Mülltrennung ist nach einer langen Entwicklungsphase zu einem „Ritual“ geworden, das von vielen Bürgern ernst genommen und diszipliniert vollzogen wird. Allerdings ist die Abfalltrennung im Bereich von Einfamilienhäusern nicht mit Mülltrennung in Wohnhausanlagen vergleichbar. Die Bewohner im verdichteten Geschosswohnungsbau sind als Mieter, im Gegensatz zu Eigentümern, nicht in der Lage, direkten Einfluss auf ihre Abfallgebühren zu nehmen, da sie keine Änderungen in der Behälterausstattung veranlassen können. Darüber hinaus sind in vielen Fällen selbst bei vorbildlichem abfallwirtschaftlichen Verhalten keine direkten Auswirkungen zu spüren, da die möglichen Einsparungen durch das weiter vorhandene Fehlverhalten anderer Bewohner nicht zum Tragen kommen können.
Die tägliche Praxis zeigt, dass es heute immer noch Anfallstellen gibt, die den Anforderungen einer zeitgemäßen Abfallwirtschaft nicht entsprechen. Gerade in Bereichen der Wohnhausanlagen ist die Problemlage aber häufig am größten. Viele Behälterstandorte auf Grundstücken von Wohnungsgesellschaften sind hinsichtlich ihrer Größe und Ausstattung falsch konzipiert. Hierfür lassen sich historische Gründe anführen z.B. war die Bildung von großen Kosteneinheiten abrechnungstechnisch sowie technisch-gestalterisch einfacher. Aber große Standorte sind wesentlich schlechter in das Wohnumfeld einzubinden und erzwingen durch ihr vergrößertes Einzugsgebiet lange Wege für die Mieter. Wenn zudem verschiedene Abfallbehälter einzeln stehen, werden Mieter, die ihren Abfall trennen, durch doppelte Wege bestraft. Infolgedessen stößt besonders in Wohnhausanlagen die Abfalltrennung aufgrund der Anonymität und des mangelnden Kostenbewusstseins auf eine geringere Akzeptanz. Neben der Lage sind vor allem die Größe, Ausstattung, Gestaltung und Sauberkeit der Behälterstandorte am Haus für die Akzeptanz der Wertstoffsammlung in größeren Siedlungen von Bedeutung.
INHALTSVERZEICHNIS
1. EINFÜHRUNG
1.1 Ausgangslage
1.2 MAßNAHMEN
1.3 Finanzierung des Projektes
2. DIE BEWOHNERBEFRAGUNG
2.1 METHODIK
2.2 Die Befragungsergebnisse
2.3 Fazit der Bewohnerbefragung
3. AUSBLICK
4. LITERATURVERZEICHNIS
5. ANHANG
1. Einführung
Mülltrennung ist nach einer langen Entwicklungsphase zu einem „Ritual" geworden, das von vielen Bürgern ernst genommen und diszipliniert vollzogen wird. Allerdings ist die Abfalltrennung im Bereich von Einfamilienhäusern nicht mit Mülltrennung in Wohnhausanlagen vergleichbar. Die Bewohner im verdichteten Geschosswohnungsbau sind als Mieter, im Gegensatz zu Eigentümern, nicht in der Lage, direkten Einfluss auf ihre Abfallgebühren zu nehmen, da sie keine Änderungen in der Behälterausstattung veranlassen können. Darüber hinaus sind in vielen Fällen selbst bei vorbildlichem abfallwirtschaftlichen Verhalten keine direkten Auswirkungen zu spüren, da die möglichen Einsparungen durch das weiter vorhandene Fehlverhalten anderer Bewohner nicht zum Tragen kommen können.
