Die Finanzindustrie wird derzeit von verschiedenen Tendenzen geprägt. Globalisierung,
technischer Fortschritt und Konzentration sind Faktoren, die gravierende Veränderungen
auf den Finanzmärkten auslösen. Hierdurch haben die Interbankenmärkte in den letzten
Jahrzehnten im Hinblick auf das Funktionieren des Finanzsystems immer größere Bedeutung
gewonnen, und das moderne Finanzsystem ist heutzutage ohne Interbankenmärkte
kaum mehr vorstellbar. Die Interbankenbeziehungen erzeugen ein dichtes Netz
zwischen den Kreditinstituten, und dessen Beständigkeit basiert wesentlich auf dem
Vertrauen der Akteure in das System.1
In den letzten Jahren und Jahrzehnten sind Anzahl und Häufigkeit von Bankenkrisen
stark angestiegen. Prominente Fälle sind hierbei die Asienkrise in den Neunzigerjahren
des letzten Jahrhunderts und die immer noch andauernde Finanzkrise von 2007/2009.
Die negativen Folgen dieser Krisen sind sehr groß. Dabei spielt die kurzfristige Refinanzierung
von Banken im Interbankenmarkt als zentraler Verstärkungsmechanismus dieser
Entwicklung eine große Rolle.
Die Banken zählen zwar zu den am stärksten regulierten Institutionen einer Volkswirtschaft:
dennoch konnten die derzeit gültigen Regulierungsstandards und Berichterstattungspflichten
immer wiederkehrende Krisen nicht verhindern. Es stellt sich somit die
Frage, welche Maßnahmen zur Vervollständigung der Regulierungsmaßnahmen getroffen
werden müssen, um Krisen eines ähnlichen Ausmaßes wie in der Vergangenheit
wirksam zu begegnen. Angesichts der beträchtlichen Folgen solcher Krisen wird gegenwärtig
intensiv darüber diskutiert, wie die Interbankenmärkte reguliert werden
könnten, um deren Funktionsstörung eventuell in Krisenzeiten zu verhindern, und welche
Maßnahmen ergriffen werden sollten, um den Schlüsselfaktor des Interbankenmarktes,
nämlich das gegenseitige Vertrauen der Banken, aufrechtzuerhalten. Um derartige
Regulierungen künftig realisieren zu können, müssen eine theoretische und eine empirische
Grundlage zur Betrachtung von Interbankenbeziehungen vorliegen. Jedoch ist die
Rolle solcher Interbankenbeziehungen bisher empirisch kaum bzw. unzureichend analysiert
worden. Die Wahrnehmung von Risiken auf einer Systemebene anstelle der bisher vorherrschenden Betonung von Institutsrisiken sowie die vollständige Datensammlung
von bilateralen Interbankenbeziehungen, die die Analyse von empirischen Untersuchungen
ermöglicht, sind relevante Voraussetzungen zur wissenschaftlichen Analyse.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1 Einleitung und Problemstellung
2 Das Interbankengeschäft
2.1 Grundstruktur der Interbankenkredite
2.1.1 Unbesicherte Kredite
2.1.2 Gesicherte Kredite
2.1.3 Status quo der beiden Marktsegmente
2.1.3.1 Entwicklung der Geschäftsvolumen
2.1.3.2 Friststruktur
2.1.3.3 Handelsstruktur
2.2 Aggregierte Entwicklung der Interbankentransaktionen
2.2.1 Interbankenkredite im Eurowährungsraum
2.2.2 Beiträge der Länder zu den gesamten Interbankenverbindlichkeiten
2.2.3 Beiträge der inländischen Interbankenverbindlichkeiten
2.3 Bedeutende Zinssätze des Interbankenmarktes
2.3.1 EURIBOR
2.3.2 EONIA
2.3.3 EUREPO
3 Nutzen und Risiken der Interbankenmärkte
3.1 Aufgaben des Interbankenmarktes
3.1.1 Horizontaler Liquiditätsausgleich
3.1.2 Geldpolitischer Transmissionsmechanismus
3.1.3 Risikomanagement
3.2 Risiken des Interbankenmarktes
3.2.1 Kreditrisiko
3.2.1.1 Adressenausfallrisiko
3.2.1.2 Bonitätsrisiko
3.2.2 Liquiditätsrisiko
