Dispositionen, Durchblutungsstörungen durch hormonelle Fehl- funktionen oder mechanische Überbelastungen. Sekundäre Arthrose entsteht häufig als Be- gleiterkrankung anderer Leiden, wie Gelenkfehlstellungen, unphysiologischen Gelenkbelas- tungen oder wegen Adipositas verursachter starker Gelenkbelastung.
Stoffwechselstörungen wie Ochronose, eine Ablagerung von Homogentisinsäure, oder Diabe- tes mellitus führen ebenfalls zu sekundären Arthrosen. Bei Diabetes spielen neben der Stoff- wechselstörung auch Gefäßkomplikationen und die diabetische Polyneuropathie zur Arthro- seentwicklung eine wichtige Rolle. Weitere metabolische Ursachen sind Gicht und Kalzium- pyrophosphatablagerungen (Pseudogicht), welche besonders in Menisken und Bandscheiben auftreten. Durch immer wiederkehrende intraartikuläre Blutungen kann Arthrose auch bei Hämophilie A und B auftreten (so genanntes Blutergelenk). Postinfektiöse Arthrosen entste- hen oft nach eitrigen Arthriden, welche den Knorpel zerstören. Beispielhaft seien dafür Go- norrhöe und Tuberkulose genannt. Eine weitere wichtige Ursache sind Autoimmunerkran- kungen (rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes, Sklerodermie) und gelenknahe asepti- sche Knochennekrosen. Es gibt keine geschlechtsspezifischen Unterschiede, jedoch treten bei Männern eher Hüft- und Kniegelenksarthrosen auf, während Frauen verstärkt unter Arthrosen kleinerer Gelenke, wie beispielsweise der Finger leiden. Dort bilden sich charakteristische knochige Verdickungen, so genannte Heberdenknötchen (Osteophyten) aus.
Pathogenese bei Arthrose
Das primäre Ereignis, das zur Arthrose führt, ist eine Zerstörung des Gelenkknorpels durch äußere oder innere Einflüsse. Beispiele hierfür sind Fehlbelastungen, Stoffwechselstörungen oder Infektionen. Die Chondrozyten, in die Interzellulärsubstanz des Knorpels eingelagerte Knorpelzellen, welche für den Erhalt der Knorpelschicht zuständig sind, sezernieren Zytoki- ne. Diese Botenstoffe des Immunsystems regulieren die entzündliche Reaktion. Der Effekt der Zytokine wird durch eine erhöhte Sensitivität der Rezeptoren im arthrotischen Gelenk erhöht. Eine Zerstörung der Zellmembranen führt über die Phospholipasenaktivität zur Freisetzung von Phospholipiden, welche Eikosanoide (Leukotriene und Prostaglandine) enthalten. Diese sind als Mediator bei Entzündungsreaktionen von Bedeutung. Freigesetzte Eikosanoide ver- mitteln Gefäßveränderungen und Veränderungen des Gefäßbindegewebes, was zu klinischen Symptomen der Arthrose führt.
Morphologie
Die Knorpelkappen der Gelenkflächen zeigen unter dem Mikroskop eine unregelmäßige und aufgeraute Kontur. Im Randbereich der Knorpelkappen, zumeist an den Wirbelknochen, kommen häufig Osteophyten vor. Dies sind höckerartige Knochenneubildungen. Geröllzysten finden sich als große, häufig mit nekrotischen Knochenbällchen und Knochenfragmenten ge- füllte Pseudozysten unter der destruierten Knorpelkappe. Lichtmikroskopisch werden auf dem hyalinen Knorpel Asbestfaserung, oberflächliche Defekte und hyperplastische Chondrozyten sichtbar. Der subchondrale Knochen zeigt als Folge der überschießenden Regeneration ver- breiterte und verklumpte Knochenbälkchen (Spongiosa), der Markraum ist fibrosiert und ent- hält nekrotische Knorpelfragmente und mikrofrakturierte Knochenbälkchen. Das Meniskus- gewebe zeigt histologisch eine Auflockerung der Grundsubstanz und eine unregelmäßige Fa- serstruktur. Oberflächlich finden sich meist unterschiedlich große Knorpelnekrosen und Ein- risse, in deren Randbereich man proliferierende hyperplastische Knorpelzellen erkennen kann.
Das klinische Krankheitsbild äußert sich anfänglich in Steifheit und Schmerzen nach längerer Belastung und bei Behandlungsbeginn, wenn der Patient aufgrund dieser Schmerzen den Arzt aufsucht. Später leiden die Betroffenen unter stärkeren Schmerzen, die zu Bewegungsbehin- derungen führen können. Diese Schmerzen können auch in Ruhephasen, nachts oder witte- rungsbedingt auftreten. Die Diagnose der Arthrosen ist anfangs nicht immer einfach, da Arth- rosen zwar klinisch nachweisbar, aber oft stumm sind, also schmerzlos und nicht aktiv. Zwi- schen pathologisch-anatomischen, radiologisch nachweisbaren und klinisch relevanten Arth- rosen bestehen oft Diskrepanzen. Bei bestehendem Verdacht auf Arthrose wird der Patient daher auch radiologisch mittels Röntgen, Computertomographie, Magnet-Resonanz- Tomographie und Arthroskopie untersucht. Erst danach wird medikamentös therapiert, denn nur 20 bis 30 % der Arthrosen verlaufen schmerzhaft (1).
