Die Suche nach dem Unbekannten und dem Wunderbaren und das Streben danach, dieses Wunderbare aufzufangen und mithilfe verschiedener künstlerischen Techniken medial dingfest zu machen, war zweifellos ein wichtiger Bestandteil der surrealistischen Philosophie. Das, was die Surrealisten in der Wirklichkeit zu finden vermochten, empfanden sie als unzulänglich, gar mangelhaft. Die Wirklichkeit war der surrealistischen Vorstellungen entsprechend nicht vollkommen und so suchten sie im Traum und im abstrakten Unbewussten nach weiteren Möglichkeiten und Inspirationsquellen, um die Wirklichkeit zu ergänzen. Das fremde Unbekannte, das überraschend Andere so wie das tief versteckte und tabuisierte Abgründige, faszinierten die Surrealisten. In ihrer „neuen“ grenzenlosen Welt war zwar das Wunderbare angestrebt, dennoch aber nicht mit dem Wunderschönen zu verwechseln und/oder auszutauschen. Denn das Wunderschöne kann auch wunderbar sein, aber das Wunderbare ist nicht zwangsläufig wunderschön. Auch das Hässliche und das Asymmetrische können, abhängig vom Kontext und Inszenierungssituation, im surrealistischen Verständnis als wunderbar betrachtet werden. Und so war es die Begierde, dieses „unstillbare Verlangen nach dem Anderen, dem Verborgenen, dem Verschwiegenen, dem Verhüllten, den Tabus“, das „wesentliche Triebfeder für die Wahrnehmung des Wunderbaren“, das wiederum „erst jenen vollständigen Sinn“ der Wirklichkeit zu geben schien, „auf den die Surrealisten hinauswollten“.
Eins der Medien, das den Surrealisten ein breites Spektrum an Möglichkeiten bot, um die Realität zu erweitern, zu verfremden sowie gleichzeitig zu interpretieren, war die Photographie. Mit ihrer Hilfe wurden selbst Realitätsabbildungen geschaffen, die „in jeder Hinsicht jenseits der physiologischen menschlichen Wahrnehmung“ lagen. Des Weiteren konnte man die photographischen Bilder ohne großen Aufwand vervielfältigen und reproduzieren. Und so erwies sich schon bald das noch relativ junge Medium als perfekt für die enthusiasmierten und experimentierfreudigen Surrealisten. Man könnte es fast selbst als surrealistisch betrachten.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einführung
2. Kurzbiographie
3. Man Ray und die Photographie
4. Man Ray als Entdecker der Rayographie
5. Man Ray in Paris
5.1. Portraitphotographie als Einnahmequelle
5.2. Man Ray und Kiki de Montparnasse
6. Solarisation
7. Fazit
8. Abbildungen
9. Literaturverzeichnis
1. Einführung
Ich lebe in den unzähligen Bildern der Jahreszeiten Und der Jahre
Ich lebe in den unzähligen Bildern des Lebens Und dem Gespinst
Der Gestalten der Farben der Gebärden der Worte In der überraschenden Schönheit
In der alltäglichen Häßlichkeit
In der Klarheit kühler Gedanken oder heißer Begierden Ich lebe im Elend und in Trübsal und leiste Widerstand Ich lebe ungeachtet des Todes
Ich lebe in dem milden und flammenden Fluß In dem dunklen und durchsichtigen
Fluß der ugen und ihre Lider…1
Die Suche nach dem Unbekannten und dem Wunderbaren und das Streben danach, dieses Wunderbare aufzufangen und mithilfe verschiedener künstlerischen Techniken medial dingfest zu machen, war zweifellos ein wichtiger Bestandteil der surrealistischen Philosophie. Das, was die Surrealisten in der Wirklichkeit zu finden vermochten, empfanden sie als unzulänglich, gar mangelhaft. Die Wirklichkeit war der surrealistischen Vorstellungen entsprechend nicht vollkommen und so suchten sie im Traum und im abstrakten Unbewussten nach weiteren Möglichkeiten und Inspirationsquellen, um die Wirklichkeit zu ergänzen. Das fremde Unbekannte, das überraschend Andere so wie das tief versteckte und tabuisierte Abgründige, faszinierten die Surrealisten. In ihrer „neuen“ grenzenlosen Welt war zwar das Wunderbare angestrebt, dennoch aber nicht mit dem Wunderschönen zu verwechseln und/oder auszutauschen. Denn das