Es wurden alle Textstellen untersucht, mit besonderem Augenmerk auf die bei Nonius vorkommenden, da somit die berlieferungstradition am besten dargestellt und nachvollzogen werden kann. Hierzu einige Erklärungen über Nonius' Arbeitsweise: Seine "Compendiosa Doctrina" ist ein Werk von 20 Büchern, von unterschiedlichem Umfang. Jedes dieser Bücher ist unterschiedlichen Themen gewidmet, z.B.: VII De contrariis generibus verborum, X De mutatis coniugationibus, etc.
Der englische Philologe und Professor Wallace Martin Lindsay stellte die Theorie auf, dass Nonius in allen Büchern eine feste Reihenfolge in der Zitierweise eingehalten habe:
Er habe eine Roh-Wortliste erstellt aus verschiedenen Werken, bei der die Lemmata in der selben Reihenfolge erschienen wie im Werk. So habe die Liste Glossen, eine Plautus-Auswahl, Lucretius' Gesamtwerk, Naevius' Lucurgos, eine Accius-Auswahl I, Pomponius, Novius, Accius-Auswahl II, Lucilius Satiren I, usw. enthalten.
Daraus ergibt sich, dass Nonius die Werke in dieser Reihe gelesen und exzerpiert haben muss, um diese Roh-Wortliste zu gestalten. Nun bediente er sich bei seinen einzelnen Büchern jeweils der Wörter der Liste, immer der Reihenfolge derselben folgend. Wenn natürlich sich bei einigen Autoren nichts Passendes zum Thema des Buches fand, wurde auch nichts aufgenommen. Da Nonius sich nachweislich (z.B. Werke von Vergil oder Cicero) an die Reihenfolge der Wörter, wie sie im Werk vorkamen, orientierte, lassen sich bei den Fragmenten der Tragödien daraus Ableitungen auf die Anordnung selbiger erstellen.
Inhalt
1 Exordium
2 Die Metren
3 De Naevii Lycurgo
3.1 Die Legende des Lycurgos
3.2 Die Orientierung am Vorbild
3.3 Eine einzige Tragödie?
3.4 Die Reihenfolge der Verse
3.5 Fragmente Teil I – bearbeitet von Herrn Leipold
3.6 Fragmente Teil II – bearbeitet von Herrn Schick
4 Das Fazit
1 Exordium
Es wurden alle Textstellen untersucht, mit besonderem Augenmerk auf die bei Nonius vorkommenden, da somit die Überlieferungstradition am besten dargestellt und nachvollzogen werden kann.
Hierzu einige Erklärungen über Nonius’ Arbeitsweise:
Seine „Compendiosa Doctrina“ ist ein Werk von 20 Büchern, von unterschiedlichem Umfang. Jedes dieser Bücher ist unterschiedlichen Themen gewidmet, z.B.: VII De contrariis generibus verborum, X De mutatis coniugationibus, etc.
Der englische Philologe und Professor Wallace Martin Lindsay stellte die Theorie auf, dass Nonius in allen Büchern eine feste Reihenfolge in der Zitierweise eingehalten habe:
Er habe eine Roh-Wortliste erstellt aus verschiedenen Werken, bei der die Lemmata in der selben Reihenfolge erschienen wie im Werk. So habe die Liste Glossen, eine Plautus-Auswahl, Lucretius’ Gesamtwerk, Naevius’ Lucurgos, eine Accius-Auswahl I, Pomponius, Novius, Accius-Auswahl II, Lucilius Satiren I, usw. enthalten.
Daraus ergibt sich, dass Nonius die Werke in dieser Reihe gelesen und exzerpiert haben muss, um diese Roh-Wortliste zu gestalten.
Nun bediente er sich bei seinen einzelnen Büchern jeweils der Wörter der Liste, immer der Reihenfolge derselben folgend. Wenn natürlich sich bei einigen Autoren nichts Passendes zum Thema des Buches fand, wurde auch nichts aufgenommen. Da Nonius sich nachweislich (z.B. Werke von Vergil oder Cicero) an die Reihenfolge der Wörter, wie sie im Werk vorkamen, orientierte, lassen sich bei den Fragmenten der Tragödien daraus Ableitungen auf die Anordnung selbiger erstellen.
Das einzige Problem hierbei sind Auslassungen und Zeilensprünge durch die Schreiberlinge im Mittelalter.
Während die Bücher 1 und 5-20 wohl in der Weise abgeschrieben wurden, wie Nonius sie konzipierte, scheint es Lindsay, als seien die Bücher 2-4 im Mittelalter grob alphabetisch geordnet worden, d.h. hier sind die Einträge nach Anfangsbuchstaben geordnet, innerhalb der Buchstabensektionen aber geht es wieder unalphabetisch in Nonius’ alter Reihenfolge weiter.
Es ist nun eine gleichermaßen begehrenswerte wie schwer mögliche Aufgabe, die Bühnenstücke der römischen Tragiker zu rekonstruieren. Neben den oft nur in groben Zügen überlieferten Mythen müssen wir uns auf die Textfragmente verlassen, welche uns als meist unvollständige Zitate und Beispielsätze aus Grammatiken und Wörterbüchern erhalten sind.
Für die 25 Fragmente, die dem Lycurgus von Naevius zugeschrieben werden, gibt es vor allem eine Hauptquelle. 22 Fragmente sind uns durch ein Wörterbuch des nordafrikanischen Grammatikers Nonius Marcellus aus Tubursicum (heute Kehmissa in der Region Annaba in Algerien) überliefert.[1]
Um die besondere Schwierigkeit bei der Wiederherstellung der Textfragmente des Lycurgus von Naevius verstehen zu können, halte ich es an dieser Stelle für unabdingbar, kurz auf den „Hauptlieferanten“ unserer Fragmente einzugehen. Nur so können wir einen Überblick gewinnen, von welcher Qualität die Fragmente sind, wie weit wir ihnen vertrauen können und inwieweit wir mit Konjekturen zur Wiederherstellung der Fragmente arbeiten können.