Die tägliche Praxis zeigt, dass es heute immer noch Anfallstellen gibt, die den Anforderungen einer zeitgemäßen Abfallwirtschaft nicht entsprechen. Gerade in Bereichen der Wohnhausanlagen ist die Problemlage aber häufig am größten. Viele Behälterstandorte auf Grundstücken von Wohnungsgesellschaften sind hinsichtlich ihrer Größe und Ausstattung falsch konzipiert. Hierfür lassen sich historische Gründe anführen z.B. war die Bildung von großen Kosteneinheiten abrechnungstechnisch sowie technisch-gestalterisch einfacher. Aber große Standorte sind wesentlich schlechter in das Wohnumfeld einzubinden und erzwingen durch ihr vergrößertes Einzugsgebiet lange Wege für die Mieter. Wenn zudem verschiedene Abfallbehälter einzeln stehen, werden Mieter, die ihren Abfall trennen, durch doppelte Wege bestraft. Infolgedessen stößt besonders in Wohnhausanlagen die Abfalltrennung aufgrund der Anonymität und des mangelnden Kostenbewusstseins auf eine geringere Akzeptanz. Neben der Lage sind vor allem die Größe, Ausstattung, Gestaltung und Sauberkeit der Behälterstandorte am Haus für die Akzeptanz der Wertstoffsammlung in größeren Siedlungen von Bedeutung.
Umso wichtiger ist es, Grundlagen für eine gute Sammel- und Entsorgungsinfrastruktur vor Ort bereitzustellen. Diesen Umständen ist bei der Anlage von Standplätzen, oder bei Verbesserungsmaßnahmen, entsprechend Rechnung zu tragen. Beispielsweise sollte die Abfallsammelstelle für die Bewohner nach Möglichkeit ohne zusätzlichen Umweg gut erreichbar sein.
Diese sollte sich daher möglichst in die täglichen Wegebeziehungen integriert werden z.B. am Weg zum Parkplatz oder zur Haltestelle für öffentliche Verkehrsmittel liegen.
Weitere wichtige Aspekte bei der Akzeptanz von Wertstofftrennungssystemen sind im Verbraucherverhalten zu sehen. Für große Wohnsiedlungen sind vor allem die sozialen Bedingungen innerhalb des Gebäudes (nachbarschaftliche Beziehungen, sozialer Austausch und sozialer Vergleich), soziale Bedingungen innerhalb der Haushalte (Vorhandensein einer verantwortlichen Person für den Haushalt, Aufteilung der Haushaltsaufgaben) sowie die Einstellungen und das Verhalten (Umweltbewusstsein und umweltrelevantes Verhalten der einzelnen Haushaltsmitglieder) für das Ausmass der Abfallsortierung entscheidend.
Entsprechend können die Probleme bei Motivation und Qualität der Wertstofftrennung in größeren Siedlungsbereichen nur durch ein Maßnahmenkonzept gelöst werden, dass auf die spezifische Situation des jeweiligen Siedlungsbereiches abgestimmt ist. Hierzu ist es notwendig, die jeweils maßgebenden Faktoren zu identifizieren und dann ein auf die in der jeweiligen Siedlung vorhandene Problemlage abgestimmtes Maßnahmenbündel zu entwerfen und umzusetzen. Demgemäß ist es empfehlenswert, für jeden klar abgrenzbaren Siedlungsbereich vor allem von Wohnungsgesellschaften ein siedlungsbezogenes Abfallwirtschaftskonzept zu entwickeln, das die spezifischen lokalen Gegebenheiten berücksichtigt.
Als Folge derartiger Konzepte ergeben sich zum einen Vorteile im Bereich des praktischen Umweltschutzes (Abfallvermeidung und -verwertung). Zum anderen stellen sich auch durch die Reduzierung des Restmüllvolumens und den sich daraus ergebenden Einsparungen bei den Abfallentsorgungsgebühren für die Bewohner positive Effekte ein. Den Mietern wird die Gelegenheit gegeben, in die Diskussion um die „zweite Miete" (die Nebenkosten) aktiv einzugreifen. Die positiven Effekte gilt es den Bewohnern bewußt zu machen. Dabei sollen ihnen eigene Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.
Weitere Nebeneffekte eines solchen Konzeptes können die Verbesserung des Wohnumfeldes und die Verbesserung und Intensivierung nachbarschaftlicher Verhältnisse durch Zusammenarbeit bei der Erstellung des Konzeptes sein.