Wunderschöne kann auch wunderbar sein, aber das Wunderbare ist nicht zwangsläufig wunderschön. Auch das Hässliche und das Asymmetrische können, abhängig vom Kontext und Inszenierungssituation, im surrealistischen Verständnis als wunderbar betrachtet werden. Und so war es die Begierde, dieses „unstillbare Verlangen nach dem Anderen, dem Verborgenen, dem Verschwiegenen, dem Verhüllten, den Tabus“, das „wesentliche Triebfeder für die Wahrnehmung des Wunderbaren“, das wiederum „erst jenen vollständigen Sinn“ der Wirklichkeit zu geben schien, „auf den die Surrealisten hinauswollten“.2
Eins der Medien, das den Surrealisten ein breites Spektrum an Möglichkeiten bot, um die Realität zu erweitern, zu verfremden sowie gleichzeitig zu interpretieren, war die Photographie. Mit ihrer Hilfe wurden selbst Realitätsabbildungen geschaffen, die „in jeder Hinsicht jenseits der physiologischen menschlichen Wahrnehmung“3 lagen. Des Weiteren konnte man die photographischen Bilder ohne großen Aufwand vervielfältigen und reproduzieren. Und so erwies sich schon bald das noch relativ junge Medium als perfekt für die enthusiasmierten und experimentierfreudigen Surrealisten. Man könnte es fast selbst als surrealistisch betrachten.
„Die Entdeckung der Photographie (und die allgemeinen Folgen, die sich daraus für den Blick des heutigen Menschen ergeben haben) ist für sich allein schon ein >>surrealistisches Ereignis<<, indem sie nämlich einen alten Traum des Menschen verwirklicht (und zugleich bis ins Unendliche ausdehnt): Den Schritt der Zeit anzuhalten, anscheinend nach unserem Willen, nur durch das Festhalten eines flüchtigen Bildes.“4 Viele Surrealisten haben sich der schöpferischen Möglichkeiten des damals noch jungen Mediums der Photographie bedient und dieses gleichrangig mit anderen Gattungen wie Dichtung und Malerei eingesetzt. Fast kein Photograph der surrealistischen Künstlerbewegung war ausschließlich nur Photograph und es gab auch keine strenge Trennung zwischen den verschiedenen künstlerischen usdruckstechniken. „Dichter machten Objekte, Maler filmten, Photographen malten, Maler photographierten“5 Die Surrealisten haben stets das Miteinander und das Nebeneinander gesucht, „unbekümmerte Übersprünge in andere Gattungen waren geläufige Praxis“6 so wie das gemeinsame Schaffen und Experimentieren im Kollektiv.7
Einer der bekanntesten Photographen und Mitbegründer der surrealistischen Bewegung war der damals frisch nach Paris zugezogene Amerikaner Man Ray, der bis heute als einer der kreativsten Künstler des 20 Jahrhunderts gilt. Nicht ohne Grund wird er auch „Magier des Lichts“ genannt, denn es gibt keinen anderen Photographen, der „dem Lichtbild so viele Impulse gegeben hat, wie der neugierige Entdecker Man Ray.“8 Doch Man Ray war nicht nur Photograph, er hat sich aller irgendwie erreichbaren Medien (wie Plastik, Collage, Druckgraphik, Film, Poetik usw.) bedient, um seiner fruchtbaren Phantasie und seinem ausgelassenen Gestaltungsdrang stetigen Ausdruck zu geben, und wurde wegen der Vielseitigkeit seines Werkes allgemein dem Modernismus zugewiesen. Dennoch war Man Ray einer der wichtigsten Hauptakteure des Dadaismus und Surrealismus und der einzige surrealistische Photograph, von dem damals eigene Monographien erschienen sind. Des Weiteren war er auch der meist vertretene Photograph in den surrealistischen Zeitschriften sowie der einzige in der Gruppe, der sich „professionell“ und „auf seine ganz eigenen Weise“ mit dem Medium auseinandersetzte. Die Photographie brachte ihm Weltruhm und lies ihn ganze Generationen zeitgenössischer wie nachfolgender Spitzenphotographen von sich inspirieren lassen. Seine zahlreichen Portraitphotographien zeitgenössischer Künstler dokumentierten den Höhepunkt des Pariser Kulturlebens in den 1920er Jahren und machten ihn damit zu einem wichtigen Chronisten dieser Zeit.