Dieser Mann, aus einer Grammatikerfamilie stammend, hat in einem Werk – den Sitten der Zeit entsprechend in 20 Bücher unterteilt, welche jedoch großenteils eher Kapitelcharakter haben – alte lateinische Wörter, ergänzt mit sehr knappen, aus dem Kontext gerissenen Zitaten, vor allem der vorciceronianischen Dichter, aber auch einiger Prosaautoren in sein Werk aufgenommen. Dabei bearbeitete er jedoch nur Schriftsteller seit Livius Andronicus und der Griechenimitation, d.h. keine altlateinischen Inschriften oder Zaubersprüche. Außer den archaisierenden Dichtern wie Vergil und Prosaikern wie Cicero sind kaum Schriftsteller der Goldenen, geschweige denn der Silbernen Latinität vertreten. Damit ordnet sich Nonius Marcellus in eine Tradition ein, die mit Kaiser Hadrian begann, als vorciceronianische Autoren wieder die höchste Schätzung erfuhren. Infolgedessen suchten auch die Grammatiker der nachfolgenden Zeit ihre Lehre von der lateinischen Sprache anhand dieser Autoren aufzustellen.
Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse zu Nonius’ Lebensdaten, aber die Meinungen bewegen sich alle um das Ende des dritten bis zum vierten Jahrhundert.
Es gibt eine Inschrift, die in Tuburiscum gefunden wurde, welche Lucianus Mueller Nonius’ Sohn zuschreibt.[2] Diese wird datiert auf die Caesaren-Zeit Konstantins des Großen.
Daher vermutet Mueller, dass Nonius wohl zu Diokletians Zeiten tätig war.
Des weiteren sieht Mueller einen ersten Beleg für die Verwendung von Nonius’ Wörterbuch im Jahre 402. Eine Subskription aus dem Codex Montepessulanus lässt ihn vermuten, dass ein gewisser Sabinus von Tolosa bereits 402 Nonius’ Buch gelesen und, soweit er konnte, „verbessert“ hat.[3]
Zeitlich gesehen haben wir also bereits die Klassik weit hinter uns, eine Zeit, in der allmählich das Verständnis für altlateinische und griechische Rhythmik, sowie allgemein die quantitierende Betonung (Quantitätenkollaps) schwand.
Hinzu kommt, dass die latinisierten Afrikaner allgemein mit der lateinischen Sprache und ihren Präpositionen lockerer umgingen,[4] wobei Nonius speziell kein Meister der lateinischen Sprache war.
Der Prosodie war er nicht wirklich kundig, was sich an der Verwechslung der Wörter pg 344 merendi [5] mit langem ersten e und merendi mit kurzem ersten e zeigt, oder an dem Lemma über das Adverb statim.[6]
Zudem hatte Nonius keine sehr gründliche Arbeitsweise, seine Zitate sind oft verstümmelt, meist am Anfang und Ende, aber auch in der Mitte, wobei dann oft Folgeschäden entstanden sind. Dadurch ist auch der Sinn der Zitate oft nicht mehr zu greifen.[7]
Bisweilen sind Lemmata unnütz wiederholt (nicht durch mittelalterliche Randglossen oder Dittographien, sondern vom Autor selbst).
Nonius hat zudem anscheinend viele Einträge fast ohne Veränderung von Flaccus, Festus, am meisten aber von Gellius übernommen (ohne diese Autoren namentlich zu nennen), was dadurch deutlich wird, dass sie in den meisten Fällen mit genau der Rechtschreibung wie bei den Vorbildern kopiert sind.
So kommt es auch, dass, wann immer Cicero zitiert wird, dieser hauptsächlich als M. Tullius genannt wird, daneben aber auch seltener Cicero.
Manche Autoren werfen Nonius Marcellus daher blanken Stumpfsinn und Nachlässigkeit vor,[8] Professor Lindsay vermutet aber eher, dass sein Werk einfach ein Entwurf ist und nie revidiert wurde, und als Beweise führt er an, dass kein Versuch unternommen wurde, die mechanische Kompositionsweise des Werkes zu verschleiern, und die vom Autor versehentlich wiederholten Lemmata noch im Werk sind.[9] Möglicherweise hat ein früher Tod die Revision verhindert.[10]
Auch was die Überlieferung der Compendiosa Doctrina angeht, kann hinsichtlich der Umstände, die eine Textrekonstruktion erleichtern würde, nicht von Glück gesprochen werden.
Denn alle heute existierenden Manuskripte stammen von einem einzigen Archetyp ab. Dies zeigt eine Seite, die im Archetyp aus dem vierten Buch irgendwie herausgetrennt wurde und gleich zu Beginn des ersten Buches nach der ersten Seite wieder eingefügt wurde. Alle Handschriften haben diesen Fehler übernommen, was die Abstammung von einem einzigen Archetypus beweist.
Verschlimmert wird diese ohnehin schon schwierige Situation vor allem durch die Unkenntnis der mittelalterlichen Kopisten dieses Werkes und den natürlich auftretenden Abschreibefehlern bei Manuskripten.
Dass dabei schon in der Spätantike mit starken Problemen bei den Abschriften zu kämpfen war, bezeugt Mueller mit einer Subskription des Redners Securus Memor Felix, der sich anno 535 darüber beklagt, dass er die „De nuptiis“ von Martianus Capella aus völlig verderbten Abschriften wieder herstellen musste.
Woher dieser eine Archetyp kam, kann leider ebenfalls nicht genau bestimmt werden.
Nonius’ Compendiosa Doctrina wird in anderen Werken erstmals von zwei Afrikanern erwähnt/zitiert, zum ersten Male im Jahre 510 von einem Priscianus Maurus, dann 525 von dem Mythologisten Fulgentius,[11] was für eine Verbreitung des Werkes zumindest um Thagaste in Nordafrika spricht.
Wie uns die von Mueller gedeutete, oben erwähnte Subskription des Sabinus von Tolouse im Codex Montepessulanus bezeugt, war die Compendiosa Doctrina jedoch schon 402 in Gallien angekommen.
