Ein Anknüpfen an die Erzähltraditionen der bürgerlichen Gesellschaft der Weimarer Republik scheint kaum mehr möglich. In einer Hinsicht nehmen Autoren jedoch deutlichen Bezug auf das Schreiben vor dem Krieg: Es sind dies die literarischen Entwicklungen aus der Moderne der 20er Jahre, die, begründet durch avantgardistische Künstler und Schriftsteller wie Joyce und Döblin, den Autoren in den frühen Jahren der BRD wesentliche Impulse für das eigene literarische Werk gaben. Dazu gehört als stilistisches Mittel auch die Technik der Montage, die als wichtiger Begriff aus Kunst und Literatur der Avantgarde den Krieg überdauerte und von Koeppen als einer der ersten Autoren in seinem Roman „Tauben im Gras“ wieder aufgegriffen wurde.
Inhaltsverzeichnis
A Kontinuität der Moderne
B Montage
I. Begriffsdefinition
1. Montage durch Zitation
2. Montage durch Perspektivwechsel
II. Anwendung der Montagetechnik im Roman
1. Beispiele für die Zitation
2. Beispiele für den Perspektivwechsel
2.1 Naht- und Bruchstellen im Perspektivwechsel
III. Auswirkung der Montagetechnik
1. Zusammenhang zwischen Form und Inhalt
2. Realitätsbezug
C Resumée
Bibliographie:
Durzak, Manfred (Hg.): Die deutsche Literatur der Gegenwart. Stuttgart: Reclam Verlag, 1976
Egyptien, Jürgen: Einführung in die deutschsprachige Literatur seit 1945. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2006
Frenzel, Herbert A. und Frenzel, Elisabeth: Daten deutscher Dichtung. Chronologischer Abriß der deutschen Literaturgeschichte. Band 2 Vom Realismus bis zur Gegenwart.
München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1995
Koeppen, Wolfgang: Tauben im Gras. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1995 Spörl, Uwe: Basislexikon Literaturwissenschaft. Paderborn: Schöningh UTB, 2004
Wolfdietrich Schnurre beschrieb die neuen literarischen Auswüchse nach 1945 als eine Bewegung, die „ihr Entstehen keinem organischen Wachstum[...], sondern einer Katastrophe[...], dem Krieg“ verdankt.1 Die tief einschneidende Zäsur der Nazizeit und des 2. Weltkriegs bestimmt nicht nur den Inhalt alles Geschriebenen, sondern auch das Verhältnis der Autoren zu ihrer Literaturgeschichte. Ein Anknüpfen an die Erzähltraditionen der bürgerlichen Gesellschaft der Weimarer Republik scheint kaum mehr möglich. In einer Hinsicht nehmen Autoren jedoch deutlichen Bezug auf das Schreiben vor dem Krieg: Es sind dies die literarischen Entwicklungen aus der Moderne der 20er Jahre, die, begründet durch avantgardistische Künstler und Schriftsteller wie Joyce und Döblin, den Autoren in den frühen Jahren der BRD wesentliche Impulse für das eigene literarische Werk gaben. Dazu gehört als stilistisches Mittel auch die Technik der Montage, die als wichtiger Begriff aus Kunst und Literatur der Avantgarde den Krieg überdauerte und von Koeppen als einer der ersten Autoren in seinem Roman „Tauben im Gras“ wieder aufgegriffen wurde.
Der Begriff der Montage grenzt sich erst spät zu dem der Collage ab und findet sich nicht nur in der Literatur, sondern auch in der Malerei und Musik. Im literarischen Sinne bezeichnet die Montage zwei Verfahren: Einmal „in Bezug auf fiktionale Texte [...] die markierte Übernahme nicht-fiktionaler Textbausteine“2 , zum anderen aber auch denn Fall „sobald die Figur, von deren point of view aus erzählt wird, wechselt.“ Dies meint besonders die „Bruchstelle zwischen zwei unterscheidbaren Textpassagen, von denen aber keine aus einem fremden Text übernommen worden sein muss.“3 Die erste Definition stellt wohl einen besonderen Fall von Intertextualität beziehungsweise des Zitierens dar und lässt auch eine Verbindung zur Malerei erkennen, besonders zu Werken von Kurt Schwitters und der Dadaisten. Die zweite bezieht sich auf den Bruch, der sich automatisch ergibt, wenn die Erzählperspektive unvermittelt wechselt. Warum im Falle von „Tauben im Gras“ der Begriff „Nahtstelle“ jedoch passender als „Bruchstelle“ ist, soll später näher betrachtet werden.
Koeppen verwendet beide Montageverfahren durchgängig und konsequent im gesamten Roman. Die Zitation nicht-fiktionaler Texte erfolgt hier über das Einarbeiten von zeitungsartigen Titeln, Redewendungen, Einzelbegriffen in den Fließtext, die sich durch ihr kursives Schriftbild und ihre oft nicht grammatikalisch integrierte, wie eingestreut wirkende Stellung im sie umgebenden Satz abheben:
[...]
1 Frenzel, S. 641
2 Spörl, S. 161
3 ebd.
- Citar trabajo
- Christine Binder (Autor), 2009, Die Anwendung der Montagetechnik in Wolfgang Koeppens Roman "Tauben im Gras", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/180763