Spätestens seit der Sitzung des Bundesrates am 22. März 2002 ist die Frage nach der Aus-wirkung der uneinheitlichen Abgabe der Stimmen eines Bundeslandes bei der Abstimmung im Bundesrat regelmäßiges Prüfungsthema im Staatsorganisationsrecht. Bereits bei Erstseme-stern muss entsprechendes Wissen vorausgesetzt werden, für Examenskandidaten gilt dies natürlich um so mehr. Ziel dieses kurzen Textes ist es, jungen Juristen eine kurze Handrei-chung zu dieser Frage zu geben, die einerseits auf den Punkt kommt, ohne auch noch die letzte Theorie auszubreiten (dafür gibt es exzellente Lehrbücher, Kommentare usw.), deren Lektüre aber andererseits auch eine vertiefende Beschäftigung mit dem Thema ermöglichen und vorbereiten kann. Vor allem sollen die Leser in die Lage versetzt werden, Fälle lösen zu können und das bereits Erlernte anzuwenden. In zahlreichen vom Verfasser durchgeführten Examensvorbereitungskursen ist der Wunsch vieler Studierender nach derartigen Texten, die mehr bieten als nur ein Skript vom Repetitor aber kompakter sind als manches Lehrbuch, deutlich geworden. Hieraus ergibt sich auch der Zweck eines solchen Textes: Er soll der Wie-derholung dienen und Lehrbücher nicht ersetzen. Im Gegenteil soll auf das bereits vorhandene Wissen der Leser aufgebaut werden. Dieser Text soll dazu beitragen, dieses Wissen auf kon-krete Sachverhalte anzuwenden.
Das Erfordernis der landeseinheitlichen Stimmabgabe im Bundesrat
RA Stefan Kirchner, MJI[1]
humanrightslawyer.eu
Abstract
Spätestens seit der Sitzung des Bundesrates am 22. März 2002[2] ist die Frage nach der Auswirkung der uneinheitlichen Abgabe der Stimmen eines Bundeslandes bei der Abstimmung im Bundesrat regelmäßiges Prüfungsthema im Staatsorganisationsrecht. Bereits bei Erstsemestern muss entsprechendes Wissen vorausgesetzt werden, für Examenskandidaten gilt dies natürlich um so mehr. Ziel dieses kurzen Textes ist es, jungen Juristen eine kurze Handreichung zu dieser Frage zu geben, die einerseits auf den Punkt kommt, ohne auch noch die letzte Theorie auszubreiten (dafür gibt es exzellente Lehrbücher, Kommentare usw.), deren Lektüre aber andererseits auch eine vertiefende Beschäftigung mit dem Thema ermöglichen und vorbereiten kann. Vor allem sollen die Leser in die Lage versetzt werden, Fälle lösen zu können und das bereits Erlernte anzuwenden. In zahlreichen vom Verfasser durchgeführten Examensvorbereitungskursen ist der Wunsch vieler Studierender nach derartigen Texten, die mehr bieten als nur ein Skript vom Repetitor aber kompakter sind als manches Lehrbuch, deutlich geworden. Hieraus ergibt sich auch der Zweck eines solchen Textes: Er soll der Wiederholung dienen und Lehrbücher nicht ersetzen. Im Gegenteil soll auf das bereits vorhandene Wissen der Leser aufgebaut werden. Dieser Text soll dazu beitragen, dieses Wissen auf konkrete Sachverhalte anzuwenden.
Problemaufriss
Im Bundesrat kommen den Bundesländern entsprechend ihrer Einwohnerzahl unterschiedlich viele Stimmen zu, Art. 51 Abs. 2 GG. Diese Stimmen sind einheitlich abzugeben, Art. 51 Abs. 3 S. 2 GG. In der Sitzung des Bundesrates am 22. März 2002 wurden jedoch die Stimmen eines Bundeslandes uneinheitlich abgegeben, woraus sich die Frage ergibt, wie die Stimmabgabe in einer solchen Situation zu bewerten ist. Mittlerweile stellt dies ein beliebtes Problem für Klausuren im Staatsorganisationsrecht dar, da die Rechtslage in der rechtswissenschaftlichen Literatur auch nach einer einschlägigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts[3] nicht unumstritten ist.