Ein wesentlicher Ansatzpunkt zur Verbesserung von Abfallvermeidung und Abfallverwertung in Duisburg ist daher die Zusammenarbeit mit den im Stadtgebiet vorhandenen Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften. In Kooperation mit der Wohnungsbaugesellschaft GEBAG haben die Wirtschaftsbetriebe Duisburg im Jahre 2001 solch ein Konzept entwickelt, welches einerseits das Wohnumfeld verbessert und andererseits wirtschaftliche Vorteile bietet und den Dialog mit den Mietern sucht. Zielsetzung des Gemeinschaftsprojekts ist, durch konsequente Abfalltrennung seitens der Bewohner eine weitgehende Reduktion der Nebenkosten in Bereich Abfall (Gebühren, Zusatzentsorgung, Flächenreinigung u.ä.) zu erreichen und gleichzeitig das Erscheinungsbild der Wohnlage zu verbessern.
1.1 Ausgangslage
Ausgangspunkt für das Projekt war der Sachverhalt, dass die GEBAG-Wohnanlagen der Lehrerstraße (Nr. 20-54), Rügenstraße (Nr. 37-49 und Nr. 38-52) und Usedomstraße (Nr. 1-3) im innerstädtischen Vergleich ein erhebliches Mißverhältnis zwischen Restmüll (RM) und DSD Bestand aufwiesen. Während sich das wöchentliche durchschnittliche pro Kopf Restmüllvolumen in Duisburg vor Projektstart im Jahre 2001 auf 45 Liter und das DSD-Volumen auf 40 Liter belief, wurden in den genannten Neumühler Wohnanlagen pro Kopf 59,25 Liter Restmüllvolumen und 15,46 Liter DSD-Volumen verzeichnet. Entsprechend überstiegen auch die jährlichen Abfallgebühren mit 184,96 Euro[1] pro Kopf den städtischen Durchschnitt (128,51 Euro) um 43,9 %.
Aus diesem Missverhältnis ergeben sich überdurchschnittlich hohe Gebühren pro Wohneinheit. Theoretisch ist ein Kostensenkungspotenzial von mehr als 30% möglich. Denn von den 46 Abfallcontainern, die jeweils 1.100 Liter umfassen, sind theoretisch nur etwa 30 solcher Abfallbehälter notwendig. Durch den Wegfall dieser würden sich die jährlichen Kosten von 157.964 Euro auf 103.020 Euro reduzieren. Entsprechend wäre eine jährliche Einsparung von 58.000 Euro möglich. Folglich würden sich auch die durchschnittlichen jährlichen Abfallgebühren pro Wohneinheit von 425 Euro auf 280 Euro senken lassen.
Weiterhin fielen die Neumühler Wohnanlagen zu Projektbeginn durch Kleinsperrmüll, an Behältern unangemeldete größere Sperrmüllablagerungen sowie insgesamt verschmutze und vermüllte Standplätze (siehe Bild 1) auf, die das Wohnumfeld negativ beeinträchtigten und dabei erhebliche Sonderkosten für Flächenreinigung und Zusatzentsorgung verursachten. Dieser Kostenaufwand belief sich bis dato, laut Angaben der GEBAG, auf jährlich etwa 6.000 Euro. Die unsachgemäße Müllablagerung beeinträchtigte nicht nur das Erscheinungsbild der Wohnanlage, sondern rief auch noch Ungeziefer wie Ratten hervor.
Zudem können unter diesen Umständen die Abfallbehälter am Tag der Leerung oft nicht in die Boxen zurückgestellt werden, da Abfallablagerungen im Wege sind. Zusätzliche Kosten für das Reinigen der Boxen entstehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 1: Lehrerstraße 54, (10.07.2001): Vor den Maßnahmen
An dieser Stelle stellt sich nun die Frage, wie es zu dieser als problematisch zu bezeichnenden Abfallsituation in den Neumühler Wohnanlage kommen konnte.
Zu den Missständen haben sicherlich standplatzbedingte Ursachen wie auch Informationsdefizite unter den Bewohnern beigetragen.
In Bezug auf die standplatzbedingten Ursachen muss angeführt werden, dass die Ausstattung der Standplätze durchaus verbesserungswürdig gewesen ist. Dabei ist vor allem das Verhältnis von Restmüll zu DSD-Behältnissen hervorzuheben, wobei letztere zusätzlich einer eindeutigeren Kennzeichnung bedurften. Weiterhin war die Lage der Standplätze nicht bestmöglich gewählt. Ebenso ergaben sich ungünstige Wegebeziehungen mit einer ungleichmäßigen Befüllung der Behälter.
