Die Nahost-Politik der USA und der Einfluss der Lobbyisten - Fallstudien: Israel und Saudi Arabien

Eine historisch-politische Analyse des Entwicklungsprozesses der US-amerikanischen Nahost-Politik und eine Untersuchung der Rolle von Lobbys bei der Beeinflussung der Nahost-Politik der USA


Bachelor Thesis, 2011

62 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1- Einleitung

2- Machtwechsel im Nahen Osten und der Aufstieg der USA
2.1 Vor dem Ersten Weltkrieg
2.2 Der Erste Weltkrieg
2.3 Der Zweite Weltkrieg
2.4 Die Nachkriegszeit und der Beginn des Kalten Krieges

3- Nahost-Politik der USA
3.1 Die Entwicklung der US-amerikanischen Nahost-Politik
3.2 Die erste Phase (1945-1967)
3.3 Die zweite Phase (1967-1979)
3.4 Die dritte Phase (1979-2001)
3.5 Die vierte Phase (ab 2001)
3.6 Resümee

4. Einfluss der Lobbyisten
4.1 Lobbyismus in den USA
4.1.1 Die traditionellen Interessengruppen
4.1.2 Die „public interest groups“
4.1.3 Einflussstrategien der Lobbyisten in den USA
4.2 Fallstudien
4.2.1 Israel
4.2.1.1 Israels Beziehungen mit den USA
4.2.1.2 Die Israel-Lobby in den USA
4.2.2 Saudi Arabien
4.2.2.1 Saudi Arabiens Beziehungen mit den USA
4.2.2.2 Die Saudi Arabien-Lobby in den USA

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Internetquellen

1- Einleitung

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befanden sich die europäischen Großmächte, die zu der Zeit die Weltordnung in politischer, ökonomischer und militärischer Hinsicht dominierten, in einem kolonialen Wettbewerb, in dem es um die Erweiterung bzw. Aufrechthaltung ihrer jeweiligen Herrschaftsgebieten ging. Jedoch änderte sich das bis dahin bestehende Mächtegleichgewicht durch die Schwächung der Großreiche, wie des Russischen Reiches oder des Osmanische Reiches, und den Einstieg neuer Mächte, wie Italien und das Deutsche Reich, die sich allmählich aber offensiv an dem kolonialen Wettbewerb beteiligten. Somit standen die europäischen Mächte zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegeneinander, woraus zwei Weltkriege folgten, die Europa und die Gesamtstrukturen der damaligen Weltordnung erschütterten (vgl. Watrin 1989: 14). Diese Kriege und die aus ihnen resultierende politische, wirtschaftliche und militärische Schwächung europäischer Mächte schufen die Bedingungen, unter denen die USA als eine neue Macht hervortreten konnten, die während dieser Kriege sukzessive an weltpolitischem Einfluss gewann und sich schließlich als Weltmacht durchsetzten (vgl. Gelvin 2008: 257f).

Trotz zahlreicher Herausforderungen besetzen die USA auch heute noch eine globale Machtposition, die auf Präsenz in zahlreichen Weltregionen basiert. In diesem Zusammenhang ist der Nahost eine der Regionen, in denen die USA durch ihren politischen, wirtschaftlichen oder militärischen Einfluss eine Vormachtstellung genießen. Im Nahen Osten konnten sich die USA vor allem erst infolge des Niedergangs des britischen Einflusses und der nach dem zweiten Weltkrieg zunehmenden Ost-West-Bipolarität als Macht etablieren (vgl. Hacke 1985: 1).

Der aus der europäischen Perspektive geborene Begriff dt. „Naher Osten“ (Nahost, Vorderer Orient), frz. „le Proche-Orient“, engl. „Middle East“ gilt als ein politisch­geographischer Sammelbegriff (vgl. Etymologie-Portal: online im Internet). Es besteht kein wissenschaftlicher Konsens darüber, welche Staaten der so bezeichneten Region zuzurechnen sind (vgl. Johannsen 2006: 11). „Wenn es um eine genaue Gebietsbeschreibung geht, sollte man eher eine explizite Angabe wählen, da die Begriffe "Naher Osten", "Proche-Orient", "Near East", "Middle East", "Mittlerer Osten" sowohl von Land zu Land als auch historisch zu Mißverständnissen führen können“ (Etymologie-Portal: online im Internet). Meist werden dem „Nahen Osten“ die arabischen Staaten auf der arabischen Halbinsel (Bahrain, Irak, Jemen, Jordanien, Katar, Kuwait, Libanon, Oman, die Palästinensischen Gebiete, Saudi-Arabien, Syrien und die Vereinigten Arabischen Emirate), einschließlich Ägypten, Israel, Türkei und Iran zugeordnet (vgl. Fawcett 2009: 3).

Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stehen die Nahost-Politik der USA und die US- amerikanischen Beziehungen zu Israel und Saudi Arabien sowie der Einfluss, den deren Lobbys auf die Nahost-Politik der USA nehmen.

Hier muss kurz erwähnt werden, dass Lobbying oder Lobbyismus in diesem Zusammenhang „die direkten und in der Regel informellen Versuche von Vertretern gesellschaftlicher Interessen bezeichnet, auf die Akteure des politischen Entscheidungsprozesses konkret einzuwirken, um Politikergebnisse in ihrem Sinne zu verändern“ (Kleinfeld/Zimmer/Willems 2007: 10). „Hierbei wird Lobbying als eine legitime Form der Interessenvertretung betrachtet, die sich gezielt auf die konkrete Beeinflussung eines Issues richtet“ (Kleinfeld/Zimmer/Willems 2007: 10), und wird nicht als illegitime, ja sogar illegale Form der politischen Einflussnahme bis hin zur Korruption in Verbindung gebracht (vgl. Kleinfeld/Zimmer/Willems 2007: 10)

Die umfassendsten Fragen dieser Arbeit lauten: „Wie sind die Leitlinien der Nahost­Politik der USA entstanden?“ und „Wie beeinflussen die Lobbyisten von Israel und Saudi Arabien die Nahost-Politik der USA?“ Daher ist es das Ziel der vorliegenden Arbeit, festzustellen, was die Leitlinien der Nahost-Politik der USA sind und wie die Lobbyisten von Israel und Saudi Arabien diese Nahost-Politik der USA beeinflussen, um unterschiedliche Ziele zu erreichen, die nicht auf offiziellem, politischem und diplomatischem Wege verfolgt werden können. Zur Erarbeitung einer Antwort soll die Fragestellung in folgenden Einzelfragen unterteilt werden:

- Warum ist der Nahe Osten für die USA wichtig?
- Was sind die Leitlinien der US-amerikanischen Nahost-Politik?
- Wie wird die Nahost-Politik der USA bestimmt? Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?
- Wie und inwieweit können die Lobbys von Israel und Saudi Arabien die Nahost­Politik der USA beeinflussen?

Aufgrund der multidimensionalen Komplexität dieser Themen verfolgt die vorliegende Arbeit eine historische Herangehensweise, um so jede Thematik im eigenen geschichtlichen Kontext zu behandeln und aus einer breiten Perspektive allgemeine Erkenntnisse zu erlangen. Daher wird im zweiten Kapitel der Arbeit der Aufstieg der USA im Nahen Osten dem chronologischen Verlauf nach dargestellt und in zwei Phasen, Etablierungsphase und Konsolidierungsphase, untersucht, in denen die Grundsteine der US-amerikanischen Nahost-Politik gelegt wurden. Somit dient dieses Kapitel durch die Darstellung der Entstehungsgeschichte der US-amerikanischen Dominanz im Nahen Osten zum besseren Verständnis des Aufbaus der heutigen Nahost-Politik der USA.

Auf der historischen Darstellung des zweiten Kapitels aufbauend, beschäftigt sich das dritte Kapitel allgemein mit der Entwicklung und dem Wandel der Nahost-Politik der USA. Dabei liegt der Fokus besonders auf die Entwicklungsphasen der US- amerikanischen Nahost-Politik und den in diesen Phasen stattfindenden Wandel der Nahost-Politik.

Im Weiteren werden die Leitlinien der US-amerikanischen Nahost-Politik systematisch gegliedert und einzeln dem historischen Verlauf nach untersucht, um ein Gesamtbild der Nahost-Politik der USA zu schaffen. In diesem Rahmen werden auch die politischen Ereignisse, Entwicklungen im Nahen Osten und die Beziehungen der USA zu nahöstlichen Ländern analysiert, und zwar insbesondere unter Berücksichtigung der folgenden Aspekte:

- Die gegensätzlichen Interessen der USA und der nahöstlichen Staaten.
- Die Konkurrenz um regionale Vorherrschaft unter den nahöstlichen Staaten und die US-amerikanische Haltung.
- Der Nahost-Konflikt und die US-amerikanische Haltung gegenüber Israel und deren Einfluss auf die Beziehungen zu den arabisch-muslimischen Partnerstaaten.
- Die gegenseitige Abhängigkeit zwischen den USA und ihren regionalen Partnerstaaten (Israel und Saudi Arabien) und die daraus resultierenden symbiotischen Beziehungen zwischen den USA, Israel und Saudi Arabien.