3.2.2.1 Refinanzierungsrisiko
3.2.2.2 Marktliquiditätsrisiko
3.2.3 Systemisches Risiko
3.2.3.1 Informationseffekte
3.2.3.2 Dominoeffekte
4 Bisherige Untersuchungen des Interbankenmarktes
4.1 Theoretische Ansätze für die Interbankenkoordination
4.1.1 Grundmodell fEinbankenmodel
4.1.2 Modellerweiterung durch Unsicherheit der Bankkunden
4.1.3 Interbankenmarkt ohne aggregierte Unsicherheit
4.1.4 Interbankenmarkt mit aggregierter Unsicherheit
4.1.5 Modellierung der Interbankenmarkt als ein Netzwerk
4.2 Empirische Analyse derNetzwerkstruktur des Interbankenmarktes
4.2.1 Struktur des deutschen Interbankenmarkts
4.2.1.1 Daten
4.2.1.2 Formulierung der Interbankenverflechtungen
4.2.1.3 Two Tier Struktur“ des deutschenInterbankenmarktes
4.2.2 Internationaler Vergleich
5 Einfluss der europäischen Zentralbank
5.1 Geldpolitische Instrumente der EZB
5.1.1 Mindestreservepflich
5.1.2 Offenmarktgeschäfte bzw. Festlegung des Leitzinses
5.1.3 Ständige Fazilitäten bzw. Zinskorridor
5.2 Diskussion der Rolle des Staates
5.2.1 Folgen fehlender Staatseingriffe in Krisenzeiten
5.2.2 Grunddilemma zwischen Staat und dem Banken
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Durchschnittliches tägliches Kreditvolumen der unbesicherten und besicherten Interbankentransaktionen
Abbildung 2: Friststruktur der unbesicherten Refinanzierung
Abbildung 3: Friststruktur der besicherten Interbankenkredite
Abbildung 4: Handelsstruktur der beiden Marktsegmente
Abbildung 5: Entwicklung der Interbankenrefinanzierung im Eurowährungsraum
Abbildung 6: Länderbeiträge zur Interbankenverbindlichkeit im Eurowährungsraum
Abbildung 7: Geografische Aufgliederung der Geschäftspartner
Abbildung 8: Liquiditäts und Marginspirale
Abbildung 9: Money Center Struktur nach Freixas et al. (2000)
Abbildung 10: Interbankenmarktstruktur nach Allen und Gale (2000)
Abbildung 11: Two Tier Struktur des deutschen Interbankenmarktes
Abbildung 12: Die Entwicklung des Leitzinses in letzten 10 Jahren
Abbildung 13: EONIA und EURIBOR im Vergleich zu den Zinssätzen der EZB
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Interbankenpositionen nach Fristigkeit und Bankensektor
Tabelle 2: Verbindlichkeiten und Forderungen im deutschen Interbankenmarkt
Tabelle 3: Überblick der empirischen Literaturen über den Interbankenmärkte und deren Exposures
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung und Problemstellung
Die Finanzindustrie wird derzeit von verschiedenen Tendenzen geprägt. Globalisierung, technischer Fortschritt und Konzentration sind Faktoren, die gravierende Veränderungen auf den Finanzmärkten auslösen. Hierdurch haben die Interbankenmärkte in den letzten Jahrzehnten im Hinblick auf das Funktionieren des Finanzsystems immer größere Bedeutung gewonnen, und das moderne Finanzsystem ist heutzutage ohne Interbankenmärkte kaum mehr vorstellbar. Die Interbankenbeziehungen erzeugen ein dichtes Netz zwischen den Kreditinstituten, und dessen Beständigkeit basiert wesentlich auf dem Vertrauen der Akteure in das System.1
In den letzten Jahren und Jahrzehnten sind Anzahl und Häufigkeit von Bankenkrisen stark angestiegen. Prominente Fälle sind hierbei die Asienkrise in den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts und die immer noch andauernde Finanzkrise von 2007/2009. Die negativen Folgen dieser Krisen sind sehr groß. Dabei spielt die kurzfristige Refinanzierung von Banken im Interbankenmarkt als zentraler Verstärkungsmechanismus dieser Entwicklung eine große Rolle.