Arthroseformen
Grundsätzlich kann Arthrose an jedem Gelenk auftreten. Die häufigsten Arthroseformen sind:
- Kniegelenksarthrosen (Gonarthrose): Arthrotische Veränderungen können entsprechend der statischen Belastung überwiegend die mediale oder laterale Gelenkfläche betreffen
- Hüftgelenksarthrose (Coxarthrose) Zunehmende Deformierung kann zur Subluxation führen (Teilausrenkung eines Gelenks)
- Sprunggelenksarthrose am oberen und unteren Sprunggelenk
- Daumengelenksarthrose (Rhizarthrose)
- Schultergelenksarthrose (Omarthrose) Gelenkspaltverschmälerung
- Wirbelsäulenarthrose (Spondylarthrose) Gelenkspaltverschmälerung
- Fingerendgelenksarthrose (Heberden-Arthrose)
- Fingermittelgelenksarthrose (Bouchard-Arthrose)
- Daumensattelgelenksarthrose (Rhizarthrose)
- Großzehengrundgelenksarthrose (Hallux rigidus)
- Fehlstellung des Grosszehs (Hallux valgus)
- Kreuz-Darmbeingelenks-Arthrose (Iliosakralgelenksarthrose)
- Kiefergelenksarthrose (Myoarthropathie)
- an mehreren Gelenken gleichzeitig auftretende Arthrose (Polyarthrose, multiple Arthrose)
Entzündliche Gelenkerkrankungen sind unter anderem Arthritis, Rheuma, Rheumatoide Arthritis mit ihren Sonderformen, Psoriasis Arthritis, Morbus Bechterew und Gelenkerkrankung nach Infekten, wie Harnwegs- oder Darmentzündungen. (2, 3, 4)
Therapie
Eine kausale, d. h. die Ursache behebende Therapie der Arthrose, gibt es nicht, obwohl eine Vielzahl von "Knorpelaufbaupräparaten" angeboten werden. Diese reichen von Gelatine bis zu pflanzlichen Wirkstoffen mit den verschiedensten Inhaltsstoffen. Es fehlt bisher der wissenschaftliche Beweis für ihre Wirkung. Verschiedene Maßnahmen können jedoch eine deutliche Erleichterung der Beschwerden bei Arthrose bringen:
- Gewichtsreduktion bei Übergewicht
- Physikalische Therapie und Krankengymnastik, die gute symptomatische Wirk- samkeit zeigen
- Gelenkinjektionen mit Spülung des Gelenks und Injektion von Cortisonpräparaten in entzündlichen Phasen der Arthrose oder Applikation von Lokalanästhetika als Schmerztherapie
- Gabe von Hyaluronsäure in das Kniegelenk, welches als "Gelenkschmiere" wirkt und manchen Patienten längere Zeit Schmerzerleichterung bringt
- Orthopädietechnik (Handstock, Pufferabsätze, Schuhaußen- bzw. -innenrand- erhöhungen)
- Schmerzmittel: z. B. Cyclooxygenase-Hemmer
Die Arthrosetherapie orientiert sich an drei Zielen: Erhaltung der Gelenkfunktion, Schmerzre- duktion sowie Aufhalten der Knorpelzerstörung. Oft sind Gewichtsreduktion, Kräftigung der gelenkumgreifenden Muskulatur und eine gleichförmige, belastungsarme Bewegung der Ge- lenke wirksame Erste-Hilfe-Maßnahmen, bevor medikamentös therapiert wird. Eine Ge- wichtsreduktion verringert den statischen Druck auf den Knorpel beim Stehen. Die Kräfti- gung der gelenkumgreifenden Muskulatur reduziert die Schmerzen und verbessert die Ge- lenkfunktion. Zyklische, gleichmäßige und belastungsarme Bewegungen wie Fahrradfahren wirken sich auch bei bereits fortgeschrittener Arthrose positiv aus. Die Arzneimittelkommis- sion der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) empfiehlt zur Arthrosetherapie Analgetika. Dazu ge- hören je nach Schmerzgrad nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Paracetamol, Diclo- fenac oder Ibuprofen, gut magenverträgliche Cyclooxygenase-2-Hemmer (COX-Hemmer) und stark wirksame Analgetika vom Morphin-Typ. Sie hemmen die Bildung entzündlicher Zytokine und Metalloproteinasen und fördern die Proteoglykansynthese der Chondrozyten.
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- Quote paper
- M.Sc. Sven-David Müller (Author), Thomas Reiche (Author), Elisabeth Warzecha (Author), 2005, Der Einsatz von Chondroitin und Glucosamin bei degenerativen Gelenkerkrankungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/181051
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