2. Kurzbiographie
Man Ray ist mit bürgerlichem Namen Emanuel Rudnitzky als Sohn eines jüdischen Schneiders am 27. August 1890 in Philadelphia, USA Pennsylvania, geboren. 1897 zieht seine Familie nach Brooklyn, New York. Dort beginnt der siebenjährige Junge Buntstiftzeichnungen anzufertigen, was von seinen Eltern nicht für gut befunden wurde. Deshalb muss er seine künstlerischen Neigungen lange Zeit geheim halten. „Ich werde von nun an die Dinge tun, die ich nicht tun soll“9 wird sein frühes Motto, dem er sein Leben lang folgen sollte. Im höheren Schulalter durfte er jedoch Kurse in Kunst und Technischem Zeichnen teilnehmen und beschafft sich bald das Werkzeug für seine künstlerische Laufbahn. Nach Abschluss der High School wird dem 16jährigen ein Stipendium für ein Architekturstudium angeboten, das er aber zugunsten seiner Künstlerkarriere ablehnt. Sein Entschluss, Maler zu werden, steht fest. So verkehrt Man Ray zunächst in den avantgardistischen Kreisen New Yorks, vor allem in der Galerie Stieglitz, und beginnt seine künstlerische Tätigkeit mit kubistischen Gemälden. Doch 1917 gehört er zusammen mit Marcel Duchamp und Francis Picabia zu den Begründern der New Yorker Dada Bewegung. 1921 siedelt Man Ray nach Paris über. Dort erfindet er die Rayographie, eine kameralose Ablichtung in Schwarzweiß mit diffusen Konturen, die zu einer bedeutsamen Inspiration der Surrealisten werden soll. Seine Mode und Portraitphotographien machen ihn bald zu einer bekannten Persönlichkeit in der Kunststadt an der Seine. 1925 schließt sich Man Ray den Surrealisten an, wird dessen "offizieller" Photograph und nimmt auch die Malerei wieder auf. In den folgenden Jahren beschäftigt sich der Künstler mit dem Medium Film und verwirklicht einige Filmprojekte. 1940 flüchtet er vor der deutschen Besatzung nach Amerika und lässt sich dort in Hollywood nieder. 1951 kehrt Man Ray nach Paris zurück und widmet sich hauptsächlich der Malerei und der Zeichnung. Sein Kunstwerk wird noch zu Lebzeiten mit zahlreichen bedeutsamen Ausstellungen geehrt. 1966 nimmt Man Ray an einer großen Dada Retrospektive teil, die im Musèe Nationale d’ rt Moderne in Paris, im Kunsthaus Zürich und im Civico Padoglio d’ rte Contemporanea in Mailand gezeigt wird. 1972 folgt eine weitere große Retrospektive, die im Philadelphia Museum of Art, im Pariser Musğe Nationale d’ rt Moderne und im Louisiana Museum in Humlebaek (Dänemark) zu sehen ist. 1974 erscheinen seine Werke neben die von Duchamp und Picabia in der Ausstellung "New York Dada", die gemeinsam von der Städtischen Galerie München und der Kunsthalle Tübingen organisiert wird. Auf der Biennale in Venedig (1961) wird Man Ray mit der Goldmedaille für Photographie ausgezeichnet.10
Man Ray stirbt am 18. November 1976 im Alter von 86 Jahren in Paris.
3. Man Ray und die Photographie
Man Rays Werk stellt sich äußerst vielseitig und facettenreich dar. Er war nicht nur Maler, sondern auch Photograph, Filmregisseur, Architekt, Zeichner, Bildhauer, Schriftsteller, Möbeltischler, Metallbastler. Seine Arbeitsmethoden und sein Stil veränderten sich virtuos und vielseitig. Dabei zielte er nicht auf technische Perfektion und betrachtete auch übliche Qualitätskriterien wie meisterliche Ausführung als nicht entscheidend für ein Kunstwerk. Vielmehr wurde er von einem Teil seiner Kollegen als Spieler bezeichnet.