Eine eindeutige Zuordnung der Behälterstandplätze zu einzelnen Häusern oder gar zu der gesamten Wohnanlage war nicht möglich. Dies begünstigte Fremdbefüllung und Verantwortungsdiffusion. Viele Fremde trugen zu den Missständen bei.
Die Informationsdefizite unter den Bewohnern setzten sich aus verschiedenen Aspekten zusammen. Vielfach fehlte den Anwohnern das „Know-how" zur Mülltrennung, begleitet bzw. verursacht von Motivations- oder Sprachproblemen. Weiterhin gab es eine mangelnde Orientierung bezüglich der Möglichkeiten zur Entsorgung von Sperrmüll. Vielen Mietern war der Zusammenhang zwischen Müllproduktion, Abfallentsorgung und hohen Mietnebenkosten nicht bewußt. Die war mitunter gepaart mit einem insgesamt geringen Kostenbewusstsein und einer generellen Versorgungsmentalität.
Weiterhin traten Gewöhnungseffekte auf, die sich durch eine langjährige Überversorgung mit Müllvolumen und durch regelmäßige Sonderreinigungen einstellten. Die sich entsprechend ergebenden hohen Mietnebenkosten - nach Angaben der GEBAG bis zu 50% der Betriebskosten - sowie das unattraktive Umfeld begünstigten die Leerstände.
Nach Ablauf der Planungsphase sowie nach Vertragsunterzeichnung am 01.07.2002 konnten am 01.12.2002 die ersten Maßnahmen gestartet werden. Diese werden gegenwärtig fortgeführt. Die voraussichtliche Projektdauer beträgt mindestens drei Jahre.
1.2 Maßnahmen
Aus zahlreichen Studien ist bekannt, dass sich Erfolge in der Abfalltrennung vor allem dann einstellen, wenn mehrere Maßnahmen als Gesamtpaket umgesetzt werden (z.B. GRASSINGER et al. 2000).
Entsprechend wurde zur Intervention ein umfangreiches Maßnahmenpaket eingeleitet, das Maßnahmen zur Anpassung von Behältervolumen, Standplatzoptimierung, eingehende Aufklärungsarbeit, sowie kontinuierliche Betreuung durch einen „Entsorgungsbetreuer" miteinbezog.
Im Rahmen der Anpassung des Behältervolumens und Standplatzoptimierung wurden zur Reduzierung des Restmüllvolumens entsprechende Behältnisse verringert und optimal aufgestellt (siehe Bild 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 2: Lehrerstraße 54 (04.06.2003): nach dem Umbau
Gleichzeitig erfuhr das DSD-Volumen eine Aufstockung; und weitere Altpapierbehältnisse wurden in unmittelbarer Nähe zur Wohnanlage bereitgestellt[2]. Die alten Müllcontainer wurden durch neue moderne Müllboxen ersetzt, die eine Zugangsbeschränkung mittels moderner Schließsysteme ermöglichen. Unter Verwendung von hausspezifischen Schlüsseln für die Behältnisschlösser, sowie der optimierten Lage der Behältnisse, soll zukünftig die Fremdbefüllung vermieden werden. Diese moderne Behältervariante ist rattensicher und verfügt über gedämpfte Einwurfdeckel sowie über variable Schrammboards zur exakten Plazierung der Abfallbehälter in der Box (damit sich die Abfälle nicht neben dem Behälter wiederfinden).
Die Behälter und die Boxen für die verschiedenen Abfallarten wurden einheitlich in der entsprechenden Kennfarbe aufgestellt (siehe Bild 3) und durch eine gut sichtbare, eindeutige und mehrsprachige Beschriftung in Deutsch, Türkisch, Russisch (siehe Bild 4), sowie mit graphischen Sortierhinweisen gekennzeichnet.