Effektivität des Bundesrates als Bewertungskriterium?
Der Präsident[4] des Bundesrates hat die Sitzungsleitung (Art. 52 GG; § 29 GOBRat). Palme ist der Ansicht, dass sich hieraus eine Verpflichtung des Bundesratpräsidenten ergäbe, nachzufragen, wie das Land die Stimmen abgeben wolle, um auf eine einheitliche Stimmabgabe hinzuwirken,[5] was der Effektivität der Arbeit des Bundesrates zu dienen bestimmt sei.[6] Ein Fall der Wiederholung liege dabei noch nicht vor, da die Stimmabgabe ja noch nicht beendet gewesen sei.[7]
Dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden, da die Regelung in § 32 S. 2 GOBRat deutlich ist. Zumindest aber ist die Frage, ob ein entsprechender Widerspruch besteht vom Bundespräsidenten an alle Mitglieder des Bundesrates zu richten, bevor erneut abgestimmt werden kann, wobei dann der vollständige Abstimmungsvorgang zu wiederholen ist.
Einheitliche Stimmabgabe
Die Stimmen eines Bundeslandes sind wie eine Stimme zu behandeln. Dass die verschiedenen Bundesländer verschieden viele Stimmen haben ist eine Frage der Stimmgewichtung. Funktional geht es darum, dass der Stimme eines bevölkerungsreichen Bundeslandes mehr Gewicht zukommen soll als der Stimme eines kleinen Bundeslandes. Dies hat seinen Ausdruck in der missverständlichen Formulierung von mehreren Stimmen pro Land gefunden. Tatsächlich aber geht es nur um eine Frage der Gewichtung der Stimmen. Der Ausdruck im Gesetz ist missverständlich. (In der Klausur sollte aber natürlich auf die gesetzliche Formulierung und daher immer auf die Stimmen (Plural) eines Landes Bezug genommen werden.) Ist eine Stimme einmal abgegeben, so kann sie nicht mehr zurückgenommen und neu vergeben werden. Nichts anderes gilt für die Stimmen eines Bundeslandes, welche nur einheitlich vergeben werden können und mithin einheitlich verstanden werden müssen.
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[1] Rechtsanwalt, Rechtsanwaltskanzlei Kirchner, Antrifttal / Frankfurt am Main; wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Öffentliches Recht, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Kirchenrecht und Staatskirchenrecht, Georg-August-Universität Göttingen; Doktorand, Fachbereich Rechtswissenschaft, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht, Justus-Liebig-Universität Gießen; weiland Gastdozent für internationales Seerecht an der Vytautas Magnus Universität (ehem.: Litauische Universität) in Kaunas. www.rechtsanwaltskanzlei-kirchner.de; www.humanrightslawyer.eu..
[2] Siehe hierzu Palme, Jura 2003, 272 (273 ff.).
[3] BVerfG, NJW 2003, 339.
[4] Soweit in diesem Text auf die männliche oder weibliche Form Bezug genommen wird, geschieht dies aus Gründen der Lesbarkeit. Soweit sich aus dem Kontext nicht offensichtlich Gegenteiliges ergibt, ist jeweils das andere Geschlecht ebenfalls gemeint.
[5] Palme, Jura 2003, 272 (273).
[6] Palme, Jura 2003, 272 (273); BVerfG, NJW 2003, 339 (340).
[7] Palme, Jura 2003, 272 (273).
- Citation du texte
- Rechtsanwalt Stefan Kirchner (Auteur), 2011, Das Erfordernis der landeseinheitlichen Stimmabgabe im Bundesrat, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178894