Mit dem Photographieren begann er ganz nebenbei. Als er sich 1915 für seine erste Einzelausstellung in der neuen „Daniel Gallery“ in New York11 vorbereitete, war er mit den professionellen Aufnahmen seiner Werke äußerst unzufrieden. Niemand konnte ihm seine Gemälde gut genug reproduzieren. Deshalb begann er sie selbst zu photographieren und fand viel Freude an dem neuen Medium. Die vielseitigen Möglichkeiten des geheimnisvollen, lichtempfindlichen Materials waren für ihn eine große Herausforderung. Und es dauerte nicht lange, bis er sich von den anderen Künstlern abhob. Denn er besaß die Fähigkeit, die gewünschten Effekte mit einem Minimum an Aufwand zu erreichen. Dafür mussten andere oft stundenlang in dem Keller verbringen, vergraben in mühsame, aufwändige akademische Prozesse. Aber es war nicht die Leichtigkeit, mit der Man Ray seine Werke meisterte, sein wirkliches Talent, es war sein Einsatz von Photographie als Mittel zwischen Kunst und Leben.12
Auch wenn Man Ray kein Photograph im üblichen Sinne sein wollte, wurde er in erster Linie als Lichtbildner berühmt. „Er benutzte die Kamera wie irgendein Hilfsmittel, wie irgendein Werkzeug, ohne sonderlichen Respekt.“ Er nahm sie auseinander, „baute sie seinen Zielen entsprechend um, versuchte sie zu entmaschinisieren, zu vermenschlichen, um mit dem Sichtbaren das gemeinhin Unsichtbare zu beschwören.“ Technische Perfektion war keineswegs sein nstreben. Ganz im Gegenteil: er forderte geradezu „Fehler“ heraus, um sie dann in neue darstellerische Formen zu verwandeln.13
In der Fachsprache werden einige der Techniken, die Man Ray bei seinen zahlreichen Experimenten anwendete, wie folgt bezeichnet: Solarisation (bei der erscheint durch Zwischenbelichtung während des Entwickelns ein graphisch dunkler Rand); Granulation (bei der erhält das Bild durch Betonung des Silberkorns einen unregelmäßigen Raster); Negativdruck (bei dem wird ein Bild durch Umkehrung aller Schwarz Weiß Werte verfremdet und gleichzeitig aussagekräftiger); Verzerrung (bei der wird durch Schrägstellung des Vergrößerungsgerätes die Wirklichkeit verändert); Reliefwirkung (bei der wird das Negativ mit einem Diapositiv leicht verschoben kombiniert, um einen plastischen Eindruck auf dem Abzug hervorzurufen).14
Man Ray gehört zu den ersten Photographen, die mit langen Brennweiten die richtige Perspektive bei Bildern erreichten. Dafür hat er das notwendigerweise kleine Negativ einfach vergrößert. Auch früh war er der Meinung, dass Schärfe nicht das Entscheidende bei einer Photographie ist. Viel mehr sollte das Abbild zu einem wahren Sinnbild werden.15 Somit spielte das absichtlich Unscharfe eine wichtige Rolle: Es sollte den Blick verleiten, sich auf das Spiel des Lichtes einzulassen. Es sollte die Komposition reinigen, den Gegenstand von seiner Materialität befreien, ihm die Fähigkeit verleihen, „im Rhythmus mit den ihn umgebenden Objekten zu leben, eine Symbiose einzugehen, in der die wesentlichen Punkte des ganzen hervortreten: im Portrait von Matisse der Maler, das Modell, die Staffelei und die Wanddekoration.“16 So sollte das Harmonieproblem durch die Interpretation der Sinne gelöst werden.
Das Licht war und bleibt das wichtigste Ausdrucksmittel Man Rays. Er war davon fasziniert und lehrte uns, den Reichtum des Lichtes wahrzunehmen. „Ray comme rayon“ (Ray wie Strahl), bemerkt Andre Breton und fügt hinzu: „Man Ray auf der Lauer nach dem Licht“.17 Und tatsächlich lauert der Künstler dem Licht auf: In seinen zahlreichen Arbeiten zeigt er uns die ungeahnten Möglichkeiten des Lichtes und erinnert uns immer wieder an dessen philosophische Rolle als Symbol der Weisheit das Licht als Mittel zur Erkenntnis, ein Bild des Wissens um diese Welt.