Im vierten Kapitel werden die Beziehungen Israels und Saudi Arabiens zu den USA dargestellt und es wird diskutiert, was diese beiden Staaten von den anderen nahöstlichen Partnerstaaten der USA unterscheidet. Dabei wird auch die Bedeutung der Partnerschaft mit den USA aus der Sicht der beiden Staaten analysiert und erörtert, um die Bedeutung der im vorherigen Kapitel vorgestellten Konfliktfelder zu veranschaulichen.

Des Weiteren werden die Lobbys und Interessengruppen von Israel und Saudi Arabien einzeln untersucht. Durch diese wird es auch möglich, die Lobbyarbeiten der beiden Staaten miteinander zu vergleichen, um feststellen zu können, auf welche Wege sie die Nahost-Politik der USA beeinflussen. Dabei wird der Einfluss der Lobbyisten von Israel und Saudi Arabien auf die Nahost-Politik der USA mittels spezifischen Fallbeispielen geschildert.

Abschließend sollen die Gesamtergebnisse dieser vorliegenden Arbeit im Hinblick auf die oben erwähnten Konfliktfelder und die aufgeworfenen Fragen in einem Fazit in Kapitel fünf zusammengetragen werden.

2- Machtwechsel im Nahen Osten und der Aufstieg der USA

2.1 Vor dem Ersten Weltkrieg

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stand der Nahe Osten unter osmanischer Herrschaft. Diese Region von der arabischen Halbinsel bis zur Westgrenze-Tunesiens war von großer militärstrategischer Bedeutung für das Osmanische Reich, zumal viele nahöstliche Gebiete schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts Protektorate der westlichen Kolonialmächte waren. So standen Tunesien (seit 1881) unter französischer und Ägypten (seit 1882) unter britischer Vorherrschaft[1] (vgl. Rogan 2009: 24).

Die Präsenz der Vereinigten Staaten im Nahen Osten begann schon am Anfang des 19. Jahrhunderts durch die Missionierungsarbeit verschiedener US-amerikanischer Religionsgemeinschaften, die in der Region Schulen und Krankenhäuser bauten (vgl. Oren 2007: 132f). Diese Schulen und Krankenhäuser stellten den ersten Schritt der USA in den Nahen Osten dar. Manche solcher Einrichtungen sind auch heute noch in der Region tätig, wie das „Syrian Protestant College“, welches im Jahre 1866 gegründet wurde und heute als „American University of Beirut“ bekannt ist (vgl. Gelvin 2008: 257 ff.; vgl. American University of Beirut: History. Online im Internet).

Als Beginn der staatlichen Präsenz der USA im Nahen Osten gilt das Abkommen von 1830 mit dem Osmanischen Reich. Durch dieses Abkommen sicherten sich die USA eine wirtschaftlich abgesicherte Präsenz in Ländern des Osmanischen Reiches und damit im Nahen Osten (vgl. Oren 2007: 116). Das von Lincoln im Jahre 1860 unterzeichnete Abkommen über freien Handel und Schifffahrt mit dem Osmanischen Reich befestigte die Beziehungen zur Zentralmacht in Istanbul und zum Nahen Osten. Trotz dieser Abkommen und der Beziehungen zum Osmanischen Reich war die US amerikanische Präsenz im Nahen Osten durch die zu der Zeit die Region dominierten Kolonialmächte, England und Frankreich, schwach. So stand die Region weiterhin unter dem Einfluss der europäischen Mächte (vgl. Gelvin 2007: 258).

In politischer, wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht stellten der Erste Weltkrieg und dessen Folgen wahrlich eine globale Katastrophe dar (vgl. Ferguson 2004: 314). Abgesehen von den zerstörerischen Folgen des Ersten Weltkrieges, der weltweit rund 17 Millionen Menschenleben forderte, führte er zum Zerfall von Großreichen wie dem russischen Zarenreich, dem Deutschen Kaiserreich, Kaisertum Österreich sowie dem Osmanischen Reich.