Mueller selbst behauptet, dass der Archetyp in merovingischer Zeit in Gallien entstanden sei (wofür er allerdings keine Gründe angibt) und in einer Kapitalschrift geschrieben gewesen sein muss. Das führt er vor allem auf Verwechslungsfehler von E,I,L und T,P zurück, außerdem zwischen M und NT, genauso manchmal M und ET.[12] Nach meiner Ansicht ist damit aber nicht zwingend eine merovingische Herkunft des (Proto-)Archetypus erwiesen, denn die Kapitalschrift war – als römische Erfindung – auch über das ganze Reich bzw. die Nachfolgestaaten bis zu ihrer Ablösung durch Unziale, Halbunziale und Karolingische Minuskel verbreitet.
Näher an der Wahrheit liegt Professor Lindsay wohl mit seiner Erläuterung, dass eventuell ein Protoarchetyp in Majuskelschrift verfasst war,[13] während der Archetyp selbst bereits in Karolingischer Minuskel verfasst gewesen sein muss, worauf belegbare Verwechslungen zwischen t und c hinweisen,[14] des weiteren zischen a und u und ebenso zwischen cl und d,[15] wobei diese Buchstaben nur in Minuskelschrift verwechselt werden können.
Da nun feststeht, dass alle Codices von einem Archetyp abhängen, ergibt sich automatisch die Frage nach dem Stemma. Hier scheiden sich erneut die Geister.
Mueller geht von zwei Traditionslinien aus karolingischer Zeit aus:
Die erste Linie war seiner Ansicht nach ein Codex, der akkurat und sorgfältig abgeschrieben wurde, wobei auch die Rechtschreibung beibehalten wurde. Von diesem Codex stammen nach Mueller die erste Hand des Codex Lugdunensis, genauso Harleianus, weiter der Florentinus, Genevensis, Cantabrigiensis, Tornaesianus und Bernensis 83.
Von dem zweiten, vom merovingischen Archetyp abgeschriebenen, Codex, in welchem – obwohl ein paar wenige Sachen besser erhalten waren – viel durch Nachlässigkeit oder Korrektureifer ausgetauscht wurde, auch die Rechtschreibung den Sitten der Zeit angepasst wurde, stammen die zweite Hand des Lugdunensis, und des Harleianus, weiter der Guelferbitanus, der Escorialensis, der Bambergensis, Montepessulanus, Parisinus 7665, Bernensis 347 und die Glosae Lugdunenses.
Bisweilen ist die alte Rechtschreibung durch die zweite Art Codices besser erhalten als in der ersten Hand des Lugdunensis.
In der Abschrift der zweiten Art hatten die Kapitel 1, 2 und 19 zahlreiche Randglossen (die anderen Kapitel kaum).
Dann gibt es noch einen Codex des Philologen Poggio, der keiner der beiden Arten zugeordnet werden kann, da er auch zahlreiche Interpolationen und Korruptelen aus dem 15ten Jahrhundert davongetragen hat. Auch fehlt hier das 3te Buch, wie bei den meisten italischen Codices.
Mueller scheint es, als seien die übrigen Codices des 15ten Jahrhunderts, denen das dritte Buch fehlt, von Poggios Codex kopiert, wie der Vindobonensis CCLXXII, Basisliensis, Parisinus 7577 und ein paar andere unbedeutendere Blätter.
Aus dem Prototyp des Poggio aber, dem die Teile 3 und 4 fehlten, wurde etwa im neunten Jahrhundert irgendein Compendium erstellt, in dem die Bücher 1, 2 und 5 (nachdem Zeugnisse – ausgenommen der Beginn – bis zur Stelle 11,4... ausgelassen worden waren, bisweilen auch Einträge des Nonius) und das Folgende wiederum in Zusätzen überall enthalten war.
Aus diesen grassierenden Exzerpten wurden teilweise andere Codices der Linien 1 und 2 korrigiert und ergänzt.[16]
Klarer, und in bedeutenden Teilen auch anders, legt Lindsay die Überlieferungsgeschichte dar:
Er stellt drei Traditionen auf (erhebt also die Exzerpte zu einer eigenen, vollwertigen Linie), von welchen die erste diejenigen Codices bilden, die einen text- und orthographiegetreuen und vollständigen Text(zusammenhang) haben, die zweite Linie aber im Mittelalter verbesserte, der gebräuchlichen Rechtschreibung angepasste und stärker korrumpierte bilden, und die dritte schließlich Exzerpte.
Genauso wie Mueller bekräftigt auch Lindsay, dass die Codices aus Leiden (Lugdunensis Vossius Lat Fol 73) und Genf (dieser Codex enthält leider nur das vierte Buch) die wohl besten sind und aus der Linie 1 entstammen (sc. nur die erste Hand des Leidenschen Codex, L1). [Anm. d. Verf.: Lugdunum wurde im Mittelalter fälschlicherweise ebenso für Leiden benutzt anstatt nur für Lyon. Die Schreibweise Lugdunensis für Leidensis hat sich leider bis dato erhalten. Außerdem findet man gelegentlich die ältere Schreibweise Leyden anstelle von Leiden.]
Im Gegensatz zu Mueller identifiziert er jedoch zwei und nicht einen Korrektor im Codex Lugdunensis. Dies ist bedeutend, denn Mueller glaubte noch, dass der vermutete eine Korrektor sich beim Korrigieren nicht wie der Schreiber eines Codex aus der ersten Linie bediente, sondern eines anderen Codex aus der Traditionslinie 2. Lindsay aber ist der Meinung, der Schreiber habe sich eines Codex aus erster Linie, der Korrektor (L2) eines Codex aus dritter Linie, der zweite Korrektor (L3) eines Codex aus zweiter Linie bedient.[17]
Das ist deswegen bedeutsam, weil Lindsay damit latent beweist, dass die Exzerpte tatsächlich ursprünglich auf eine dritte Traditionslinie zurückgehen, die aber in keinem zusammenhängenden Werk mehr durchgängig zu finden ist (am ehesten in dem von Mueller erwähnten Codex Poggios), denn sehr viele Codices sind Stückwerk aus mehreren Traditionslinien, da fehlende Teile im Mittelalter oft lange Zeit später aus anderen Codices ergänzt wurden.