Die Banken zählen zwar zu den am stärksten regulierten Institutionen einer Volkswirtschaft: dennoch konnten die derzeit gültigen Regulierungsstandards und Berichterstattungspflichten immer wiederkehrende Krisen nicht verhindern. Es stellt sich somit die Frage, welche Maßnahmen zur Vervollständigung der Regulierungsmaßnahmen getroffen werden müssen, um Krisen eines ähnlichen Ausmaßes wie in der Vergangenheit wirksam zu begegnen. Angesichts der beträchtlichen Folgen solcher Krisen wird gegenwärtig intensiv darüber diskutiert, wie die Interbankenmärkte reguliert werden könnten, um deren Funktionsstörung eventuell in Krisenzeiten zu verhindern, und welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um den Schlüsselfaktor des Interbankenmark tes, nämlich das gegenseitige Vertrauen der Banken, aufrechtzuerhalten. Um derartige Regulierungen künftig realisieren zu können, müssen eine theoretische und eine empirische Grundlage zur Betrachtung von Interbankenbeziehungen vorliegen. Jedoch ist die Rolle solcher Interbankenbeziehungen bisher empirisch kaum bzw. unzureichend analysiert worden. Die Wahrnehmung von Risiken auf einer Systemebene anstelle der bisher vorherrschenden Betonung von Institutsrisiken sowie die vollständige Datensammlung von bilateralen Interbankenbeziehungen, die die Analyse von empirischen Untersuchungen ermöglicht, sind relevante Voraussetzungen zur wissenschaftlichen Analyse.
Im Rahmen dieser Arbeit werden daher die nachfolgenden Fragen untersucht: Warum ist die Existenz des Interbankenmarkts von so großer Bedeutung? Aus welchen ökonomischen Motiven werden Interbankenkredite vergeben? Ist die Interbankenkoordination ein risikofreies Geschäft? Das Ziel ist es, zum einen die theoretischen Aspekte zum Zustandekommen der Interbankenkoordination zu zeigen und zum anderen Nutzen und Risiken dieser Märkte aufzuzeigen. Dabei wird die Arbeit in 6 Kapiteln gegliedert und ist wie folgt aufgebaut:
Kapitel 2 untersucht die Geschäftsentwicklung der verschiedenen Segmente des Interbankenmarktes im Eurowährungsraum. Dabei wird der Fokus vor allem auf die Geldmarktaktivitäten gerichtet. Im anschließenden Kapitel 3 wird der Nutzen des Interbankennetzwerkes aufgezeigt und veranschaulicht, dass die Interbankenkoordination auch bestimmte Gefahren in sich birgt. Kapitel 4 besteht aus den theoretischen und empirischen Untersuchungen des Interbankennetzwerkes. Dem theoretischen Teil liegen die Untersuchungen von Bhattacharya und Gale (1987), Allen und Gale (2000) und Freixas et.al (2000) zugrunde. Kapitel 5 verschafft einen Überblick über die geldpolitischen Instrumente der EZB und deren Wirkung auf die Interbankenmärkte. Anschließend erfolgt in Kapitel 6 die Zusammenfassung der Arbeitsergebnisse.
Zum Grundverständnis über die Funktionsweise der Interbankenmärkte wird in der folgenden Arbeit exemplarisch der Interbankenmarkt der Eurozone herangezogen. Außerbilanzielle Positionen des Interbankenmarktes werden hier nicht betrachtet.
2 Das Interbankengeschäft
Die Geschäfte aus den Zahlungsverkehr , Finanzierungs und Anlageleistungen, bei denen beide Marktpartner Kreditinstitute sind, werden als Interbankengeschäfte bezeichnet.2 Interbankenforderungen und verbindlichkeiten entstehen aus dem kurzfristigen Liquiditätsausgleich, der mittel und langfristigen Kredit bzw. Anlageleistung und dem Zahlungsverkehr .(Working .Balances). .Im .Interbankenhandel .werden .hauptsächlich Geld, Wertpapiere, Devisen oder Derivate zu jeweiligen Interbankenpreisen entweder auf dem Kreditwege oder durch An und Verkauf von Geldmarktpapieren ausgetauscht.3 Der Interbankenmarkt ist also der ökonomische Ort, an dem Interbankenangebot und nachfrage aufeinander treffen.
