1. Einleitung
In der vorliegenden Hausarbeit versuche ich, die politische Transformation Spaniens von der Diktatur zur Demokratie zu analysieren. Ich werde mich dabei konkret mit der Fragestellung beschäftigen, welche allgemeinen Erkenntnisse sich aus dem Beispiel Spaniens für die Transformation politischer Systeme gewinnen lassen, und welche Prozeßformen spezifisch spanisch waren.
Um dabei zu generalisierenden Aussagen zu gelangen,ziehe ich die Transformationsprozesse Ungarns und Polens zum Vergleich heran, ohne diese natürlich angesichts des beschränkten Rahmens ausreichend analysieren zu können.
Das zweite Kapitel der Hausarbeit beschäftigt sich mit der Frage der zeitlichen Eingrenzung, der allgemeinen Transformationstheorie und dem Verlauf der transición.
Danach versuche ich, gegenschauartig das Spezifische wie das Allgemeine des spanischen Transformationsprozesses darzustellen (Kap. 3)
INHALTSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
2. DIE TRANSFORMATION SPANIENS
3. TRANSFORMATIONSVERGLEICH
4. ZUSAMMENFASSUNG
5. LITER ATURVERZEICHNIS
1. Einleitung
In der vorliegenden Hausarbeit versuche ich, die polidsche Transformation Spaniens von der Diktatur zur Demokratie zu analysieren. Ich werde mich dabei konkret mit der Fragestellung beschaftigen, welche allgemei- nen Erkenntnisse sich aus dem Beispiel Spaniens fur die Transformation politischer Systeme gewinnen las sen, und welche ProzeBformen spezi- fisch spanisch waren. Um dabei zu generalisierenden Aussagen zu gelan- gen, ziehe ich die Transformationsprozesse Ungams und Polens zum Vergleich heran, ohne diese natiirlich angesichts des beschrankten Rah- mens ausreichend analysieren zu konnen. Das zweite Kapitel der Hausarbeit beschaftigt sich mit der Frage der zeitlichen Eingrenzung, der allge- meinen Transformationstheorie und dem Verlauf der transition. Danach versuche iclugegenschauartig das Spezifische wie das Allgemeine des spanischen Transformationsprozesses darzustellen (Kap. 3). Die Schwie- rigkeit bei der Analyse der allgemeinen ProzeBformen bestand neben der Komplexitat des Stoffes darin, unter einer Vielzahl von historischen Transformationen auswahlen zu miissen. Bei der Auswahl erschien es mir analytisch sinnvoll, gleichgeartete Transformationsprozesse zu verglei- chen. Ausgehend von Bemeckers Einschatzung, daB es sich bei der Transformation Spaniens um eine „ausgehandelte Reform[1] (reforma pactada) zwischen der noch-diktatorischen Regiemng und der Opposition handelte, und der Typologisierung Beymes, Polen und Ungam seien einem ahnlichen Modell, einer Revolution auf dem Verhandlungswege[2] zuzuordnen, habe ich Polen und Ungam als Vergleichstransformationen ausgewahlt. In der zeitlichen Eingrenzung folge ich der Ansicht Romans, daB die Verabschiedung der neuen, demokratischen Verfassung (1978) die spanische Transition abschlieBe. Danach trete die neu entstandene Demokratie in ihre Konsolidierungsphase ein (siehe Kap. 2). Die benutzte Literatur war iiberwiegend deskriptiv-informativ, was sich fur die Darstel- lung einer kompakten Analyse als Nachteil herausstellte.
2. Die Transformation Spaniens
Bevor ich die spanische Transformation an sich darstellen werde, ist es meines Erachtens notwendig, einige theoretische Betrachtungen voranzu- stellen. Der spanische TransformationsprozeB vollzog sich in Phasen, die in der Forschung unterschiedlich angesetzt werden. Romans Einteilung, der ich in dieser Darstellung folge, beginnt mit dem Tod Francos (20. 11. 1975) und endet mit der Annahme der Verfassung durch die Abgeordne- tenkammer und den Senat (31.10. 1978) bzw. per Volksentscheid (06.12.1978).[3] Bemecker gliedert den Zeitraum in drei Phasen: 1) die Reformphase bis zur Annahme des Uberleitungsgesetzes („Gesetz zur politischen Reform44) durch das Referendum (15.12.1976) [4] ) die Demo- kratisierungspha.se mit dem „Pakt von Moncloa44 (ab Oktober 1977)[5] und 3) die Konsolidierungsphase bis zur Parlamentswahl 1982.[6] Stefan lost unterscheidet ebenfalls drei Phasen, die leicht differieren: Erste Phase bis zum Rucktritt der Regierung Arias (01.07.1976), zweite Phase bis zur Parlamentswahl 1977 und dritte Phase bis zur zweiten 1979.[7] Keiner der angefuhrten Autoren kann meines Erachtens uberzeugend rechtfertigen, warum eine Phase genau dann zuende gehe, bzw. welche Bestimmungs- faktoren gegeben sind, um einen Einschnitt zu begriinden. Die Einteilung Romans erscheint mir am iiberzeugendsten, insofem, als daB die Verab- schiedung der neuen, demokratischen Verfassung die Systemtransforma- tion an sich abschlieBt. Die nachfolgenden Wahlen konsolidieren das System.