Klarer als Mueller legt er auch dar, dass der Codex Florentinus (nur die Bücher I-III, der Rest wurde, wie so oft, aus einem fremden Codex hinzugefügt) von L(ugdunensis) abgeschrieben wurde, wobei hier ein Korrektor (F3) wertvolle Veränderungen gemacht hat, die unter Umständen aus dem Archetypus stammen.[18]
Des weiteren sind nach Lindsay die Codices H(arleianus, jetzt in der Britischen Nationalbibliothek) und zu Teilen der Codex E(scoliarensis) wiederum vom Florentinus abgeschrieben.[19] Folglich ist nach Lindsay der Harleianus (zumindest die erste Hand) niedriger anzusiedeln als der Florentinus (Mueller nennt den Harleianus vor dem Florentinus!).
Aus der zweiten Linie stammt nach Lindsay als einziger vollständiger Vertreter der Art der Codex G(udianus Guelferbitanus), des weiteren die dritte Hand des L und die zweite des H. Ebenso die restlichen Teile des E(scoliarensis) und des Parisinus 7667, außerdem noch der Korrektor des Genevensis (Gen2) sowie der Korrektor (E2) desjenigen Teiles des E, der aus der ersten Linie stammt.
In der dritten Linie gibt es nochmals zwei Untertypen, die allesamt das dritte Buch nicht beinhalten. Es stammen nämlich 4 Codices von einem verlorenen Typ CA ab; ihnen ist gemein, dass das erste Buch bis zum Lemma conficeret einen vollständigen Text bietet (danach nur noch Exzerpte), 3 weitere Codices, die von einem verlorenen Typ DA abstammen, bestehen lediglich aus Exzerpten und lassen meistens sogar die Zitate (!) aus.
Die Exzerpte waren in CA und DA identisch.[20]
Von CA stammt übrigens der Bamberger Codex ab (in Bamberg können wir also mit Stolz sagen, einen Codex zu besitzen, welcher weder mit der ersten noch der zweiten Linie in Verbindung steht; nota bene, dass Mueller den Bambergensis noch der zweiten Linie zugeordnet hatte! Der Bamberger Codex beinhaltet folgende Bücher: 1 vollständig, 2 exzerpiert – nur die Lemmata, keine Zitate –, 3 und 4 fehlen, 5-15, [16 ist generell verloren] 17-20 [Buch 20 hat allgemein keine richtigen Einträge mehr]). Alle anderen übergehe ich hier wegen ihrer geringfügigen Bedeutung.
Lindsay erwähnt außerdem, dass die Compendiosa Doctrina nach gängiger Sitte in drei Volumina unterteilt war, wovon das erste Volumen die Bücher I-III, das zweite das IV. Buch und das dritte die Bücher V-XX umfasste.
Dadurch kommt es auch, dass das Werk selten im Ganzen vorlag, sondern oft ein Codex in seinen drei verschiedenen Teilen aus verschiedenen Traditionslinien zusammengeflickt wurde.
Ich möchte daher hier das Stemma von Lindsay verwenden, dass die Traditionslage nach den drei Volumina unterteilt darlegt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es wird nun aus diesem Stemma ersichtlich, dass die einzigen beiden Codices, die wirklich vollständig aus einem einzigen Guss geschaffen und überliefert sind, der Codex aus Leiden und der Codex aus Wolfenbüttel sind.
Dankenswerterweise steht außer dem Bamberger Codex auch der Genfer Codex (Buch4) voll digitalisiert im Internet zur Verfügung.
Die Bibliotheken Leiden und Wolfenbüttel habe ich angeschrieben, jedoch liefern beide nur Kopien oder Mikrofilme gegen Bezahlung, welche mir in beiden Fällen für einen Studenten und meine Zwecke zu hoch erschien, so sehr es mich auch interessiert hätte.
(Einen Codex nur als Graustufenkopie oder .pdf-Dateien zu bekommen, und dafür 50-100 Euro hinzulegen, halte ich für zuviel.)
Ebenso verhält es sich mit dem Codex Harleianus 2719, dessen Kopien die British Library nur gegen harte Pfund zur Verfügung stellt. Die Bibliotheque National Francaise hält leider ebenfalls keine digitale Form ihrer Nonius-Codices bereit, dafür eine Fülle von italienischen Drucken aus dem 15ten Jahrhundert (ebenso die Staatsbibliothek München), sowie dankenswerterweise ein digitales Exemplar von Quicherats Nonius-Ausgabe.
Dessen Ausgabe möchte ich zwar bei den Fragmenten mit berücksichtigen, seine Forschungsergebnisse jedoch halte ich aufgrund der Ausgaben von Mueller und Lindsay für übertroffen und habe sie daher hier nicht weiter berücksichtigt.
Ebenso will ich mit der Ausgabe von Gerlach/Roth verfahren (den die Bayerische Staatsbibliothek München digital zur Verfügung stellt), denn sie hält den neueren Forschungsergebnissen nicht stand. So macht Gerlach beispielsweise den Codex Guelferbitanus Gud. 96 zum Eckpfeiler (!) der Ausgabe.[21]
Nun möchte ich noch kurz erläutern, warum es mir so wichtig war, in solcher Länge den Werdegang des Nonianischen Werkes darzulegen:
Es ist aus meiner Sicht aufgrund der erwiesenen schlechten Überlieferungslage wenig bis gar nicht zulässig, den Text für Naevius’ Lykurg über die kritischen Nonius-Ausgaben hinaus zu verändern.
Ich bin der Meinung, dass jede Veränderung unzulässig ist, solange auf nur irgendeine Weise ein lateinischer Satz mit den zur Verfügung stehenden Worten bzw. Wortgefügen in den besten Codices (L, F3, Gen., Guelf.,Harl., P 7666, Bamb., Bern. 347 et 357, sowie den Glosae Lugdunenses) hergestellt werden kann. (Natürlich nur solange die in Frage stehenden Worte im Codex wahrscheinlich die ursprüngliche Schreibweise des Archetypus repräsentieren und nicht selbst Veränderungen mittelalterlicher Emendatoren sind.)