Auch Studien zeigen auf, dass gut gestaltete Abfallsammelstellen die Benutzer zu einem besseren Trennverhalten motivieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 3: Neue Abfallcontainer mit farblicher Zuordnung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 4: Mehrsprachige Beschriftung der Behälter
Zur optischen Verbesserung wurden an den neuen Müllboxen Rankgitter angebracht (siehe Bild 5). Da im Sommer mit steigenden Temperaturen die Geruchsbelästigung der Bewohner zunimmt, soll die Bepflanzung ferner der Beschattung der Sammelbehälter dienen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 5: Rankgitter an den Behältern
Die Standplätze für die Behälter wurden in die alltäglichen eingebunden (siehe Bild 6 ) und an einer gut einsehbaren Stelle errichtet. Damit soll sich nicht nur ein Verantwortungsbezug zum eigenen Behältnisstandplatz ergeben, sondern weiterhin die soziale Kontrolle der Sammelstellen durch die legitimen Nutzer gefördert werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 6: Einbindung der Standplätze in die alltäglichen Wegebeziehungen
Ferner wurden Müllgemeinschaften gebildet, so dass die direkte Zuordnung einer Hausgemeinschaft zu einer Behältergruppe (siehe Bild 7) nun möglich ist, (was weiterhin durch die eingebauten Schlösser sichergestellt wird).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 7: Bildung von Müllgemeinschaften
Überdies wurde eine zentrale SperrmüllsammelsteNe angelegt (modifizierte FertigGarage, siehe Bild 8) und die regelmäßige Abfuhr organisiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 8: Zentrale Sperrmüllsammelstelle
So gibt es eine Reihe von Studien, in denen durch solch verhaltenserleichternde Umgestaltung der Situation (z.B. Verringern der Entfernung zum Altpapiercontainer u.ä.) eine bedeutsame Änderung des Recyclingverhaltens erreicht werden konnte (Luyben & Bailey, 1979; Luyben, Warren & Tallman, 1979/80; Reid, Luyben, Rawers & Bailey, 1976).
Um in der Abfalltrennung positive Ergebnisse erzielen zu können, ist weiterhin die Vermittlung von Wissen und Fähigkeit, also Aufklärungsarbeit, eine grundlegende Vorraussetzung. Nur wer über Handlungswissen verfügt, kann ein entsprechendes Verhalten umsetzen[3] Dieses Handlungswissen wurde den Bewohnern sowohl persönlich als auch schriftlich mitgeteilt.
Die persönliche Information der Bewohner erfolgt(e) durch die Entsorgungsbetreuerin. Diese Mitarbeiterin der Wirtschaftsbetriebe Duisburg suchte alle Haushalte des Projektgebietes auf (bei Nicht-Anwesenheit auch mehrmalig) und vermittelte dabei den Bewohnern im persönlichen Gespräch das notwendige Problem- und Handlungswissen, sprich das „know-how" der Abfalltrennung (siehe Bild 9). Sie gab dabei den Mietern zudem schriftliche Informationen an die Hand.
Die schriftliche Information der Bewohner erfolgte über die Verteilung von Informationsmappen mit Sortierhinweisen. Diese Informationen wurden ferner auch in den Fluren sowie an den Standplätzen ausgehängt. Auch bei Neubezug erhalten Mieter weiterhin diese Informationspakete zur Abfallreduzierung. Aufgrund des erhöhten Ausländeranteils in der Neumühler Wohnanlage sind die schriftlichen Information mehrsprachig angelegt.
Die Vermittlung von Problem und Handlungswissen ist notwendig, um die intrinsische Motivation für das umweltschonende Zielverhalten zu fördern und zu erhalten. Vor allem persönliche Beratungen zeigen große Wirkung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 9: Abfallberatung an der Haustür
Die Vermittlung von Kontrollüberzeugungen (z.B. „durch Abfalltrennung reduziere ich meine Betriebskosten“) ist dabei besonders wichtig. Die Einstellung zur Abfalltrennung schlägt sich vor allem dann in konkretes Verhalten nieder, wenn die Bewohner von der Wirksamkeit der persönlichen Abfalltrennung überzeugt sind.
Im Gespräch sollte den Bewohnern die eigene Verantwortung für den Müll und dessen volumenabhängiger Anteil an den Mietnebenkosten verdeutlicht werden. Schließlich haben Studien gezeigt, dass eine Abfalltrennung von Bewohnern eher durchgeführt wird, wenn die Person sich für die Bewältigung der Müllprobleme, sowie für die Höhe der Mietnebenkosten persönlich verantwortlich fühlten (z.B. Oskamp et al., 1991).