Die gehandelten Kredite umfassen Millionenbeträge, die Transaktionsabschlüsse erfolgen häufig telefonisch oder elektronisch über ein Zahlungssystem{SWIFT).Der Großteil des Interbankenhandels wird individuell zwischen den beteiligten Banken ausgehandelt; die Transaktionsdetails bleiben somit den anderen Banken verborgen.4
Interbankenkredite werden mit oder ohne Sicherheitshinterlegung gewährt und Zins und Tilgungszahlungen werden nach dem vereinbarten Fristablauf zurückgezahlt. Interbankenkredite sind überwiegend kurzfristiger Natur.5 Daher wird der Handel von kurzfristigen Finanzinstrumenten als Geldmarkt bzw. Interbankenmarkt im engeren Sinne bezeichnet.6 Durch die Geldmarktaktivitäten spielt der Interbankenmarkt eine große Rolle im gesamten Finanzsystem. Die Laufzeiten dieser Kredite liegen in der Regel zwischen einem Tag und einem Jahr (jedoch selten über einem Jahr) undje nach ihrer Fristigkeit werden die Kredite in Tagesgeldmarkt(Overnight Money)und Termingeldmarkt (Monats , Dreimonats , Halbjahres und Jahresgeld) unterschieden.7
Bei derivativen Interbankengeschäften handelt es sich um Verträge, in denen die Vertragsparteien vereinbaren, einen oder mehrere Vertragsgegenstände zu festgelegten Bedingungen in der Zukunft zu kaufen, zu verkaufen oder zu tauschen bzw. alternative Wertausgleichszahlungen zu leisten(Zinsswaps und Zinsfutures).Es handelt sich hier zum Teil um außerbörsliche Geschäfte(OTC Geschafte).Die Verwendung derivativer Instrumente hat sich mit der Globalisierung des Interbankenmarktes sehr schnell ausgeweitet, mit der Folge einer starken Änderung in die Struktur traditioneller Interbankenmärkte.8 Derivative Interbankengeschäfte machen heute einen großen Teil der weltweiten Finanz und Interbankenbeziehungen aus.9
2.1 Grundstruktur der Interbankenkredite
Nach Art der Kreditgewährung werden die Interbankenkredite in unbesicherte und besicherte Kredite unterschieden.
2.1.1 Unbesicherte Kredite
Ein wichtiges Segment des Interbankenmarktes ist der unbesicherte Interbankenkreditmarkt. Der unbesicherte Interbankenmarkt funktioniert nur, solange sich die Banken gegenseitig vertrauen.10 Im unbesicherten Interbankenmarkt erfolgt die Kreditvergabe ohne dingliche Sicherheiten, weshalb sich die unbesicherten Transaktionen im Geldhandel stark auf Gelder mit kurzen Laufzeiten konzentrieren. Im unbesicherten Interbankenmarkt müssen die Kreditgeber Vertrauen in die Absicht der Kreditnehmer, das Geld zurückzuzahlen, sowie in die Zahlungskräftigkeit des Kreditnehmers haben.11 Aus diesem Grund weisen Banken eine entsprechende Bonität im Hinblick auf ihre Zahlungsfähigkeit auf, die von einer Ratingagentur eingeschätzt wird. Die externen Ratingagenturen nehmen daher eine wichtige Rolle als Vertrauensintermediäre zwischen den Finanzinstituten ein, denn ihre Bonitätsschätzung bestimmt maßgeblich die Kreditlimits.12 Neben der Bonitätseinschätzung spielt das gegenseitige Vertrauen der Banken eine relevante Rolle. Dazu zählt erstens das bisherige, vertrauenswürdige Verhalten der Geschäftspartner, das für einen hohen positiven Reputationseffekt sorgt, und zweitens die Information über die Eigenkapitalquoten der Kreditnehmer als Informationssignal für ihre Risikobereitschaft. Je öfter in der Vergangenheit zwischen den Geschäftspartnern Kreditgeschäfte erfolgreich getätigt wurden, desto höher sind der Vertrauenseffekt und die Wahrscheinlichkeit für weitere Kreditbeziehungen, und zwar auch in Krisenzeiten.13 Des Weiteren gilt, dass die Wahrscheinlichkeit, übermäßig hohe Risiken einzugehen, umso geringer ist, je höher ist die Eigenkapitalquote einer Bank ist.14 Cocco et al. (2009) bestätigen diese These. Sie untersuchten den portugiesischen Interbankenmarkt zwischen 1997 und 2001 und werteten Dauer und Höhe der Kredite sowie die Identität der Kreditgeber und nehmer aus. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Banken häufig zu einer bestimmten anderen Bank eine intensive Beziehung pflegen.15 Außerdem wurde in der Untersuchung nachgewiesen, dass Banken insbesondere bei starken Liquiditätsschwankungen und in Abschwungphasen auf ihrer engen Beziehungen zurückgreifen.16
Auf dem unbesicherten Interbankenmarkt gelten zwei relevante Referenzzinssätze, und zwar der EONIA und der EURIBOR, die einen einheitlichen Referenzkurs für täglich fällige Gelder und Termingelder bestimmen (Erklärung der Zinssätze im Abschnitt 2.3).