Da es nach Ansicht Beymes (noch) keine einheitliche Theorie der Transformation gebe, („Und wo Theorien fehlen, dominiert die Begriffsindu- strie“[8] ) bedarf es meines Erachtens genauer Definitionen der benutzten Begriffe. Zu diesem Zweck referiere ich kurz Romans Definition des Be- griffs Transition, die sich fur das Beispiel Spaniens sehr gut verwenden laBt. Der Begriff „Transition“ (oder gleichbedeutend transition) wird von Rom£n als ein ProzeB definiert, „in dessen Verlauf das alte Regime seine wichtigsten Charakteristika verliert und Schritt fur Schritt Merkmale einer neuen politischen Ordnung entstehen.“[9] In diesem ProzeB kampfen die verschiedenen politischen Krafte darum, Neues zu erreichen oder das Alte zu erhalten. Der Beginn einer Transition konne durch einen scharfen Bmch (z.B. durch einen Staatsstreich) oder friedlich-evolutionar ausgelost werden. Allgemein sei alien Transitionen, daB ihr eine Systemkrise vor- angehe. Diese werde durch interne oder exteme Faktoren ausgelost. Nach einem einsetzenden LiberalisierungsprozeB, der Installation demokrati- scher Institutionen und der Verabschiedung einer neuen Verfassung sei die Transition beendet. Danach beginne eine Phase der Konsolidierung des neuen Systems.[10] Der Begriff Transformation bezeichnet das Ergebnis, die Umgestaltung des herrschenden Systems.
Das Transformationsbeispiel Spanien ist verschieden klassifiziert worden.
Klaus von Beyme benutzt die von Stepan fur den Ubergang von der Dik- tatur zur Demokratie aufgestellten Ubergangstypologie, um Spanien als ein Beispiel fiir die ,,Redemokratisiemng von innen durch zivile Krafte“ zu charakterisieren.[11] Romdn bevorzugt die Einteilung der Ubergangstypen Donald Shares und Scott Mainwarings, nach der Spanien ein Beispiel fur den Typ „Ubergang durch Ubereinkunft44 (transaction) sei.[12] Romdn be- grlindet seine Einteilung damit, daB beide letztgenannten Autoren beson- ders den „Grad ausgeiibter Kontrolle durch die autoritaren Eliten“ zur Grundlage ihrer Einteilung gemacht haben. Dem Tatbestand der transaction tragt Beyme insofem Rechnung, als daB er Spanien neben der oben- genannten Charakterisierung einen weiteren Typ Stepans zuweist, nam- lich dem Systemwechsel, bei dem ein „Pakt der Parteien" (wie der Mon- cloa-Pakt 1977) im Vordergrund steht.[13]
Die Vorgeschichte der spanischen Transformation begann bereits Ende der funfziger Jahre. Der 1959 einsetzende sogenannte Stabilisierungsplan der Okonomie versuchte den langsamen Ubergang der spanischen Wirt- schaft von organisierter Planwirtschaft zu marktwirtschaftlichen Struktu- ren mit teilweise staatlichen Interventionen. Diese Entwicklung sorgte Mitte der siebziger Jahre dafur, daB die spanische Wirtschaft allmahlichen AnschluB an die Weltwirtschaft gewann.[14] Auch im gesellschaftlichen Be- reich wurden nachhaltige Veranderungen spurbar. Angeregt durch die wirtschaftliche sorgte eine soziale Transformation fur einen tiefgreifenden Wandel sowohl in quantitativer (Bevdlkerungsanstieg um 12 Mio. von 1940 bis 1980) als auch qualitativer Hinsicht: Aus einem ehemals agra- risch dominierten Klassengefiige wurde das eines modemen Staates.