Die Entsorgungsbetreuerin ist auch heute noch regelmäßig in Neumühl vor Ort und kümmert sich neben der Information der Bewohner um kleinere Reinigungsarbeiten (z.B. einsammeln von Kleinsperrmüll, siehe Bild 10), ferner um die Annahme von Sperrmüll sowie die Weiterleitung von Aufträgen an die Wirtschaftsbetriebe. Sie kontrolliert die Behälter (siehe Bild 11) und spricht die Bewohner im Falle einer Fehlbefüllung möglichst persönlich an und meldet auftretende Probleme (wie z.B. eine Verschmutzung des Gebietes) direkt an die zuständigen Mitarbeiter der Wirtschaftsbetriebe Duisburg weiter.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 10 : kleine Reinigungsarbeiten Bild 11: Kontrolle der Abfallboxen
Um auch Bewohner zu erreichen, die von der Abfallberatung nicht direkt zu Hause angetroffen werden konnten, wurde an zwei Terminen das Infomobil der Wirtschaftsbetriebe Duisburg eingesetzt. Die Bewohner wurden dazu eingeladen, sich vor Ort persönlich zur Abfalltrennung informieren zu lassen.
Zur Motivationssteigerung der Bewohner werden weiterhin Kostenzusammenhänge öffentlich gemacht und „Spar- und Trennwettbewerbe" zwischen den Häusern angestrebt. Weiterhin wird redaktionelle Öffentlichkeitsarbeit über die Mieterzeitung, Stadtteilzeitungen und überregionale Presse (u.a. TV-Beitrag) betrieben.
1.3 Finanzierung des Projektes
Die Refinanzierung des Dienstleistungspakets erfolgt durch ein sogenanntes Abfall- Contracting. Bei diesem Contracting-Modell steht die Finanzierung von Investitionen durch Einsparung von Nebenkosten im Vordergrund, sprich Refinanzierung durch Einsparung. Beim Contracting werden die Maßnahmen durch einen Dritten, den Contractor, durchgeführt und finanziert, der seine Investitionen aus den Einsparungen refinanziert. Entsprechend trägt die GEBAG in diesem Fall den Invest für Baumaßnahmen und Personaleinsatz nicht selbst, sondern bezieht alle Leistungen von den Wirtschaftsbetrieben Duisburg als Dienstleistungspaket.
Die von den Wirtschaftsbetrieben Duisburg berechnete Dienstleistungspauschale (Contracting-Rate, jährlich 9.100 Euro) kann nach der II. Berechnungsverordnung („Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen") voll als Betriebskosten angesetzt werden (im Gegensatz zum Invest, wodurch ein großer Vorteil für die Wohnungsgesellschaften entsteht). Diese Kosten sollen durch die zu erwartenden Einsparungen bei den Abfallgebühren mindestens kompensiert werden.
Die Installationen bleiben vorerst Eigentum der Wirtschaftsbetriebe Duisburg (Invest von 90.000 €). Am Ende der Vertragslaufzeit gehen diese als Eigentum auf die GEBAG über. Nach dieser Berechnung ist die „Gewinnschwelle" bereits bei Einsparung von nur 3 Restmüllbehältern erreicht. Die Einsparung jedes weiteren MGB kann voll an die Mieter weiter gegeben werden.
Solch ein Contractingvertrag ist grundsätzlich immer an längere Laufzeiten gebunden und entsprechend ist dieser auch im konkreten Projekt auf eine Vertragslaufzeit von 15 Jahren ausgelegt.
2. Die Bewohnerbefragung
Um die Wirksamkeit der Intervention und die Kosteneffizienz beurteilen zu können, sollte idealerweise vor, während und nach der Intervention das Zielverhalten erfasst werden. Entsprechend wurde gleichzeitig mit dem Einsetzen der Projektmaßnahmen eine repräsentative quantitative Teilerhebung im gesamten Projektgebiet[4] in Form einer standardisierten Befragung von 200 Bewohnern hinsichtlich Aspekten der Wohnzufriedenheit, Sauberkeit und Abfalltrennung durchgeführt. Bis auf wenige soziodemografische Daten, wie Geschlecht und Nationalität, bezogen sich die Fragen auf Details des Wohnens und Lebens, sowie auf die Sauberkeit und Abfallsituation in der GEBAG Wohnanlage. Eine weitere Befragung ist im Herbst geplant.