2.1.2 Gesicherte Kredite
Bei Repogeschäften überlässt eine Bank einer anderen Bank Wertpapiere und erhält dafür einen Kredit. Nach Ende der Laufzeit kauft die Bank die überlassenen Wertpapiere zurück und tilgt damit den Kredit. Der Rückkaufswert bzw. Zins wird bei Vertragsabschluss vereinbart.17
Das besicherte Marktsegment wächst beständig. Dies ist auf die starke Rolle des Interbankenmarktes im internationalen Finanzsystem im Zuge der Globalisierung zurückzuführen. Diese Entwicklung resultiert in einer größeren Anzahl potenzieller Gegenparteien auf dem Interbankenmarkt. Trotz des Marktwachstums gab es in der Vergangenheit mehrmals krisenbedingte Abschwünge im Interbankenhandel, die bei den Banken ein Warnsignal für ein Kreditrisiko auslösten.18 Bei unbesicherten Kreditgeschäften erhöhen sich dadurch die Informations und Monitoringkosten, die einen reibungslosen Vertragsabschluss erschweren. Die besicherten Finanzgeschäfte werden aus diesem Grund im Interbankenhandel attraktiver und bieten eine Möglichkeit für Banken, auch mit einer Bank mit niedrigerer Bonität zu handeln.
Im besicherten Interbankenmarkt werden Wertpapiere, Anleihen, staatliche Schuldverschreibungen oder Ähnliches als Sicherheit für den Fall eines Kreditausfalls hinterlegt.19 Ein typisches Repogeschäft beinhaltet somit den Abgang von Sicherheiten und einen Zufluss von Liquidität; umgekehrt verbindet ein Reverse Repogeschäft den Eingang von Sicherheiten mit einem Abfluss von Liquidität. Ein Repogeschäft wird als „Special Repo“ bezeichnet, wennihmein bestimmtes Wertpapier als Sicherheit zugrunde liegt.
Solange der Kreditgeber Vertrauen gegenüber dem Emittenten der Wertpapiere besitzt, ist es nicht nötig, dass er dem Kreditnehmer eine kreditwürdige Absicht unterstellt. Denn das Wertpapier dient als Sicherheit, deren Hauptaufgabe es ist, Kreditrisiken so weit wie möglich zu minimieren.20
2.1.3 Status quo der beiden Marktsegmente
2.1.3.1 Entwicklung der Geschäftsvolumen
Die Abbildung 1 zeigt die durchschnittlichen täglichen Handelsvolumen(in Mio. Euro)der unbesicherten und besicherten Interbankengeldmärkte sowohl für Kreditaufnahme(borrowing)als auch für Kreditvergabe (lending). Betrachtet man die Entwicklung verschiedener Segmente des Geldmarktes im Eurowährungsraum, so war der unbesicherte Markt von Beginn an durch einen hohen Aktivitäts und Liquiditätsgrad gekennzeichnet. Dagegen entwickelte sich der Repomarkt in den Jahren 2000 und 2001 relativ langsam, bevor er sich anschließend sehr rasch ausweitete und ab dem Jahr 2002 den Umsatz bei der Kreditvergabe am unbesicherten Markt übertraf.