Nur weil Nonius’ Schwächen in Arbeitsweise und Kenntnis des republikanischen Latein hatte, gibt dies uns noch lange kein Recht dazu, uns größere Kenntnisse in der lateinischen Sprache zuzutrauen als dem Mann, der aus einer Grammatikerfamilie stammte und die lateinische Sprache noch jeden Tag sprach, nebenbei auch gute 1700 Jahre näher am republikanischen Latein lebte als wir.
Doch leider hat dieses unfruchtbare Treiben bereits vor vielen Jahrhunderten mit der Aufklärung eingesetzt, als große Humanisten meinten, die verlorenen und verdorbenen Schriften wieder ans Licht der Wahrheit zu bringen, indem sie die Barbareien des Mittelalters emendierten. Seinen Anfang nahm dieses Unwesen wohl dort, wo der beste Codex noch heute liegt: in Leiden. Welche fehlgeleiteten Auswüchse allzu aufgeklärte Be-lesenheit hervorbringen kann, sieht man gut an den Vorschlägen des Besitzers des besten Codex, Vossius. Auch wenn er feststellt, dass das korrupte Fragment Iam ibi nos duplicat advenientis timos vaposque so oder ähnlich in den Handschriften steht, hält ihn das nicht davon ab, wilde Spekulationen und Emendationen zu billigen:
„Sed impense (!) placet emendatio Hugonis Grotii:
Iam vim in nos duplicat adveniens ignis vapos.
Hoc est fumus de facibus Eumenidum ingruens. Videntur enim esse verba Lycurgi, cum a Furiis incesseretur.“[22]
Die Emendation eines großen Gelehrten gutzuheißen, der übersehen hat, dass timos unter gar keinen Umständen zu ignis verbessert werden kann, weil das von Nonius angeführte Lemma 487,6 „Vapor et vapos et timor et timos et labor et labos ita sunt ut color et colos“ lautet, und die darumstehenden Zitate von Lucretius, Accius und Varro nur die Worte vapos und labos enthalten, nicht aber timos (somit bleibt dieses auch nur für Naevius’ Zitat übrig, siehe hierzu insbesondere Muellers Ausgabe, der pavos in dem Naevius-Zitat ausschließt!), und dann auch noch dessen „Emendation“ mit irgendwelchen Behauptungen über eine von vielen mythischen Versionen der Lykurgsage zu bekräftigen, wobei bis heute nicht feststeht und niemals feststehen wird, welche mythische(n) Version(en) Naevius in seiner Tragödie verarbeitete, und darüber hinaus aufgrund der Zusammenhanglosigkeit des Fragments ohnehin nicht gesagt werden kann, wer spricht und um was es genau geht, ist für zwei Männer von solchem Rang und Namen ein unauslöschbarer Schandfleck.
Es scheint dies ein Beispiel zu sein, wie die erstrebenswerte Polymathie (in der Renaissance und Aufklärung ohnehin große Mode) stets Gefahr läuft zur πολυπραγμοσύνη zu werden, die ratio und sanitas bei der Emendation hat vergessen lassen.
Weitere Beispiele möchte ich hier nicht aufführen, doch sind sie zahlreich. Oft scheinen die Naevius- bzw. Tragiker-Herausgeber sich gar nicht mit den Handschriften selbst eingehend befasst zu haben, sondern lediglich auf Basis älterer Nonius-Ausgaben ihre Konjekturen durchgeführt zu haben, noch mehr aber aufgrund der Konjekturen des Junianus Majus, Hadrianus Junius, Hugo Grotius, Scaliger, Mercerus und anderen, bzw. deren Ideen weitergesponnen zu haben.
Dies wird ganz besonders deutlich an dieser Stelle: „Vos qui regalis corporis custodias agitis, ite actutum in frondiferos locos, ingenio arbusta †vineta† sunt, non obsitu.“ [23]
Hier möchte ich nur stellvertretend für ALLE Naevius-Editoren bis Warmington anhand von Ribbecks Ausgabe von 1871 zeigen, mit welcher Schlamperei teilweise Halbwahrheiten einfach von anderen Editoren ohne Prüfung übernommen bzw. falsch zusammengesponnen wurden.
Ribbeck schreibt in seinem kritischen Apparat zu diesem Vers, dass regalis in den Ausgaben zu finden wäre, regali aber in den Handschriften. Erst bei Lindsay und Mueller wird klar, dass regalis schon in H3 vorhanden ist, nur der Codex L, sowie G regali haben, hingegen regari sich bei B, Gen und H1 findet. Dann behauptet Ribbeck, locos sei von Bothe eingeführt worden, hingegen in den Handschriften stünde lucos. Dass dem nicht so ist, zeigt Mueller: locos B, Gen, L, H2, Gs1; lucos Gs2. Hier wird deutlich, dass das Gegenteil der Fall ist, die meisten und besten Handschriften haben locos und eben nicht lucos. Weiter schreibt Ribbeck, in den Handschriften stünde arbusto vineta. Wie es wirklich ist, schreibt Mueller: arbusta B; Gen2; aruustu Gen1; aruusta H1; aruusto pr. L; arbusto L ex corr.; H2; G. Damit aber nicht genug, Ribbeck schreibt außerdem, obsitu wäre im Genfer-Codex, obstutas in den anderen Handschriften zu finden. Wiederum Mueller: obsitu B; Gen; H. hic in mrg. pro varia lect. m. 2 obstutas. et ita L,G (obstatas Gs)[24]
Wir hoffen, mit diesen lediglich zwei Beispielen gezeigt zu haben, welch weitreichende und hinderliche Folgen die Konjekturen selbst noch unserer Zeit für das Herausfiltern der „wahren“ Fragmente hat. Diese Konjekturen – so unbegründet und unnötig sie auch oft sind – halten sich oft hartnäckig über Generationen, wenn nicht in der Rekonstruktion des Fragmentes selbst, so doch oft noch im kritischen Apparat.
Daher möchten wir nun im Nachfolgenden eine Auflistung der Fragmente sowie der häufigsten im Umlauf befindlichen Konjekturen/Rekonstruktionen geben, damit der Leser sich selbst einen Überblick verschaffen kann, ja überhaupt zu der Lesart der Manuskripte zurückfinden kann. Der besseren Nachvollziehbarkeit halber sind die kritischen Apparate des Autors jeweils hinzugefügt.