4. Man Ray als Entdecker der Rayographie
Es war damals kein Geheimnis, „dass sich ein Photogramm ergab, wenn man Papierfetzen, Glasscherben und andere flache Gegenstände auf Photopapier legte, sie dann dem Licht aussetzte und entwickelte.“18 Doch Man Ray erfand eine zusätzliche Dimension des Photogramms (Abb.1). Als er eines Nachts verärgert auf die belichteten Abzüge in der Entwicklerwanne schaute, weil das Bild nicht entstehen wollte, legte er unabsichtlich einen kleinen Glastrichter, den Messbecher und das Thermometer in die Schale auf das durchnässte Papier. „Ich schaltete das Licht ein, und da entstand vor meinen Augen ein Bild, nicht bloß eine einfache Silhouette wie bei einer konventionellen Photographie, sondern eine durch das mehr oder weniger mit dem Papier in Berührung gekommene Glas verzerrte und gebrochene Form, die sich vor einem schwarzen Hintergrund abhob, dem Teil, der dem Licht direkt ausgesetzt gewesen war.“19, erinnerte sich Man Ray später. So hinterließ gebrochenes und verzerrtes Licht ganz eigene Kreationen auf der lichtempfindlichen Oberfläche, beinahe so, als habe es seinen eigenen Pinsel. Diese neue Technik wird bis heute „Rayographie“ genannt.
Dieses „Photographieren ohne Kamera” entsprach ganz dem Wunsch Man Rays, ein technisches Verfahren zu finden, das ihm gleichzeitig die Möglichkeit gab, das Bild und den Abdruck der Gegenstände ohne das Eingreifen der künstlerischen Hand festzuhalten. Ein Brief an Katherine Dreier bezeugt, das langes Experimentieren dieser Erfindung vorausgegangen war: „Ich versuche, meine Photographie zu automatisieren, mich des Photoapparats wie einer Schreibmaschine zu bedienen. Eines Tages wird es mir gelingen, den Zufall auszuschalten, dem wissenschaftliche Instrumente so geneigt sind. Ich bin auf der Suche nach der Wahrheit. Manchmal gibt es zuviel davon, oder aber sie ist ein wenig übertrieben.“20
Man Ray war schon seit Jahren auf der Suche nach einem Bild, das die Zweideutigkeit eines dem Licht ausgesetzten Gegenstandes vermittelt, indem es seinen Schatten einkalkuliert. Er hat sich viele Jahre intensiv mit dem Schlagschatten beschäftigt, der zwar eine ablesbare Spur des Objektes hinterlässt, dennoch aber äußerst verschiedene Formen annehmen kann. Je nach Einfallswinkel des Lichts kann ein Gegenstand unendlich viele mögliche Spuren oder
Eindrücke hinterlassen. Die Spur eines Kontaktes mit dem Papier macht die plastisch greifbare Qualität aus. Und das Spiel der Grau Schwarz Töne übermittelt das Vorhandensein des Lichtes und schafft gleichzeitig Räumlichkeit.
So war und ist jedes Rayogramm einmalig. Es existiert kein Negativ ein unwiederholbarer Zeitabschnitt wird fixiert.21
5. Man Ray in Paris
Nach dem ersten Weltkrieg, im Sommer 1921, tauchte Man Ray in Paris auf.
Schnappschüsse von damals zeigen einen hageren Menschen mit Lockenhaar und brennenden Augen. Er kam als aktiver Dada Künstler und Promoter von Dada New York an. Sein guter Bekannter Duchamp22 machte ihn in Paris im beliebten Dadaistentreff Café Certa in der Passage de l’Opéra gleichzeitig mit André Breton, Jacques Rigaut, Louis Aragon, Paul Éluard und dessen Frau Gala (die spätere Muse und Geliebte des spanischen Künstlers Salvador Dalí) bekannt.23 Man Ray, der bald fließend französisch sprach, wurde schnell zu einer bekannten Figur in der Kunststadt an der Seine und wurde von den Europäern als einer der Ihren akzeptiert.
5.1. Portraitphotographie als Einnahmequelle
Am Anfang der zwanziger Jahre schien die Situation, was das Kunstschaffen betrifft, überschaubar und einheitlich. Doch die Realität war hart. Schließlich müsste der Künstler von etwas leben. Zwar wurde der junge Amerikaner schnell in den Kreisen Pariser Künstler aufgenommen und gewann ihre Achtung und Bewunderung, aber die am Dada interessierten Amateure und Sammler wurden immer weniger.24 Man Ray musste sein Brot verdienen und die Photographie erwies sich als einträgliche Zuflucht.25
[...]