Der Tagesumsatz des unbesicherten Interbankenhandels wuchs kontinuierlich im gezeigten Zeitraum von 2002 bis 2007, ist ab Anfang 2008 jedoch sehr stark eingebrochen. Insbesondere ging das Handelsvolumen für die Kreditaufnahme stärker zurück als das der Kreditvergabe: Der Rückgang bei der Kreditaufnahme betrug 22%und für die Kreditvergabe 11 % im Jahr 2010. Hauptursache dieser Entwicklung ist diejüngste Finanzkrise. Durch die Krise gingen mehrere Banken insolvent, die eine ausgezeichnete Bonität besaßen. Dies führte bei vielen Banken zu Schwierigkeiten, und in der Folge entwickelte sich ein großes Misstrauen der Banken untereinander. Als Resultat trat im unbesicherten Interbankenmarkt eine massive Marktstörung in Gestalt einer Liquiditätshortung ein.21 Die krisenbedingten und unlimitierten Refinanzierungsangebote der Zentralbanken und die zunehmende Verwendung der Repogeschäfte sind die Folgeereignisse dieses Geschehens.22 Aufgrund des stark erhöhten Kreditrisikos auf dem Interbankengeldmarkt erhöhte der Interbankenzinssatz auch stark. Aus diesem Grunde refinanzierten sich die Banken zunehmend über die Zentralbanken.23
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Durchschnittliches tägliches Kreditvolumen der unbesicherten und besicherten Interbankentransaktionen24
Das durchschnittliche Tagesvolumen im besicherten Marktsegment stieg mehrfach im Zeitraum von 2000 bis zum Krisenausbruch im Jahr 2007. Ab Mitte 2007 verursachte die wachsende Besorgnis im Hinblick auf Gegenparteirisiken starke Ausschläge der Vermögenspreise und in der Folge entwickelte sich eine zunehmende Unsicherheit in Bezug auf die Werthaltigkeit von Sicherheiten. Hierdurch geriet die besicherte Refinanzierung ebenfalls unter Druck, doch zumindest trocknete der Markt im besicherten Segment nicht aus. Dennoch stiegen die Reposätze deutlich an und die Kreditaufnahme für Laufzeiten über einen Monat gestaltete sich problematisch. Zudem konzentrierten sich die Repogeschäfte auf Sicherheiten höchster Qualität25 und auf kürzere Laufzeiten.26
Der Handelsanstieg der Repogeschäfte ab 2008 spiegelt zum Teil den Handelsrückgang des unbesicherten Marktsegmentes wider. Die wachsende Besorgnis über das Kreditausfallrisiko ist der wesentliche Treiber dieser Entwicklung. Zudem nutzen immer mehr Marktteilnehmer die elektronische Plattform, die zur Entwicklung von Repogeschäften stark beiträgt.27
2.1.3.2 Friststruktur
Abbildung 2 zeigt die Fristigkeitsstruktur der unbesicherten Refinanzierung. Der Handel von Tagesgeld besitzt im unbesicherten Interbankenmarkt einen besonders hohen Anteil (linke Abbildung). Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Banken ihre täglichen Liquiditätsungleichgewichte durch Tagesgeld ausbalancieren. Das Tagesgeld ist mit seinem geringen Kreditausfallrisiko besonders vorteilhaft (verglichen mit Geldern mit längeren Laufzeiten) und relativ einfach zu regeln (verglichen mit dem Repogeschäft).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Friststruktur der unbesicherten Refinanzierung28
[...]
1 Vgl. De La Motte etal.2010,S. 40.
2 Vgl. Jarchow 2003, S. 354.
3 Vgl. Jarchow 2003, S. 354.
4 Vgl. Jarchow 2003, S. 362.
5 Vgl. Moshirian/Bishop 2000, S. 332.
6 Vgl. Jarchow 2003, S. 355.
7 Vgl. Jarchow 2003, S. 362 ff.
8 Vgl. BIS 1992, S. 29.
9 Vgl. BIS Quarterly Review 2005, S. 43 ff.
10 Vgl. De La Motte etal.2010,S. 40.
11 Vgl. De La Motte et al. 2010, S. 42.
12 Vgl. Jarchow 2003, S. 362.
13 Vgl. Schinke 2004, S. 39.
14 Vgl. De La Motte et al. 2010, S. 43.
15 Vgl. Cocco et al.2009, S. 41 f.
16 Vgl. Cocco et al. 2009, S. 46.
17 Vgl. Schinke 2004, S. 64.
18 Vgl. Bernard/Bisignano 2000, S. 37 ff.
19 Vgl. Jarchow 2003, S. 362.
20 Vgl. De La Motte et al. 2010, S. 4.
21 Vgl. De La Motte et al. 2010, S. 67 ff.
22 Vgl. EZB Money Market Study 2010, S. 13 f.
23 Vgl. De La Motte et al. 2010, S. 52 ff.
24 Quelle: EZB Money Market Study 2010, S. 14 und 20.
25 Vgl. Repo Market Survey 2010, S. 16.
26 Vgl. Repo Market Survey 2010, S. 19.
27 Vgl. EZB Money Market Study 2010, S. 19 und 20.
28 Quelle: EZB Money Market Study 2010, S. 15.
- Quote paper
- Oki Bukhuu (Author), 2011, Interbankenmärkte - Bestandsaufnahme, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/180553
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