Die Überschrift eines jeden Fragmentes haben wir jeweils so gestaltet, wie wir meinen, dass das Fragment lauten müsste, und eine Begründung bzw. einen Kommentar dazu jeweils an das Ende des Fragments gestellt.
2 Die Metren
Zur Frage der Metren hat Klotz bereits erhellende Arbeit geleistet. Daher übernehme ich hiermit seine Darstellung:
Die Metren der Tragödie (nach Klotz)[25]
In dramaticis diverbiis:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In canticis:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ich pflichte, wo ich mit Klotz übereinstimme, ihm bei, lasse jedoch die Metrik außen vor, denn Wortstellungen aus den Handschriften ihretwegen zu vertauschen, entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Anzunehmen, dass Abschreiber im Mittelalter Wörter eines Beispielsatzes in falscher Reihenfolge abgeschrieben haben, geht mir zu weit. Zwar ist es durchaus möglich, jedoch nicht beweisbar. Auch verleitet das Wissen darum, dass der Chor jene Metren, die Darsteller diese verwendeten, dazu, gewisse Fragmente so zu verändern, dass sie in das Schema passen.
3 De Naevii Lycurgo
3.1 Die Legende des Lycurgos
…gibt es in älteren Grundzügen schon in Homers Ilias (VI, 130 ff.):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Deutsche Übersetzung: Voss)
Es gibt hauptsächlich zwei verschiedene Varianten der Mythos-Überlieferung:
- Nach Apollodor von Athen wagte es Lycurgus, Sohn des Dryas und König der Edonen, einem thrakischen Volksstamm, der zwischen dem Axios und dem Strymon siedelte, als Erster, den Dionysos (alias Liber), der gerade Thrakien durchquerte, zu vertreiben, und nahm dessen Bacchen und Satyrn als Gefangene. Jedoch wurden die Bacchantinnen plötzlich durch Dionysos’ Einschreiten befreit und Lycurgus – ganz im bacchantischen Rausch, quasi als Rache für das Unrecht – verwechselte seinen Sohn Dryas mit einer Weinrebe und im Wahn, diese abzuhauen, erschlug ihn mit dem Beil. Daraufhin suchte das Land eine Hungersnot heim und, den Weisungen des Orakels folgend, nämlich dass der Boden wieder fruchtbar würde, wenn Lycurgus nur stürbe, ließen die Edoner jenen gefesselt auf dem Berg Pangaeus zurück, wo er auf Wunsch des Dionysos von wilden Pferden in Stücke gerissen wurde. – Apollodorus , III, 5
- Gemäß der Darstellung des Diodorus Siculus schloss Dionysos auf seinem Weg von Kleinasien nach Europa ein freundschaftliches Abkommen mit Lycurgus, einem König aus der Region um den Hellespont, der den Bacchantinnen den Zutritt zu seinem Land gewährte, sie und Dionysos aber heimtückisch töten lassen wollte. Letzterer wurde von einem gewissen Charops, einem Thraker, gewarnt, wollte erst noch Verstärkung holen, konnte aber die Ermordung seiner Bacchen nicht mehr verhindern. In einem blutigen Kampf besiegte er mit seinem Heer die Thraker, nahm Lycurgus gefangen, blendete, folterte und kreuzigte ihn. Charops wurde als Belohnung zum neuen König der Thraker ernannt und in die Orgien eingeweiht. – Diodor. Sic. , III, 65
3.2 Die Orientierung am Vorbild
Nachdem nun geklärt wurde, woher überhaupt der Mythos und seine Figur stammen, welche einzelnen Varianten es gibt – wobei es noch viele gibt, die nur in geringfügigen Details einen Unterschied zeigen – und was deren Inhalt ist, stellt sich die Frage, wer eigentlich Vorbild für Naevius war. Klussmann stellt völlig richtig fest:
„Aeschyli Lycurgum sive potius Lycurgiam imitatus est Naevius ita, ut multa ex Euripidis Bacchis sumeret […]“ [26]
Ribbeck stimmt darin mit ihm überein: „Der Lykurgosfabel […] ist ihr dramatisches Gepräge von Aeschylus gegeben worden in seiner Tetralogie der Lykurgia.“[27] Welchem griechischen Vorbild sich Naevius jedoch angeschlossen habe, sei nicht bekannt.[28]
Warmington bezeugt, dass die vorliegenden, erhaltenen Fragmente wohl aus einem Theaterstück stammen, das einer der beiden Versionen des Mythos folgte. Sie könnten zumeist recht gut plausiblen Kontexten zugeordnet werden. (Anm. d. Verf.: Letzteres ist natürlich eine Frage des Standpunktes und der Variante des jeweiligen Fragments.)
Das Werk des Naevius könnte einem Stück aus Aischylos’ Tetralogie mit dem Titel Λυκουργεία entstammen. Die Szene spiele sich vor dem Palast des König Lykurg ab, ein Chor von Bacchant(inn)en sei zugegen.[29]
3.3 Eine einzige Tragödie?
Selbst unter den gelehrten Altphilologen besteht Uneinigkeit darüber, ob es sich bei dem Lycurgus um eine Tragödie oder nicht vielmehr um eine Komödie handelt. Bothe zählt das Stück ganz klar zu den Tragödien, während Osann behauptet, es handele sich hierbei um eine Mischform, also weder um Tragödie noch um Komödie, und lässt andere Ansichten nicht gelten. Klussmann bezeichnet dessen Argumentation als manca et debilis, da Osann das Werk schlichtweg falsch zuordnete.[30] Sich solche Verbalinjurien enthaltend, meint Düntzer, es handele sich um eine Komödie – ebenso tun es Orell und Welcker. Klussmann konstatiert, dass fast alle Fragmente (recte!) eindeutig eine hervorstechende tragische Färbung hätten, hingegen nirgends in Naevius’ Lycurgus etwas von einer Komödie zu finden sei.[31]
Osanns These der Mischform kann man bei genauer Betrachtung mancher Fragmente durchaus etwas abgewinnen, so z.B. bei Fragment 43 nach Warmington (IV incert. nom. nach Ribb.). Doch Klussmanns Aussage stimmt natürlich in Hinblick auf das „Gesamtwerk“, das uns erhalten ist, was wiederum etwas sehr Ungewisses an sich hat, da der Rest des Werkes durchaus einer Komödie ähneln könnte.