2.1 Methodik
Erhebungsinstrument war ein 27 Items umfassender Fragebogen, der sich aus vorwiegend geschlossenen Fragen zusammensetzte und sich zumeist einer 4- stufigen Antwortskala bediente (siehe Anhang).
Zunächst wurden die Haushalte von den Wirtschaftsbetrieben mit einem Anschreiben über die bevorstehende Befragung informiert. Entsprechend wurden im Erhebungszeitraum vom 14. März 2003 bis zum 8. April 2003 die Mieter sowohl an Wochentagen, wie auch an Wochenenden, zu Vormittagszeiten, zu Nachm ittags- zeiten und in den Abendstunden zwecks einer Befragung aufgesucht.
Die Befragung fand sowohl an der Haustür, auf der Straße, als auch unmittelbar neben den Abfallbehältern statt.
Die Auswahl der befragten Bewohner bezog sich auf das Gebiet und erfolgte willkürlich. 139 der 200 Befragungen erfolgten auf der Rügenstraße, 60 Befragungen auf der Lehrerstraße und eine Befragung auf der Usedomstraße. Die geringe Befragungsintensität auf der Usedomstraße geht mit durchaus schlechten Erfahrungen der Entsorgungsbetreuerin auf dieser Straße einher. Diese Bewohner zeigten sich generell wenig interessiert.
Die standardisierten Interviews nahmen in der Regel eine Zeitspanne von zehn Minuten ein. Da im Anschluss an die Befragung noch die Möglichkeit zu einer narrativen Phase gegeben war, dehnte sich der Zeitbedarf mitunter auf 60 Minuten aus. Ein Großteil der Befragten zeigte sich kooperativ und aufgeschlossen und äußerte sich insgesamt mit Wohlwollen. Nur neun Bewohner verweigerten die Befragung und vier Gespräche mussten wegen Sprachproblemen mit einem Übersetzer (Familienmitglied) geführt werden. Ferner muss die Vermutung geäußert werden, dass nicht alle Bewohner, die daheim waren, die Wohnungstür geöffnet haben. Sie verweigerten ebenfalls die persönliche Beratung durch die Entsorgungsbetreuerin der Wirtschaftsbetriebe Duisburg.
[...]
[1] Daten auf Basis eines MGB 1.100 Liter für Restmüll bei wöchentlicher Leerung. DSD Behälter erzeugen keine zusätzlichen Kosten bei korrekter Befüllung. Berechnung auf Grundlage der Abfallentsorgungsebührensatzung 2003
[2] Diese Maßnahme ist entscheidend, da Untersuchungen gezeigt haben, dass die Entfernung zum Sammelbehälter einen deutlichen Einfluss auf die getrennte Sammlung hat (GRASSINGER et al., 2000). Je weiter der Sammelbehälter für einen Wertstoff entfernt war, umso höhere Mengen dieses Altstoffes wurden im Restmüll vorgefunden.
[3] In zahlreichen empirischen Studien, in denen es um die Unterscheidung von Recyclern und Non- Recyclern ging, konnten Zusammenhänge zwischen dem spezifischen Handlungswissen und der Teilnahme am Recycling beobachtet werden (z.B. Herr, 1988; Oskamp et al., 1991; Vining & Ebreo, 1990).
[4] Das Projektgebiet im Duisburger Stadtteil Neumühl umfasst die GEBAG Wohnanlagen der Lehrerstraße (Nr. 20-54), Rügenstraße (Nr. 37-49 und Nr. 38-52) und Usedomstraße (Nr. 1-3) mit insgesamt 35 Häusern, 372 Wohneinheiten und ca. 850 Bewohnern.
- Arbeit zitieren
- Ariane Struck (Autor:in), 2003, Siedlungsbezogenes Abfallwirtschaftskonzept im Duisburger Stadtteil Neumühl - eine Bewohnerbefragung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18078
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