1 Paul Eluard: Das fünfte sichtbare Lied. In: Monika Faber: Das Innere der Sicht. Surrealistische Fotografie der 30er und 40er Jahre. REMAprint. Wien 1989. Umschlagvignette.
2 Uwe M. Schneede: Das surrealistische Bild. Widerspruch zu den Tatsachen der Welt. In: Uwe M.
Schneede: Begierde im Blick. Surrealistische Photographie. Hatje Cantz Verlag. Ostfildern 2005. S. 43.
3 Ivo Kranzfelder: >>Nur die Versuchung ist göttlich<< Zum Gebrauch der Photographie durch die Surrealisten. In: In: Uwe M. Schneede: Begierde im Blick. Surrealistische Photographie. Hatje Cantz Verlag. Ostfildern 2005. S. 15.
4 Edouard Jaguer: Surrealistische Photographie. Zwischen Traum und Wirklichkeit. DuMont Buchverlag. Köln 1984. S. 3.
5 Uwe M. Schneede: Surrealismus, Subst., m. Statt einer Einführung. In: Uwe M. Schneede: Begierde im Blick. Surrealistische Photographie. Hatje Cantz Verlag. Ostfildern 2005. S. 11.
6 Ebd. S. 11.
7 Patrick Waldberg: Was ist Surrealismus? In: Werner Haftmann: Der Surrealismus. Verlag M. DuMont Schauberg. Köln 1965. S. 9ff.
8 Jochen Siemens: Man Ray Magier des Lichts. In: Stern Spezial: Photographie. Heft 35. März 2004. Vgl.: http://www.stern.de/magazin/photografie/521240.html, 09.08.2011.
9 Interview mit Arturo Schwarz. In: Arts 51. Heft 9. Mai 1977. Vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Man_Ray#cite_ref 1, 09.08.2011.
10 Schirmer/Mosel: Man Ray. Photograph. München 1982. S. 253f. Man Ray: Biographie. Vgl.: http://www.kettererkunst.de/kunst/kd/bio/ManRay 1890 1976.php, 09.08.2011.
11 Wikipedia: Man Ray. Vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Man_Ray#cite_ref 1, 09.08.2011.
12 Merry Foresta: Wiederkehrende Motive in der Kunst von Man Ray. In: Merry Foresta: Man Ray (1890 1976). Sein Gesamtwerk. Edition Stemmle. Schaffhausen 1989. S. 15.
13 L. Fritz Gruber: Man Ray. Portraits. Mohn Verlag. Gütersloh 1963. S. 9.
14 Ebd.: S. 10.
15 Ebd.: S. 10.
16 Philippe Sers: Man Ray und die Avantgarde. In: Schirmer/Mosel: Man Ray Photograph. München 1982. S. 11.
17 Ebd.: S. 12.
18 L. Fritz Gruber: Man Ray. Portraits. Mohn Verlag. Gütersloh 1963. S. 8.
19 Man Ray: Selbstportrait. Schirmer/Mosel. München 1993. S. 125.
20 Jean Hubert Martin: Ein Amerikaner kommt nach Paris und gibt die Malerei zugunsten der Schatten auf. In: Schirmer/Mosel: Man Ray Photograph. München 1982. S. 7.
21 Ebd.: S. 6f.
22 Man Ray und Duchamp waren schon in New York befreundet.
23 Billy Klüver/Julie Martin: Man Ray. Paris. In: Merry Foresta: Man Ray (1890 1976). Sein Gesamtwerk. Edition Stemmle. Schaffhausen 1989. S. 89.
24 Dadaismus war inzwischen viel zu langweilig für die Gesellschaft, für die Teilnehmer selbst auch. Letztes dadaistisches Ereignis war die Ausstellung Rays in der Librairie Six, Dez.1921. Breton (und seine Anhänger) war schon dabei, seine Ideologie von Surrealismus einzuführen.
25 Jean Hubert Martin: Ein Amerikaner kommt nach Paris und gibt die Malerei zugunsten der Schatten auf. In: Schirmer/Mosel: Man Ray Photograph. München 1982. S. 8.
- Citation du texte
- Raliza Petrova (Auteur), 2011, Surrealistische Photographie: Man Ray als Mitbegründer und Photograph der Surrealisten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/180585
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.