Da der Nahe Osten vor dem Ersten Weltkrieg unter osmanischer Herrschaft stand, war er besonders von dem Ersten Weltkrieg betroffen, und zwar erst als Kriegsschauplatz und dann als neues Hegemoniegebiet der Siegermächte, England und Frankreich, die - teilweise auch mit Russland gemeinsam - schon Anfang 1915 begonnen hatten, über die Aufteilung der Gebiete des Osmanischen Reiches zu verhandeln (vgl. Caglar/Bakar 2005: 29). Die Bestrebungen von England, Frankreich und Russland zur Aufteilung des Nahen Ostens schlugen sich in einer Reihe von geheimen Abkommen und Verträgen nieder, wie dem Abkommen von Konstantinopel (1915), dem Vertrag von London (1915), dem Sykes-Picot-Abkommen (1916) und dem Saint-Jean de Maurienne-[2]

Abkommen (1917). Diese Abkommen und Verträge weisen auf die große Bedeutung des Nahen Ostens vor allem für England und Frankreich hin, die seine Aufteilung zu wichtigen Nachkriegszeilen gemacht hatten (vgl. Gelvin 2008: 177 ff.; Caglar/Bakar 2005: 30; Rogan 2009: 41).

Zur Verfolgung dieser kolonialen Interessen bedienten sich England und Frankreich des erwachenden arabischen Nationalismus während des Ersten Weltkrieges als Werkzeug zur Schwächung der osmanischen Stellungen im arabischen Raum, indem sie die Araber durch die Zusicherung nationaler Unabhängigkeit zum Krieg gegen die osmanische Herrschaft mobilisierten (vgl. Johannsen 2006: 17).

Der Erste Weltkrieg brachte das endgültige Ende des Osmanischen Reiches und wurde praktisch in der letzten Phase innerhalb der noch verbliebenen Gebiete des Osmanischen Reiches fortgesetzt (vgl. Caglar/Bakar 2005: 29ff). Die meisten nahöstlichen Staaten wurden auch nach dem Ersten Weltkrieg gegründet. Diese Staaten sind zwei Gruppen zu unterteilen:

- Die Staaten, die von England und Frankreich errichtet wurden(constructed states): Syrien, Libanon, Palästina/Israel, Jordanien und Irak. „Guided by their own interests and preconceptions, the great powers partitioned what had once been the Ottoman Empire and created states where states had never before existed“ (Gelvin 2008: 175).
- Die Staaten, die nach dem Ersten Weltkrieg durch den antiimperialistischen Kampf (Türkei), den Coup d'État (Iran), die Revolution (Ägypten) und die Eroberung (Saudi Arabien) gegründet wurden (vgl. Gelvin 2008: 175).[3]

In dieser Hinsicht stellten der Erste Weltkrieg und die Aufteilung der osmanischen Herrschaftsgebiete im Nahen Osten sowohl eine geopolitische Neuordnung der Region, deren Wirkung auch im heutigen Nahen Osten zu beobachten ist, als auch einen Wechsel der Machthaber dar. Trotz des Machtwechsels im Nahen Osten erfüllten sich die Hoffnungen der Araber auf einen unabhängigen arabischen Staat jedoch nicht. Stattdessen wurde die osmanische Fremdherrschaft durch die Fremdherrschaft von England und Frankreich ersetzt (vgl. Johannsen 2006: 18).

Obwohl der Nahe Osten bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges hauptsächlich Schauplatz der politischen, ökonomischen und militärischen Interessenkämpfe zwischen England, Frankreich, Italien, Deutschland und auch teilweise der Sowjetunion war, waren die USA im Nahen Osten sowohl während des Ersten Weltkrieges als auch nach dessen Ende tätig. Jedoch beschränkte sich die US-amerikanische Präsenz im Nahen Osten im Wesentlichen darauf, wirtschaftliche Beziehungen zu pflegen und vor allem Erdöl-Interessen zu wahren und auszubauen, da die Abhängigkeit der USA von Erdöl zunahm (vgl. Caglar/Bakar 2005: 42).

Le Mond diplomatique: The Middle East 1939. August 1992. Siehe Internetquellen.