[15] Gleichzeitig mit einer fortschreitenden Industrialisierung und einem Auf- schwung des Dienstleistungssektors kam es in den siebziger Jahre zu einem relativen Wohlstand breiter sozialer Schichten. Der Anteil der Bau- em an der aktiven Bevolkerung sank (von 50% 1940 auf 20% 1976). Der Anteil der Beschaftigten in Industrie und Dienstleistungsbereich stieg. Es entstand eine breite Industriearbeiterschaft, die im Begriff war, ihren „spezifisch proletarischen Charakter"[16] zu verlieren. Mit dem Riickgang der traditionellen Mittelschicht (selbstandige Handwerker, Kleineigentu- mer, kleine Handler) kam es zum Aufstieg einer neuen kapitalistischen Mittelschicht, die am industriellen WachstumsprozeB partizipierte. Gegen Ende der Franco-Zeit entstand so eine Vorstufe der Konsumgesellschaft, in der „westliches“ Konsumverhalten bereits tibemommen wurde, als die entsprechenden wirtschaftlichen Voraussetzungen zum Teil noch gar nicht gegeben waren. Aufgrund vielfaltiger touristischer Einflusse pragten Nachahmungseffekte gegenliber entwickelteren Gesellschaften die spani- sche Sozialstruktur, dergestalt, daB auch die traditionellen Vorstellungen von Familie und Ehe mehr und mehr in eine Krise gerieten. Die Folge die- ser seit Ende der funfziger Jahre einsetzenden wirtschaftlichen Transformation (die eine gesellschaftliche Emanzipation ausloste) war, daB die staatliche Kontrolle tiber die Gesellschaft nach und nach zuriickgehen mufite. Der franquistische Staat sah sich Mitte der siebziger Jahre vielfal- tigen Problemen ausgesetzt, die groBtenteils aus seiner Unfahigkeit resul- tierten, die (selbst ausgeloste) wirtschaftliche Transformation zu erkennen und zu bewaltigen.
[...]
[1] vgLWalter L. Bemecken Spanien und Portugal zwischen Regime-Ubergang und stabilisierter Demokratie, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B. 51,1990, S. 15.
[2] vgl Klaus von Beyme: Systemwechsel in Osteuropa. Frankfurt am Main 1994. S. 94.
Der Typ heiBt vollstandig:,Erosion des Sozialismus und die Revolution auf dem Verhandlungsweg“; im Gegensatz beispielsweise zur Tschechoslowakei, die er unter Jmplosion des sozialistischen Systems*4 faBL
[3] vgl. Manuel Redero San Roman (Im Weiteren: Romdn): Der Ubergang zur Demokratie in Spanien 19751978, in: Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft, J. 43, Nr. 2,1995, S. 135.
[4] vgl.Walther L. Bemecker: a.a.O. ebd.:S. 16.
[5] vgl. ders.: ebd. S. 22. Der „Pakt von Moncloa“ wurde zwischen der Regierung und den Parteien abgeschlos- sen. Er sah sowohl wirtschaftliche ModemisierungsmaBnahmen als auch politisch-strukturelle Reformen (Steuer-und Agrarreform, Neuformuliemng der Bildungs-und Erziehungspolitik) vor.
[6] vgl. ders: ebd. S. 19.
[7] vgl. Stefan Jost: Die politische Mitte Spaniens. Von der Union de Centro Democratico zum Partido Popular. Frankfurt am Main-Berlin-Bem-New York-Paris-Wien 1994. S. 54.
[8] zitiert nach: Klaus von Beyme: Transformationstheorie - ein neuer interdisziplinSrer Forschungszweig?, in: Geschichte und Gesdlschaft, H. 1, J. 20,1994, S. 117.
[9] zitiert nach: Romdn: a.a.0. ebd.: S. 133.
[10] vgl. Romdn: ebd.: S. 133f.
[11] vgl. Klaus v. Beyme: Systemwechsel in Osteuropa. Frankfurt am Main 1994. S. 91.
[12] vgl. Rom£n: a.a.0. ebd.: S. 134.
[13] vgl. Klaus v. Beyme: Systemwechsel in Osteuropa. Frankfurt am Main. 1994. S. 92.
[14] vgl. Rom3n: a.a.O. ebd.: S. 135. Wirtschaftsdaten: 1% Zuwachs des BSP zwischen 1961 und 74. Anstieg des Anteils der Industrie von 35% auf 38%, Anstieg des Anteils der Offentlichen Dienstleistungen von 43% auf 53%. S. ders. a.a.O. ebd.: S. 135.
[15] vgl. Rom£n: a.a.O. ebd.: S. 136.
[16] zitiert nach: ders. a.a.O. ebd.: S. 136.
- Arbeit zitieren
- Erik Pfeiffer (Autor:in), 1996, Die Transformation Spaniens (1975 - 78), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179438
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