3.4 Die Reihenfolge der Verse
Eine weitere kontroverse Frage ist die Anordnung der Fragmente.
Nonius Marcellus ging bei der Zusammenstellung seines Werkes und der einzelnen Bücher jeweils geradezu mechanisch eine Liste in stets derselben Reihenfolge durch, und die Lemmata innerhalb einer Liste erscheinen in der selben Reihenfolge wie im Werk selbst (bis auf die Bücher 2-4, die in alphabetische Sektionen gegliedert wurden, wobei innerhalb eines Buchstabens aber immer noch die alte Ordnung zu finden ist).[32] Dies ist nun zur Wiederherstellung einiger verlorener Autoren und ihrer Stücke höchst nützlich, kann jedoch bei Naevius’ Lycurgus nicht angewandt werden, da Nonius entweder jeweils nur ein Lemma pro „Lykurg-Liste“ gemacht hat, oder aber die Lykurg-Einträge nur Ergänzungen und Vergleiche zu anderen Lemmata anderer Autoren sind.
Ebenfalls kann man aufgrund der Kürze der Fragmente und der nur grob bekannten Handlung bzw. schwankenden Überlieferung des Mythos keine gesicherten Erkenntnisse gewinnen, wen Naevius in welchem Fragment sprechen ließ und wo im Stück das Fragment einzuordnen war. Für jede Position lassen sich zahlreiche Argumente und Gegenargumente finden. Dennoch stimmen in der groben Anordnung die wichtigsten Herausgeber überein. Wir richten uns in der Ordnung nach Warmington, da seine Ausgabe auch Ausgangspunkt der Diskussion im Seminar war.
3.5 Fragmente Teil I – bearbeitet von Herrn Leipold
Tuos qui celsos terminos tutant: (Non. 476,9)
Bothe 1823 (p. 87) :
Tuos qui celsos terminos tutant.
Klussmann 1843 (p. 111) :
tuós qui celsos términos tutánt
Praecedens fragmentum [(Anm: bezieht sich auf: longe lateque trans nostros fervere)] ab omnibus interpretibus pessime cum hoc conjunctum est, ut diversissima in utroque versu pronomina nostros et tuos comprobant. Sermo de iisdem custodibus esse videtur.
Ribbeck 1871 (p. 9) :
tuós qui celsos términos tutánt
Ribbeck 1875 (p. 58) :
tuós qui celsos términos tutánt
Ribbeck 1897 (p. 10) :
Tuós qui celsos términos tutánt
Warmington 1936 (p. 122):
Tuos qui terminos celsos tutant.
Klotz 1953 (p. 35):
Tuos qui terminos celsos tutant.
Marmorale 1967 (p. 191) :
Tuos qui celsos terminos tutant ˘ ˉ
Nonius-Ausgaben :
Gerlach 1842 (p. 323) :
tuos qui celsos terminos tutant.
tuosque celsos mgScriv.
Quicherat 1872 (p. 553) :
Tuos qui celsos terminos
Tutant
tuos qui vulgo. evos qui P.
Mueller 1888 (Bd. II, p. 90) :
tuós qui celsos términos tutánt..
Lindsay 1903 (p. 763) :
tuós qui celsos términos tutánt..
Eigener Kommentar:
Die Einigkeit der Herausgeber zu diesem Fragment bezeugt, dass es hier wirklich nicht viel zu sagen gibt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ausschnitt aus dem Bamberger Codex: „tues (sic) qui celsos terminos tutant“
Alte iugatos angues in sese gerunt: (Non. 191,16)
Vossius 1620 (p. 119) schreibt :
„Alte iugatos angues in sese gerunt“:
Vorschlag:
Alte iubatos angues infestae gerunt.
Gründe:
Recte emendant iubatos:
Plautus, Amphitruo: Devolant angues iubati deorsum in impluvium duo
Infestae: Nam fabulae argumentum facit, ut credam, sermonem fuisse de deabus, quae furorem conciliaverunt Lycurgo, post vites excisas. Illis autem, non tam in sinu, serpentes sunt, quam est “torta caput angue revinctum” ut loquitur Varro Atacinus. Potius igitur pro in sese, quod est in omnibus libris, cum Scriverio scribe, infestae.
Bothe 1823 (p. 89 ):
Alte iugatos angues in sese gerunt.
Recte probant jubatos, ut loquitur Plautus Amph. 956. […]
Fuit haec, opinor, manus Naevii: Altes jubatos angues inlaesae gerunt. Illaesae, Bacchae. Cf. Horat. Od. 2, 19, 19 sequ., aliosque poetas, passim hoc narrantes. Persimiles „l“ et „s“ litterae in libris, exaratumque est insese pro inlese, sicut ejusatque pro ejulatque Horatii Od. 3, 11, 18, si verum divinavimus, et saevum pro laevum in multis MSS.
Zum Vergleich die zitierte Horazstelle: Hor. Carm. 2. 17-20
Tu flectis amnes, tu mare barbarum,
tu separatis uuidus in iugis
nodo coerces viperino
Bistonidum sine fraude crinis.
Klussmann 1843 (pp. 111-112) :
Alte jugatos angues in sese gerunt.
Iubatos margo Hadr. Jun.; Jubatos et in sinu conj. Scriver.; jubatos et infestae conj. Voss. Ad Plautum, provocans et locum de Furiis intelligens; iubatos et inlaesae conj. Both., de Bacchis sermonem esse recte affirmans. Nihil mutandum, ut bene perspexit Duentz. Anguibus enim Bacchas vestes suas cingere solitas fuisse, Euripides testatur. In collo autem serpentes a Bacchis gestatos esse, effigies in vase fictili docet, quae et ipsa Lycurgum repraesentat a Baccho Furiarum ope punitum. Est enim in ea femina humi prostrata, cujus circa collum panni instar anguis cinctus est, quam Pomonam esse non persuasit mihi Zoegn; Baccham agnosco, imprimis cum in mediis Bacchis posita sit. Jugandi autem verbum saepe cum nectere conjungitur, et alte jugatus eodem fere modo dictum est atque apud Ciceronem sublime fixus; igitur “alte jugatos gerunt” significat: excelse, sublime in collo gerunt.