Die nach dem Ersten Weltkrieg entdeckten Erdölressourcen im Nahen Osten hatten das Interesse der US-Wirtschaft in starkem Maße angezogen. Dementsprechend gehörte bereits in den 30er Jahren die Hälfte der Konzessionen in Kuwait der amerikanischen- „Gulf Exploration Company“ (vgl. Watrin 1989: 93). „Mit der in Kanada registrierten, den Briten abgekauften Bahrain Petroleum Company sowie der California Arabian Standard Oil Company (CASOC) - der späteren ARAMCO - besaßen zwei US-Firmen, die Standard Oil Company of California und die Texas Corporation, sogar Exklusivrechte auf Erdölförderung an der an den Golf grenzenden Ostseite der arabischen Halbinsel. Damit war es nur eine Frage der Zeit, bis Washington eine politische Verbindung von den privaten Interessen der Ölkonzerne zu Fragen der nationalen Sicherheit ziehen würde“ (Watrin 1989: 93)[4]. In diesem Zusammenhang verfolgte die Nahost-Abteilung im State Department, die im September 1939 aufgrund der zunehmenden US-amerikanischen Präsenz im Nahen Osten in -Division of Near East Affairs- (NEA) umbenannt wurde (vgl. Watrin 1989: 92), seit den 30er Jahren drei übergeordnete Ziele:

- die gebührende Großmachtstatur gegen England und Frankreich aufzubauen,
- Amerikas Prestige zu wahren und den einheimischen Respekt vor seinen Privatinteressen im Missions- und Bildungsbereich ebenso zu mehren wie seine Wirtschaftsinteressen,
- die Kontakte zur arabisch-nationalistischen Führungselite zu intensivieren (vgl. Watrin 1989: 91).

Obwohl die USA zu der Zeit im Nahen Osten militärisch nicht präsent waren, begannen die politischen und wirtschaftlichen Tätigkeiten und die intensiver werdenden Beziehungen der USA zu den arabischen Führungseliten, die im Laufe der Zeit immer mehr zunahmen, die europäischen Schutzherren, England und Frankreich, schon vor dem Zweiten Weltkrieg zu provozieren.

Die Hegemonie über den Nahen Osten bedeutete für England zum Beginn des Zweiten Weltkrieges die wesentliche Chance zur Selbsterhaltung (vgl. Watrin 1989: 108). „Die Kontrolle der Verbindungswege nach Afrika und Asien war für die vom europäischen Kriegsschauplatz abgeschnittene, militärisch und wirtschaftlich von den USA abhängige Insel auf absehbare Zeit die einzige Möglichkeit, ihre imperialen Ressourcen in den globalen Kampf zu werfen. Dies bildete zugleich eine entscheidende Voraussetzung dafür, die Grundlagen der künftigen Weltmachtrolle zu bewahren“ (Watrin 1989: 108). Um die Dominanz im Nahen Osten zu bewahren, versuchte England während des Zweiten Weltkrieges mit allen Mitteln die Region zu verteidigen.

Bis zum Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg am 8. Dezember 1941 unterstützten sie die Alliierten indirekt gegen die Achsenmächte. Nach dem Kriegseintritt der USA wurde die militärische Präsenz der USA durch die wirtschaftliche und militärische Schwächung und zunehmende Abhängigkeit Englands von den USA immer deutlicher. Dies zeigte sich auch an der nordafrikanischen Front durch die „Operation Torch“, die am 8. November 1942 unter dem Kommando Dwight D. Eisenhower durchgeführt wurde. Diese Operation stellte zugleich den Beginn der militärischen Präsenz einer neuen Macht in der Region dar. Denn „North Africa was...the place where the United States began to act like a great power - militarily, diplomatically, strategically, tactically“ (Oren 2007: 450). Mit der militärischen Operation Torch und deren späteren Folgen räumten die USA England nach außen hin zwangsläufig auch den politisch­diplomatischen Vorrang ein (vgl. Watrin 1989 125ff).

