In den Lebenswissenschaften werden Mechanismen oft zur Erklärung eines Phänomens ohne den Einbezug von Gesetzen herangezogen. Ein besonders prominentes Beispiel aus den Neurowissenschaften dafür ist der Mechanismus der Langzeitpotenzierung, der die Gedächtniskonsolidierung erklären soll. Doch lange Zeit wurden Mechanismen ohne Einbezug von Entwicklung und längeren Zeitspannen betrachtet. So ist das empirische Beispiel von Maguires Taxifahrern, welche ein unterschiedliches Volumen ihres Hippocampus‘ aufzeigen in Abhängigkeit der Zeit, die sie mit Taxifahren verbrachten, nicht mechanistisch erklärbar. Der Grund für diese Unzulänglichkeiten ist das fehlende Einbeziehen von Zeitskalen, sowie eine zu starre Vorstellung der Aktivitäten und Entitäten, durch die der Mechanismus identifiziert wird. Bechtel & Abrahamsen versuchen die veraltete Vorstellung von Mechanismen aufzubrechen und durch einen dynamischeren Begriff zu ersetzen. Hierbei legen sie den Fokus auf die (Selbst-)Organisation von Mechanismen und beziehen konnektionistische Modelle bzw. neuronale Netzwerke in die Erklärung mit ein. Es zeigt sich jedoch, dass dieser Ansatz seine eigenen Probleme für die Beschreibung des Mechanismus mit sich bringt. Somit bleibt weiterhin fraglich, ob Entwicklung mit neuronalen Netzwerken, wie es die Autoren vorschlagen, mechanistisch plausibel erklärt werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die mechanistische Erklärung nach Machamer, Darden & Craver
- Mechanismen und Entwicklung?
- Kritik am Mechanismus nach Machamer, Darden & Craver
- Ausdifferenzierung der Zeitskalen
- Konstitutive Relationen bei Veränderung auf anderer Zeitskala
- Raumzeitliche Organisation
- Gleichbleibende Bedingungen
- Dynamische Mechanismen nach Bechtel & Abrahamsen
- Kritik am dynamischen Mechanismus nach Bechtel & Abrahamsen
- Ausdifferenzierung der Zeitskalen
- Konstitutive Relationen bei Veränderung auf anderer Zeitskala
- Raumzeitliche Organisation
- Gleichbleibende Bedingungen
- Probleme der neuronalen Netzwerke für mechanistische Erklärung
- Fazit
- Literaturangabe
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Frage, inwiefern die mechanistische Erklärung in der Lage ist, Entwicklungsprozesse in biologischen Systemen zu erfassen. Der Fokus liegt dabei auf der Kritik an der klassischen Definition der mechanistischen Erklärung nach Machamer, Darden & Craver sowie der Analyse eines alternativen Ansatzes von Bechtel & Abrahamsen, der auf der Idee der Selbstorganisation und neuronalen Netzwerke basiert.
- Die Grenzen der klassischen mechanistischen Erklärung in Bezug auf Entwicklung
- Die Rolle der Zeitskalen und konstitutiven Beeinflussungen zwischen Ebenen
- Die Bedeutung der nicht-linearen Organisation und Selbstorganisation von Mechanismen
- Die Verwendung neuronaler Netzwerke für die mechanistische Erklärung von Entwicklung
- Die Probleme der biologischen Adäquatheit und der vollständigen Beschreibung bei Verwendung artifizieller neuronaler Netzwerke
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Frage nach der wissenschaftlichen Erklärung und führt in die mechanistische Erklärungsform ein. Sie beleuchtet die Bedeutung des Konzepts der Langzeitpotenzierung (LTP) für die mechanistische Erklärung des Gedächtnisses und stellt das empirische Beispiel der Londoner Taxifahrer von Maguire vor, das die Frage nach Entwicklung in mechanistischen Erklärungen aufwirft.
Kapitel 2 erläutert die Definition der mechanistischen Erklärung nach Machamer, Darden & Craver, die sich auf die Organisation von Entitäten und Aktivitäten bezieht, die regelmäßige Veränderungen hervorbringen. Es werden die zentralen Begriffe der produktiven Kontinuität und der vollständigen Beschreibung sowie die konstitutiven Relationen zwischen verschiedenen Ebenen des Mechanismus diskutiert. Das Beispiel des Gedächtnisses und der LTP veranschaulicht die Anwendung der mechanistischen Erklärung auf verschiedenen Ebenen.
Kapitel 3 stellt die empirischen Befunde von Maguire vor, die auf eine neuronale Reorganisation des Hippocampus bei erfahrenen Taxifahrern hindeuten. Es wird die Frage nach Entwicklung in mechanistischen Erklärungen im Kontext der verschiedenen Zeitskalen (augenblickliche, ontogenetische und evolutionäre) diskutiert.
Kapitel 4 kritisiert die mechanistische Erklärung nach Machamer, Darden & Craver in Bezug auf Entwicklung. Es werden vier Hauptkritikpunkte aufgezeigt: die fehlende Ausdifferenzierung der Zeitskalen, die unzureichende Berücksichtigung konstitutiver Relationen bei Veränderungen auf anderen Zeitskalen, die zu starre Vorstellung der raumzeitlichen Organisation und die Annahme gleichbleibender Bedingungen.
Kapitel 5 stellt den Ansatz von Bechtel & Abrahamsen vor, der auf der Idee der Selbstorganisation und neuronalen Netzwerken basiert. Sie kritisieren die starre Sichtweise der klassischen mechanistischen Erklärung und betonen die Bedeutung der nicht-linearen Organisation und der Interaktion mit der Umwelt für die Entwicklung von Mechanismen.
Kapitel 6 analysiert den Ansatz von Bechtel & Abrahamsen und bewertet seine Fähigkeit, die Kritikpunkte an der klassischen mechanistischen Erklärung zu beantworten. Es werden die Vorteile des dynamischen Mechanismus in Bezug auf die Berücksichtigung von Zeitskalen und konstitutiven Relationen hervorgehoben. Allerdings werden auch die Probleme der biologischen Adäquatheit und der vollständigen Beschreibung bei Verwendung artifizieller neuronaler Netzwerke aufgezeigt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die mechanistische Erklärung, Entwicklung, Zeitskalen, konstitutive Relationen, Selbstorganisation, neuronale Netzwerke, biologische Adäquatheit und vollständige Beschreibung. Die Arbeit analysiert die Grenzen der klassischen mechanistischen Erklärung in Bezug auf Entwicklung und untersucht, inwiefern der Ansatz von Bechtel & Abrahamsen mit der Hinzunahme von neuronalen Netzwerken eine plausible mechanistische Erklärung für Entwicklungsprozesse bieten kann.
- Citar trabajo
- Maxi Becker (Autor), 2011, Londons Taxifahrer - Mechanistische Erklärungen und Entwicklung?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179880
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