Ribbeck 1871 (p. 9) :
Alté iubatos ángues in sesé gerunt.
iubatos Junius in mg. iugatos libri
Ribbeck 1875 (p. 58) :
alté iubatos ángues inlaesaé gerunt.
Ribbeck 1897 (p. 10) :
Alte iubatos angues inlaesae gerunt.
Iubatos: conj. Junius,
inlaesae: Bothe, in sese: ω
Warmington 1936 (p. 124) :
Alte iubatos angues in sese gerunt.
in sese: cdd.
Klotz 1953 (p. 36) :
Cf. Ribbeck und Bothe!
Marmorale 1967 (p. 191) :
Alte iugatos angues in sese gerunt.
Iubatos: Iunius // in sese: codd; inlaesae: Bothe, Ribbeck
Nonius-Ausgaben :
Gerlach 1842 (p. 130) :
alte iugatos angues in sese gerunt.
M. alte iubatos mgJ angues in sinu gerunt cj M1. a. infestae cjScriver. a. inlaesae cjBothe
Quicherat 1872 (p. 204) :
Alte jugatos angues in sese gerunt.
jugatos vulgo, etiam J, quod vindicant Both. Düntz. jubatos J marg., prob. Voss. Ribb.
Mueller 1888 (Bd. I, p. 281) :
Alte iubatos angues inlaesae gerunt.
Iubatos: Junius, iugatos: C (=3 besten Codices)
Inlaesae: Bothius; in sese: C ; cf. Hor. Carm. 2, 19, 18 sqq.
Lindsay 1903 (p. 281) :
alté iubatos ángues in sesé gerunt.
iugatos: corr. Iun. inlaesae Both.
Eigener Kommentar:
Niemand außer Klussmann hat eine wirklich hieb- und stichfeste Erklärung dafür abgeliefert, warum etwas verändert bzw. nicht verändert werden sollte.
Es mag stimmen, dass „iubatus“ ein sehr häufiges Epitheton für Schlangen und Drachen in der lateinischen Dichtung ist ( siehe z.B. Vergil, Aeneis, II, 206 = Die beiden Schlangen, die auf Laokoon eindringen), was aber noch lange nicht beweist, dass iugatos unwahrscheinlich ist. Außerdem treten die Schlangen in vielen Erzählungen im Doppelpack auf, was man evtl. als Argument für iugatos anführen könnte. (Herkules, Laokoon, Plautus Amphitruo etc.)
Darüber hinaus ist es enttäuschend, dass selbst in den Nonius-Ausgaben von Lindsay und Mueller keine Erklärung von iubatos gegeben wird. g und b sind in den Handschriften nicht wirklich verwechslungsgefährdet.
Daher sollte meiner Meinung nach iugatos auch stehen bleiben.
Dass Vossius’ „ infestae “ aus irgendwelchen Vergleichen herbeigezogene Spekulation ist, erklärt er selbst. Umso mehr verwundert es, warum die Konjektur eines Bothe, die ich selbst mit dem Hinweis auf Horazens Carmina in keinster Weise nachvollziehen kann, immer wieder in den Apparaten auftaucht.
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Quaque incedunt, omnis arvas obterunt:
(Non. 192,29)
Vossius 1620 (p.119) :
Liberi, quacunque incedunt, omnis arvas obterunt.
Quaque incedunt, omnis arvas obterunt. ] In vett. libb. est, Navius Lycurgo lib. I I. Quoque incedunt. Quare pro lib. I I cum Mercero scribe Liberi. Praeterea pro quaque, non quaqua cum Mercero, sed quacunque scribo. Ut sit trochaicus:
Liberi, quacunque incedunt, omnis arvas obterunt.
Ita enim locus ille distingui debet, quia arvas sive arva Liberi dixit pro vinetis, quomodo Silllius in septimo ait,
Vitiferis latè florebat Massicus arvis.
Hoc igitur vult Naevius, quaquà iter est, vineta omnia excisa fuisse ex mandato Lycurgi: quam rem sub fabulae involucro narrat Homerus Iliad. Z. 130. Historiam ipsam adfert ibi Eustathius, uti & Plutarchus De audiendis poetis.
[...]
[1] cf. Mueller, Bd. II, p. 243.
[2] Mueller, Bd. II, p. 244.
[3] Mueller, Bd. II, p. 262.
[4] cf. Mueller, Bd. II, p. 246.
[5] Non., 344.
[6] Non., 393; cf. Mueller, Bd. II, p. 257.
[7] Mueller, Bd. II, p. 257.
[8] Mueller, Bd. II, p. 258.
[9] Nonius’ Dict. of Rep. Lat., pp. 5-6; 80.
[10] Lindsay, p. XV.
[11] cf. Mueller, Bd. II, p. 259.
[12] Mueller, Bd. II, p. 265.
[13] cf. Linds., Am. Journ. of Phil., pp. 36-37.
[14] Linds., Am. Journ. of Phil., p. 36.
[15] Linds., Am. Journ. of Phil., p. 37.
[16] cf. Mueller, Bd. II, pp. 266-271.
[17] cf. Lindsay, pp. XXI-XXII.
[18] Lindsay, p. XXII.
[19] cf. Lindsay, p. XXII.
[20] cf. Lindsay, p. XXIII.
[21] cf. Gerlach, p. XXV.
[22] Vossius, p. 120.
[23] Non., 323,1.
[24] Ribbeck (1871), p. 10; Mueller, p. 514.
[25] cf. Klotz, pp. 8-15.
[26] Klussmann, p. 108.
[27] Ribbeck (1875), S. 55 f.
[28] cf. Ribbeck (1875), S. 57.
[29] cf. Warmington, p. 123.
[30] cf. Klussmann, p. 108.
[31] cf. Klussmann, p. 108.
[32] cf. Nonius’ Dict. of Rep. Lat., pp. 3-36 (Bücher 1,5-20); pp. 37-120 (Bücher 2-4).
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