Trotz der militärischen und politischen Belastungen durch den Zweiten Weltkrieg unterstützten die USA die arabischen Freiheitsbewegungen Bewegungen von Marokko bis zum Iran auch während des Krieges weiter. Jedoch konnten sich die USA nicht ganz auf die „Middle East liberation“ konzentrieren, bis der Krieg in Europa beendet war (vgl. Oren 2007: 457).[5]

Die Hegemonie Englands wurde jedoch nicht nur durch die zunehmende US- amerikanische Dominanz im Nahen Osten und die politische, militärische und wirtschaftliche Belastung des Zweiten Weltkrieges in Frage gestellt. Auch die Einwanderung der Juden nach Palästina, die hauptsächlich unter der Mandatsherrschaft der Briten stattfand, schwächte die Position Englands in der Region. Schon seit den 1920er Jahren kam es zwischen den Immigranten und der einheimischen Bevölkerung wiederholt zu gewaltsamen Auseinandersetzung, die sowohl zu der dreijährigen „Arabischen Revolte“ von 1936-1939 gegen die britische Kolonialherrschaft, als auch zur Entstehung einer jüdischen Untergrundbewegung führte. Diese bekämpfte nicht nur den arabischen Aufstand, sondern schließlich auch die britische Mandatsmacht, als England nach dem Zweiten Weltkrieg versuchte, die Einwanderung der Juden nach Palästina zu begrenzen (vgl. Johannsen 2006: 19 ff.). Diese führte dazu, dass England unter dem Druck der zunehmenden Kämpfe am 27. September 1947 offiziell den Entschluss zur Aufgabe des Palästina-Mandats ankündigte (vgl. Watrin 1989: 371).

Die im Zweiten Weltkrieg beginnende Erosion der britischen Weltmachtposition wurde nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich durch zwei Entwicklungen im Nahen Osten maßgeblich beschleunigt, nämlich „durch Frankreichs Ende in der Levante, das als gefährliches Vorzeichen für die Briten ein Signal über den fruchtbaren Halbmond hinaus setzte, und durch die sich anbahnende neue Aufteilung in Interessensphären als Folge des ausbrechenden Kalten Krieges zwischen Ost und West“ (Watrin 1989: 357 ff.).

2.4 Die Nachkriegszeit und der Beginn des Kalten Krieges

Der Zweite Weltkrieg und dessen Folgen hatten zu einer Stärkung der US- amerikanischen Position im Nahen Osten beigetragen, was nicht zuletzt auf die während des Krieges geführte Politik des „aktiven Non-Interventionismus“ der USA zurückzuführen ist. (vgl. Watrin 1989: 358). Doch beanspruchten die Kolonialmächte England und Frankreich diese Region weiterhin und dominierten sie trotz ihrer politischen, wirtschaftlichen und militärischen Schwächung auch nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend. Durch den Aufstieg der USA und der Sowjetunion zur Großmacht sowie die zunehmende Relevanz des Nahen Osten verschoben sich diese Machtverhältnisse jedoch zunehmend.

Abgesehen vom Einfluss der zum größten Teil gegensätzlichen Interessen dieser Mächte, wurde die Region durch die Gründung des Staates Israel am 14. Mai 1948 destabilisiert. Schon in der Gründungsnacht erklärten Saudi-Arabien, Ägypten, Jordanien, Libanon, Irak und Syrien Israel den Krieg (vgl. Watrin 1989: 372ff; vgl. Ferguson 2004: 357). Watrin sieht in der Niederlage der arabischen Staaten einen der Gründe für die bis heute andauernde Krisenanfälligkeit der Region, den anderen Grund sieht er in den Machtstrukturen der arabischen Staaten selbst: „Angesichts der ausgebliebenen Befreiung Arabiens im Innern und auch nach Außen wurde die von neuen Großmachtinteressen überlagerte Region zum permanenten Krisenherd der Nachkriegszeit“ (Watrin 1989: 393). Die Niederlage der arabischen Staaten zusammen mit der sich intensivierenden Ost-West-Bipolarität wirkte auch als Katalysator für gesellschaftlich-politische Umbrüche in der Region:

„In Syrien putschten 1949 Offiziere gegen die Regierung der jungen Republik. [...] In Jordanien ermordete 1951 ein Palästinenser König Abdallah. In Ägypten stürzten Offiziere 1952 den König und riefen 1952 Republik aus“[6] (Johannsen 2006: 26).

In diesem Zusammenhang war die Sues-Krise (auch: Sinai-Krieg oder Sinai-Feldzug) die letzte Militäraktion, in der England und Frankreich als Mächte mit einem expliziten territorialen Herrschaftsanspruch in der Region auftraten. Grund ihres militärischen Eingreifens war die Absicht, ihren Einfluss auf die Region nicht zu verlieren oder sogar zu erweitern. Die Hauptursache der Krise lag in der Verstaatlichung des Sueskanals durch Ägypten unter dem Präsidenten Gamal Abdel Nasser. Dieser Kanal befand sich zu der Zeit im Besitz der Sues-Kanal-Gesellschaft, - eines Konsortiums mit britischer und französischer Mehrheitsbeteiligung (vgl. Baxter/Akbarzadeh 2008: 47). Da England und Frankreich wegen der zunehmenden Bedeutung des Erdöls auf die Nutzung des Kanals zum Erdöltransport angewiesen waren, sahen sie sich hinsichtlich ihrer Interessensphären gefährdet (vgl. Johannsen 2006: 24ff).

England und Frankreich mit Israel zusammen bombardierten die Kanalzone und britische und französische Streitkräfte landeten am 31. Oktober 1956 bei Port Said, um die Verstaatlichung des Sueskanals rückgängig zu machen. Trotz des militärischen Erfolges ihrer Intervention konnten England, Frankreich und Israel ihre Interessen nicht behaupten, da die USA und die Sowjetunion die Vereinten Nationen einschalteten, seinen Waffenstillstand durchsetzten und England, Frankreich und Israel, sich zurückzuziehen zwangen (vgl. Johannsen 2006: 25).

Der Ausgang der Sues-Krise gilt sowohl als der Beginn einer neuen Ära, in der die USA ihre Position als Großmacht im Nahen Osten fest begründen konnten, als auch als das Ende der Kolonialherrschaft von England und Frankreich im Nahen Osten. Denn die USA erst als Folge des Niedergangs britischen Einflusses nach der Suez-Krise 1956 und unter dem Einfluss der wachsenden Ost-West-Bipolarität allmählich in eine Vormachtstellung im Nahen Osten hinein, der die Sowjetunion nichts Gleichwertiges entgegensetzten konnte (vgl. Hacke 1985: 1; vgl. Halabi 2009: 29).

Ab dieser Zeit fungierte die Region für die USA primär als Südflanke der NATO, und als Puffer zur Sowjetunion (vgl. Watrin 1989: 389). „Die Länder im Nahen Osten bildeten den südlichen Ring eines von Norden her gestaffelten strategischen Systems um die Sowjetunion“ (Watrin 1989: 389). Für Eisenhower gab es in strategischer Hinsicht kein wichtigeres Gebiet als den Nahen Osten (Watrin 1989: 389). Somit wurde der Nahe Osten aus wirtschaftlichen, politischen, militärischen und strategischen Gründen eine unverzichtbare Region für die Weltmachtpolitik der USA und den Konkurrenzkampf gegen die Sowjetunion.

[...]


[1] Siehe die Karte 1.

Le Mond diplomatique: The Middle East 1914. August 1992. Siehe Internetquellen.

[3] Siehe Karte 2.

[4] 1 Für weitere Informationen über die US-amerikanischen Ölfirmen, siehe Cassilas 1987: 21-23.

[5] „The most explicit display of American support for Middle East liberation took place in Syria and Lebanon“. Oren 2007: 457.

[6] In Libanon löste die am 8. November 1943 gewählte Regierung bereits das französische Mandat einseitig auf. In Syrien stand ab dem 17. April 1946 durch die Ausrufung der Republik nicht mehr unter dem französischen Mandat. Nur Im Irak hielt sich das von England installierte Königtum bis zum Militärputsch 1958 (vgl. Johannsen 2006: 24; vgl. Oren 2007: 477).

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Title
Die Nahost-Politik der USA und der Einfluss der Lobbyisten - Fallstudien: Israel und Saudi Arabien
Subtitle
Eine historisch-politische Analyse des Entwicklungsprozesses der US-amerikanischen Nahost-Politik und eine Untersuchung der Rolle von Lobbys bei der Beeinflussung der Nahost-Politik der USA
College
University of Bremen
Grade
1,3
Author
Year
2011
Pages
62
Catalog Number
V179734
ISBN (eBook)
9783656022404
ISBN (Book)
9783656022541
File size
726 KB
Language
German
Keywords
Naher Osten, USA, Saudi Arabien, Israel, Lobbyisten, Lobby, Nahost-Politik
Quote paper
Ugur Cil (Author), 2011, Die Nahost-Politik der USA und der Einfluss der Lobbyisten - Fallstudien: Israel und Saudi Arabien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179734

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